Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.07.2019, Az. 6 AZR 460/18

6. Senat | REWIS RS 2019, 5573

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Gegenstand

Sollarbeitszeitreduzierung gemäß § 8 Abs. 3 TV-V - Abgrenzung zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT/TVöD-K


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 22. August 2018 - 12 [X.]/18 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die arbeitszeitrechtliche Behandlung der [X.]e (24. Dezember und 31. Dezember) im Anwendungsbereich des Tarifvertrags Versorgungsbetriebe ([X.]) vom 5. Oktober 2000, wenn diese auf einen Werktag fallen und für den Kläger dienstplanmäßig frei sind.

2

Der Kläger ist als Anlagenfahrer im Bereich der Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage ([X.]) im vollkontinuierlichen Wechselschichtbetrieb tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme die Bestimmungen des [X.] in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Zur regelmäßigen Arbeitszeit enthält § 8 [X.] folgende Regelungen:

        

„(1)   

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen … durchschnittlich 39 Stunden wöchentlich … Bei [X.] werden die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen in die Arbeitszeit eingerechnet. Die regelmäßige Arbeitszeit kann auf fünf Tage, aus notwendigen betrieblichen Gründen auch auf sechs Tage verteilt werden.

        

…       

        
        

(3)     

Die regelmäßige Arbeitszeit vermindert sich für jeden gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden. Soweit es die betrieblichen Verhältnisse zulassen, wird der Arbeitnehmer am 24. Dezember und am 31. Dezember unter Fortzahlung des Entgeltes nach § 6 Abs. 3 von der Arbeit freigestellt. Kann die Freistellung nach Satz 2 aus betrieblichen Gründen nicht erfolgen, ist ein entsprechender Freizeitausgleich innerhalb von drei Monaten zu gewähren.

        

…       

        
        

Protokollerklärung zu § 8 Abs. 3 Satz 1

        

Die Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit betrifft die Arbeitnehmer, die wegen des [X.] am Feiertag frei haben und deshalb ohne diese Regelung nacharbeiten müssten.“

3

Die Beklagte betreibt die [X.] an allen Kalendertagen des Jahres rund um die Uhr. Sie stellt hierzu jeweils im Voraus einen Schichtplan für das kommende Kalenderjahr auf der Grundlage einer „Betriebsvereinbarung über den Wechselschichtbetrieb in der Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage ([X.])“ vom 30. August 2013 (im Folgenden [X.]) auf. Darin heißt es ua.:

        

3.    

Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit

        

(1)     

Die Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit beträgt entsprechend [X.] durchschnittlich 39,0 Stunden/Woche innerhalb eines Ausgleichszeitraums von bis zu einem Jahr.

        

…       

        
        

10.     

Zeitkonto

        

(1)     

Abweichungen der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit von der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit werden für jeden Mitarbeiter auf einem Zeitkonto saldiert.

        

(2)     

Das Arbeitszeitkonto wird entsprechend der Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeit gemäß §§ 8 ff. Tarifvertrag Versorgung ([X.]) vom [X.] geführt.“

4

In der am 1. Juli 2014 in [X.] getretenen „Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeit gemäß §§ 8 ff. Tarifvertrag Versorgungsbetriebe ([X.])“ vom 5. Juni 2014 (im Folgenden [X.]), die die „Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeit gemäß §§ 8 ff. Tarifvertrag Versorgung ([X.])“ vom 29. Juni 2007 abgelöst hat, heißt es auszugsweise:

        

§ 9 Durchschnitt der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit

        

Für die Berechnung des Durchschnitts der wöchentlichen Arbeitszeit ist der Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.12. des Jahres zu Grunde zu legen.“

5

Die Beklagte führt für den Kläger ua. ein sog. Ausgleichskonto. Darin wird die tatsächlich geleistete Arbeitszeit sowie die bei Ausfallzeiten (zB Urlaub, Krankheit) anzurechnende Arbeitszeit laufend verbucht und gegenüber der tarifvertraglichen Sollarbeitszeit saldiert. Ergibt sich zum 31. Dezember eines Jahres eine Differenz, gleicht die Beklagte diese durch vergütungsmäßige Verrechnung aus, so dass das Ausgleichskonto zum Jahresbeginn jeweils den Stand „0“ aufweist.

