Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.12.2018, Az. 4 StR 371/18

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 798

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Gegenstand

Brandstiftung: Begriff der Warenvorräte und des Warenlagers


Leitsatz

Zum Begriff der Warenvorräte und des Warenlagers im Sinne des § 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB (Fortführung von BGH, Urteil vom 22. März 2018, 5 StR 603/17).

Tenor

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 29. März 2018 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) im Fall II.2. der Urteilsgründe,

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten „wegen Sachbeschädigung in zwei Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr sechs Monaten und zwei Wochen verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte, auf Fall II.2. der Urteilsgründe beschränkte und auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel, das vom [X.] vertreten wird, hat Erfolg.

I.

2

1. Das [X.] hat zu Fall II.2. der Urteilsgründe folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3

a) Der Angeklagte gelangte am 3. September 2017 nach Mitternacht in alkoholisiertem Zustand zu einem abgelegenen Teil des Betriebsgeländes der Firma [X.]in N.      , auf dem sich eine Lagerhalle befand. In unmittelbarer Nähe der [X.] waren zahlreiche [X.] der Speditionsfirma [X.].  abgestellt, die mit einer Vielzahl von Mülltonnen beladen waren, welche die Firma [X.]im Kundenauftrag produziert und zum Abtransport bereitgestellt hatte.

4

Der Angeklagte setzte mindestens vier der vor bzw. neben der [X.] abgestellten [X.] in [X.], indem er Pappe unter die Planen schob und diese anzündete. Zwei der [X.] fingen, wie vom Angeklagten gewollt, Feuer, das sich zunächst auf den leicht brennbaren Planen ausbreitete und sodann die Ladung erfasste. Gegen 2.30 Uhr verständigte der Angeklagte mit Hilfe Dritter die Feuerwehr. Beim Eintreffen der [X.] standen zwei der [X.] vollständig in Flammen; die Planen der benachbarten Brücken begannen zu schmelzen. Bevor es den [X.]n gelang, den [X.] zu löschen, griff das Feuer auf mehrere weitere Wechselbrücken sowie auf die Lagerhalle über.

5

Es entstand Sachschaden in Höhe von mindestens 500.000 [X.]. Insgesamt vierzehn der im Eigentum der Firma [X.]. stehenden [X.] wurden vollständig zerstört oder erheblich beschädigt, zwei weitere leicht beschädigt. Die im Eigentum der Firma [X.]stehende Ladung der [X.] sowie eine in der [X.] gelagerte Pulverbeschichtungsanlage wurden durch den [X.] zerstört und die [X.] selbst erheblich beschädigt.

6

b) Zur subjektiven Tatseite ist festgestellt, dass der Angeklagte die durch die [X.] eingetretenen Schäden an den [X.] jedenfalls billigend in Kauf nahm; hinsichtlich der Beschädigungen der [X.] sowie der darin gelagerten Pulverbeschichtungsanlage falle ihm Fahrlässigkeit zur Last.

7

2. Das [X.] hat die Tat als Vergehen der Sachbeschädigung (§ 303 Abs. 1 StGB) gewertet und eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen [X.]stiftung gemäß § 306 Abs. 1 StGB abgelehnt. Die vom Angeklagten in [X.] gesetzten [X.] sowie die darauf befindlichen Mülltonnen seien nicht als Warenlager bzw. als [X.] im Sinne des § 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB anzusehen, so dass es bereits an der Verwirklichung des objektiven Tatbestands fehle. Hinsichtlich der durch die [X.]legung ganz bzw. teilweise zerstörten [X.] und der Pulverbeschichtungsanlage, die als taugliche Tatobjekte im Sinne des § 306 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB in Betracht zu ziehen seien, fehle es am Vorsatz; dem Angeklagten falle insoweit nur Fahrlässigkeit zur Last.

II.

8

1. Die wirksam auf Fall II.2. der Urteilsgründe beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Die Begründung, mit der das [X.] den objektiven Tatbestand der [X.]stiftung gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB verneint hat, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das [X.] ist von einem zu engen Verständnis der Rechtsbegriffe Warenlager und [X.] im Sinne des § 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB ausgegangen. Bei den auf den [X.] gelagerten Mülltonnen handelte es sich um [X.]; die Wechselbrücken selbst unterfallen dem Begriff des [X.].

