BT-Drucksache 14/9218

Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer Magnus-Hirschfeld-Stiftung

Vom 4. Juni 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9218
14. Wahlperiode 04. 06. 2002

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Alfred Hartenbach, Margot von Renesse, Hermann Bachmaier,
Dr. Hans-Peter Bartels, Anni Brandt-Elsweier, Dieter Dzewas, Hans Forster, Arne
Fuhrmann, Renate Gradistanac, Angelika Graf (Rosenheim), Kerstin Griese,
Hans-Joachim Hacker, Christel Humme, Christine Lambrecht, Christine Lehder,
Gabriele Lösekrug-Möller, Winfried Mante, Dirk Manzewski, Dr. Jürgen Meyer
(Ulm), Christel Riemann-Hanewinckel, Marlene Rupprecht, Wilhelm Schmidt
(Salzgitter), Richard Schuhmann (Delitzsch), Erika Simm, Rolf Stöckel, Joachim
Stünker, Hedi Wegener, Hanna Wolf (München), Dr. Peter Struck und der Fraktion
der SPD
sowie der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Hans-Christian Ströbele, Kerstin
Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“

A. Problem
Homosexuelle waren im Nationalsozialismus schweren Verfolgungen ausge-
setzt. Bei den Verfolgungsmaßnahmen handelte sich um typisches national-
sozialistisches Unrecht. Zur nationalsozialistischen Homosexuellen-Verfolgung
zählte auch die Zerschlagung der schwulen und lesbischen Infrastruktur, für die
es bislang keinen Ausgleich gab.

B. Lösung
Der Entwurf schlägt die Errichtung einer „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“ vor.
Dadurch soll im Sinne eines kollektiven Ausgleichs das von den Nationalsozia-
listen an den Homosexuellen verübte Unrecht anerkannt und die homosexuelle
Bürger- und Menschenrechtsarbeit gefördert werden.
Der Entwurf sieht vor, die „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“ als bundesunmittel-
bare rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Berlin zu errich-
ten. Die Stiftung soll nach dem Berliner Arzt und Sexualwissenschaftler Dr.
Magnus Hirschfeld (1868 bis 1935) benannt werden, der neben seiner wissen-
schaftlichen Tätigkeit auch als Streiter für die Rechte der Homosexuellen her-
vorgetreten ist.
Zweck der Stiftung soll es sein, homosexuelles Leben im Gebiet der Bundes-
republik Deutschland wissenschaftlich zu erforschen und darzustellen, die na-
tionalsozialistische Verfolgung Homosexueller in Erinnerung zu halten, durch
Öffentlichkeitsarbeit einer gesellschaftlichen Diskriminierung homosexueller
Männer und Frauen in Deutschland entgegenzuwirken, Bürgerrechtsarbeit zu

Drucksache 14/9218 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

fördern, Menschenrechtsarbeit im Ausland zu unterstützen sowie das Gedenken
an Leben und Werk Magnus Hirschfelds zu pflegen.

C. Alternativen
Keine

D. Kosten der öffentlichen Haushalte
Durch das Gesetz wird der Bundeshaushalt in den Jahren 2003 bis 2006 mit
jeweils 3,75 Mio. Euro belastet.

E. Sonstige Kosten
Keine. Auswirkungen des Gesetzentwurfs auf die Einzelpreise und auf das
Preisniveau sind nicht zu erwarten.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/9218

Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1

Errichtung und Sitz
(1) Unter dem Namen „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“

wird eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts er-
richtet. Die Stiftung entsteht mit dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes.

(2) Der Sitz der Stiftung ist Berlin.
§ 2

Stiftungszweck
Zweck der Stiftung ist es, homosexuelles Leben im Ge-

biet der Bundesrepublik Deutschland wissenschaftlich zu
erforschen und darzustellen, die nationalsozialistische Ver-
folgung Homosexueller in Erinnerung zu halten, durch Öf-
fentlichkeitsarbeit einer gesellschaftlichen Diskriminierung
homosexueller Männer und Frauen in Deutschland entge-
genzuwirken, Bürgerrechtsarbeit zu fördern, Menschen-
rechtsarbeit im Ausland zu unterstützen sowie das Geden-
ken an Leben und Werk Magnus Hirschfelds zu pflegen.

§ 3
Stiftungsvermögen

(1) Die Stiftung wird einmalig mit einem Stiftungs-
vermögen in Höhe von 15 Millionen Euro ausgestattet.