6

Entsprechend der tarifvertraglichen Bestimmungen erhielten [X.]er der Beklagten für Arbeit an einem Feiertag, der auf einen Werktag fiel, neben der regulären Vergütung einen Zuschlag von 135 %. [X.]er mit dienstplanmäßigem Ausfall ohne Anspruch auf Entgeltfortzahlung stellte die Beklagte für diese Tage so, als würden sie arbeiten (sog. fiktive Schichtanrechnung). [X.]er, die am 24. Dezember und/oder 31. Dezember eines Jahres arbeiteten, erhielten zusätzlich zur regulären Vergütung und einem Zuschlag von 40 % einen Freizeitausgleich durch Gutschrift der gearbeiteten Stunden auf dem sog. [X.]. Hatten Mitarbeiter an solchen [X.]en dienstplanmäßig frei, nahm die Beklagte keine Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit vor. Dies war bei dem Kläger am 31. Dezember 2016 der Fall.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, diese Vorgehensweise widerspreche hinsichtlich dienstplanmäßig freier [X.]e dem Tarifvertrag. Die Beklagte sei verpflichtet, seine Sollarbeitszeit auf dem Ausgleichskonto für den 24. Dezember und/oder 31. Dezember eines Jahres um jeweils 8,292 Stunden zu verringern, wenn diese Tage auf einen Werktag fielen und er dienstplanmäßig frei habe. Ungeachtet des tarifvertraglichen Wortlauts sei § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.] unter Heranziehung der zu den nahezu wortlautgleichen § 6 Abs. 3 Satz 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst im Bereich der [X.] ([X.]-AT), § 6 Abs. 3 Satz 3 der Durchgeschriebenen Fassung des [X.] für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der [X.] ([X.]-K) sowie der jeweiligen Protokollerklärung ergangenen Rechtsprechung des [X.] für dienstplanmäßig freie [X.]e analog anzuwenden. Der [X.] weise insoweit eine planwidrige Regelungslücke auf. Es sei nicht ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien des [X.] bewusst eine Benachteiligung der [X.]er geregelt hätten.

8

Der Kläger hat nach mehrfacher Klageänderung und Rücknahme seiner weiter gehenden Berufung sowie Revision zuletzt noch beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, seine Sollarbeitszeit auf seinem Arbeitszeitkonto für den 24. Dezember und/oder 31. Dezember eines jeden Jahres beginnend ab dem [X.] zu seinen Gunsten durch Verringerung des [X.] um jeweils 8,292 Stunden zu korrigieren, wenn der 24. Dezember und/oder 31. Dezember auf einen Werktag fallen und er am 24. Dezember und/oder 31. Dezember des Jahres ab 2018 dienstplanmäßig frei hat.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Im Gegensatz zu den Tarifwerken des öffentlichen Dienstes hätten die Tarifvertragsparteien des [X.] für dienstplanmäßig freie [X.]e im Wechselschichtdienst keine Regelung getroffen. § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.] betreffe nach seinem eindeutigen Wortlaut ausschließlich gesetzliche Feiertage. Dadurch würden [X.]nehmer nicht ungerechtfertigt benachteiligt.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter. Dabei stützt er sich nunmehr auf eine (ergänzende) Auslegung des § 8 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 [X.] dahingehend, dass dieser auch für [X.]er, die am [X.] dienstplanmäßig frei haben, anzuwenden sei. Zweck der Norm sei es, allen Arbeitnehmern einen Tag bezahlte Freistellung zukommen zu lassen. Jeder, der nicht zu arbeiten braucht, solle für weniger Arbeit die gleiche Vergütung erhalten. Die Tarifvertragsparteien hätten damit eine Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer angestrebt. Anderenfalls komme es zu einer Schlechterstellung der Schichtdienstleistenden gegenüber den [X.].

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat beginnend mit dem Kalenderjahr 2018 keinen Anspruch auf Verminderung seiner Sollarbeitszeit um jeweils 8,292 Stunden, wenn ein [X.] (24. Dezember und/oder 31. Dezember) auf einen Werktag fällt und er dienstplanmäßig frei hat. Das hat das [X.] zutreffend entschieden.

