Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2004, Az. IXa ZB 287/03

IXa- Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2277

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS [X.] 287/03
vom 16. Juli 2004 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja

[X.] §§ 43, 51 Abs. 4 Satz 2; ZPO §§ 850c und 850k

Der Anspruch eines Strafgefangenen auf Auszahlung seines [X.] ist nach Maßgabe des § 51 Abs. 4 Satz 2 [X.] pfändbar. Soweit das Eigen-geld aus Arbeitsentgelt für eine zugewiesene Beschäftigung gebildet worden ist, finden die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO und der Pfändungs-schutz gemäß § 850k ZPO keine Anwendung.

[X.], [X.]uß vom 16. Juli 2004 - [X.] 287/03 - [X.] - 2 - [X.] des [X.] hat durch den Vorsitzenden Richter [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin Dr. [X.]

am 16. Juli 2004 beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uß der 5. Zivilkammer des [X.] vom 9. September 2003 wird auf Ko-sten des Schuldners zurückgewiesen.

Wert: bis zu 5.000 •.

Gründe:
[X.]
1. Die Gläubiger betreiben gegen den Schuldner, der zur [X.] eine Frei-heitsstrafe verbüßt, die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbe-scheid des [X.]. Durch Pfändungs- und Überweisungsbe-schluß des [X.] vom 17. Oktober 2001 wurde wegen der Ansprüche aus dem vorgenannten Titel die angebliche Forderung des [X.] gegen das [X.] "auf Auszahlung des dem Schuldner als [X.] bereits gutgeschriebenen und künftig noch gutzuschreibenden [X.] mit Ausnahme des nach § 51 Abs. 4 [X.] unpfändbaren Teils in Höhe - - 3 des Unterschiedsbetrages zwischen dem nach § 51 Abs. 1 [X.] zu [X.] und dem tatsächlich vorhandenen Überbrückungsgeld" gepfändet. Auf die Erinnerung des Schuldners, der als arbeitspflichtiger Gefangener Arbeitsent-gelt bezog, hob das Amtsgericht mit [X.]uß vom 30. Mai 2002 die [X.] aus dem Pfändungs- und [X.] insoweit auf, als der [X.] gemäß § 850c ZPO zu beachten sei, wobei die Grenzen unter Berücksichtigung der [X.] der Vollzugsbehörde nach [X.] der fiktiven Haftkosten zu bemessen seien.

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubiger hob die 5. Zivilkammer - Einzelrichter - des [X.] den vorgenannten [X.]uß des Amtsgerichts mit [X.]uß vom 9. Dezember 2002 auf und wies die Erinnerung des Schuldners zurück. Dieser [X.]uß wurde auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners durch [X.]uß des Senats vom 9. Mai 2003 - [X.] 129/03 unter Zurückverweisung der Sache an das [X.] aufgehoben.

2. Die 5. Zivilkammer des [X.] hat den [X.]uß des Amtsgerichts auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers unter Zulassung der Rechtsbeschwerde wiederum aufgehoben und die Erinnerung des Schuldners gegen den Pfändungs- und [X.] vom 17. Oktober 2001 mit der Begründung zurückgewiesen, das aus Arbeitsentgelt, das der Schuldner nach den Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes bezogen hat, gebildete [X.] sei kein Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 ZPO. Eine direkte An-wendung des § 850c ZPO scheide aus, weil sich die Pfändung nicht auf das dem Schuldner nach den Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes zustehende Arbeitsentgelt, sondern auf die Pfändung seines Anspruchs auf Auszahlung des ihm gutgeschriebenen [X.] (§ 52 [X.]) gemäß § 83 Abs. 2 - - 4 Satz 3 [X.] beziehe. Da es sich bei der Justizvollzugsanstalt, die das Geld des Schuldners verwalte, nicht um ein Geldinstitut im Sinne des § 850k ZPO handele, sei auch diese Vorschrift nicht direkt anwendbar. Eine analoge An-wendung der genannten Vorschriften komme schon deshalb nicht in Betracht, weil keine planwidrige Gesetzeslücke vorliege. Jedenfalls fehle es auch an der für eine Analogie notwendigen vergleichbaren Interessenlage. Ein [X.] benötige das aus Arbeitsentgelt gebildete [X.] nicht, um seinen notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten, weil ihm dieser in Form von Unter-kunft und Verpflegung verschafft werde. Soweit das [X.] dem späteren Leben in Freiheit dienen solle, sei der künftige notwendige Lebensbedarf eines Gefangenen hinreichend durch das nach § 51 [X.] zu bildende Überbrük-kungsgeld geschützt.