(2) Das Stiftungsvermögen wird vom Bund in vier Teil-
beträgen von 3,75 Millionen Euro pro Jahr ab 2003 einge-
bracht.

(3) Die Stiftung ist berechtigt, Zuwendungen von dritter
Seite anzunehmen.

(4) Im Jahre 2003 können bis zu 3 vom Hundert des Stif-
tungsvermögens gemäß Absatz 1 für laufende Ausgaben
verwendet werden. Im Übrigen ist das Stiftungsvermögen
zur dauerhaften Erfüllung des Stiftungszwecks zu erhalten.
Erträge des Stiftungsvermögens und sonstige Einnahmen
sind nur im Sinne des Stiftungszwecks zu verwenden.

§ 4
Organe der Stiftung

Organe der Stiftung sind
1. das Kuratorium,
2. der Geschäftsführer beziehungsweise die Geschäfts-

führerin.
Das Kuratorium kann Fachbeiräte berufen.

§ 5
Kuratorium

(1) In das Kuratorium entsenden:
1. die im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen pro

angefangene 150 Mitglieder je ein Mitglied,

2. das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend zwei Mitglieder,

3. der Fachverband Homosexualität und Geschichte e. V.
ein Mitglied,

4. die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e. V. ein Mitglied,
5. der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland e. V.

zwei Mitglieder,
6. die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kir-

che e. V. ein Mitglied,
7. der Lesbenring e. V. ein Mitglied,
8. der Bundesverband der Eltern, Freunde und Angehö-

rigen von Homosexuellen e. V. ein Mitglied,
9. die International Gay and Lesbian Association (ILGA)

Europe zwei Mitglieder.
(2) Die entsendenden Stellen können die von ihnen ent-

sandten Mitglieder abberufen und durch neue Mitglieder er-
setzen.

(3) Für jedes Mitglied kann von der entsendenden Stelle
in gleicher Weise ein Stellvertreter beziehungsweise eine
Stellvertreterin berufen werden. Teilnahmeberechtigt an den
Kuratoriumssitzungen ist jeweils nur der Kurator oder sein
Stellvertreter.

(4) Die Entsendung und Abberufung der Mitglieder und
ihrer Stellvertreter ist dem Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend anzuzeigen. Bei Streitigkeiten
über die Rechtmäßigkeit einer Entsendung oder Abberu-
fung von Kuratoriumsmitgliedern entscheidet das Ministe-
rium durch Verwaltungsakt. Hiergegen ist innerhalb eines
Monats unmittelbar Klage vor dem Verwaltungsgericht Ber-
lin zulässig. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung.
§ 80 Abs. 5 VwGO findet entsprechende Anwendung.

(5) Das Kuratorium wählt mit einer Mehrheit von zwei
Dritteln seiner Mitglieder aus seiner Mitte einen Vorsitzen-
den beziehungsweise eine Vorsitzende sowie einen stellver-
tretenden Vorsitzenden beziehungsweise eine stellvertre-
tende Vorsitzende. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre. Die
Wiederwahl ist zulässig. Eine Abwahl ist mit einer Mehr-
heit von zwei Dritteln der Mitglieder des Kuratoriums mög-
lich. Scheidet der Vorsitzende beziehungsweise die Vorsit-
zende nach § 5 Abs. 2 aus dem Kuratorium aus, verliert er
beziehungsweise sie den Vorsitz.

(6) Das Kuratorium entscheidet in allen Angelegenhei-
ten, die für die Stiftung und ihre Entwicklung von grund-
sätzlicher und besonderer Bedeutung sind. Dazu gehören
insbesondere die Grundzüge der Vergabe der Stiftungsmittel
und der Förderung von Projekten, die Grundsätze der Ver-
mögensverwaltung, der Haushaltsplan sowie Personalent-
scheidungen. Das Kuratorium, kann sich weitere Entschei-
dungen vorbehalten. Es kann Personalentscheidungen auf
den Geschäftsführer bzw. die Geschäftsführerin übertragen.
Das Kuratorium überwacht die Tätigkeit des Geschäfts-
führers oder der Geschäftsführerin.