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

1. Mit ihm will der Kläger entsprechend der Ausführungen der Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die ab dem Jahr 2018 bestehende Verpflichtung der Beklagten festgestellt wissen, seine Sollarbeitszeit für den 24. Dezember und/oder 31. Dezember eines Jahres um jeweils 8,292 Stunden durch eine tatsächliche Korrektur der Sollarbeitszeit im Ausgleichskonto zu vermindern, wenn ein solcher [X.] auf einen Werktag fällt und der Kläger dienstplanmäßig frei hat. In diesem Sinne hat bereits das [X.] den Antrag ausgelegt. Der Kläger will somit einen Anspruch auf Umsetzung der Rechtsfolgen der „automatischen“ Verringerung der Sollarbeitszeit als der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 8 Abs. 1 [X.], Nr. 3 Abs. 1 BV Schicht, § 8 Abs. 4 BV Arbeitszeit) nach § 8 Abs. 3 [X.] im Hinblick auf die Arbeitszeiterfassung festgestellt wissen (vgl. [X.] 24. Oktober 2013 - 6 [X.] - Rn. 17 ff.). Der Feststellungsantrag bezieht sich hingegen nicht auf eine Zeitgutschrift für einen dienstplanmäßig freien [X.], die in das sog. Freizeitkonto eingestellt werden müsste.

2. Mit diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Eine für den 24. Dezember und/oder 31. Dezember insgesamt zu hoch angesetzte Sollarbeitszeit führt im Abgleich mit der [X.] dazu, dass der [X.] im Umfang von jeweils 8,292 Stunden zuungunsten des Klägers ausfällt, also eine zu geringe Zahl von [X.] oder - je nach aktuellem Saldo - eine zu hohe Zahl von Minusstunden ausweist (vgl. [X.] 24. Oktober 2013 - 6 [X.] - Rn. 29 unter Verweis auf [X.] 25. Januar 2013 - 6 [X.]/12 - zu [X.] 1 b der Gründe). Dabei bezieht sich der Anspruch des Klägers gemäß seiner Klarstellung im Berufungsverfahren auf eine Korrektur des Ausgleichskontos.

II. Der Feststellungsantrag ist unbegründet.

1. Der festzustellende Anspruch ergibt sich nicht aus § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.] und Nr. 10 BV Schicht, § 8 Abs. 1 und Abs. 4, § 9 BV Arbeitszeit. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrags (vgl. hierzu zuletzt [X.] 22. März 2018 - 6 [X.] - Rn. 17 mwN).

a) Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.] vermindert sich die regelmäßige Arbeitszeit für jeden gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden. Die Tarifnorm bezieht sich somit nur auf gesetzlich bestimmte Feiertage (vgl. [X.] 17. August 2011 - 10 [X.] - Rn. 14; [X.] 15. Januar 2014 - 11 [X.]/13 - zu II 2 b aa der Gründe; so wohl auch [X.]/[X.] [X.] Stand Juni 2018 Kapitel B § 8 Rn. 37, 39). Damit im Einklang steht die Protokollerklärung zu § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.], in der ebenfalls nur von „Feiertag“ die Rede ist.

b) Dem entspricht die Tarifsystematik. Bereits aus § 8 Abs. 3 [X.] selbst wird deutlich, dass die Tarifvertragsparteien zwischen gesetzlichen [X.] und [X.]en differenzieren. Im Falle der gesetzlichen Feiertage tritt nach Satz 1 der Tarifnorm iVm. der diesen erläuternden Protokollerklärung eine automatische Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden ein, wenn der gesetzliche Feiertag auf einen Werktag fällt. Danach soll jeder, der an einem gesetzlichen [X.] nicht zu arbeiten braucht, für weniger Arbeit die gleiche Vergütung erhalten. Das gilt selbst dann, wenn dem Beschäftigten wegen feiertagsunabhängiger planmäßiger Freistellung kein unmittelbarer Anspruch aus § 2 Abs. 1 EFZG zusteht (vgl. zu den insoweit vergleichbaren § 6 Abs. 3 Satz 3 [X.]-AT, § 6 Abs. 3 Satz 3, § 6.1 Abs. 2 Satz 1 [X.]. b [X.]-K [X.] 20. September 2017 - 6 [X.] - Rn. 26 ff., [X.]E 160, 192; 24. September 2015 - 6 [X.] - Rn. 16 ff., [X.]E 152, 378; 24. Oktober 2013 - 6 [X.] - Rn. 38 ff.; 8. Dezember 2010 - 5 [X.] - Rn. 14 f., [X.]E 136, 290). Für die [X.]e sieht § 8 Abs. 3 Satz 2 [X.] hingegen keine automatische Verringerung der Sollarbeitszeit, sondern nur eine bezahlte Freistellung vor, soweit es die betrieblichen Verhältnisse zulassen. Kann eine solche Freistellung aus betrieblichen Gründen nicht erfolgen und muss der Beschäftigte an dem [X.] arbeiten, ist ein entsprechender Freizeitausgleich innerhalb von drei Monaten zu gewähren (§ 8 Abs. 3 Satz 3 [X.]).

