Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.11.2020, Az. 1 C 8/19

1. Senat | REWIS RS 2020, 4311

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Gegenstand

Internationaler Familienschutz in Deutschland auch bei Flüchtlingsstatus in einem anderen EU-Mitgliedstaat


Leitsatz

Die Gewährung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union hindert nicht die Zuerkennung des von einem schutzberechtigten Familienangehörigen abgeleiteten internationalen Familienschutzes. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG findet in Fällen des § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 bis 3 AsylG keine Anwendung.

Tenor

Das Revisionsverfahren wird eingestellt, soweit die Beklagte die Revision zurückgenommen hat.

Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gestützte Ablehnung seines Asylantrags mit dem Ziel der Zuerkennung des internationalen Familienschutzes nach § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 [X.] als unzulässig.

2

Der Kläger ist eigenen Angaben zufolge [X.] Staatsangehöriger. Er ist Vater dreier in den Jahren 2006, 2007 und 2008 geborener Kinder.

3

Auf seinen aus Dezember 2013 datierenden Antrag wurde ihm in [X.] internationaler Schutz zuerkannt. Einen im Oktober 2015 im [X.] gestellten weiteren Asylantrag lehnte das [X.] (im Folgenden: [X.]) auf der Grundlage des § 27a [X.] a.F. als unzulässig ab. Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg. Im August 2017 begehrte der Kläger im Hinblick auf den Umstand, dass das [X.] seinen drei Kindern im Juni 2017 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hatte, die Zuerkennung internationalen Familienschutzes. Mit Bescheid vom 31. August 2017 lehnte das [X.] den Asylantrag des [X.] erneut, nunmehr auf der Grundlage des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.], als unzulässig ab.

4

Auf die von dem Kläger erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den Bescheid aufgehoben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] sei wegen des bestehenden Anspruchs des [X.] aus § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 3 [X.] nicht anwendbar. Die Norm erfasse nur den eigenen Anspruch des Ausländers auf Gewährung internationalen Schutzes, nicht hingegen auch einen abgeleiteten Anspruch auf internationalen Familienschutz. § 26 [X.] solle eine rasche und einheitliche Entscheidung ermöglichen, Verwaltungsaufwand vermeiden und Behörden und Verwaltungsgerichte entlasten. Die Norm sei zudem dazu bestimmt, den Familienverband zu schützen und integrationsverstärkend zu wirken. Sie ziele gerade auf eine Gewährung internationalen Schutzes in demselben Mitgliedstaat, weshalb dem Umstand der Schutzgewährung in einem anderen Mitgliedstaat nur ein minderes Gewicht beizumessen sei. Aus § 31 Abs. 4 [X.] lasse sich nicht schließen, dass § 26 [X.] nicht Vorrang gegenüber § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zukommen solle.

5

Zur Begründung ihrer Revision führt die Beklagte im Wesentlichen aus, der Umstand, dass der Gesetzgeber eine Kollisionsnorm allein für § 29 Abs. 1 Nr. 3 [X.], nicht jedoch auch für die weiteren Unzulässigkeitstatbestände geschaffen habe, lasse erkennen, dass bei diesen § 26 [X.] kein Vorrang gebühren solle. § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] trage dem Gedanken Rechnung, dass ein Ausländer, der bereits in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] internationalen Schutz erlangt habe, keiner weiteren Schutzanerkennung mehr bedürfe. Dem Zweck des Familienasyls, allen Angehörigen der Flüchtlingsfamilie zu einer raschen Integration und einem einheitlichen Rechtsstatus zu verhelfen, könne gegenüber dem zentralen Ziel des [X.], der Unterbindung von [X.], kein durchgreifendes Gewicht zukommen. Antragstellern solle es nicht möglich sein, die zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten getroffene Zuständigkeitsbestimmung infrage zu stellen und sich durch illegale Weiterwanderung den [X.] Mitgliedstaat auszusuchen. Die zuständigkeitsbestimmenden Vorgaben der Art. 9 und 10 der Verordnung ([X.]) Nr. 604/2013 würden unterlaufen, dürfte der Betreffende nach erfolgreichem Abschluss seines Asylverfahrens in dem gewünschten Mitgliedstaat, in dem Familienangehörige ihren Aufenthalt genommen hätten, erneut ein Asylverfahren betreiben. Keine Bedeutung für die Auslegung des Verhältnisses zwischen § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] und § 26 [X.] komme dem für die Anwendung des Familienasyls herangezogenen Gedanken der Verfahrenserleichterung zu, da der für die Überprüfung der Anwendungsvoraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zu betreibende Aufwand keinesfalls höher, vielmehr regelmäßig niedriger als derjenige für die Prüfung des § 26 [X.] sei.

