BT-Drucksache 16/10837

Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes

Vom 11. November 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10837
16. Wahlperiode 11. 11. 2008

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Markus Kurth, Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln),
Alexander Bonde, Dr. Thea Dückert, Kai Gehring, Monika Lazar, Brigitte Pothmer,
Elisabeth Scharfenberg, Christine Scheel, Irmingard Schewe-Gerigk, Silke Stokar
von Neuforn, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Hans-Christian Ströbele,
Dr. Harald Terpe und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes

A. Problem

Seit jeher wird das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) aus grundsätz-
lichen, menschenrechtlichen Erwägungen heraus kritisiert. Denn dieses Gesetz
führt zu einem diskriminierenden Ausschluss von Asylsuchenden aus der Sozial-
hilfe und der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Leistungen, die primär
von Asylsuchenden und Geduldeten bezogen werden, betragen nur rund zwei
Drittel der Leistungen für Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger. Zudem ist
die medizinische Versorgung von Asylsuchenden und Geduldeten nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz auf die unabweisbar notwendige Behandlung
„akuter Schmerzzustände“ beschränkt.

15 Jahre nach Inkrafttreten des Asylbewerberleistungsgesetzes ist festzustellen,
dass dieses Gesetz weder damals noch heute dazu geeignet war und ist – wie vom
Gesetzgeber beabsichtigt – die Einreise von Asylsuchenden nach Deutschland zu
reduzieren bzw. in Deutschland bereits lebende abgelehnte Asylsuchende bzw.
Geduldete zu einer schellen Ausreise aus Deutschland zu bewegen. Im Übrigen
ist das Asylbewerberleistungsgesetz aus Sicht von Ländern und Kommunen da-
mit verbunden, für eine im Vergleich zu 1996 um rund 70 Prozent gesunkene
Zahl von Asylsuchenden ein aufwändiges und bürokratisches – letztlich finan-
ziell auch sinnloses – Verwaltungsverfahren zu betreiben. Der diskriminierende
sozialrechtliche Ausschluss der Betroffenen aus der Sozialhilfe und der Grund-
sicherung für Arbeitsuchende ist vor diesem Hintergrund nicht zu rechtfertigen.

B. Lösung

Das Asylbewerberleistungsgesetz wird aufgehoben.
C. Alternativen

Fortführung eines ungeeigneten, überflüssigen und unverhältnismäßigen Ge-
setzes.

Drucksache 16/10837 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

D. Kosten

Die Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes führt für Bund und Kommu-
nen durch die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Leistungsbe-
rechtigten und im Bereich der Unterbringungskosten zu Mehraufwendungen.
Letztere können aber nicht genau beziffert werden, weil seitens des Statistischen
Bundesamtes bzw. der Bundesregierung keine Daten vorliegen über die gegen-
wärtigen Kosten der Unterbringung für Asylsuchende.

Insgesamt ist mit bezifferbaren Mehraufwendungen von 0,986 Mrd. Euro zu
rechnen. Diesen Mehraufwendungen stehen allerdings Entlastungen in Form der
bisherigen Bruttoausgaben des AsylbLG in Höhe von 1,03 Mrd. Euro (ebenfalls
ohne die Kosten der Unterbringung) entgegen. Zudem müssen die 2007 und
2008 weiter sinkenden Zahlen von nach Deutschland einreisenden Asylsuchen-
den berücksichtigt werden.

Die durch das Asylbewerberleistungsgesetz in alter Fassung den Bundesländern
und ihren Kommunen zugewiesenen Kosten werden zur Berechnung des Aus-
gleichs von Mehrbelastungen und Minderbelastungen der Bundesländer und ih-
ren Kommunen untereinander herangezogen. Absolute Mehrkosten über diesen
Ausgleich hinaus werden im Rahmen von Artikel 106 Abs. 4 des Grundgesetzes
(GG) hälftig zwischen Bund und Ländern aufgeteilt.

2. In § 20 Abs. 5 werden die Wörter „und zur Durchführung
1. § 1 Abs. 1 Satz 2 wird gestrichen.
des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständige Stellen“

gestrichen.

3. In Nummer 4 Spalte D, Nummer 7 Spalte D, Nummer 8

2. In § 1 Abs. 3 Nr. 1 werden die Wörter „ , Leistungen nach
dem Asylbewerberleistungsgesetz“ gestrichen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/10837

Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das
folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes

Das Asylbewerberleistungsgesetz in der Fassung der Be-
kanntmachung vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2022), zu-
letzt geändert durch Artikel 2e des Gesetzes vom 24. Septem-
ber 2008 (BGBl. I S. 1856) wird aufgehoben.

Artikel 2

Änderung anderer Rechtsvorschriften

(1) Das Wohnraumförderungsgesetz vom 13. September
2001 (BGBl. I S. 2376), zuletzt geändert durch Artikel 4 des
Gesetzes vom 24. September 2008 (BGBl. I S. 1856) wird
wie folgt geändert:

1. § 21 Abs. 2 Nr. 7.4 wird aufgehoben.

2. In § 21 Abs. 2 wird die bisherige Nummer 7.5 die Num-
mer 7.4.

(2) Das Asylverfahrensgesetz vom 27. Juli 1993 (BGBl. I
S. 1361), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom
19. August 2007 (BGBl. I S.1970), wird wie folgt geändert:

1. § 8 Abs. 2a wird gestrichen.

2. In § 47 Abs. 4 Satz 1 werden die Wörter „nach dem Asyl-
bewerberleistungsgesetz“ gestrichen.

(3) Das Gesetz über das Ausländerzentralregister vom
2. September 1994 (BGBl. I S. 2265), zuletzt geändert durch
Artikel 2 des Gesetzes vom 26. Februar 2008 (BGBl. I
S. 215), wird wie folgt geändert:

1. In § 18a werden die Wörter „und die zur Durchführung
des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständigen Stellen“
gestrichen.