Diese offenkundig bewusste Unterscheidung der Tarifvertragsparteien zwischen gesetzlichen [X.]en und [X.]en setzt sich in § 10 Abs. 1 Satz 2 [X.] fort. Während der Zeitzuschlag im Fall von Feiertagsarbeit, womit gesetzliche Feiertage gemeint sind ([X.] 17. August 2011 - 10 [X.] - Rn. 12 ff.), nach [X.]. [X.] % beträgt, beläuft er sich nach [X.]. f für Arbeit am 24. Dezember und 31. Dezember auf 40 %.

c) Diese Vorgaben des [X.] blendet der Kläger aus, soweit er der Ansicht ist, § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.] sei unter Heranziehung der zu § 6 Abs. 3 Satz 3 [X.]-AT, § 6 Abs. 3 Satz 3 [X.]-K sowie der jeweiligen Protokollerklärung ergangenen Rechtsprechung des [X.] auszulegen. § 6 Abs. 3 Satz 3 [X.]-AT sieht ungeachtet der hierzu ergangenen Protokollerklärung, die lediglich von [X.] spricht, ausweislich seines eindeutigen Wortlauts eine Arbeitszeitverminderung sowohl für gesetzliche Feiertage als auch den 24. Dezember und 31. Dezember vor. § 6 Abs. 3 Satz 3 [X.]-K regelt die gleiche Rechtsfolge in Bezug auf den 24. Dezember und 31. Dezember und wird für gesetzliche Feiertage durch § 6.1 Abs. 2 Satz 1 [X.]. b [X.]-K ergänzt. § 8 Abs. 3 [X.] differenziert ebenfalls klar zwischen gesetzlichen [X.] und [X.]en und gewährt, wie dargestellt, in Satz 1 eine Arbeitszeitverminderung nur für an gesetzlichen [X.] dienstplanmäßig ausgefallene Stunden. Den Fall, dass ein Beschäftigter an einem [X.] dienstplanmäßig frei hat, regelt § 8 Abs. 3 [X.] bewusst nicht. Dass die Tarifvertragsparteien des [X.] und des [X.] für unterschiedliche Arbeitnehmergruppen vergleichbare Sachverhalte abweichend regeln, ist gerade im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht unüblich und unter [X.] nicht zu beanstanden. Es ist Ausdruck der von Art. 9 Abs. 3 [X.] garantierten Tarifautonomie und des damit einhergehenden weiten Gestaltungsspielraums. Der allgemeine Gleichheitssatz enthält kein verfassungsrechtliches Gebot, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungsbereichen mit anderen systematischen Zusammenhängen gleich zu regeln ([X.] 26. Februar 2010 - 1 BvR 1541/09, 1 [X.] - Rn. 35; 8. April 1987 - 1 BvR 564/84 ua. - zu [X.] 5 der Gründe, [X.]E 75, 78).

Die vom Kläger der Rechtsprechung des [X.] zu § 6 Abs. 3 Satz 3 [X.]-AT, § 6 Abs. 3 Satz 3, § 6.1 Abs. 2 Satz 1 [X.]. b [X.]-K, insbesondere der Entscheidung vom 24. Oktober 2013 (- 6 [X.] -) zugesprochene „wichtige Weichenstellung“ für den [X.] trifft damit allein auf die gesetzlichen Feiertage zu. Für die [X.]e lässt sich aus ihr im Hinblick auf eine Sollarbeitszeitreduzierung für dienstplanmäßig ausgefallene Stunden nichts herleiten.

d) Ob die Tarifvertragsparteien, wie die Revision annimmt, mit § 8 Abs. 3 [X.] auch in Bezug auf [X.]e eine Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer bezweckten und allen Arbeitnehmern einen Tag bezahlte Freistellung zukommen lassen wollten, kann dahinstehen. Ein solcher etwaiger Wille kommt in der Tarifnorm angesichts ihres klaren Wortlauts sowie der Systematik in Bezug auf die [X.]e nicht hinreichend zum Ausdruck. Aus diesem Grund stützt die vom Kläger herangezogene Entscheidung des [X.] vom 24. Oktober 2013 (- 6 [X.] -) seine Ansicht im Fall der [X.]e nicht.