6

Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil.

7

Der Vertreter des [X.] beim [X.] hat erklärt, sich nicht an dem Verfahren zu beteiligen.

Entscheidungsgründe

8

Der Senat entscheidet über die Revision mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten auf der Grundlage einer im Einklang mit § 102a VwGO durchgeführten mündlichen Verhandlung.

9

1. Das Revisionsverfahren ist nach Maßgabe des § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beklagte ihre Revision nach Maßgabe des § 140 Abs. 1 Satz 1 VwGO zurückgenommen hat.

2. Im Übrigen ist die Revision der Beklagten unbegründet. Die Ablehnung des Asylantrags des [X.] als unzulässig ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Rechtsauffassung des [X.], der [X.] der Gewährung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat der [X.] sei wegen des bestehenden Anspruchs des [X.] auf internationalen Familienschutz nicht anwendbar, steht mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) im Einklang.

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens sind das Asylgesetz ([X.]) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 ([X.]), zuletzt geändert durch Art. 165 der am 27. Juni 2020 in [X.] getretenen Elften Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 19. Juni 2020 ([X.] [X.] 1328). Rechtsänderungen, die nach der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des [X.]s eintreten, sind zu berücksichtigen, wenn das [X.] - entschiede es anstelle des [X.] - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte ([X.], Urteil vom 11. September 2007 - 10 [X.] 8.07 - [X.]E 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das [X.] nach § 77 Abs. 1 [X.] regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es seiner Entscheidung, wenn es diese nunmehr träfe, die aktuelle Rechtslage zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist (stRspr, vgl. [X.], Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 [X.] 23.12 - [X.]E 146, 67 Rn. 12). Die hier maßgeblichen Bestimmungen haben sich seit der Entscheidung des [X.] allerdings nicht geändert.

Die Unzulässigkeit eines Asylantrages bei [X.] durch einen anderen Mitgliedstaat der [X.] (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) steht einer (erneuten) [X.]ung "aus eigenem Recht" wegen dem Ausländer im Herkunftsland selbst drohender Gefahren entgegen (a), hindert aber nicht die Zuerkennung des von einem schutzberechtigten Familienangehörigen abgeleiteten internationalen Familienschutzes nach § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 bis 3 [X.] (b). Dabei ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Kläger die geschriebenen Voraussetzungen sowohl des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] als auch des § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 [X.] für die Zuerkennung von Familienflüchtlingsschutz erfüllt.

a) Einem Ausländer, dem - wie hier dem Kläger - bereits in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] internationaler Schutz zuerkannt wurde, ist im Falle seiner Weiterwanderung in das [X.] internationaler Schutz wegen begründeter Furcht vor Verfolgung oder der Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, grundsätzlich nicht ein weiteres Mal zuzuerkennen.

Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist ein Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 [X.] unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der [X.] dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gewährt hat. Die Norm setzt Art. 33 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/[X.] des [X.] und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. [X.]) (im Folgenden: [X.] 2013/32/[X.]) in nationales Recht um. Danach können die Mitgliedstaaten einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig betrachten, wenn ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt hat. Die Regelung bezweckt, die Zuerkennung asylrechtlicher Schutzstatus in mehreren Mitgliedstaaten der [X.] auszuschließen und unerwünschte [X.] zu vermeiden beziehungsweise einzudämmen.

Die neuerliche Prüfung und Gewährung internationalen Schutzes im Falle eines Begehrens um Schutz vor Verfolgung oder vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen anderen Staat ist nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] grundsätzlich ausgeschlossen, wenn dem Ausländer wegen diesem selbst drohender Verfolgungs- oder anderer Gefahren internationaler Schutz bereits in einem anderen Mitgliedstaat zuerkannt wurde. In einer solchen Konstellation ist der Schutzberechtigte regelmäßig auf die [X.]ung durch den zuerkennenden Mitgliedstaat der [X.] verwiesen.

