Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2003, Az. IXa ZB 193/03

IXa- Zivilsenat | REWIS RS 2003, 236

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BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSIXa [X.] 193/03vom12. Dezember 2003in dem [X.]:ja[X.]Z: neinZPO § 576Eine erweiternde Auslegung des § 576 Abs. 1 ZPO kommt nicht in Betracht, [X.] bei der Anwendung von Landesrecht eine Rechtsbeschwerde zum Oberlan-desgericht nicht eingelegt werden kann.[X.], Beschluß vom 12. Dezember 2003 - IXa [X.] 193/03 - [X.] des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.]. [X.], [X.], von [X.], die Richterinnen Dr. [X.] [X.] 12. Dezember 2003beschlossen:Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der [X.] vom 4. Juni 2003 wird auf Kosten [X.] zurückgewiesen.Der [X.] wird auf 6.504,22 Euro festgesetzt.Gründe:[X.] Antrag der Gläubigerin hat das [X.] die Ansprü-che des Schuldners auf Zahlung von Übergangsgeld aus parlamentarischerTätigkeit im [X.] sowie alle künftigen Versor-gungsbezüge gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen. Am7. Mai 2002 hat es auf die Erinnerung des Drittschuldners den Pfändungs- [X.] aufgehoben und angeordnet, daß der aufhebende Be-schluß erst mit Rechtskraft wirksam wird. Das [X.] (Einzelrichter) Lü-beck hat auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin die Entscheidung [X.] vom 7. Mai 2002 wieder aufgehoben. Auf die zugelasseneRechtsbeschwerde des Drittschuldners hat der [X.] den Beschluß des Be-- -3schwerdegerichts wegen fehlerhafter Besetzung aufgehoben und die Sache zurerneuten Entscheidung an dieses zurückverwiesen. Daraufhin hat der Einzel-richter des [X.]s das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO [X.] zur Entscheidung übertragen. Diese hat mit Beschluß vom 4. Juli 2003erneut den Beschluß des Amtsgerichts vom 7. Mai 2002 aufgehoben. Zur [X.] hat es im wesentlichen ausgeführt, Art. 11 Abs. 3 Satz 2 der [X.] ([X.]), nach dem die Entschädigungsansprüchenicht übertragbar und damit nach § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbar seien, [X.] die Sicherstellung der Unabhängigkeit des [X.] während seinerZugehörigkeit zum Parlament, so daß die nach dem Ausscheiden aus [X.] anfallenden Ansprüche auf Übergangsgeld und [X.] seien. Dagegen richtet sich die - erneut zugelassene - Rechtsbe-schwerde des Drittschuldners.[X.] Das Rechtsmittel ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 [X.] und auch im übrigen zulässig. Insbesondere ist der Drittschuldner mitdem Einwand, die gepfändeten und überwiesenen Ansprüche seien unpfänd-bar, [X.] (vgl. [X.]Z 69, 144, 148; [X.]/Stöber, ZPO 24. Aufl.§ 766 Rn. 16; Musielak/[X.], ZPO 3. Aufl. § 766 Rn. 19 und § 829Rn. 25).2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, weil die Auslegung und An-wendung des Art. 11 Abs. 3 Satz 2 [X.] durch das [X.] - worauf dieRechtsbeschwerdeerwiderung zutreffend hinweist - einer Nachprüfung durchden [X.] entzogen ist.Nach § 576 Abs. 1 ZPO kann die Rechtsbeschwerde nur darauf ge-stützt werden, daß die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des- -4[X.]esrechts oder einer Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich überden Bezirk eines [X.] hinaus erstreckt. Im Streitfall liegt keinedieser Alternativen vor.a) Art. 11 Abs. 3 Satz 2 der [X.] istkein [X.]es-, sondern Landesrecht. Da [X.] nur ein Oberlan-desgericht besitzt, erstreckt sich der Geltungsbereich der Landesverfassungüber den Bezirk eines [X.] nicht hinaus. Eine erweiternde Aus-legung des § 576 Abs. 1 ZPO kommt wegen seines eindeutigen Wortlauts nichtin Betracht, auch wenn bei der Anwendung von Landesrecht eine der Rechts-vereinheitlichung dienende Rechtsbeschwerde zum [X.] nicht eingelegt werden kann (§ 119 Abs. 1 und 2, § 133 GVG).Entgegen der Meinung des [X.] und des Drittschuld-ners kann die Rechtsbeschwerde nicht deshalb auf die Verletzung von Art. 11Abs. 3 Satz 2 [X.] gestützt werden, weil sich die Zuständigkeit des [X.] nach dem Wohnort des Schuldners richtet (§§ 13, 828 Abs. 1und 2 ZPO) und damit im Einzelfall auch Gerichte außerhalb der Landesgren-zen [X.]s über dessen Auslegung entscheiden müssen. [X.] in § 576 Abs. 1 ZPO genannte Geltungsbereich des Gesetzes ist der räum-liche Bezirk, für den es von der dort herrschenden Staatsgewalt erlassen [X.] ist (vgl. [X.]Z 24, 253, 255 f; [X.]/[X.], ZPO 24. Aufl. § 545 Rn. 6),so daß die [X.] allein im Hoheitsgebiet [X.] gilt. Dabei ist es unerheblich, daß auch ein Gericht außerhalbvon [X.] dessen Landesrecht anzuwenden hat, wenn ihm [X.] mit Bezug zum schleswig-holsteinischen Landesrecht unterbreitetwird. Denn auch in einem solchen Fall wendet es Recht an, das in seinem Be-zirk keine Geltung hat (vgl. [X.]Z aaO).b) Der Umstand, daß der [X.] und mehrere [X.]esländer dem Art. 11Abs. 3 Satz 1 der [X.] ("Die [X.]