Die Rechtsbeschwerde ist demgegenüber der Auffassung, die §§ 850c und 850k ZPO seien unmittelbar, jedenfalls aber entsprechend anwendbar. Die Regelungen der §§ 43, 47, 52 [X.] trügen besonderen Bedürfnissen des Strafvollzugs Rechnung, führten aber nicht zur Unanwendbarkeit der —allge-meinenfi Pfändungsbeschränkungen der §§ 850 ff ZPO. Die im Strafvollzugsge-setz normierten Pfändungsbeschränkungen seien keine abschließenden, die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung ausschließenden, sondern den allgemeinen Pfändungsschutz wegen der besonderen Situation des Gefangenen lediglich ergänzende Regelungen. Die Versagung des Schutzes der allgemeinen Pfändungsvorschriften sei mit dem Grundsatz des § 3 Abs. 1 [X.] unvereinbar, der eine möglichst weitgehende Angleichung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, denen der Strafgefangene unterliegt, an die außerhalb des Vollzugs gegebenen Bedingungen nicht zuletzt im Hinblick auf das Vollzugsziel des § 2 Satz 1 [X.] gebiete. - - 5 - - 6 I[X.]

Das gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.

Die Entscheidung des [X.] ist richtig.

1. Das [X.] eines Strafgefangenen (§§ 52, 83 Abs. 2 Satz 2, 3 [X.]) unterliegt nach Maßgabe der Pfändungsschutzvorschrift des § 51 Abs. 4 Satz 2 [X.] der Pfändung. Es wird gemäß § 52 [X.] aus den Bezügen des Gefangenen, soweit sie nicht nach den Vorschriften des [X.] für andere Zwecke, etwa als Hausgeld (§ 47 [X.]) oder als Überbrückungsgeld (§ 51 [X.]) in Anspruch genommen werden, aus dem bei Aufnahme in den Vollzug mitgebrachten Geld (§ 83 Abs. 2 Satz 2 [X.]) und aus dem für den Gefangenen während des [X.] eingezahlten Geld gebildet (vgl. [X.]/Müller-Dietz, [X.] 9. Aufl. § 83 Rn. 4), und zwar durch Gutschrift auf dem Konto, das von der [X.] oder einer für die Verwaltung des [X.] eingerichteten Ein- und [X.] der zuständigen Kasse für den Gefangenen zu führen ist (vgl. [X.], Forderungspfändung 13. Aufl. Rn. 134). Der Gefangene darf ge-mäß § 83 Abs. 2 Satz 3 [X.] über sein [X.] grundsätzlich frei verfü-gen, soweit es nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist. Er hat in diesem Umfang aus dem durch die Verwaltung des [X.] begründeten öf-fentlich-rechtlichen Schuldverhältnis, das kein Verwahrungsverhältnis im ei-gentlichen Sinne ist (vgl. [X.] 34, 349, 354; [X.]R Verwaltungs-recht/Allgemeines, Grundsätze Verwahrung 4), gegen den Träger der Justiz-vollzugsanstalt einen Anspruch auf Auszahlung seines [X.]guthabens - - 7 (vgl. [X.], Urt. v. 16. Dezember 2003 - [X.], [X.] 2004, 421; AK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 83 Rn. 11, 12). Der Anspruch ist als Geldforderung (§ 700 Abs. 1 Satz 2, § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB analog; vgl. [X.] aaO Rn. 134) gemäß § 829 ZPO pfändbar, mit Ausnahme des gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 [X.] unpfändbaren Teils des [X.] in Höhe des [X.] zwischen dem gemäß § 51 Abs. 1 [X.] zu bildenden und dem tatsächlich vorhandenen Überbrückungsgeld. Das Pfändungsverbot des § 851 ZPO steht nicht entgegen, weil der Anspruch - soweit nicht § 51 Abs. 4 Satz 2 [X.] eingreift - übertragbar ist (vgl. [X.] aaO S. 422 m.N.).