Dies gilt dann nicht, wenn die Lebensverhältnisse, die ihn in dem anderen Mitgliedstaat als anerkannter Flüchtling erwarteten, den Schutzberechtigten der ernsthaften Gefahr aussetzten, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GR[X.] zu erfahren ([X.], Urteil vom 19. März 2019 - [X.]/17, [X.]/17, [X.]/17 und [X.]/17 [[X.]:[X.]:[X.]], [X.] u. a. - Rn. 101 und Beschluss vom 13. November 2019 - [X.]/17 und [X.]/17 [[X.]:[X.]:[X.]:2019:964], [X.] - Rn. 34 ff.; vgl. auch [X.], Urteile vom 20. Mai 2020 - 1 [X.] 34.19 - juris Rn. 17 und 19 und vom 17. Juni 2020 - 1 [X.] 35.19 - [X.] 2020, 402 Rn. 23 ff. und 27). Hierzu fehlt es vorliegend an tatsächlichen Feststellungen.

b) Die Gewährung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat der [X.] hindert indes nicht die Zuerkennung des von einem schutzberechtigten Familienangehörigen abgeleiteten internationalen Familienschutzes, weil § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] auf § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 bis 3 [X.] keine Anwendung findet (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Mai 2020 - 10 LA 104/20 - juris Rn. 16 ff.; [X.], Urteil vom 9. Oktober 2019 - 11 A 2229/19.A - juris Rn. 31 ff.; [X.], Urteil vom 18. September 2020 - 2 K 3087/17 - juris Rn. 24; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Mai 2020 - 22 K 16758/17.A. - juris Rn. 26 und 36, Beschluss vom 5. September 2016 - 22 L 2884/16.A - juris Rn. 19 ff. und Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2019 - 22 K 16904/17.A - juris Rn. 34 f.; [X.], Urteil vom 15. März 2017 - 8 A 201/16 - juris Rn. 21 ff.; a.[X.], Urteil vom 3. Dezember 2018 - 23 K 323.18 A - juris Rn. 18 ff.; [X.], Urteil vom 22. März 2018 - 13 A 12144/17 - juris Rn. 26). Dieses Normverständnis ist das Ergebnis einer Auslegung beider Vorschriften (aa). Eine ausdrückliche gesetzliche Kollisionsregelung steht ihm nicht entgegen ([X.]). Es steht zudem im Einklang mit Art. 3 [X.] 2011/95/[X.] (cc).

aa) Während Wortlaut (1) und Gesetzessystematik (2) keine eindeutigen Rückschlüsse auf das Verhältnis beider Normen zulassen, streiten die [X.] (3) und die teleologische (4) Auslegung gegen eine Anwendbarkeit des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] auf § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 bis 3 [X.].

(1) Die grammatische Auslegung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] wie auch des § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 bis 3 [X.] lässt einen eindeutigen Schluss auf ein Rangverhältnis beider Normen nicht zu.

Ein umfassender Vorrang des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] folgt auch nicht aus dem Umstand, dass § 29 Abs. 1 [X.] die Unzulässigkeit eines "Asylantrags" regelt und der Begriff des Asylantrags sowohl nach dem natürlichen als auch nach dem normativen Sprachgebrauch offen für die Einbeziehung der Zuerkennung des internationalen Familienschutzes ist. Für den Anwendungsbereich des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist indes zu bedenken, dass der unionsrechtlich geprägte Begriff des Asylantrages das nationale Rechtsinstitut des internationalen Familienschutzes nicht in den Blick nimmt.

(2) Auch die Gesetzessystematik vermittelt kein eindeutiges Bild.

