Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2001, Az. VIII ZR 58/01

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 1798

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:24. Juli 2001Kirchgeßner,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: neinZPO § 130 Nr. 6Zu den Anforderungen an den Nachweis der Echtheit der Unterschrift eines Rechts-anwalts unter einem bestimmenden Schriftsatz.[X.], Urteil vom 24. Juli 2001 - [X.] - [X.] LG Köln- 2 -Der VII[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die [X.]. [X.], [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Februar 2001 aufgehoben.Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung,auch über die außergerichtlichen Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Gerichtskosten werden für die Revisionsinstanz nicht erhoben.Von Rechts [X.]:Der Kläger verlangt vom Beklagten die Rückabwicklung eines [X.]. Das [X.] hat der Klage, die auf Zahlung von10.560,35 DM Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs und auf Feststel-lung des Annahmeverzugs des Beklagten gerichtet war, bis auf einen [X.] 125,35 DM stattgegeben. Der Beklagte hat das erstinstanzliche Urteil mitder Berufung angefochten. Sowohl die Berufungsschrift als auch die [X.] enthalten unter der Unterschrift den maschinenschriftlichenZusatz "Rechtsanwalt - U. [X.]"; die beiden Unterschriften weichen in ihrem- 3 -Erscheinungsbild allerdings deutlich voneinander ab. Das Berufungsgericht [X.] angenommen, die Unterschriften rührten von verschiedenen Urhebernher, und hat den Parteien Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen.Der Beklagte hat dazu behauptet, beide Unterschriften stammten von seinemProzeßbevollmächtigten, Rechtsanwalt [X.]. Dieser unterzeichne an "aus-geruhten Tagen" mit der "etwas kunstvolleren Version", wie sie die "[X.]" - gemeint ist die Berufungsbegründung - trage, an "anstrengenden Ta-gen" mit einer "[X.]" wie in der Berufungsschrift. Rechtsan-walt [X.] selbst hat gegenüber dem Berufungsgericht an Eides Statt versi-chert, beide Unterschriften stammten von ihm.Das Berufungsgericht hat ein graphologisches Gutachten zu der Frageeingeholt, ob beide Unterschriften vom selben Urheber herrührten. Auf [X.] einer Vielzahl von [X.] und ausgehend vonsechs positiven Wahrscheinlichkeitsstufen ist der Sachverständige zu dem Er-gebnis gelangt, Rechtsanwalt [X.] sei "wahrscheinlich" (= 4. Wahrschein-lichkeitsstufe) Urheber der Unterschrift unter der Berufungsschrift und "mit ho-her Wahrscheinlichkeit" (= 3. Wahrscheinlichkeitsstufe) Urheber der Unter-schrift unter der Berufungsbegründung. Er hat ausgeführt, der [X.] über zwei abweichende Unterschriftsvarianten, wobei auch eine Ver-mischung beider Varianten vorkommen könne. Die wegen der Kürze [X.] eingeschränkte graphische Ergiebigkeit der beiden strittigenUnterschriften und der [X.] hätten sich in einer Einschrän-kung der Wahrscheinlichkeitsaussage auswirken müssen.Das Berufungsgericht hat die Echtheit der Unterschrift unter der [X.] als nicht erwiesen angesehen und deshalb die Berufung alsunzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision.- 4 -Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:Die eigenhändige Unterschrift eines beim [X.] sei eine von Amts wegen zu prüfende Wirksamkeitsvor-aussetzung jedes fristwahrenden bestimmenden Schriftsatzes. Etwaige [X.] hinsichtlich der Zulässigkeitsvoraussetzungen von Rechtsmitteln seien [X.] des [X.] zu klären; dieser müsse die volle Überzeugung [X.] von der zu beweisenden Tatsache begründen, die bloße Glaubhaft-machung reiche nicht. Erforderlich, aber auch ausreichend sei die persönlicheGewißheit, die Zweifeln Schweigen gebiete, ohne sie völlig auszuschließen.Mit einer solchen Gewißheit habe es sich jedoch nicht von dem Vorliegen einervon einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichneten Berufungsschriftüberzeugen können. Zwar habe es keine Zweifel, daß die Unterschrift unter [X.] von Rechtsanwalt [X.], dem einzigen beim Oberlan-desgericht Köln zugelassenen Anwalt seiner Sozietät, stamme. Dagegen reicheder vom Sachverständigen für die Unterschrift unter der Berufungsschrift fest-gestellte relativ geringe Wahrscheinlichkeitsgrad ("wahrscheinlich") für denvollen Beweis der Urheberschaft des Rechtsanwalts [X.] - auch unter Berück-sichtigung seiner eidesstattlichen Versicherung - nicht aus. Zweifel verbliebenletztlich auch nach der Leistung von [X.] in der [X.] vom 12. Januar 2001, die in ihrem Erscheinungsbild überwiegendvon den Unterschriften des betreffenden Typs abwichen.I[X.] Diese Ausführungen halten der Nachprüfung durch das [X.] nicht stand.- 5 -1. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] (z.B. [X.] 10. Juli 1997 - [X.], [X.]R ZPO § 130 Nr. 6, Unterschrift 12 =NJW 1997, 3380 unter II 1 m.w.Nachw.) ist bei bestimmenden Schriftsätzen dieeigenhändige Unterschrift des Ausstellers erforderlich, um diesen unzweifelhaftidentifizieren zu können. Die Prüfung, ob eine Unterzeichnung die Anforderun-gen erfüllt, die an eine Unterschrift unter einem bestimmenden Schriftsatz ge-mäß § 130 Nr. 6 ZPO zu stellen sind, hat der [X.] von Amts we-gen ohne Bindung an die Ausführungen des Berufungsgerichts vorzunehmen.Etwaige Zweifel an der Echtheit oder Vollständigkeit der Unterschrift sind, wieauch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, gegebenenfalls im Wege des[X.] zu klären. In die Prüfung sind alle bedeutsamen Umstände [X.] einzubeziehen. Soweit es für die Beurteilung der [X.] auf das Schriftbild ankommt, wird eine sachverständige Begut-achtung geboten sein, weil dem Gericht in aller Regel die eigene [X.] fehlen [X.] Nach den vorstehenden Grundsätzen kann das Berufungsurteil kei-nen Bestand haben. Das Berufungsgericht ist an sich von zutreffenden rechtli-chen Maßstäben ausgegangen; es hat jedoch die Anforderungen an [X.] der Echtheit der Unterschrift auf der Berufungsschrift überspannt unddie gebotene umfassende Gesamtwürdigung der Umstände vernachlässigt.Entgegen seiner Ansicht ist bewiesen, daß der [X.] vonRechtsanwalt [X.] unterzeichnet worden [X.]) Es kann dahinstehen, ob der vom Sachverständigen ermittelte [X.] "wahrscheinlich" - entgegen der Auffassung des [X.] - für sich allein ausreicht, um in einem Fall wie dem vorliegendendie richterliche Überzeugung von der Echtheit der Unterschrift zu [X.] 6 -Immerhin spricht schon diese Bewertung überwiegend für die Urheberschaftdes Rechtsanwalts [X.]. Merkmale, die gegen seine Urheberschaft sprechen,hat der Sachverständige trotz der Verschiedenartigkeit der beiden [X.] nicht finden können.Soweit sich das Berufungsgericht in seinen Zweifeln an der Echtheit derstrittigen Unterschrift durch die Abweichungen der in der Berufungsverhand-lung von Rechtsanwalt [X.] geleisteten [X.] bestärktsieht,hat es nicht dargetan, daß es aufgrund eigener Sachkunde zu einer sachver-ständigen Beurteilung des Erscheinungsbildes der Unterschriften in der Lageist. Hierauf kann deshalb - anders als bei der Frage, ob ein Schriftzug über-haupt als Unterschrift oder lediglich als sogenannte Paraphe anzusehen ist(vgl. dazu z.B. [X.], Urteil vom 10. Juli 1997 - [X.] = [X.]R ZPO § 130Nr. 6, Unterschrift 12, m.w.Nachw.) - im vorliegenden Fall nicht abgestellt [X.]) [X.] desRechtsanwalts [X.] beruhen ersichtlich in erster Linie auf der [X.] der beiden Unterschriften unter der Berufungsschrift und der [X.]