2. In § 22 Abs. 1 Nr. 8 werden die Wörter „und die für die
Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes zu-
ständigen Stellen“ gestrichen.

3. In § 32 Abs. 1 Nr. 7 werden die Wörter „und die für die
Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes zu-
ständigen Stellen“ gestrichen.

(4) Die Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über
das Ausländerzentralregister vom 17. Mai 1995 (BGBl. I
S. 695), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom
18. Februar 2008 (BGBl. I S. 244), wird wie folgt geändert:

1. In § 8 Abs. 3 Nr. 22 werden die Wörter „oder nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz“ gestrichen.

Spalte D, Nummer 14 Spalte D, Nummer 15 Spalte D,
Nummer 16 Spalte D, Nummer 17 Spalte D, Nummer 18
Spalte D, Nummer 19 Spalte D, Nummer 20 Spalte D,
Nummer 22 Spalte D, Nummer 35 Spalte D, Nummer 37
Spalte D der „Anlage Daten, die im Register gespeichert
werden, übermittelnde Stellen, Übermittlungs-/Weiter-
gabeempfänger“ werden jeweils die Wörter „und für die
Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes zu-
ständige Stellen“ gestrichen.

(5) Das Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit
und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet vom
25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch
Artikel 2 Abs. 3 des Gesetzes vom 13. März 2008 (BGBl. I
S. 313), wird wie folgt geändert:

1. In § 90 Abs. 1 erster Halbsatz Nr. 2 werden die Wörter
„oder Verstöße gegen die Meldepflicht nach § 8a des
Asylbewerberleistungsgesetzes“ gestrichen.

2. In § 90 Abs. 1 zweiter Halbsatz werden die Wörter „sowie
die nach § 10 des Asylbewerberleistungsgesetzes zustän-
digen Behörden“ gestrichen.

3. § 90 Abs. 3 wird aufgehoben.

(6) Die Verordnung über das Verfahren und die Zulassung
von im Inland lebenden Ausländern zur Ausübung einer Be-
schäftigung vom 22. November 2004 (BGBl. I S. 2934), zu-
letzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts-
und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom
19. August 2007 (BGBl. I S. 1970), wird wie folgt geändert:

In § 11 Satz 1 wird das Wort „Asylbewerberleistungsgesetz“
durch die Wörter „Zwölften Buch Sozialgesetzbuch“ ersetzt.

(7) Das Sozialgerichtsgesetz vom 23. September 1975
(BGBl. I S. 2535), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Geset-
zes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444), wird wie folgt geän-
dert:

In § 10 Abs. 1 Satz 1, § 12 Abs. 5 Satz 2, § 13 Abs. 4, § 15
Abs. 5, § 31 Abs. 1 Satz 1, § 46 Abs. 4, § 50a Satz 1 Nr. 1,
§ 51 Abs. 1 Nr. 6a, § 206 Abs.1 werden jeweils die Wörter
„und des Asylbewerberleistungsgesetzes“ gestrichen.

(8) Die Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der
Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zu-
letzt geändert durch § 62 Abs. 11 des Gesetzes vom 17. Juni
2008 (BGBl. I S. 1010), wird wie folgt geändert:

In § 188 Satz 1 werden die Wörter „und des Asylbewerber-
leistungsgesetzes“ gestrichen.

(9) Das Gesetz zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschafts-
abbrüchen in besonderen Fällen vom 21. August 1995
(BGBl. I S. 1050, 1054), zuletzt geändert durch Artikel 98
der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407),
wird wie folgt geändert:
Spalte D, Nummer 9 Spalte D, Nummer 10 Spalte D,
Nummer 11 Spalte D, Nummer 12 Spalte D, Nummer 13

(10) Das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und
illegalen Beschäftigung vom 23. Juli 2004 (BGBl. I S. 1842),

Drucksache 16/10837 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

zuletzt geändert durch Artikel 4a des Gesetzes vom 7. Sep-
tember 2007 (BGBl. I S. 2246), wird wie folgt geändert:

1. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 wird aufgehoben.

2. In § 2 Abs. 2 Satz 1 werden die bisherigen Nummern 8 bis
11 die Nummern 7 bis 10.

3. In § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 werden die Wörter „oder die
Meldepflicht nach § 8a des Asylbewerberleistungsgeset-
zes“ gestrichen.

4. § 8 Abs. 1 Nr. 1c wird aufgehoben.

5. In § 8 Abs. 1 Nr. 1 werden die bisherigen Buchstaben d
und e die Buchstaben c und d.

(11) Die Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202), zuletzt geän-
dert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 17. März 2008 (BGBl. I
S. 399), wird wie folgt geändert:

In § 139b Abs. 7 Nr. 2 werden die Wörter „oder gegen die
Meldepflicht nach § 8a des Asylbewerberleistungsgesetzes“
gestrichen.

(12) Das Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen
des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des
Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit vom
7. August 1996 (BGBl. I S. 1246), zuletzt geändert durch
§ 62 Abs. 16 des Gesetzes vom 17. Juni 2008 (BGBl. I
S. 1010), wird wie folgt geändert:

In § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 werden die Wörter „oder gegen die
Meldepflicht nach § 8a des Asylbewerberleistungsgesetzes“
gestrichen.

(13) Das Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen
Arbeitnehmerüberlassung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I
S. 158), zuletzt geändert durch Artikel 233 der Verordnung
vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), wird wie folgt ge-
ändert:

In § 18 Abs. 2 Nr. 3 werden die Wörter „oder gegen die Mel-
depflicht nach § 8a des Asylbewerberleistungsgesetzes“ ge-
strichen.

(14) Das Zweite Gesetz über die Krankenversicherung der
Landwirte (KVLG 1989) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I
S. 2477, 2557), zuletzt geändert durch die Artikel 4, 5 des Ge-
setzes vom 18. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2984), wird wie
folgt geändert:

1. In § 2 Abs. 6a Satz 2 werden die Wörter „und für Empfän-
ger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleis-
tungsgesetzes“ gestrichen.