Der Umstand, dass § 29 Abs. 1 [X.] die Unzulässigkeit eines "Asylantrags" regelt, ohne danach zu differenzieren, ob der Antrag auf dem Antragsteller im Herkunftsland drohende Gefahren oder auf den Schutzstatus eines Stammberechtigten gestützt wird, könnte allerdings für eine Anwendbarkeit des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] auf § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 bis 3 [X.] sprechen. Der Begriff "Asylantrag" knüpft an § 13 Abs. 1 [X.] an. Danach liegt ein Asylantrag vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im [X.] Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat begehrt, in dem ihm eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 [X.] oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 [X.] droht. Im nationalen Recht wird das auf die Zuerkennung des internationalen Familienschutzes gerichtete Begehren als von der Stellung eines Asylantrags gleichsam automatisch miterfasst angesehen, ohne dass es eines gesonderten Antrags bedarf (vgl. in diesem Zusammenhang bereits [X.], Urteil vom 25. Juni 1991 - 9 [X.] 48.91 - [X.]E 88, 326 <328>). Auch hier gilt indes, dass sich § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] auf den in einem anderen Mitgliedstaat gewährten internationalen Schutz bezieht, bei dessen Gewährung gerade nicht auch über das Bestehen des nur nach nationalem Recht der [X.] zugebilligten nationalen Familienschutzes entschieden worden ist.

(3) Gegen die Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] auf § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 bis 3 [X.] streitet hingegen mit starkem Gewicht die [X.] Auslegung des § 26 [X.], die darauf weist, dass den Angehörigen der ([X.] des Schutzberechtigten die Herstellung der [X.] auf der Grundlage eines einheitlichen Schutzstatus ermöglicht werden sollte, und nicht erkennen lässt, dass insoweit zwischen Angehörigen, die schutzlos sind, und solchen, denen bereits in einem anderen Staat internationaler Schutz zuerkannt wurde, differenziert werden sollte.

Das [X.] wurde in der [X.] richterrechtlich begründet. Eine gesetzliche Vorschrift, die den asylrechtlichen Status des Stammberechtigten auf dessen Ehegatten und Kinder erstreckte, fand sich zunächst nicht ([X.], Urteil vom 29. April 1971 - 1 [X.] 42.67 - [X.]E 38, 87 <88>). Dass in der Praxis der Anerkennungsbehörden und Verwaltungsgerichte in gewissem Umfang auch Angehörigen des Flüchtlings, vor allem der Ehefrau und den abhängigen minderjährigen Kindern, der Status des ausländischen Flüchtlings zuerkannt wurde, gründete in dem Gedanken des Familienschutzes, der sich im nationalen und internationalen Recht durchzusetzen begann, und in der Erfahrung, dass vielfach diejenigen, die von einem Flüchtling abhängig sind, im [X.] ebenfalls Verfolgungen, zumindest aber schweren Beeinträchtigungen ausgesetzt sind, insbesondere dann, wenn in dem Land ein totalitäres System herrscht ([X.], Urteil vom 1. Juni 1965 - 1 [X.] 5.62 - [X.] 402.22 Art. 1 [X.] Nr. 14 S. 8). Politische Verfolgung einzelner Mitglieder einer Familie ist oftmals durch die übergreifenden mittelbaren Wirkungen der Verfolgungsmaßnahme und den häufig alle Familienmitglieder einschließenden [X.] gekennzeichnet. Die Verfolgungsmaßnahme wirkt [X.] sehr oft in die persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen der Familienmitglieder hinein. Eine solche mittelbare Wirkung einer gegen einen anderen gerichteten Verfolgungsmaßnahme kann zur Verfolgungsmaßnahme auch gegen den [X.] werden ([X.], Urteil vom 27. April 1982 - 9 [X.] 239.80 - [X.]E 65, 244 <249 f.>). Bei der prognostischen Einschätzung der dem Ehegatten oder den minderjährigen Kindern eines politisch Verfolgten drohenden Verfolgung wurde von einer Regelvermutung des Inhalts ausgegangen, dass immer dann, wenn Fälle festgestellt worden sind, in denen ein Staat Repressalien gegen die Ehefrau oder die (minderjährigen) Kinder im Zusammenhang mit der politischen Verfolgung des Ehemannes oder [X.] ergriffen hat, auch der Ehefrau oder den Kindern, über deren Asylanspruch im konkreten Fall zu entscheiden ist, das gleiche Schicksal mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht ([X.], Urteil vom 2. Juli 1985 - 9 [X.] 35.84 - [X.] 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 34 S. 101).