Drucksache 14/9218 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

(7) Das Kuratorium fasst seine Beschlüsse mit der Mehr-
heit seiner Mitglieder, soweit nicht in diesem Gesetz etwas
anderes vorgesehen ist. Abstimmungsberechtigt sind nur an-
wesende Kuratoren beziehungsweise deren Vertreter. Außer
in den Fällen, in denen eine Mehrheit von mindestens zwei
Dritteln der Mitglieder des Kuratoriums erforderlich ist,
kann eine Beschlussfassung im schriftlichen oder fern-
schriftlichen Umlaufverfahren erfolgen, sofern nicht min-
destens ein Viertel der Kuratoriumsmitglieder widerspre-
chen, und sich mindestens zwei Drittel der Mitglieder an der
Abstimmung beteiligen.

(8) Die Mitglieder des Kuratoriums sind ehrenamtlich tä-
tig. Die Erstattung von Reisekosten und sonstigen Auslagen
richten sich nach Maßgabe der Richtlinien des Bundes für
die Abfindung der Mitglieder von Beiräten, Ausschüssen,
Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen im Bereich
des Bundes in der Fassung vom 31. Oktober 2001
(GMBl. 2002, S. 89).

(9) Das Nähere regelt die Satzung.
§ 6

Geschäftsführer oder Geschäftsführerin
(1) Der Geschäftsführer beziehungsweise die Geschäfts-

führerin wird vom Kuratorium mit einer Mehrheit von zwei
Dritteln seiner Mitglieder berufen. Das Kuratorium kann
den Geschäftsführer beziehungsweise die Geschäftsführerin
mit einer Mehrheit von zwei Dritteln abberufen. Die Vertre-
tung des Geschäftsführers beziehungsweise der Geschäfts-
führerin regelt die Satzung.

(2) Der Geschäftsführer beziehungsweise die Geschäfts-
führerin führt die Geschäfte der Stiftung. Er beziehungs-
weise sie entscheidet in allen Angelegenheiten der Stiftung,
soweit dafür nicht das Kuratorium zuständig ist oder sich
eine Entscheidung vorbehalten hat. Er beziehungsweise sie
vertritt die Stiftung gerichtlich und außergerichtlich.

§ 7
Satzung

(1) Die Stiftung gibt sich eine Satzung, die vom Kurato-
rium mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder

beschlossen wird. Änderungen der Satzung bedürfen einer
Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Kuratoriums.

(2) Die Satzung sowie Änderungen der Satzung bedürfen
der Zustimmung durch das Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend.

§ 8
Aufsicht, Haushalt, Rechnungsprüfung

(1) Die Stiftung untersteht der Rechtsaufsicht des Bun-
desministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Dieses beruft auch das Kuratorium zu seiner ersten Sitzung
ein und führt die Geschäfte bis zur ersten Wahl eines Ge-
schäftsführers beziehungsweise einer Geschäftsführerin.

(2) Die Stiftung hat rechtzeitig vor Beginn eines jeden
Geschäftsjahres einen Haushaltsplan aufzustellen. Der
Haushaltsplan bedarf der Genehmigung des Bundesministe-
riums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

(3) Für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen so-
wie für die Rechnungslegung der Stiftung finden die für die
unmittelbare Bundesverwaltung geltenden Bestimmungen
entsprechende Anwendung. Die Haushalts- und die Wirt-
schaftsführung der Stiftung unterliegen der Prüfung durch
den Bundesrechnungshof.

§ 9
Beschäftigte

Für Beschäftigte der Stiftung sind die für Beschäftigte
des Bundes geltenden arbeits- und tarifrechtlichen Bestim-
mungen entsprechend anzuwenden.

§ 10
Tätigkeitsbericht

Die Stiftung legt jährlich einen Bericht über ihre bishe-
rige Tätigkeit und ihre Vorhaben vor.

§ 11
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2003, frühestens am Tag
nach seiner Verkündung, in Kraft.