2. § 2 Abs. 9 Satz 3 wird gestrichen.

(15) Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch – Grundsiche-
rung für Arbeitsuchende – (Artikel 1 des Gesetzes vom
24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954), zuletzt geändert durch
das Gesetz vom 28. Juli 2008 (BGBl. I S. 1506), wird wie
folgt geändert:

1. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 wird gestrichen.

2. § 70 wird aufgehoben.

(16) Die Verordnung über die Arbeitsgenehmigung für

7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2814 i. V. m. Bek. V.
26. Januar 2007 II 127) wird wie folgt geändert:

In § 5 Nr. 5 werden die Wörter „ , diese Ausländer haben sich
in das Inland begeben, um Leistungen nach dem Asylbewer-
berleistungsgesetz zu erlangen, oder“ gestrichen.

(17) Das Vierte Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame
Vorschriften für die Sozialversicherung – (Artikel 1 des
Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) in
der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2006
(BGBl. I S. 86, 466), zuletzt geändert durch Artikel 2 des
Gesetzes vom 26. August 2008 (BGBl. I S. 1728), wird
wie folgt geändert:

In § 113 Satz 3 werden die Wörter „oder die für die Durch-
führung des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständigen Be-
hörden“ gestrichen.

(18) Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche
Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. De-
zember 1988, BGBl. I S. 2477), zuletzt geändert durch Arti-
kel 6 des Gesetzes vom 28. Mai 2008 (BGBl. I S. 874), wird
wie folgt geändert:

1. In § 5 Abs. 8a werden die Wörter „und für Empfänger lau-
fender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungs-
gesetzes“ gestrichen.

2. § 5 Abs. 11 Satz 3 wird gestrichen.

3. In § 264 Abs. 2 Satz 1 werden die Wörter „ , von Empfän-
gern laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerber-
leistungsgesetzes“ gestrichen.

4. In § 306 Satz 1 Nr. 3 werden die Wörter „der gegen die
Meldepflicht nach § 8a des Asylbewerberleistungsgeset-
zes“ gestrichen.

5. § 315 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird aufgehoben.

6. In § 315 Abs. 1 Satz 1 wird die bisherige Nummer 5 die
Nummer 4.

(19) Das Sechste Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche
Rentenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 18. De-
zember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) in der Fassung
der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754,
1404, 3384), zuletzt geändert durch Artikel 2b des Gesetzes
vom 24. September 2008 (BGBl. I S. 1856), wird wie folgt
geändert:

In § 321 Satz 1 Nr. 3 werden die Wörter „oder gegen die Mel-
depflicht nach § 8a des Asylbewerberleistungsgesetzes“ ge-
strichen.

(20) Das Siebte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Un-
fallversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August
1996, BGBl. I S. 1254), zuletzt geändert durch § 62 Abs. 19
des Gesetzes vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010), wird wie
folgt geändert:

In § 211 Satz 1 Nr. 3 werden die Wörter „oder gegen die Mel-
depflicht nach § 8a des Asylbewerberleistungsgesetzes“ ge-
strichen.

(21) Das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwal-
tungsverfahren und Sozialdatenschutz – (Artikel 1 des Geset-
zes vom 18. August 1980, BGBl. I S. 1469 und Artikel 1 des
Gesetzes vom 4. November 1982, BGBl. I S. 1450) in der
ausländische Arbeitnehmer vom 17. September 1998 (BGBl. I
S. 2899), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom

Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2002 (BGBl. I
S. 130), zuletzt geändert durch Artikel 2c des Gesetzes vom

Zwecke der Behandlung oder Linderung einer Krankheit
in die Bundesrepublik Deutschland begeben hat, kann die

Dieses Gesetz tritt drei Monate nach seiner Verkündung in
Kraft.

Berlin, den 11. November 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/10837

24. September 2008 (BGBl. I S. 1856), wird wie folgt geän-
dert:

1. In § 64 Abs. 3 Satz 2 werden die Wörter „ , der Leistungen
nach dem Asylbewerberleistungsgesetz“ gestrichen.

2. In § 67e Satz 1 Nr. 1 werden die Wörter „oder Leistungen
nach dem Asylbewerberleistungsgesetz“ gestrichen.

3. § 71 Abs. 2a wird aufgehoben.

(22) Das Elfte Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflege-
versicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994,
BGBl. I S. 1014), zuletzt geändert durch die Artikel 1 und 2 des
Gesetzes vom 28. Mai 2008 (BGBl. I S. 874), wird wie folgt
geändert:

In § 13 Abs. 5 Satz 1 werden die Wörter „und bei Leistungen
nach dem Asylbewerberleistungsgesetz“ gestrichen.

(23) Das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe –
vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022), zuletzt geändert
durch Artikel 7 des Gesetzes vom 28. Mai 2008 (BGBl. I
S. 874), wird wie folgt geändert:

1. § 23 Abs. 2 wird aufgehoben.

2. In § 23 werden die bisherigen Absätze 3 bis 5 die Ab-
sätze 2 bis 4.

3. Nach § 23 Abs. 2 (neu) Satz 2 werden folgende Sätze 3
und 4 eingefügt:

„Den Nachweis, dass sich die betreffende Person nur zum

zuständige Behörde nur innerhalb eines Jahres nach Ein-
reise der betreffenden Person erbringen. Leistungsan-
sprüche besonders schutzbedürftiger Personen i. S. v. Ka-
pitel IV der Aufnahmerichtlinie der EU (2003/9/EG) blei-
ben unberührt.“

(24) Das Wohngeldgesetz in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 2929, 2792), zuletzt geän-
dert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 24. September 2008
(BGBl. I S. 1856), wird wie folgt geändert:

1. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 wird aufgehoben.