2. Soweit das gepfändete [X.] - wie hier - durch Gutschriften von Arbeitsentgelt gebildet worden ist, das der arbeitspflichtige (§ 41 [X.]) Ge-fangene gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 [X.] für die Ausübung der ihm gemäß § 37 [X.] zugewiesenen Arbeit erhält (vgl. dazu [X.]/[X.] [X.] § 43 Rn. 10; [X.]/Müller-Dietz aaO § 43 Rn. 1), finden die Pfän-dungsgrenzen des § 850c ZPO und der Pfändungsschutz gemäß § 850k ZPO entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde weder unmittelbar noch ent-sprechend Anwendung.

Ob das aus Arbeitsentgelt eines Gefangenen gebildete [X.] den Pfändungsbeschränkungen der §§ 850 ff ZPO unterliegt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (vgl. [X.] aaO Rn. 137; [X.]/Müller-Dietz aaO § 43 Rn. 10, jeweils m.N. zu der umfangreichen instanzgerichtlichen Recht-sprechung). Soweit die Auffassung vertreten wird, das [X.] unterliege insoweit dem Pfändungsschutz des Arbeitseinkommens gemäß § 850c ZPO (vgl. nur [X.], 559, 560; [X.]/Müller-Dietz aaO Rn. 10, jeweils m.w.N.), werden überwiegend bei Berechnung des pfändbaren - - 8 Einkommens in entsprechender Anwendung des § 850e Nr. 3 ZPO neben dem Arbeitsentgelt auch die [X.] der Vollzugsbehörde nach Maßgabe der fiktiven [X.] berücksichtigt (vgl. [X.] aaO; insoweit a.A. [X.]/Müller-Dietz aaO).

Richtigerweise ist das Beschwerdegericht der nunmehr auch vom [X.] (Urt. v. 16. Dezember 2003 aaO) vertretenen, verfassungsrecht-lich unbedenklichen (vgl. [X.] [Vorprüfungsausschuß] NJW 1982, 1583) Auffassung gefolgt, daß die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung finden (vgl. [X.] Rpfleger 1994, 370; [X.] Rpfleger 1995, 29; [X.]/[X.] aaO § 52 Rn. 4; [X.] aaO, jeweils m.w.N.), und hat zutreffend auch die (entsprechende) Anwendbarkeit des § 850k ZPO verneint.

a) Die [X.] des § 850c ZPO gelten nur für die Pfändung des in Geld zahlbaren Arbeitseinkommens selbst (§ 850 Abs. 1 ZPO). [X.] ist aber der Anspruch des Schuldners auf Auszahlung seines [X.] und nicht sein Anspruch auf Arbeitsentgelt aus § 43 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Denn dieser nicht auf Barauszahlung, sondern nach Maßgabe des § 52 [X.] insgesamt auf Gutschrift auf den für den Gefangenen zu führenden Konten gerichtete Anspruch (h.M., vgl. [X.] Rpfleger 1995, 29, 30; [X.]/[X.] aaO § 43 Rn. 10; [X.]/Müller-Dietz aaO § 43 Rn. 1) ist mit der Erteilung der Gutschriften erfüllt und damit erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB analog; vgl. [X.] aaO; [X.] aaO; Fluhr [X.] 1989, 103, 106). Der Pfändungsschutz des § 850c ZPO erstreckt sich jedoch nicht auf das zur Bewirkung der geschuldeten Leistung ausbezahlte oder auf ein Konto überwiesene Geld. Vielmehr erlischt mit der als Arbeitseinkommen ge-- - 9 schuldeten Forderung auch der bis dahin für diese Forderung bestehende Pfändungsschutz (vgl. [X.] NStZ 1988, 479, 480; [X.] Rpfleger 1995, 29, 30; [X.]/[X.] ZPO 24. Aufl. § 850k Rn 1).