2. Die vom Kläger beanspruchte Verringerung seiner Sollarbeitszeit für den 24. Dezember und/oder 31. Dezember im Umfang der dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden ergibt sich ebenso wenig aus § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 8 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 [X.] und Nr. 10 BV Schicht, § 8 Abs. 1 und Abs. 4, § 9 BV Arbeitszeit.

Das folgt bereits aus dem Umstand, dass § 8 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 [X.] einen Anspruch auf bezahlte Freistellung am 24. Dezember bzw. 31. Dezember vorsehen, soweit es die betrieblichen Verhältnisse zulassen, oder aber dem Beschäftigten, der aus betrieblichen Gründen nicht freigestellt werden kann, ein entsprechender Freizeitausgleich zu gewähren ist. Die Tarifnorm gewährt damit einen Freizeitausgleich an konkreten Tagen. Einen solchen begehrt der Kläger aber nicht (vgl. vorstehend Rn. 13). Er beansprucht vielmehr eine automatische Verringerung seiner Sollarbeitszeit. Diese sieht allein § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.] für gesetzliche Feiertage vor. § 8 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 [X.] regeln den Fall eines Beschäftigten, der am 24. Dezember und/oder 31. Dezember dienstplanmäßig frei hat, nicht. Wie der Wortlaut und die Systematik des Tarifvertrags eindeutig belegen, betrifft § 8 Abs. 3 Satz 2 [X.] eine bezahlte Freistellung derjenigen Arbeitnehmer, die an sich an einem [X.] arbeiten müssten. Er setzt damit eine bestehende Arbeitspflicht voraus, die an einem dienstplanmäßig freien Tag gerade nicht gegeben ist. Falls diese Freistellung aus betrieblichen Gründen nicht erfolgen kann und der betreffende Mitarbeiter mit anderen Worten am [X.] tatsächlich arbeitet, ist ihm nach § 8 Abs. 3 Satz 3 [X.] ein entsprechender Freizeitausgleich zu gewähren. Ansprüche derjenigen Mitarbeiter, die an einem [X.] dienstplanmäßig frei haben und damit schon aus diesem Grund nicht zur Erbringung der Arbeitsleistung verpflichtet sind, gewährt der Tarifvertrag hingegen bewusst nicht.

3. Der Anspruch ergibt sich entgegen der Annahme der Revision nicht aus einer ergänzenden Auslegung des § 8 Abs. 3 [X.]. Es fehlt an einer unbewussten Regelungslücke.

a) [X.] Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 [X.] geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung ist, dass entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliegt oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist ([X.] 23. April 2013 - 3 [X.] - Rn. 29 mwN). Für die Beantwortung der Frage, ob es sich um eine bewusste oder unbewusste Tariflücke handelt, ist auf den Willen der Tarifvertragsparteien abzustellen ([X.] 26. Januar 2017 - 6 [X.] - Rn. 24; 18. November 2015 - 4 [X.] - Rn. 34).

b) Vorliegend ist offenkundig eine unbewusste oder nachträglich entstandene Tariflücke nicht gegeben. Wie sowohl der [X.] als auch die Tarifsystematik eindeutig belegen, haben die Tarifvertragsparteien in Kenntnis der Vorgängerregelungen und der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ein ausdifferenziertes System der Behandlung von [X.] und [X.]en geschaffen. Im Hinblick auf dienstplanmäßig an einem [X.] ausgefallene Stunden haben die Tarifvertragsparteien eine Verminderung der Sollarbeitszeit nicht vorgesehen. Sie haben damit einen Tatbestand bedacht und daraus keine Folgerungen gezogen, insbesondere die vom Kläger beanspruchte Arbeitszeitreduzierung nicht gewährt. Eine richterliche Lückenausfüllung scheidet daher aus. Anderenfalls würde der Senat für sich Befugnisse in Anspruch nehmen, die nach dem [X.] allein den Tarifvertragsparteien vorbehalten sind.

