Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2016, Az. IV ZR 345/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 7883

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[X.]:[X.]:BGH:2016:200716BIVZR345.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 345/15
vom

20.
Juli 2016

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], die Richterin [X.], [X.] Karczewski
und die Richterin Dr.
Brockmöller

am 20. Juli 2016

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts [X.]
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14. Zivilse-nat -
vom 18. Juni
2015 zugelassen.

Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß §
544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: 90.000

Gründe:

[X.] Die Klägerin verlangt von den
Beklagten Rückzahlung eines be-haupteten Darlehens, das sie der Beklagten zu 1 in mehreren Teilbeträ-gen gewährt haben will und für das die Beklagte zu 2 die Mithaftung übernommen haben soll. Hierzu stützt sie sich auf ein mit "Vereinbarung"
überschriebenes Schriftstück, in
dem die Beklagte zu 1 den Erhalt von ,
dessen Rückzahlung bis Ende Februar 1
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2012 verspricht und die Beklagten zu 2 erklärt, sie werde "bei
Nichtbe-zahlen"
die Schulden der Erstbeklagten übernehmen. Die Beklagten ha-ben die Echtheit ihrer beiden Unterschriften unter den

unstreitig

von der Klägerin verfassten Text

als Darlehen bestritten.

I[X.] Das [X.] hat nach Beweisaufnahme durch Einholung ei-nes Schriftgutachtens
und einer ergänzenden schriftlichen Stellungnah-me des Sachverständigen zur Frage der Echtheit der Unterschriften der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlan-desgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es
ausgeführt, die Klägerin habe unter Berücksichtigung
der Gesamtumstände den gemäß § 440 Abs. 1 ZPO erforderlichen Nachweis nicht geführt, dass die [X.] auf der "Vereinbarung"
echt seien. Zwar spreche das vom Erst-gericht zugrunde gelegte Sachverständigengutachten zunächst für die Klägerin. Es lägen
aber andererseits etliche Umstände vor, die erhebli-che Zweifel an der klägerischen Darstellung hervorriefen. Dem Antrag der Klägerin im Berufungsverfahren, den Sachverständigen zur Erläute-rung seines Gutachtens anzuhören, hat das Berufungsgericht nicht ent-sprochen. Die Auffassung der Klägerin, dass der Sachverständige ei-gentlich zu dem Ergebnis einer Übereinstimmung "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit"
gekommen sei, könne angesichts der zusammenfassenden Bewertung durch den Sachverständigen nicht nachvollzogen werden.

II[X.] Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete [X.] der Klägerin hat Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur 2
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Zulassung der Revision unter gleichzeitiger Aufhebung des angefochte-nen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Die angefochtene Entscheidung verletzt die Klägerin in entscheidungser-heblicher Weise in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), weil ihrem
Antrag auf Anhörung des [X.] in
mündlicher Verhandlung nicht stattgegeben wurde.

1. a) Die [X.]en haben zur Gewährleistung des rechtlichen [X.] nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem
Sach-verständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für wesentlich erachten, in einer mündlichen Anhörung stellen können, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob das Gericht seinerseits noch [X.] sieht oder ob zu erwarten ist, dass der Sachverständige seine [X.] noch ändert (vgl. Senatsbeschluss vom 19. November 2014

[X.], [X.], 257 Rn. 8 m.w.N.). Dabei kann von der [X.], die einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen stellt, nicht verlangt wer-den, dass sie die Fragen, die sie an den Sachverständigen zu richten beabsichtigt, im Voraus konkret formuliert. Es genügt, wenn sie [X.] angibt, in welcher Richtung sie durch ihre Fragen eine weitere Auf-klärung herbeizuführen wünscht (Senatsbeschluss vom 19. November 2014 aaO). Dass die Klägerin diesen
Antrag erst im Berufungsverfahren gestellt
hat, rechtfertigt entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwide-rung angesichts der Umstände des [X.] kein anderes Ergebnis.

b) Das Berufungsgericht durfte danach hier nicht ohne Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung maßgeblich gestützt auf eine Würdigung der außerhalb der "Vereinbarung"
liegenden Umstände zu einer der Klägerin nachteiligen Entscheidung kommen. Das Vorbrin-gen der Klägerin bot

entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts

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lass, den gerichtlich bestellten Schriftsachverständigen zur mündlichen Verhandlung zu laden und zur Erläuterung seines Gutachtens persönlich anzuhören. Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, hat der gerichtlich bestellte Sachverständige in seinem Gutachten eine hohe bis sehr hohe Wahrscheinlichkeit für die Urheberschaft der beiden Beklagten und nur eine niedrige bis sehr niedrige Wahrscheinlichkeit für die Urheberschaft einer anderen Person dargelegt. Weder in seinem [X.] vom November 2013 noch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom Januar 2014 hat er dabei auf die [X.] verwendete "[X.]"
Bezug genommen, sondern dies haben erst, wie die [X.] zu Recht ausführt, die Beklagten in der Berufungsbegründung getan. Da der Sachverständige keine Anhaltspunkte für eine technische Manipulation oder atypische Entstehungsweise, insbesondere Nach-zeichnung der Unterschriften hat finden können, wohl aber eine weitge-hende, wenn auch nicht vollständige Einfügung der grafischen Eigen-schaften der in Frage stehenden Unterschriften in die Variationsbreite der
Vergleichsproben
festgestellt hat, ist nicht klar, von welcher Wahr-scheinlichkeitsskala der Gutachter ausgegangen ist. Er selbst hat ausge-führt, die sprachlich formulierten [X.] stellten per-sonelle Wahrscheinlichkeiten dar, die nicht ohne das numerische Gerüst der Wahrscheinlichkeitstheorie denkbar seien. Die Feststellungen des Sachverständigen waren daher klärungsbedürftig.

2. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Berufungsgericht hinsichtlich der Frage der Echtheit der Urkunde zu einem anderen Er-gebnis gelangt wäre, wenn die Klägerin Gelegenheit erhalten hätte, den

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Sachverständigen in mündlicher Anhörung zur Erläuterung seines Gut-achtens zu befragen.

[X.] [X.] [X.]

Dr.
Karczewski Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.07.2014 -
21 [X.]/13 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 18.06.2015 -
14 U 2974/14 -

Meta

IV ZR 345/15

20.07.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2016, Az. IV ZR 345/15 (REWIS RS 2016, 7883)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7883

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IV ZR 47/14

14 U 2974/14

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