2. In § 1 Abs. 1 Satz 1 wird die bisherige Nummer 6 zu
Nummer 5.

3. In § 1 Abs. 1 Satz 2 werden die Wörter „und in § 1 Abs. 1
Nr. 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes“ gestrichen.

(25) Das Straßenverkehrsgesetz in der Fassung der Be-
kanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919),
geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 8. April 2008
(BGBl. I S. 706), wird wie folgt geändert:

In § 35 Abs. 1 Nr. 13 werden die Wörter „oder Leistungen
nach dem Asylbewerberleistungsgesetz“ gestrichen.

Artikel 3

Inkrafttreten

Diese Menschen erhalten materielle Grundleistungen nach ● Zum einen kommt es aber nicht darauf an, dass auch für

dem AsylbLG, die inzwischen bei nur noch ca. 65 Prozent
der sonst üblichen Sozialhilfeleistungen liegen: Neben dem
Anspruch auf Unterkunft, Heizung und Hausrat (einem bar

solche Güter, die für die Höhe der Beträge des AsylbLG
irrelevant sind, von der allgemeinen Preisentwicklung be-
troffen sind. Entscheidend ist vielmehr, dass diejenigen
Drucksache 16/10837 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I.

Seit jeher wird das Asylbewerberleistungsgesetz – auch sei-
tens der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – aus grund-
sätzlichen, menschenrechtlichen Erwägungen heraus kriti-
siert. Denn das Asylbewerberleistungsgesetz führt zu einem
diskriminierenden Ausschluss von Asylsuchenden aus der
Sozialhilfe und der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die
Leistungen, die primär von Asylsuchenden und Geduldeten
bezogen werden, betragen nur rund zwei Drittel der Leistun-
gen für Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger. Zudem
ist die medizinische Versorgung von Asylsuchenden und
Geduldeten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf die
unabweisbar notwendige Behandlung „akuter Schmerz-
zustände“ beschränkt.

15 Jahre nach Inkrafttreten des Asylbewerberleistungsgeset-
zes ist es an der Zeit, eine kritische Bilanz zu ziehen.

II.

1.

Noch nie zuvor waren so wenige Personen leistungsberech-
tigt im Sinne von § 1 AsylbLG wie heute. Ende 1996 war mit
497 000 anspruchsberechtigten Personen der Höchststand
verzeichnet worden. Zehn Jahre später waren es – einer Über-
sicht des Statistischen Bundesamtes vom 10. September 2008
zufolge – nur noch 153 500 Personen – ein Rückgang um
rund 70 Prozent.

Als leistungsberechtigt im Sinne von § 1 AsylbLG gelten:

● Personen, die während des Asylverfahrens eine Aufent-
haltsgestattung besitzen (§ 55 des Asylverfahrensgeset-
zes – AsylVfG);

● Asylsuchende im sog. Flughafenverfahren (§ 18a
AsylVfG);

● Asylfolgeantragteller (§ 71 AsylVfG);

● Bürgerkriegsflüchtlinge (§ 23 Abs. 1 und § 24 des Auf-
enthaltsgesetzes);

● Personen mit humanitären oder tatsächlichen Abschie-
bungshindernissen (§ 25 Abs. 4 Satz 1, Abs. 4a und 5 des
Aufenthaltsgesetzes);

● Geduldete (§ 60a des Aufenthaltsgesetzes);

● vollziehbar Ausreisepflichtige (z. B. Personen mit einer
„Grenzübertrittsbescheinigung“) sowie deren

● Ehegatten, Lebenspartner und minderjährige Kinder.

2.

Höhe von 184,07 Euro (für Ernährung, Kleidung, Gesund-
heits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchs-
güter des Haushalts). Diese Leistungen werden regelmäßig in
Form von Gutscheinen oder von Sachleistungen ausgegeben.
Diese Waren sind aber oftmals nicht nur von minderer Quali-
tät – die Ausgabe von Sachleistungen ist zudem auch (wegen
des zusätzlichen bürokratischen und logistischen Aufwan-
des) in der Regel kostenaufwändiger als die Vergabe von
Geldleistungen.

Wer angeblich selbst zu vertreten hat, dass „aufenthaltsbeen-
dende Maßnahmen nicht vollzogen werden können“, erhält
nur „Leistungen, soweit dies im Einzelfall nach den Umstän-
den unabweisbar geboten ist“ (§ 1a AsylbLG).

Im Jahr 2007 betrugen die Bruttoausgaben für das AsylbLG
– einer aktuellen Übersicht des Statistischen Bundesamt zu-
folge – 1,03 Mrd. Euro. Rund die Hälfte (47,5 Prozent) wur-
den für die o. g. Grundleistungen verausgabt. Die medizi-
nische Grundversorgung nach § 4 AsylbLG belastete die
öffentlichen Haushalte mit 18 Prozent. Sogenannte sonstige
Leistungen (im Sinne von § 6 AsylbLG) zur Sicherung des
Lebensunterhalts, der Gesundheit bzw. zur Deckung beson-
derer Bedürfnisse von Kindern oder zur Behandlung von
traumatisierten Flüchtlingen machten gerade einmal
2 Prozent der Gesamtaufwendungen aus. Mehr als ein Viertel
aller Ausgaben nach dem AsylbLG (32 Prozent) ergeben sich
daraus, dass Flüchtlinge nach vier Jahren „Leistungen in be-
sonderen Fällen“ analog der im SGB XII geregelten Sozial-
hilfe erhalten.

3.

Während die allgemeinen Verbraucherpreise zwischen 1994
und 2007 um rund 22 Prozent angestiegen sind (Bundestags-
drucksache 16/9018, S. 19), wurden die Leistungen des
AsylbLG seit Inkrafttreten des Asylbewerberleistungsgeset-
zes im Jahr 1993 kein einziges Mal angehoben.