Ein Schuldner kann für Arbeitseinkommen, das auf sein Konto überwie-sen worden ist, lediglich Pfändungsschutz gemäß § 850k ZPO beantragen (vgl. [X.]/[X.] aaO). Auf die Pfändung des [X.]guthabens kann § 850k ZPO aber keine Anwendung finden, denn die kontoführende Stelle, die das [X.] bis zur Entlassung des Gefangenen verwaltet, ist kein [X.] im Sinne dieser Vorschrift (vgl. [X.] aaO; Musielak/[X.], ZPO 3. Aufl. § 850k Rn. 2; [X.] Rpfleger 1991, 488, 490).

b) Das Beschwerdegericht hat zu Recht auch die entsprechende [X.] der §§ 850c und 850k ZPO verneint.

Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige [X.] enthält (vgl. [X.] 149, 165, 174 m.w.N.) und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, daß angenommen werden kann, der Ge-setzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den glei-chen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlaß der herangezogenen [X.], zu dem gleichen [X.] gekommen (vgl. [X.], Urt. v. 13. März 2003 - I ZR 290/00, NJW 2003, 1932, 1933 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nach den die Bezüge eines Gefangenen regelnden Vor-schriften des Strafvollzugsgesetzes weder für § 850c ZPO noch für § 850k ZPO gegeben.
- - 10
aa) Einer Erstreckung der Pfändungsschutzvorschrift des § 850c ZPO auf das aus Arbeitsentgelt gebildete [X.] (vgl. [X.], 559, 560; [X.]/Müller-Dietz aaO Rn. 10, jeweils m.w.N.) steht schon der [X.] dieser Norm mit § 811 Nr. 8, § 850k ZPO ent-gegen, die den Schutz des in Geld zahlbaren Arbeitseinkommens nach Erfül-lung der Geldforderung regeln. Dementsprechend wurde hier nicht der - ohne-hin wegen seiner Zweckbindung (vgl. [X.] aaO Rn. 137) und seiner Richtung auf eine hoheitliche Vollzugsmaßnahme gemäß § 52 [X.] nicht übertrag-bare und damit gemäß § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbare (vgl. [X.] Rpfleger 1995, 29, 31; [X.]/[X.] aaO § 43 Rn. 10; [X.] aaO) - [X.] auf Arbeitsentgelt gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 [X.] selbst gepfändet, sondern der Anspruch auf Auszahlung des [X.]guthabens. Somit ist [X.] eine entsprechende Anwendung des § 850k ZPO in Betracht zu ziehen (vgl. [X.] aaO). Auch insoweit fehlt es jedoch an einer planwidrigen Regelungslücke. Denn § 850k ZPO wurde erst durch Gesetz vom 28. Februar 1978 ([X.] I S. 333), mithin nach der Neuregelung der Gefangenenarbeit und ihres Entgeltes im Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 ([X.] I S. 581) ein-gefügt und erfaßt gleichwohl nur Kontoguthaben bei Geldinstituten mit dem alleinigen Ziel, eine Lücke im Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen zu schließen (vgl. [X.]/[X.], ZPO 12. Aufl. § 850k [X.]. 1).