c) Diese bewusste Unterscheidung verstößt entgegen der Auffassung der Revision nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 [X.]. Der Kläger ist mit Arbeitnehmern, die nicht im Schichtdienst beschäftigt sind, nicht vergleichbar.

aa) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 [X.] verletzen ([X.] 2. August 2018 - 6 [X.] - Rn. 38 mwN, [X.]E 163, 205). Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 [X.] geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den [X.] im Einzelfall ab. Den Tarifvertragsparteien steht hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und der betroffenen Interessen eine [X.] zu. Sie sind nicht verpflichtet, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen ([X.] 22. September 2016 - 6 [X.] - Rn. 22 mwN). Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt ([X.] 27. Juli 2017 - 6 [X.] - Rn. 32; 26. April 2017 - 10 [X.] - Rn. 28). Ihre größere Sachnähe eröffnet auch Gestaltungsmöglichkeiten, die dem Gesetzgeber verschlossen sind ([X.]/[X.] 19. Aufl. [X.] Art. 3 Rn. 26). Bei der Regelung von Massenerscheinungen liegt es dabei in der Natur der Sache, dass es zu [X.] kommt und die Regelung nicht jedem Einzelfall gerecht werden kann ([X.] 20. September 2017 - 6 [X.] - Rn. 43 mwN, [X.]E 160, 192).

bb) Der den Tarifvertragsparteien zustehende Gestaltungsspielraum wird offenkundig nicht überschritten, wenn die Sollarbeitszeit derjenigen Mitarbeiter, die an einem [X.] dienstplanmäßig frei haben, anders als im Fall eines gesetzlichen Feiertags nicht vermindert wird. Dies folgt im Vergleich zu den [X.] schon daraus, dass die Tarifvertragsparteien im Grundsatz berechtigt sind, unterschiedliche Arbeitszeitregelungen für (Wechsel-) Schichtdienstleistende und [X.] zu vereinbaren. Beide Gruppen sind hinsichtlich der Verteilung ihrer Arbeitszeit nicht vergleichbar, da es sich bei (Wechsel-)Schichtdienst um ein besonderes Arbeitszeitmodell handelt ([X.] 20. September 2017 - 6 [X.] - Rn. 47, [X.]E 160, 192). Zudem liegt es im durch Art. 9 Abs. 3 [X.] geschützten Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien, zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die besonderen Belastungen der Wechselschichtarbeit kompensiert werden ([X.] 2. August 2018 - 6 [X.] - Rn. 39, [X.]E 163, 205). Vorliegend ist dies beispielsweise durch § 10 Abs. 5 und Abs. 7 [X.] (Wechselschichtzulage), § 14 Abs. 4 [X.] (Zusatzurlaub) oder § 8 Abs. 1 Satz 2 [X.] (Berücksichtigung der Pausen als Arbeitszeit) geschehen.

Soweit bei der vorhandenen Regelung innerhalb der [X.] im Einzelfall Grenz- oder Härtefälle auftreten, weil für den einen der [X.] ohnehin dienstplanmäßig frei ist, für den anderen hingegen nicht und er gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 [X.] bezahlt freigestellt wird, lassen sich diese bei einer abstrakten Regelung nie gänzlich vermeiden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird dadurch aber noch nicht verletzt (vgl. [X.] 20. September 2017 - 6 [X.] - Rn. 43 mwN, [X.]E 160, 192; 4. August 1988 - 6 [X.] - zu II 4 der Gründe).

cc) Schließlich kann auch der Umstand, dass der Tarifvertrag unterschiedliche Regelungen für Feiertage und [X.]e vorsieht, keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 [X.] begründen. Es handelt sich nicht um vergleichbare Sachverhalte. Das belegen bereits die gesetzlichen Regelungen zur Festlegung der Feiertage und ihres besonderen Schutzes (zB [X.] [Feiertagsgesetz NW]).

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

    Heinkel    

        

        

        

    Wollensak    

        

    Steinbrück    

                 

Meta

6 AZR 460/18

11.07.2019

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Krefeld, 5. Dezember 2017, Az: 4 Ca 1356/16, Urteil

§ 6 Abs 3 S 3 TVöD-K, § 6 Abs 3 S 3 TVöD, § 1 TVG, Art 9 Abs 3 GG, Art 3 Abs 1 GG, § 611 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.07.2019, Az. 6 AZR 460/18 (REWIS RS 2019, 5573)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 5573

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