Die große Koalition hat angekündigt, dass sie – anders als die
rot-grüne Vorgängerregierung – noch nicht einmal den Ver-
such starten wird, den Bundesrat zur Erhöhung der Beträge
des AsylbLG zu bewegen (ebd., S. 5). Sie rechtfertigt diese
nicht erfolgte Leistungsanpassung mit einem Taschenspie-
lertrick: Ihrer Ansicht nach seien nämlich in der allgemeinen
Verbraucherpreisentwicklung „auch Gütergruppen wie z. B.
Kosten der Unterkunft, Benzin und Heizöl enthalten, die für
die Bedarfsbemessung nach dem AsylbLG nicht relevant
sind“ (ebd., S. 7). Zudem hätten die Preissteigerungen in die-
sem Bereich – wegen der Leistungsgewährung in Form von
Sachleistungen – „nicht die Auswirkungen auf die Deckung
des notwendigen Bedarfs [gehabt], wie dies bei den Leistun-
gen nach dem SGB II oder dem SGB XII der Fall sein kann“
(ebd., S. 20).
auszuzahlenden „Taschengeld“ von monatlich 40,90 Euro)
erhält ein Haushaltsvorstand demnach einen Regelsatz in

Ge- und Verbrauchsartikel sowie Dienstleistungen teurer
geworden sind, welche die Anspruchsberechtigten des

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/10837

AsylbLG zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse kaufen
müssen.

● Und zum anderen vermag auch die „Leistungsgewährung
in Form von Sachleistungen“ die Preisentwicklung des-
wegen nicht zu dämpfen, weil die Sachleistungsgewäh-
rung auf der Grundlage von Beitragsbemessungen aus
dem Jahr 1993 erfolgt.

Die Bundesregierung kann es drehen und wenden wie sie
will, fest steht, die von ihr verweigerte Leistungsanpassung
stellt eine zusätzliche und drastische Benachteiligung von
Anspruchsberechtigten des AsylbLG gegenüber Sozialhilfe-
berechtigten dar. Die um ein Drittel geringeren Leistungen
nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind heute – 15 Jahre
nach ihrer Einführung – in keiner Weise mehr Existenz si-
chernd.

4.

Die Bezugsdauer von Leistungen nach dem AsylbLG wurde
von zunächst zwei auf drei und zuletzt von der großen Koali-
tion im vergangenen Jahr schließlich auf vier Jahre ausge-
dehnt (Personen, die die Dauer ihres Aufenthaltes angeblich
„rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben“, erhalten
Leistungen nach dem AsylbLG sogar unbefristet; vgl. § 2
Abs. 1 AsylbLG).

Und tatsächlich: 47 Prozent – also rund die Hälfte aller im
Jahr 2006 rund 194 000 Anspruchsberechtigten – bezogen
damals länger als drei Jahre Leistungen nach dem Asyl-
bewerberleistungsgesetz (Bundestagsdrucksache 16/9018,
S. 41).

Der Anteil von Kindern und Jugendlichen an der Summe al-
ler Anspruchsberechtigten liegt seit 1994 zwischen 37 und
40 Prozent (ebd. S. 36 bis 38). Die Quote derjenigen Minder-
jährigen aber, die länger als drei Jahre den reduzierten Trans-
ferleistungen des AsylbLG unterworfen wurden, liegt signi-
fikant höher – nämlich zwischen 40 Prozent (im Jahr 2006)
und 44,5 Prozent (im Jahr 2000; ebd. S. 40 f.).

5.

Die medizinische Versorgung ist nach § 4 AsylbLG stark ein-
geschränkt auf die Behandlung lediglich „akuter Erkrankun-
gen und Schmerzzustände“.

Sogenannte sonstige Leistungen, die zur Sicherung des Le-
bensunterhalts oder der Gesundheit „unerlässlich“ (bzw.) zur
Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern „geboten“
sind, müssen nach § 6 AsylbLG nicht, sondern „können“ le-
diglich gewährt werden (wenn dies „im Einzelfall zur Siche-
rung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich“
ist).

Und die objektiv „erforderliche medizinische oder sonstige
Hilfe“ für unbegleitete Minderjährige oder durch Folter, Ver-
gewaltigungen oder sonstige schwere Formen psychischer,
physischer oder sexueller Gewalt traumatisierte Flüchtlinge
wird – aufgrund der bewusst fehlerhaften Umsetzung der
sog. EU-Aufnahmerichtlinie durch die große Koalition (vgl.
Bundestagsdrucksache 16/9273) – nicht als „Ist-Vorschrift“,

III.

Die Verfassungswidrigkeit des Asylbewerberleistungsgeset-
zes wurde vor zehn Jahren in zwei Gutachten aufgezeigt:

● Sieveking: „Änderung des Asylbewerberleistungsgeset-
zes“, in: Informationen zum Arbeitslosenrecht und So-
zialhilferecht 1996, 110–115;

● Röseler/Schulte (Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien
Wohlfahrtspflege): Rechtsgutachten zum Entwurf eines
Zweiten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleis-
tungsgesetzes (1998).

Beide Gutachten kommen zu dem Ergebnis, dass das Asylbe-
werberleistungsgesetz gegen die Artikel 1 (Menschenwür-
de), 3 (Diskriminierungsverbot) und 20 (Sozialstaatsprinzip)
des Grundgesetzes verstoßen würde.

Das Bundesverwaltungsgericht hat im September 1998 die
Nichtzulassung der Klage der Goslarer „Arbeiterwohlfahrt“
zwar damit begründet, dass „keine ernsthaften Zweifel an der
Verfassungsmäßigkeit der §§ 1, 3, 6 und 9 AsylbLG bestehen
[insbesondere] liegt keine ungerechtfertigte Ungleichbe-
handlung vor. Denn die [leistungsberechtigten] Personen ha-
ben kein verfestigtes Aufenthaltsrecht, bei ihnen fehlt ein so-
zialer Integrationsbedarf. Dieses Kriterium trägt eine grup-
penbezogene Differenzierung“ (NVwZ 1999, S. 669).