Mit Art. 3 des [X.] vom 9. Juli 1990 ([X.] [X.] 1354) schuf der Gesetzgeber in § 7a Abs. 3 AsylVfG a.F. erstmals eine gesetzliche Grundlage für das [X.]. Die Regelung zielte auf die "Entlastung des [X.] und der Verwaltungsgerichtsbarkeit, da sie die Möglichkeit eröffnet[e], von einer u.U. schwierigen Prüfung eigener Verfolgungsgründe der Familienangehörigen eines Asylberechtigten abzusehen". Sie wurde zudem als "sozial gerechtfertigt", weil der "Integration der nahen Familienangehörigen der in der [X.] als Asylberechtigte aufgenommenen politisch Verfolgten" förderlich erachtet ([X.]. 11/6960 S. 29 f.). An dieser auf der gesetzlichen Vermutung einer Verfolgung basierenden Konzeption des [X.]s hielt der Gesetzgeber im Zuge der Neufassung des Asylverfahrensgesetzes durch Art. 1 des [X.] ([X.] [X.] 1126) und der Schaffung des § 26 AsylVfG im Grundsatz fest ([X.]. 12/2718 [X.]). Mit der Zuerkennung von Familienabschiebungsschutz für enge Familienangehörige von [X.], die (nur) nach § 60 Abs. 1 [X.] anerkannt waren, durch Art. 3 Nr. 17 Buchst. d des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern ([X.]) vom 30. Juli 2004 ([X.] [X.] 1950) stärkte er den in Art. 6 Abs. 1 GG verankerten und dem internationalen Flüchtlingsschutz immanenten Gedanken der [X.] und berücksichtigte er das Interesse an einem einheitlichen Rechtsstatus innerhalb einer Familie ([X.]. 15/420 S. 109; vgl. ferner [X.]. 22/03 S. 260 f.).

Die Neufassung des § 26 [X.] durch Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/[X.] vom 28. August 2013 ([X.] [X.] 3474) diente der Umsetzung des Art. 23 Abs. 2 dieser Richtlinie in nationales Recht. Zusätzlich zu den im nationalen Recht bewährten Schutzformen des [X.]s und des [X.] wurde ein gemeinsamer Status bei subsidiär Geschützten und ihren Familienangehörigen eingeführt. Dies sollte die Rechtsanwendung erleichtern und auch der Tatsache Rechnung tragen, dass bei Familienangehörigen häufig eine vergleichbare Bedrohungslage wie bei dem Stammberechtigten vorliege ([X.]. 17/13063 S. 21). § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 bis 3 [X.] zielte darauf, den Familienangehörigen eines Schutzberechtigten zum Zwecke der Aufrechterhaltung der [X.] und der Wahrung des [X.] die gleichen Rechte wie dem Stammberechtigten zu vermitteln. Zur Erreichung dieses Zieles beschritt der Gesetzgeber nicht den Weg einer rein aufenthalts- und sozialrechtlichen Umsetzung; stattdessen entschied er sich nicht zuletzt im Interesse einer Verfahrensvereinfachung für eine unionsrechtlich überschießende asylrechtliche Umsetzung der Vorgaben des Art. 23 Abs. 2 [X.] 2011/95/[X.] ([X.]. 17/13063 S. 21).

Eine durch eine Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] bewirkte Beschränkung des [X.] der durch § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 bis 3 [X.] begünstigten Familienmitglieder auf solche, denen noch nicht in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] Schutz zuerkannt wurde, steht mit dieser gesetzgeberischen Konzeption nicht im Einklang. Die Gesetzesmaterialien enthalten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die gewählte Art der Umsetzung der Vorgaben des Art. 23 Abs. 2 i.V.m. Art. 2 Buchst. j [X.] 2011/95/[X.] auf die hier in Rede stehende Fallgruppe anderweitig international Schutzberechtigter trotz auch insoweit bestehender Umsetzungspflicht keine Anwendung finden sollte und der Gesetzgeber diesen Personenkreis auf eine rein aufenthaltsrechtliche Umsetzung hätte verweisen wollen. Dafür spricht umso weniger, als die bestehenden Regelungen des Aufenthaltsgesetzes zum Familiennachzug nicht alle von den unionsrechtlichen Vorschriften zur Wahrung des im Aufnahmemitgliedstaat anwesenden Familienverbands umfassten Fallgestaltungen abdecken dürften.

(4) Die teleologische Auslegung des § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 bis 3 [X.] unterstreicht das [X.] Normverständnis (a). Sinn und Zweck des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gebieten keine abweichende Betrachtung (b).