[X.]) Einer entsprechenden Anwendung der §§ 850c und 850k ZPO steht zudem entgegen, daß das Schutzbedürfnis eines Schuldners, der in Freiheit lebt und ein Arbeitseinkommen hat, mit dem eines Schuldners, der in Strafhaft gemäß § 43 [X.] Arbeitsentgelt bezieht, nicht vergleichbar ist (vgl. [X.] aaO S. 422; [X.] aaO S. 30 f; [X.] aaO). Die [X.]sschutzvorschriften dienen aus [X.] Gründen und im öffentlichen [X.] - 11 teresse dem Schutz des Schuldners vor einer Kahlpfändung (vgl. [X.] 137, 193, 197). Da der Einsatz der Arbeitskraft Vorrang hat vor dem Anspruch auf [X.] Leistung, wird dem Schuldner, in dessen Arbeitseinkommen vollstreckt wird, in den Grenzen der §§ 850c, 850k ZPO ein Teil seines Einkommens pfandfrei belassen (Musielak/[X.] aaO § 850 Rn. 1; [X.]/[X.] aaO § 850 Rn. 1). Den Maßstab für die Bemessung der für die Existenz des Schuldners und für den Erhalt seiner Arbeitsfähigkeit erforderlichen Mittel bilden die Be-dürfnisse eines in Freiheit lebenden und arbeitenden Menschen (vgl. [X.] NJW 1982, 1583).

Bei einem Gefangenen, der gemäß § 43 [X.] Arbeitsentgelt bezieht, liegen die Verhältnisse anders (vgl. [X.] aaO; [X.] aaO; [X.] Rpfleger 1994, 370; [X.] Rpfleger 1995, 29, 31). Sein Lebensunter-halt ist auch ohne Rückgriff auf sein aus Arbeitsentgelt gebildetes [X.] gedeckt. Ihm werden Unterkunft, Verpflegung, notwendige Kleidung (vgl. §§ 10, 20 f [X.]) sowie Gesundheitsfürsorge (§§ 56 ff [X.]) von der Justiz-vollzugsanstalt gewährt. Ein Haftkostenbeitrag wird von dem Pflichtarbeit lei-stenden Gefangenen gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] nicht erhoben. Für seine darüber hinausgehenden privaten Bedürfnisse stehen ihm gemäß § 47 Abs. 1 [X.] i.d.F. der Übergangsbestimmung des § 199 Nr. 2 [X.] monatlich drei Siebtel seines Arbeitsentgelts als Hausgeld zur Verfü-gung. Dieses Hausgeld, das unterhaltsrechtlich bei der Beurteilung der Lei-stungsfähigkeit eines unterhaltspflichtigen Gefangenen nicht berücksichtigt wird ([X.], Urt. v. 21. April 1982 - [X.], NJW 1982, 1812 und Urt. v. 9. Juni 1982 - [X.], NJW 1982, 2491), kann von der [X.] nur ausnahmsweise nach Maßgabe des § 93 Abs. 2 [X.] i.d.F. des § 199 Nr. 4 [X.] in Anspruch genommen werden (vgl. [X.], [X.]. v. - - 12 17. Januar 1989 - 5 [X.] 26/88, NJW 1989, 992). Die streitige Frage, ob das Hausgeld nur nach Maßgabe des entsprechend anzuwendenden § 811 Abs. 1 Nr. 8 ZPO (so [X.] aaO Rn. 140) oder ob es, was wegen seiner Zweckbindung als Beitrag zum notwendigen Unterhalt des Gefangenen nahe liegt (vgl. den Entwurf BT-Drucks. 7/918 S. 69), insgesamt unpfändbar ist (so mit unterschiedlichen Begründungen [X.] aaO; [X.] Rpfleger 1995, 29, 31; [X.] MDR 2001, 235, jeweils m.w.N.), kann hier dahinstehen. Dem Gefangenen steht bei seiner Entlassung schließlich das gemäß § 51 Abs. 1 [X.] unter anderem aus seinem Arbeitsentgelt gebildete Überbrük-kungsgeld zur Verfügung, das seinen notwendigen Lebensunterhalt und den seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlas-sung sichern soll (vgl. [X.], 189) und deshalb - auch nach der Auszahlung - nach Maßgabe des § 51 Abs. 4 Satz 1, 3 [X.] unpfändbar ist.