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) selber hat sich bis
heute jedoch noch in keinem Grundsatzbeschluss mit den
aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Implikationen des
Asylbewerberleistungsgesetzes auseinandergesetzt. Nur in
einem einzigen Fall hat es bislang eine Detailregelung des
AsylbLG als verfassungswidrig verworfen (dass nämlich
AsylbLG-Leistungsberechtigte Schmerzensgeld für ihren
Lebensunterhalt einsetzen mussten, bevor sie staatliche Leis-
tungen erhielten; vgl. NVwZ 2006, 447).

Die Bundesregierung interpretiert die Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts wie folgt:

● „Der Zweck des AsylbLG“ würde von Karlsruhe „nicht in
Frage gestellt“.

● Zur „Verhinderung des Missbrauchs“ würde es das
BVerfG angeblich sogar für „erforderlich“ halten, die
Sicherung des Lebensunterhalts für Asylsuchende außer-
halb des SGB XII in einem eigenständigen Gesetz zu re-
geln (Bundestagsdrucksache 16/9018, S. 25) – eine stark
übertriebene Auslegung.

Tatsächlich hat das Bundesverfassungsgericht in Rn. 44 sei-
nes o. g. Urteils lediglich festgestellt

● es stehe „im sozialpolitischen Ermessen“ des Gesetzge-
bers „für Asylbewerber ein eigenes Konzept zur Siche-
rung ihres Lebensbedarfs zu entwickeln und dabei auch
Regelungen über die Gewährung von Leistungen abwei-
chend vom Recht der Sozialhilfe zu treffen“.

● „Insbesondere“ sei es dem Gesetzgeber – so Karlsruhe
weiter – „nicht verwehrt“ Art und Umfang von Sozial-
leistungen an Nichtdeutsche grundsätzlich von der vor-
aussichtlichen Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland
abhängig zu machen.
sondern lediglich in Form einer „Soll-Vorschrift“ gewährt
(vgl. § 6 Abs. 2 AsylbLG).

Das Urteil des BVerfG enthält damit ganz offenkundig keine
Bewertung der in Rede stehenden Geeignetheit, Erforder-

Drucksache 16/10837 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

lichkeit bzw. Verhältnismäßigkeit des Asylbewerberleis-
tungsgesetzes.

IV.

Die damalige Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP
ging 1992/1993 bei ihren Vorbereitungen für das Asylbewer-
berleistungsgesetz von der Annahme aus, dass – wie die da-
malige Abgeordnete der CSU, Prof. Monika Männle, aus-
führte – „[d]ie finanziellen Leistungen an Asylbewerber und
die wirtschaftlichen Möglichkeiten in Deutschland dazu füh-
ren, daß 60 Prozent der nach Westeuropa kommenden Asyl-
bewerber sich die Bundesrepublik Deutschland als Asylland
gewählt haben“ (Bundestagsplenarprotokoll vom 4. März
1983; S. 12314).

Mit ihrem „Gesetzentwurf zur Neuregelung der Leistungen
an Asylbewerber“ verfolgten die Fraktionen der CDU/CSU
und FDP – zusammen mit der Fraktion der SPD – damals wie
heute drei Ziele:

1. Potentiellen Asylsuchenden sollten durch deutlich redu-
zierte sozialrechtliche Transferleistungen vorgebliche
„Anreize“ gestrichen werden, um angeblich „aus wirt-
schaftlichen Gründen nach Deutschland zu kommen“ und
hier einen Asylantrag zu stellen (Bundestagsdrucksache
12/5008, S. 13).

2. Analoges wurde auch für bereits in Deutschland lebende
abgelehnte Asylbewerberinnen und -bewerber (sowie
Geduldete) bezweckt: Auch ihnen sollten angebliche
„leistungsrechtliche Anreize für ein weiteres Bleiben in
Deutschland“ genommen werden (Bundestagsdrucksa-
che 12/4451, S. 5).

3. Und schließlich ging es um eine finanzielle Entlastung
der – so der damalige Landesgruppenvorsitzende der
CSU und heutige Bundesminister für Wirtschaft und
Technologie, Michael Glos, – durch die Aufwendungen
für vermeintliche „Wirtschaftsflüchtlinge“ allein 1992
mit angeblich 35 Mrd. DM völlig überlasteten Länder und
Kommunen (Bundestagsplenarprotokoll vom 26. Mai
1983; S. 13527 f.): Mit der Einführung des AsylbLG wur-
den für sie Einsparungen in Höhe von jährlich 2 Mrd. DM
(respektive 1 Mrd. Euro) prognostiziert (Bundestags-
drucksache 12/4451, S. 6 f.).

Auch heute noch hält die Bundesregierung unverdrossen an
den ursprünglichen Gründen für die Notwendigkeit des Asyl-
bewerberleistungsgesetzes fest (vgl. Bundestagsdrucksache
16/9018, S. 25).

Tatsächlich ist aber 15 Jahre nach Inkrafttreten des Asylbe-
werberleistungsgesetzes festzustellen, dass sich die damalige
– wie auch die aktuelle – offizielle Begründung für die mit
der Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes verbun-
dene deutliche Reduktion der sozialrechtlichen Transferleis-
tungen an Asylsuchende und Geduldete als Trugschluss er-
wiesen hat.

Zu Nummer 1

Die Asylantragszahlen haben in Deutschland einen histo-
rischen Tiefpunkt erreicht: Während im Jahr 1992 – dem Jahr

werberleistungsgesetzes – mit 438 191 Asylerst- und -fol-
geanträgen der Höhepunkt der Asylantragstellungen in
Deutschland verzeichnet wurde – haben in 2007 gerade ein-
mal 19 164 Personen in Deutschland einen Asylerstantrag
gestellt – so wenige, wie seit 1977 nicht mehr und über 20mal
weniger als 1992 (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge:
„Asyl in Zahlen 2007“, Juli 2008).