(a) Der internationale Familienschutz nach § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 bis 3 [X.] ist neben der Vereinfachung des Verfahrens und der Entlastung des [X.] und der Verwaltungsgerichte von mitunter schwierigen und langwierigen Prüfungen der dem Familienangehörigen persönlich drohenden Gefahren maßgeblich der Aufrechterhaltung der [X.] zu dienen bestimmt.

Dieser Zweck kommt in gleicher Weise bei Familienangehörigen zum Tragen, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz erhalten haben und wegen der ihnen drohenden Gefahren nicht in das Herkunftsland abgeschoben und ob ihrer im [X.] bestehenden familiären Bindungen regelmäßig auch nicht in den anderen Mitgliedstaat rückgeführt werden dürfen. Dass der Gesetzgeber die statusrechtliche Gleichstellung und damit die effektive Wahrnehmung der aus dem internationalen Familienschutz erwachsenden Rechte solchen Familienangehörigen ungeachtet des Umstands vorzuenthalten gedachte, dass diese in der Regel rechtmäßig einen auf Dauer angelegten Aufenthalt im [X.] nehmen werden und daher das Ziel, eine [X.] von Personen, die internationalen Schutz bereits in einem anderen Mitgliedstaat erhalten haben, einzudämmen, nicht (mehr) erreicht werden kann, liegt mit Blick auf die historische Genese des § 26 [X.] jedenfalls nicht nahe. Dagegen spricht nachhaltig, dass der Gesetzgeber für diesen Personenkreis keine Notwendigkeit gesehen hat, die Umsetzung des Art. 23 Abs. 2 [X.] 2011/95/[X.] anderweitig zu regeln.

(b) Sinn und Zweck des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gebieten kein abweichendes Normverständnis.

Die Norm, die Art. 33 Abs. 1 und 2 Buchst. a [X.] 2013/32/[X.] in nationales Recht umsetzt, bezweckt die Vermeidung ineffektiver Doppelprüfungen und divergierender behördlicher wie gerichtlicher Entscheidungen. Sie gründet maßgeblich auf der zentralen Zwecksetzung des Gemeinsamen [X.]äischen Asylsystems, irreguläre [X.] von Personen, die internationalen Schutz beantragt haben, zwischen den Mitgliedstaaten einzudämmen (vgl. nur Erwägungsgrund 13 [X.] 2011/95/[X.]; ferner [X.], Urteil vom 17. März 2016 - [X.]-695/15 [[X.]:[X.]:[X.]:2016:188], [X.] - Rn. 52; [X.], Vorlagebeschluss vom 27. April 2016 - 1 [X.] 22.15 - [X.] 451.902 [X.]. Ausländer- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 26). Weder Schutzsuchenden noch Schutzberechtigten soll ein Anreiz geboten werden, in einen anderen Mitgliedstaat weiterzuwandern, um in diesem erneut um die Zuerkennung internationalen Schutzes vor in dem Herkunftsland drohenden Gefahren nachzusuchen.

Haben Mitglieder einer Kernfamilie (Eltern und ihre minderjährigen Kinder) - aus welchen Gründen auch immer - in unterschiedlichen Mitgliedstaaten internationalen Schutz erhalten, steht der Hauptzweck des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] - die Verhinderung von [X.] - einem abgeleiteten Schutzstatus indes nicht entgegen. In diesem Fall kann ein gemeinsames Familienleben naturgemäß nur in einem Mitgliedstaat verwirklicht werden. Damit führt die Wiederherstellung der [X.] in einem Mitgliedstaat, der einem Familienmitglied internationalen Schutz gewährt hat, nicht zu einer unionsrechtlich unerwünschten [X.], die durch Rückführung in einen anderen Mitgliedstaat verhindert werden muss. Gegen die Annahme einer unionsrechtlich unerwünschten [X.] sprechen auch die bei der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats vorrangig anzuwendenden familienbezogenen Zuständigkeitskriterien in Art. 8 bis 10 der Verordnung ([X.]) Nr. 604/2013, die gerade zum Schutz des Wohles des Kindes und des Familienverbands beitragen sollen ([X.], Urteil vom 2. April 2019 - [X.]-582/17 und [X.]-583/17 [[X.]:[X.]:[X.]:2019:280], - Rn. 83; vgl. ferner Erwägungsgründe 13, 14 und 16 sowie Art. 6 Abs. 3 Buchst. a, Art. 11, 16 und 17 Abs. 2 VO ([X.]) Nr. 604/2013). Würde in Fällen, in denen von diesen Möglichkeiten der Familienzusammenführung bereits während des Asylverfahrens - aus welchen Gründen auch immer - kein Gebrauch gemacht worden ist und dadurch Mitglieder einer Familie in unterschiedlichen Mitgliedstaaten internationalen Schutz erhalten haben, eine Familienzusammenführung im [X.] nur auf [X.] des Aufenthaltstitelrechts ermöglicht, müsste das in einem anderen Mitgliedstaat schutzberechtigte Familienmitglied auf den ihm wegen ihm selbst drohender Gefahren gewährten Schutzstatus im [X.] verzichten. Die Gesetzesmaterialien lassen einen darauf gerichteten Willen des nationalen Gesetzgebers nicht erkennen. Das Unionsrecht, insbesondere die Art. 23 ff. [X.] 2011/95/[X.] enthalten auch keinen Hinweis darauf, dass die an eine [X.] anknüpfenden Rechte für Familienangehörige nur im Mitgliedstaat der zeitlich ersten Antragstellung oder Schutzzuerkennung bestünden.