Berlin, den 4. Juni 2002

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/9218

Begründung

A. Allgemeines
Am 7. Dezember 2000 verabschiedete der Deutsche Bun-
destag einstimmig eine Erklärung, die u. a. klarstellte, dass
es sich bei der Verfolgung von Homosexuellen während des
Nationalsozialismus um typisches nationalsozialistisches
Unrecht gehandelt hat (Bundestagsdrucksache 14/4894).
Zur nationalsozialistischen Homosexuellen-Verfolgung
zählte auch die Zerschlagung der schwulen und lesbischen
Infrastruktur. Durch die Gründung der „Magnus-Hirsch-
feld-Stiftung“ soll nunmehr im Sinne eines kollektiven Aus-
gleichs das von den Nationalsozialisten an den Homosexu-
ellen verübte Unrecht anerkannt und die homosexuelle Bür-
ger- und Menschenrechtsarbeit gefördert werden.
Die Stiftung ist nach dem Berliner Arzt und Sexualwissen-
schaftler Dr. Magnus Hirschfeld (1868 bis 1935) benannt.
Er war einer der ersten, der das homosexuelle Leben er-
forscht und dokumentiert hat. Als Begründer und langjähri-
ger Vorsitzender der weltweit ersten Vereinigung für die
Rechte der Homosexuellen hat er sich in Wort und Tat ge-
gen Vorurteile sowie gegen Diskriminierung und Verfol-
gung eingesetzt. Hirschfelds Einfluss reichte weit über
Deutschlands Grenzen hinaus. Sein Leben und seine Arbeit
sollen historisch untersucht und im Bewusstsein der Öffent-
lichkeit wachgehalten werden.
Organisationen wie die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft
oder der Lesben- und Schwulenverband engagieren sich seit
langem für die Errichtung einer Stiftung, die Hirschfelds
Namen trägt.
Eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit eige-
ner Rechtspersönlichkeit gewährleistet durch ihre Selbst-
ständigkeit eine unabhängige Arbeit. Durch die Rechtsform
der Stiftung ist es möglich, in das leitende Entscheidungs-
gremium, das Kuratorium, Vertreter verschiedener Gruppen
zu integrieren. Schließlich ermöglicht die Rechtsform der
Stiftung private Zustiftungen.
Der Stiftungszweck wird zu einem Teil, soweit es um die
Aufarbeitung der nationalsozialistischen Homosexuellen-
verfolgung geht, historisch orientiert, zu seinem überwie-
genden Teil (Gleichstellung homosexueller Männer und
Frauen, Menschenrechtsarbeit) aber zukunftsgerichtet sein.
Das Stiftungsvermögen beträgt 15 Mio. Euro. Im Kurato-
rium werden neben Vertretern der Fraktionen des Deutschen
Bundestages und des Bundesministeriums für Familie, Se-
nioren, Frauen und Jugend unterschiedliche Verbände und
Organisationen und damit ein breites Spektrum von Mei-
nungen und Interessen vertreten sein. Die ordnungsgemäße
Arbeit wird durch die Rechtsaufsicht des Bundes und die
Prüfungsmöglichkeit durch den Bundesrechnungshof ge-
währleistet.
Durch das Gesetz wird der Bundeshaushalt, verteilt auf vier
Jahre, mit insgesamt 15 Mio. Euro belastet. Sonstige Kosten
entstehen nicht. Auswirkungen des Gesetzentwurfs auf die
Einzelpreise und auf das Preisniveau sind nicht zu erwarten.

B. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu § 1
Die Vorschrift sieht vor, dass der Bund die „Magnus-Hirsch-
feld-Stiftung“ als bundesunmittelbare rechtsfähige Stiftung
des öffentlichen Rechts mit Sitz in Berlin errichtet.
Zu § 2
Der Zweck der Stiftung ist ein dreifacher: Ein Schwerpunkt
soll die weitere Aufarbeitung der nationalsozialistischen
Homosexuellenverfolgung und des späteren Umgangs mit
den Opfern sein. Das Ausmaß der Verbrechen der National-
sozialisten in diesem Bereich soll mehr als bisher öffentlich
dokumentiert und wahrgenommen werden. Hierzu kann die
Stiftung z. B. Archive und wissenschaftliche Forschungs-
projekte fördern, an das Lebenswerk von Magnus Hirsch-
feld anknüpfen und die Erinnerung hieran wachhalten.
Daneben soll sich die Stiftung für die weitere Gleichstellung
Homosexueller in der heutigen Gesellschaft einsetzen und
gesellschaftlicher Diskriminierung entgegenwirken. Hierzu
kann sie insbesondere durch Öffentlichkeitsarbeit, eigene
wissenschaftliche Forschungsprojekte und die Unterstüt-
zung entsprechender Projekte anderer Hilfe bei der Über-
windung von bestehenden Vorurteilen leisten und die Bür-
gerrechtsarbeit fördern.
Zusätzlich soll die Stiftung Menschenrechtsarbeit im Aus-
land fördern. In vielen Staaten der Welt ist Homosexualität
strafbar, werden Homosexuelle von staatlicher Seite offen
angefeindet und verfolgt. Die Stiftung kann Hilfsprojekte,
Personen oder Gruppen in diesen Staaten unterstützten.
Zu § 3
Zur Erfüllung des Stiftungszwecks wird die Stiftung einma-
lig mit einem Betrag in Höhe von 15 Mio. Euro aus dem
Bundeshaushalt ausgestattet. Um die Belastung des Haus-
halts möglichst gering zu halten, wird das Stiftungsvermö-
gen in vier Jahresraten, beginnend mit dem Jahr 2003, ein-
gebracht.
Nach Absatz 3 kann die Stiftung Zuwendungen (Geld oder
Sachzuwendungen) für ihre in § 2 genannten Zwecke von
dritter Seite entgegennehmen.
Absatz 4 stellt sicher, dass das Stiftungsvermögen (Abs. 2)
zur dauerhaften Erfüllung des Stiftungszwecks erhalten
bleibt und Erträgnisse und Einnahme ausschließlich dem
Stiftungszweck zugute kommen. Für das Jahr 2003 gilt eine
Übergangsregelung, nach der bis zu 3 % des Stiftungs-
vermögens von 15 Mio. Euro für laufende Ausgaben ver-
wendet werden dürfen. In den Folgejahren wird ein Teil der
Erträge zur dauerhaften Sicherung des Stiftungsvermögens
thesauriert werden müssen.
Zu § 4
In dieser Vorschrift werden die Stiftungsorgane abschlie-
ßend benannt. Es sind dies das Kuratorium und der Ge-
schäftsführer bzw. die Geschäftsführerin. Dem Kuratorium
wird es ermöglicht, zur Unterstützung seiner Arbeit auf den

Drucksache 14/9218 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

verschiedenen Tätigkeitsfeldern bei Bedarf Fachbeiräte zu
berufen. Näheres regelt die Satzung. Weitere Organe sind
nicht vorgesehen und können auch nicht durch die Satzung
errichtet werden.
Zu § 5
Die Vorschriften regeln die Zusammensetzung und Aufga-
benstellung des Kuratoriums.
Nach Absatz 1 werden die Kuratoren von den Fraktionen
des Deutschen Bundestages, dem Bundesministerium für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie von 7 nament-
lich benannten Organisationen bestimmt und entsandt. Die
von den Fraktionen entsandten Kuratoren müssen nicht Mit-
glied der Fraktionen sein. Nach Absatz 2 können die entsen-
denden Stellen die von ihnen entsandten Mitglieder jeder-
zeit abberufen und durch neue Mitglieder ersetzen.
Nach Absatz 3 kann für jedes Mitglied ein Stellvertreter
bzw. eine Stellvertreterin bestimmt werden. Er bzw. sie tritt
im Vertretungsfalle an die Stelle des jeweiligen Kurators.
Um die durch die Teilnahme an den Kuratoriumssitzungen
entstehenden Kosten möglichst gering zu halten, wird klar-
gestellt, dass jeweils nur der Kurator oder sein Stellvertreter
zur Teilnahme an den Kuratoriumssitzungen berechtigt ist.
Die Kuratoren werden nicht ernannt. Sie erlangen ihre
Rechtsstellung unmittelbar mit ihrer Entsendung, d. h. mit
der Beschlussfassung der sie entsendenden Stelle. Nach
welchen rechtlichen Vorgaben dieser Beschluss zu fassen
ist, bestimmt sich nach dem Recht der entsendenden Stelle.
Gleiches gilt für die Abberufung der Kuratoren. Wün-
schenswert wäre, das die entsendenden Stellen mit zwei Sit-
zen diese geschlechterparitätisch besetzen. Gleiches gilt für
alle Organisationen bei der Benennung von Kuratoriums-
mitglied und Stellvertretung.
Der in Absatz 4 vorgesehenen Anzeige der Entsendung bzw.
Abberufung beim Bundesministerium für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend kommt nur deklaratorische Bedeu-
tung zu. Sie soll aber ein ordnungsgemäßes Verfahren
sicherstellen. Bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit
einer Entsendung bzw. Abberufung entscheidet das Bundes-
ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
durch Verwaltungsakt. Dieser kann innerhalb eines Monats
beim VG Berlin angefochten werden. Der Klage kommt
keine aufschiebende Wirkung zu; diese kann aber entspre-
chend § 80 Abs. 5 VwGO hergestellt werden.
Nach Absatz 5 wählt das Kuratorium aus seiner Mitte mit
qualifizierter Mehrheit den bzw. die Vorsitzende sowie
einen Stellvertreter bzw. eine Stellvertreterin. Die Wieder-
wahl ist zulässig, eine Abwahl ebenfalls. Die Wahl erfolgt
für einen Zeitraum von 5 Jahren. Wird der bzw. die Vorsit-
zende während der Amtszeit nach Absatz 2 abberufen, ver-
liert er bzw. sie auch den Vorsitz.
Nach Abs. 6 obliegen dem Kuratorium die Aufgaben des
leitenden Organs einer Stiftung. Es entscheidet über alle
Angelegenheiten, die für die Stiftung und ihre Entwicklung
von grundsätzlicher und besonderer Bedeutung sind. Darü-
ber hinaus kann es sich alle anderen Entscheidungen vorbe-
halten. Zudem überwacht es die Tätigkeit des Geschäftsfüh-
rers bzw. der Geschäftsführerin. Personalentscheidungen
trifft grundsätzlich das Kuratorium; es kann sie auf den Ge-
schäftsführer übertragen.