Ein analoger Befund ergibt sich, wenn man sich die Bedeu-
tung Deutschlands als Asylaufnahmeland innerhalb der welt-
weit 51 industrialisierten Länder vergegenwärtigt: Von den
absoluten Zahlen her gesehen hat Deutschland in den Jahren
2003 bis 2007 insgesamt 155 270 Asylsuchende aufgenom-
men (das sind bezogen auf die genannten 51 Staaten
6 Prozent). Deutschland ist damit von Platz 4 auf Platz 7 zu-
rückgefallen. Aussagekräftiger als die absoluten Zugangs-
zahlen ist jedoch die Aufnahmequote eines Landes bezogen
auf die jeweilige Bevölkerungsgröße. Und hier belegt
Deutschland seit Jahren lediglich einen gefestigten 21. Platz
(UNHCR: „2007 Global Trends“ – Juni 2008 –, S. 12).

Nirgends in der wissenschaftlichen Literatur – auch nicht sei-
tens des Bundesministeriums des Innern – wird dieser drasti-
sche Rückgang der Zahl von Asylsuchenden in Deutschland
– und sei es auch nur (mit)ursächlich – mit der Einführung
des Asylbewerberleistungsgesetzes in Verbindung gebracht.
Tatsächlich sind hierfür vor allem die strikten Grenzkontrol-
len sowie die sog. Drittstaatenregelung und das Konzept an-
geblich sicherer Herkunftsstaaten verantwortlich.

Zu Nummer 2

Seit Inkrafttreten des Asylbewerberleistungsgesetzes hat
sich die Aufenthaltsdauer von abgelehnten Asylsuchenden
bzw. Geduldeten nicht – wie vom Gesetzgeber intendiert –
reduziert – im Gegenteil: sie hat sich deutlich verlängert.

In Deutschland lebten Ende 2006

● rund 100 000 Geduldete seit mindestens sechs Jahren und
davon wiederum

● rund 70 000 Geduldete seit mindestens acht Jahren und
davon sogar

● über 40 000 Geduldete seit mindestens zwölf Jahren

ohne einen gesicherten Aufenthaltsstatus (vgl. Bundestags-
drucksache 16/3446, S. 3 bis 7).

Der Anteil der Personen, die länger als drei Jahre Leistungen
nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, hat sich in
den letzten Jahren dramatisch erhöht: Waren es im Jahr 2000
immerhin schon 20 Prozent (70 926 Personen), so waren es
sechs Jahre später 47 Prozent (91 757 Personen) – also rund
die Hälfte aller Anspruchsberechtigten überhaupt (Bundes-
tagsdrucksache 16/9018, S. 40 f.).

Diese Zahlen belegen eindringlich, dass der damalige Bun-
desgesetzgeber die Motivation von abgelehnten Asylsuchen-
den und Geduldeten offenkundig völlig falsch eingeschätzt
hat: Nicht die Höhe sozialrechtlicher Transferleistungen ist
für diese Menschen der entscheidende Grund, in Deutschland
zu bleiben bzw. dieses Land nicht zu verlassen, sondern diese
Menschen haben in der Regel gravierende rechtliche, huma-
vor der Grundgesetzänderung zur Einschränkung des Asyl-
grundrechts in Deutschland bzw. der Einführung des Asylbe-

nitäre oder tatsächliche Gründe, deretwegen sie nicht in ihr
Herkunftsland zurückkehren können.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/10837

Zu Nummer 3

Das Statistische Bundesamt hat für das Jahr 2007 Bruttoaus-
gaben in Höhe von 1,03 Mrd. Euro für Regelleistungen und
besondere Leistungen für die rund 154 000 Leistungsberech-
tigten des AsylbLG ermittelt.

a) Regelleistungen nach SGB II

Nach einer Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes
würden aufgrund des vorliegenden Gesetzentwurfs die der-
zeit 154 000 Leistungsberechtigten des AsylbLG künftig
Leistungen nach SGB XII – mehrheitlich vermutlich aber
Leistungen nach dem SGB II erhalten. Geht man davon aus,
dass die 154 000 Leistungsberechtigten in Zukunft Ein-Per-
sonen-Bedarfsgemeinschaften im SGB II bilden würden,
würden für 154 000 zusätzliche Personen im Leistungsbezug
folgende Mehrkosten entstehen:

b) Kosten der Unterbringung

Nach einer Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes
würden die derzeit 154 000 Leistungsberechtigten des
AsylbLG künftig Leistungen für Unterkunft und Heizung
mehrheitlich nach dem SGB II erhalten. Ausgehend von den
durchschnittlichen Leistungen für Unterkunft und Heizung für
Alleinstehende würden durch 154 000 neue Leistungsberech-
tigte des SGB II Mehrkosten in Höhe von 456 Mio. Euro ent-
stehen.

Hiervon müssen jedoch die Kosten der Unterkunft abgezo-
gen werden, die heute im Zuge der Umsetzung des Asyl-
bewerberleistungsgesetzes aufgewendet werden müssen.
Dieser Kostenfaktor wird jedoch weder über das Statistische
Bundesamt erhoben, noch kann er seitens der Bundes-
regierung beziffert werden (vgl. Bundestagsdrucksache
16/9018, S. 16). Insofern ist eine abschließende Vergleichs-
rechnung für die Kosten der Unterkunft nach AsylbLG bzw.
SGB II/SGB XII an dieser Stelle nicht möglich.