Eine Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] auf § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 bis 3 [X.] hätte zudem unweigerlich [X.] zur Folge. So würden Familienangehörige, denen in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] wegen ihnen im Herkunftsland drohender Gefahren internationaler Schutz zuerkannt wurde, in Bezug auf die Gewährung internationalen Familienschutzes und die damit im [X.] verbundenen Vorteile schlechter gestellt als Familienangehörige, deren Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat keinen Erfolg hatte. Sie benachteiligt auch minderjährige Kinder, denen in einem anderen Mitgliedstaat internationaler Schutz zugesprochen wurde, gegenüber im [X.] nachgeborenen Kindern. Derartige Ungleichbehandlungen ließen sich im Lichte des Rechts auf Achtung des Familienlebens (Art. 8 [X.], Art. 7 und 24 GR[X.]) nicht damit rechtfertigen, dass ein in einem anderen Mitgliedstaat schutzberechtigter Ausländer in [X.] keines Schutzes bedarf, weil ihm eine effektive Inanspruchnahme dieser Rechte ohne Aufgabe des wiederhergestellten Familienverbands regelmäßig nicht möglich ist.

[X.]) Das Asylgesetz enthält auch keine das Verhältnis des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] und des § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 bis 3 [X.] ausdrücklich regelnde Kollisionsnorm. Ein Rückgriff auf § 31 Abs. 4 [X.], dem zufolge für den Fall, dass der Asylantrag nach § 26a [X.] als unzulässig abgelehnt wird, § 26 Abs. 5 [X.] in den Fällen des § 26 Abs. 1 bis 4 [X.] unberührt bleibt, scheidet aus.

§ 31 Abs. 4 [X.] schließt die Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 3 [X.] auf einen Anspruch auf Familienflüchtlingsschutz nach § 26 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 bis 4 [X.] aus. Die Norm steht in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang mit § 29 Abs. 1 Nr. 3 [X.]. Denn jedenfalls seit der Einfügung dieser Vorschrift kann ein Asylantrag im Hinblick auf einen sicheren [X.] nicht mehr "nur nach § 26a [X.]" abgelehnt werden, sondern nur noch im Wege einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 (i.V.m. § 26a) [X.] unter Beachtung der dort genannten Voraussetzungen (vgl. näher [X.], Urteil vom 21. April 2020 - 1 [X.] 4.19 - juris Rn. 16).