. Das ist an sich ohne weiteres nachvollziehbar; denn dieUnterschrift ist im allgemeinen wegen ihres individuellen und charakteristi-schen, nur schwer nachzuahmenden Erscheinungsbildes dazu bestimmt undgeeignet, die Identität des Unterschreibenden mit einer gewissen Sicherheiterkennen zu lassen (vgl. dazu z.B. [X.], Urteil vom 9. November 1988 - [X.] = [X.]R aaO, Unterschrift 3 m.w.Nachw.). Jedoch hat der [X.] schon früher bei der Bewertung voneinander abweichender Unter-schriften einen verhältnismäßig großzügigen Maßstab angelegt und zur Be-- 7 -gründung darauf hingewiesen, daß die Unterschrift einer Person [X.] verschieden ausfallen könne, je nachdem, ob sie unter Zeitdruck odersonst ungünstigen Verhältnissen oder ob sie in Ruhe und Sorgfalt geleistetworden sei (Beschluß vom 13. Oktober 1993 - [X.] = [X.]R aaO, [X.]). Davon ist auch der Sachverständige in seinem Gutachten ausgegan-gen. In der ins Auge fallenden Verschiedenartigkeit der beiden strittigen Unter-schriften hat er keinen Anlaß gesehen, an deren Echtheit zu zweifeln.c) Nach der graphologischen Betrachtung etwa noch verbleibendeZweifel werden durch die in die Gesamtwürdigung einzubeziehenden sonstigenUmstände beseitigt.Bei Unterschriftsleistungen eines Rechtsanwalts, die dieser in berufli-chen Schriftstücken, namentlich in bestimmenden Schriftsätzen gegenüber ei-nem Gericht, vornimmt, ist von vornherein der Verdacht einer Fälschung oderder Beteiligung an einer solchen Tat fernliegend; denn der Rechtsanwalt ist [X.] der Rechtspflege und aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung zur ge-wissenhaften Ausübung seines Berufes (§§ 1, 43 Satz 1 [X.]) in gesteiger-tem Maß zu sorgfältigem und rechtlich einwandfreiem Verhalten bei der [X.] von Schriftsätzen gehalten. Schon deshalb erscheint es bedenklich,ohne konkrete Anhaltspunkte - sieht man von dem nach den Ausführungen [X.] insoweit nicht aussagekräftigen äußeren Schriftbild der strit-tigen Unterschriften ab - den Verdacht einer Beteiligung des [X.] des Beklagten an einer Unterschriftsfälschung ernsthaft zu erwä-gen; eben darauf läuft jedoch die Beurteilung des [X.] hinaus.[X.] ist ein derartiger Verdacht im vorliegenden Fall aber deshalb, weil [X.] des Beklagten gegenüber dem [X.] Statt versichert hat, beide Unterschriften, also auch jene - vom [X.] -fungsgericht für zweifelhaft gehaltene - unter der Berufungsschrift vom [X.], stammten von ihm. Auch das Berufungsgericht hat Anhaltspunkte für ei-ne Fälschung nicht entdecken können. Dann aber kann bei der gebotenen Ge-samtwürdigung sämtlicher Umstände kein vernünftiger Zweifel bestehen, [X.] [X.] nicht nur die Berufungsbegründung, sondern ebenso [X.], wenn auch mit einer anderen Unterschriftsvariante, eigen-händig unterzeichnet hat (§ 130 Nr. 6 ZPO).II[X.] Das Berufungsurteil war daher aufzuheben. Zur Nachholung der er-forderlichen Feststellungen in der Sache selbst war das Verfahren an das Be-rufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).Der Senat hat es für geboten erachtet, daß Gerichtskosten für die Revi-sionsinstanz nicht erhoben werden (§ 8 Abs. 1 Satz 1 GKG).[X.] Dr. [X.] [X.][X.] [X.] den wegen urlaubsbedingterOrtsabwesenheit an der [X.] verhinderten [X.] [X.] [X.]

Meta

VIII ZR 58/01

24.07.2001

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2001, Az. VIII ZR 58/01 (REWIS RS 2001, 1798)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1798

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