Es sei aber darauf hingewiesen, dass mit einer Aufhebung des
Asylbewerberleistungsgesetzes die nunmehr Berechtigten
des SGB II und SGB XII einen leistungsrechtlichen An-
spruch auf Kosten für eine „angemessene Unterkunft“ haben,
was sinnvoller Weise nur im Zuge einer dezentralen Unter-
bringung möglich erscheint. Insofern ließen sich künftig zu-
sätzlich also auch im erheblichen Umfang Personal- und
Sachkosten für die bisherige Unterbringung von Asylsuchen-
den in sog. Gemeinschaftsunterkünften (§ 53 AsylVfG) ein-
sparen.

c) Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt

Nach einer Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes
würden von den derzeit 154 000 Leistungsberechtigten des
AsylbLG diejenigen Leistungen zur Eingliederung in den

nach dem SGB II in den vergangenen Jahren nicht ausge-
schöpft wurde, ist nicht von zusätzlichen Kosten für die Inte-
gration in den Arbeitsmarkt auszugehen.

d) Einsparung von Verwaltungskosten

Berücksichtigt werden muss im Hinblick auf die Höhe der
SGB-II-Regelleistungen, dass künftig durch die Aufhebung
des AsylbLG auch der höhere Verwaltungsaufwand wegfällt,
der derzeit regelmäßig bei der Ausgabe von Sachleistungen
an Leistungsberechtigte des AsylbLG entsteht.

Gesamtrechnung

Die Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes führt für
Bund und Kommunen durch die Zahlung von Sozialver-
sicherungsbeiträgen für die Leistungsberechtigten und im
Bereich der Unterbringungskosten zu Mehraufwendungen.
Letztere können aber nicht genau beziffert werden, weil sei-
tens des Statistischen Bundesamtes bzw. der Bundesregie-
rung keine Daten vorliegen, über die gegenwärtigen Kosten
der Unterbringung für Asylsuchende.

Insgesamt ist mit bezifferbaren Mehraufwendungen von
0,986 Mrd. Euro zu rechnen. Diesen Mehraufwendungen ste-
hen allerdings Entlastungen in Form der bisherigen Brutto-
ausgaben des AsylbLG in Höhe von 1,03 Mrd. Euro (eben-
falls ohne die Kosten der Unterbringung) entgegen. Zudem
müssen die 2007 und 2008 weiter sinkenden Zahlen von nach
Deutschland einreisenden Asylsuchenden berücksichtigt
werden.

Veränderungen der Kosten, die sich aus der Aufhebung des
Asylbewerberleistungsgesetzes ergeben, werden im Zuge
des Umsatzsteuervorwegausgleichs nach Artikel 106 Abs. 4
GG neu geregelt.

V. Fazit

Ein Gesetz, das offenkundig weder geeignet noch erforder-
lich ist, um mit verhältnismäßigen Mitteln den Zweck dieses
Gesetzes zu erfüllen, ist aufzuheben. Wer das Asylbewerber-
leistungsgesetz dennoch beibehalten möchte, zeigt, dass es
mit diesem Gesetz weniger darum geht, den angeblichen
„Asylmissbrauch“ zu bekämpfen, als vielmehr darum, Asyl-
suchende und Geduldete in Deutschland zu schikanieren und
zu diskriminieren.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1

Die Vorschrift regelt die Aufhebung des Asylbewerberleis-
tungsgesetzes.

Zu Artikel 2 (Änderung anderer Rechtsvorschrif-
ten)

Zu den Absätzen 1 bis 22

Es handelt sich um Folgeänderungen zu Artikel 1.

Zu Absatz 23 (SGB XII – Sozialhilfe)

Regelleistungen in Höhe von 649 Mio. Euro.
Leistungen für Sozialversicherungsbeiträge
in Höhe von 327 Mio. Euro.
(darin enthalten sind Beiträge an die Kranken-
und Pflegeversicherung in Höhe von 253 Mio.
Euro)
„Sonstige Leistungen“ in Höhe von 10 Mio. Euro.

Summe 986 Mio. Euro.
Arbeitsmarkt erhalten, die künftig leistungsberechtigt nach
SGB II wären. Da das Budget für Eingliederungsleistungen

Zu den Nummern 1 und 2

Es handelt sich um Folgeänderungen zu Artikel 1.

Drucksache 16/1083 ndestag – 16. Wahlperiode
7 – 10 – Deutscher Bu

Zu Nummer 3

Die Frist für den Nachweis, dass ein Ausländer oder eine
Ausländerin zum Zweck der Behandlung oder Linderung
einer Krankheit in die Bundesrepublik Deutschland einge-
reist ist, wird auf ein Jahr begrenzt. Zum einen sollen die Be-
troffenen die für eine Integration notwendige Rechtssicher-
heit haben, dass ihr Anspruch auf eine normale medizinische
Versorgung nicht zeitlich unbegrenzt in Frage gestellt werden
kann. Zum anderen muss die zeitliche Befristung so gewählt
sein, dass eine in Ausnahmefällen mögliche Einreise zum
Zwecke der medizinischen Versorgung unattraktiv wird. Die
Frist von einem Jahre erscheint angesichts der mit einer Er-
krankung verbundenen Beschwerden – aber auch (im Hin-
blick auf die Regelungen im SGB II) aus Gründen sozial-
rechtlicher Kohärenz – als sachgerechte Lösung.

Die Leistungsansprüche besonders schutzbedürftiger Perso-
nen i. S. v. Kapitel IV der EU-Aufnahmerichtlinie (2003/9/
EG) – also von traumatisierten, behinderten, älteren, schwan-
geren und alleinerziehenden Asylsuchenden bzw. von min-
derjährigen Asylsuchenden (und hierbei insbesondere sol-
cher, die unbegleitet eingereist bzw. die Opfer des Miss-
brauchs, der Vernachlässigung, der Ausbeutung, der Folter
bzw. grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Be-
handlung gewesen sind oder die unter bewaffneten Konflik-
ten gelitten haben) – sollen von der Ausschlussklausel in § 23
Abs. 2 Satz 3 SGB XII unberührt bleiben.

Zu den Absätzen 24 und 25

Es handelt sich um Folgeänderungen zu Artikel 1.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Artikel 3 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Der Zeitpunkt
des Inkrafttretens ist so gewählt, dass für den sich aus der
Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes ergebenden
Folgeregelungsbedarf ein angemessener Zeitraum zur Verfü-
gung steht.

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