Bei einer entsprechenden Anwendung der [X.] des § 850c ZPO wäre auch dieser Teil des [X.] grundsätzlich unpfändbar, weil selbst das höchste Arbeitsentgelt (§ 43 [X.]) auch bei Hinzurechnung des nicht erhobenen [X.] entsprechend § 850e Nr. 3 ZPO deutlich unter der Pfändungsgrenze von mindestens 930 • liegt (vgl. Ar-loth/[X.] aaO § 43 Rn. 10). Eine so weitgehende Beschränkung des Zugriffs der Gläubiger ist aber dem gesetzlichen Konzept der Resozialisierung durch Pflichtarbeit (vgl. dazu [X.]E 98, 169, 202) allein noch nicht zu [X.]. Die Entlohnung dieser Arbeit nach dem Mischkonzept des § 43 Abs. 1 [X.] (vgl. [X.] NJW 2001, 1692, 1693) durch die Zahlung von [X.] und Freistellung von der Arbeit, die auch als Urlaub aus der Haft ge-nutzt oder auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet werden kann, soll dem - - 13 Gefangenen den Sinn seiner Arbeit vor Augen führen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Entlohnung monetärer Art ist und dem Gefangenen unter anderem ermöglicht, seine Schulden zu tilgen, seinen gesetzlichen Un-terhaltsverpflichtungen zu entsprechen und die Wiedergutmachung des durch die Straftat angerichteten Schadens anzustreben (vgl. [X.] NJW 2002, 2023, 2025; siehe auch § 46a StGB). Zwar wird dem Gefangenen durch die Pfändung die Möglichkeit genommen, mit dem aus seinem Arbeitsentgelt ge-bildeten [X.] andere Gläubiger zu befriedigen. Dies zu gewährleisten, ist aber nicht der Zweck der §§ 850c und 850k ZPO. Eine gleichmäßige Schulden-regulierung kann ein Schuldner gegebenenfalls dadurch herbeiführen, daß er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Restschuldbefreiung (§§ 286 ff In-sO) beantragt.

Auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Vollzugsziels der Reso-zialisierung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 [X.]), auf die der Gefangene einen grund-rechtlichen Anspruch hat (vgl. [X.]E 98, 169, 200), und des für die Gestal-tung des Vollzuges geltenden Angleichungsgrundsatzes (§ 3 Abs. 1 [X.]) ist ein über § 51 Abs. 4 Satz 2 [X.] hinausgehender Pfändungsschutz des aus Arbeitsentgelt gebildeten [X.] aus dem geltenden Recht nicht her-zuleiten (vgl. [X.] aaO; [X.] Rpfleger 1994, 370, 371). Bisher ist auch der Gesetzgeber davon ausgegangen, daß Arbeitsentgelt, das nicht nach den Vorschriften der §§ 47, 50, 51 [X.] für andere Zwecke in Anspruch genommen wird, "als [X.] sowohl der Verfügung des Gefangenen als auch dem Zugriff seiner Gläubiger offensteht" (BT-Drucks. 7/918 S. 71). - - 14
Es muß daher dem Gesetzgeber überlassen bleiben zu entscheiden, ob er die Rechtsstellung des Gefangenen gegenüber Vollstreckungszugriffen von - - 15 Gläubigern verbessern will, etwa durch vollzugsspezifische Pfändungsschutz-vorschriften oder durch eine Erhöhung des pfändungsfreien [X.].

Kreft [X.] [X.]

Boetticher [X.]

Meta

IXa ZB 287/03

16.07.2004

Bundesgerichtshof IXa- Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2004, Az. IXa ZB 287/03 (REWIS RS 2004, 2277)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2277

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