Nach Absatz 7 fasst das Kuratorium seine Beschlüsse mit
der Mehrheit seiner Mitglieder, sofern im Gesetz nicht eine
qualifizierte Mehrheit vorgesehen ist. Das Gesetz geht da-
von aus, dass Beschlüsse grundsätzlich von den in einer Sit-
zung anwesenden Mitgliedern bzw. deren Vertretern gefasst
werden. Nur diese sind abstimmungsberechtigt. Sofern
nicht mindestens ein Viertel der Kuratoriumsmitglieder
widerspricht und sich zudem zwei Drittel der Mitglieder an
der Abstimmung beteiligen, kann eine Beschlussfassung
stattdessen im schriftlichen oder fernschriftlichen Umlauf-
verfahren erfolgen. Dies gilt nicht für Entscheidungen, die
eine Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder oder mehr
erfordern (§ 5 Absatz 5, § 6 Absatz 1, § 7 Absatz 1).
Zu § 6
Der Geschäftsführer oder die Geschäftsführerin ist ausfüh-
rendes Organ der Stiftung. Er bzw. sie führt die Geschäfte
der Stiftung. Für die Berufung und Abberufung ist das Ku-
ratorium als leitendes Organ der Stiftung zuständig.
Zu § 7
Zur Konkretisierung der gesetzlichen Bestimmungen und
zur Regelung der Verfahrensabläufe innerhalb der Stiftungs-
organe gibt sich die Stiftung eine Satzung. Der Erlass bzw.
die Änderung der Satzung kann nur mit einer Zweidrittel-
mehrheit der Mitglieder des Kuratoriums und der Zustim-
mung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend erfolgen.
Zu § 8
Für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen sowie für
die Rechnungslegung gelten die für die unmittelbare Bun-
desverwaltung geltenden Bestimmungen entsprechend. Es
sind dies vor allem die Vorschriften der BHO. Durch die
Prüfung der Stiftung durch den Bundesrechnungshof soll die
Beachtung dieser Vorgaben sichergestellt werden. Außer-
dem unterliegt die Stiftung der Rechtsaufsicht durch das
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend.
Zu § 9
Für die bei der Stiftung beschäftigten Angestellten und Ar-
beiter sind die für die Beschäftigten des Bundes geltenden
arbeits- und tarifrechtlichen Bestimmungen entsprechend
anzuwenden. Zur Kostenersparung ist der Personalbestand
zu minimieren.
Zu § 10
Da die „Magnus-Hirschfeld-Stiftung“ als Stiftung des öf-
fentlichen Rechts errichtet wird, sollte die Öffentlichkeit
über die Tätigkeit der Stiftung in regelmäßigen Abständen
unterrichtet werden. Der jährlich vorzulegende Bericht ist
ein wichtiger Beitrag dazu, die Arbeit der Stiftung transpa-
rent zu machen. Die Berichterstattung soll deshalb nicht nur
eine Rückschau sein, sondern überdies einen Ausblick auf
die weiteren Vorhaben enthalten.
Zu § 11
Die Vorschrift enthält die Inkrafttretensregelung.

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