Der Umstand, dass sich der Gesetzgeber im Zuge der grundlegenden Umgestaltung des § 29 Abs. 1 [X.] durch Art. 6 Nr. 7 des [X.] vom 31. Juli 2016 ([X.] [X.] 1939) auf die Streichung der nicht mehr erforderlichen Regelung des § 31 Abs. 4 Satz 1 [X.] in der bis zum 5. August 2016 gültigen Fassung und auf eine bloße "Anpassung" des § 31 Abs. 4 Satz 2 [X.] a.F. beschränkt und weder seinerzeit noch in der zeitlichen Folge eine Ergänzung dieser nach seinem ausdrücklichen Willen auf § 29 Abs. 1 Nr. 3 [X.] bezogenen Regelung ([X.]. 266/16 S. 53) um weitere Kollisionsnormen vorgenommen hat, weist darauf, dass sich der [X.] des § 31 Abs. 4 [X.] nicht auf die übrigen Unzulässigkeitstatbestände erstreckt. Auch die auf Fälle des § 26a [X.] beschränkte, ursprüngliche Intention des Gesetzgebers, durch § 31 Abs. 4 [X.] "klarzustellen", dass Familienangehörigen, denen aus eigenem Recht wegen der Einreise aus einem sicheren [X.] kein Asylrecht zusteht, die Berufung auf abgeleitete Rechte aus § 26 [X.] nicht abgeschnitten ist ([X.]. 15/420 S. 110; vgl. in diesem Zusammenhang auch [X.], Urteil vom 6. Mai 1997 - 9 [X.] 56.96 - [X.]E 104, 347 <348 ff.>), lässt keine unmittelbaren Rückschlüsse auf vom Wortlaut nicht erfasste Fallkonstellationen zu.

Im Lichte dieses Normverständnisses ist im Ergebnis Raum weder für die Annahme eines Umkehrschlusses des Inhalts, dass § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 bis 3 [X.] in den Fällen einer Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nicht unberührt bleiben soll, noch für eine analoge Anwendung des § 31 Abs. 4 [X.].

cc) Die statusrechtliche Begünstigung des bereits in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] schutzberechtigten Familienangehörigen steht auch im Einklang mit Art. 3 [X.] 2011/95/[X.].

Danach können die Mitgliedstaaten günstigere Normen zur Entscheidung darüber, wer als Flüchtling gilt und zur Bestimmung des Inhalts des internationalen Schutzes erlassen oder beibehalten, sofern sie mit dieser Richtlinie vereinbar sind. Eine günstigere Norm ist mit der Richtlinie 2011/95/[X.] vereinbar, wenn sie die allgemeine Systematik oder die Ziele der Richtlinie nicht gefährdet. [X.] sind demgegenüber nationale Normen, die die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an [X.]sangehörige oder Staatenlose vorsehen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes aufweisen ([X.], Urteil vom 18. Dezember 2014 - [X.]-542/13 [[X.]:[X.]:[X.]:2014:2452], [X.] - Rn. 44). [X.] Familienangehörige eines anerkannten Flüchtlings keinem der in Art. 12 [X.] 2011/95/[X.] geregelten Ausschlussgründe und weist ihre Situation wegen der Notwendigkeit, den Familienverband zu wahren, einen Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes auf, so gestattet es Art. 3 [X.] 2011/95/[X.] einem Mitgliedstaat, diesen Schutz auf andere Angehörige dieser Familie zu erstrecken ([X.], Urteil vom 4. Oktober 2018 - [X.]-652/16 [[X.]:[X.]:[X.]:2018:801], [X.] und [X.] - Rn. 74).

Der Situation eines in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] schutzberechtigten Familienangehörigen, der internationalen Familienschutz begehrt, ist wegen des schutzwürdigen Interesses, den Familienverband wiederherzustellen, ein Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes regelmäßig, so auch hier, nicht abzusprechen.

3. [X.] folgt aus § 154 Abs. 2 und § 155 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § [X.] [X.] nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 [X.]. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 [X.] liegen nicht vor.

Meta

1 C 8/19

17.11.2020

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 19. Februar 2019, Az: 4 L 201/17, Urteil

§ 26 Abs 2 AsylVfG 1992, § 26 Abs 3 AsylVfG 1992, § 13 Abs 1 AsylVfG 1992, § 26 Abs 1 AsylVfG 1992, § 29 Abs 1 Nr 2 AsylVfG 1992, Art 33 Abs 2 Buchst a EURL 32/2013, Art 23 Abs 2 EURL 95/2011, Art 3 EURL 95/2011, Art 24 EUGrdRCh, Art 4 EUGrdRCh, Art 7 EUGrdRCh, Art 8 MRK, § 26 Abs 5 S 1 AsylVfG 1992, § 26 Abs 5 S 2 AsylVfG 1992

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.11.2020, Az. 1 C 8/19 (REWIS RS 2020, 4311)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 4311

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Referenzen
Wird zitiert von

13 K 2779/21.A

Zitiert

13 A 12144/17

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