- -5haben Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde [X.].") entsprechende Regelungen getroffen haben, vermag eine Nach-prüfbarkeit der vom Beschwerdegericht vorgenommenen Auslegung des Art. 11Abs. 3 Satz 2 [X.] ("Dieser Anspruch ist weder übertragbar noch kann auf ihnverzichtet werden.") durch den [X.] nicht zu begründen.Die Rechtsbeschwerde ist der Meinung, die Voraussetzung des § 576Abs. 1 ZPO 2. Alt. läge vor, weil die Auslegung des Art. 11 Abs. 3 Satz 2 [X.]von derjenigen des Art. 11 Abs. 3 Satz 1 [X.] abhängig und die zuletzt [X.] vom [X.] als Vorfrage überprüfbar sei. Die Überprüf-barkeit von Art. 11 Abs. 3 Satz 1 [X.] ergebe sich daraus, daß sich [X.] Bestimmungen sowohl in Art. 48 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes als auchin den Verfassungen mehrerer [X.]esländer (Art. 40 Satz 1 Landesverfassung[X.]; Art. 13 Abs. 3 Satz 1 Landesverfassung [X.])fänden und die Übereinstimmung nicht nur zufällig sei, sondern vom schleswig-holsteinischen Verfassungsgeber bewußt und gewollt herbeigeführt worden sei.Diese Auffassung der Rechtsbeschwerde vermag nicht zu überzeugen.Zwar geht sie zutreffend davon aus, daß eine Entscheidung über den Inhalt [X.] nur innerhalb eines OLG-Bezirks gültigen Norm der Rechtskontrolle durchden [X.] insoweit unterliegt, als sie von einer Vorfrage abhängt,die nach gemäß § 576 Abs. 1 ZPO 2. Alt. nachprüfbarem Recht zu beurteilen ist(vgl. [X.] Urt. v. 6. April 1992 - [X.], [X.], 2769 f). Jedoch hängtdie Entscheidung über den Umfang der Unpfändbarkeit der Entschädigungsan-sprüche eines Landtagsabgeordneten aus [X.] (Art. 11 Abs. 3Satz 2 [X.]) nicht von der Auslegung des Art. 11 Abs. 3 Satz 1 [X.] als Vorfrageab.Art. 11 Abs. 3 Satz 1 [X.] regelt die Maßstäbe, nach denen die Entschä-digung eines [X.] zur Sicherung seiner Unabhängigkeit der [X.] zu bemessen ist. Diese muß einerseits für den [X.] und seine- -6Familie eine ausreichende Existenzgrundlage abgeben und andererseits derBedeutung des Amtes unter Berücksichtigung der damit verbundenen Verant-wortung und Belastungen sowie dem Rang gerecht werden, der dem Amt imVerfassungsgefüge zukommt (vgl. [X.]/[X.]/[X.], Kommentar zur Lan-desverfassung [X.] [1995] Art. 11 Rn. 25). Die Vorschrift hataber keine Bedeutung für die Streitfrage, welche der Entschädigungsansprüche(monatliche Grundentschädigung, Aufwandsentschädigung, Übergangsgeldund Altersentschädigung) nach Art. 11 Abs. 3 Satz 2 [X.] dem Zugriff von [X.] entzogen sein sollen. Das folgt daraus, daß im [X.] (vgl.§ 31 [X.]), in [X.] (vgl. Art. 11 Abs. 3 Satz 2 [X.]) und in [X.] der Rechtsbeschwerde angeführten [X.]esländern (vgl. § 27 [X.] Nie-dersachsen; § 23 [X.] [X.]) zur Pfändbarkeit der Abgeordne-tenentschädigungen unterschiedliche Regelungen getroffen worden sind, ob-wohl der Abgeordnete nach den einschlägigen Vorschriften jeweils Anspruchauf eine angemessene, seine Unabhängigkeit sichernde Entschädigung hat.Ein besonderer Pfändungsschutz für das Übergangsgeld oder die Altersent-schädigung besteht weder im [X.] (vgl. § 31 Satz 2 und 3 [X.]) noch im Land[X.] (vgl. § 27 Satz 2 [X.]). In [X.] (vgl. § 23Satz 2 und 3 [X.]) ist das Übergangsgeld zur Hälfte pfändbar, während es fürdie Altersentschädigung keinen Pfändungsschutz gibt, der über die allgemeinenSchutzvorschriften der §§ 850 ff ZPO hinausgeht. Somit ist der Umfang des inArt. 11 Abs. 3 Satz 2 [X.] geregelten Pfändungsschutzes für Landtagsabgeord-nete des Landes [X.] allein nach dessen Sinn und Zweck unterBerücksichtigung der durch Art. 14 des Grundgesetzes geschützten Interessender Vollstreckungsgläubiger auszulegen.Da es somit an der Vorgreiflichkeit einer der Rechtskontrolle des [X.] Vorschrift fehlt, hat der [X.] nicht zu [X.], ob die Übereinstimmung des Art. 11 Abs. 3 Satz 1 [X.] mit dem wortlaut-identischen Art. 48 Abs. 3 Satz 3 des Grundgesetzes und den inhaltsgleichenRegelungen in den von der Rechtsbeschwerde genannten [X.] und gewollt zum Zwecke der Rechtsvereinheitlichung herbeigeführtworden ist (vgl. [X.] Urt. v. 28. Januar 1988 - [X.], NJW-RR 1988,1021).[X.][X.]v. [X.][X.]Roggenbuck

Meta

IXa ZB 193/03

12.12.2003

Bundesgerichtshof IXa- Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2003, Az. IXa ZB 193/03 (REWIS RS 2003, 236)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 236

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