9

a) Unter [X.]n im Sinne des § 306 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 2 StGB ist eine größere Menge von körperlichen Gegenständen zu verstehen, die nicht zum Eigenverbrauch, sondern typischerweise zum gewerblichen Umsatz bestimmt ist ([X.], Urteil vom 22. März 2018 – 5 [X.], [X.], 657). Nach der Neufassung der Vorschrift durch das [X.] vom 26. Januar 1998 – [X.] I, [X.] (6. [X.]) kommt es weder auf den Ort der Lagerung an noch ist der Begriff der [X.] – entgegen der Auffassung des [X.]s – einengend dahin auszulegen, dass er nur Warenbestände erfasst, die für einen noch unbestimmten Kundenkreis für ungewisse Zeit vorrätig gehalten werden. Eine solche einengende Auslegung ist weder durch den Wortlaut der [X.]rm noch unter Berücksichtigung ihrer Entstehungsgeschichte sowie ihres Schutzzwecks geboten.

aa) Bereits dem Wortsinn des Begriffs [X.] ist ein solches einengendes Verständnis nicht immanent. Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist unter einem [X.] – einem „Vorrat von Waren“ – eine „mehr oder weniger größere Menge“ von Waren zu verstehen, die zur zukünftigen Verwendung zur Verfügung steht (vgl. [X.], 2002, S. 4377, 4425; ähnlich [X.]/[X.], [X.], 1984, [X.] zum Begriff des Vorrats: „was an Mitteln zur Befriedigung der Bedürfnisse zur Verfügung steht“). In einem entsprechenden Sinne hat bereits das [X.] den in § 308 Abs. 1 StGB aF enthaltenen Begriff des „Vorrats von Brennmaterialien“ größen- bzw. mengenbezogen ausgelegt und darunter eine „nicht ganz unerhebliche, zum Zwecke zukünftigen Ge- und Verbrauchs vereinigte Menge von Gegenständen“ verstanden (vgl. [X.], 28); auf subjektive Zwecksetzungen des Eigentümers komme es nicht an, vielmehr sei die objektive Beschaffenheit der Menge ausschlaggebend (vgl. [X.], 218, 219). Auch die „Aussonderung einer bestimmten Menge aus einem größeren Vorrat zum Zwecke alsbaldiger Verwendung“ stand nach Auffassung des [X.]s der Annahme eines Vorrats im Sinne der Strafvorschrift nicht entgegen, wenn und soweit die ausgesonderte Menge nur nicht als gänzlich unbedeutend erschien (so ausdrücklich [X.], 28). In der Literatur wird der Begriff des [X.] im Sinne des § 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB ebenfalls mengenbezogen und überwiegend dahin verstanden, dass er eine Mehrzahl von körperlichen Waren erfasst, die zum Zwecke zukünftiger Verwendung vereinigt sind (vgl. MüKo-StGB/[X.], 3. Aufl., § 306 Rn. 36; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 306 Rn. 5; [X.]/Heger, StGB, 29. Aufl., § 306 Rn. 2; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 306 Rn. 7; Sinn, [X.] 2001, 803, 805; [X.], StGB, 65. Aufl., § 306 Rn. 6b).

bb) Gegen ein einschränkendes Verständnis des Begriffs auf Vorräte, die für eine beliebige Anzahl noch unbestimmter Kunden für eine noch unbestimmte Zeit angelegt sind, spricht auch die Entstehungsgeschichte der [X.]rm.

§ 306 Abs. 1 StGB hat § 308 Abs. 1 StGB aF abgelöst, der [X.] als taugliches Tatobjekt einer [X.]stiftung nur erfasste, wenn sie auf einem „dazu bestimmten öffentlichen Platz“ gelagert worden sind. Auf einem privaten Gelände – etwa einem Firmengelände – gelagerte [X.] waren sonach vom strafrechtlichen Schutz des § 308 Abs. 1 StGB aF nicht umfasst. Der Gesetzgeber des [X.] hat die an dieser Differenzierung geübte Kritik aufgegriffen und [X.] losgelöst vom Ort ihrer Lagerung dem strafrechtlichen Schutz des § 306 StGB unterstellt (vgl. BT-Drucks. 13/8587, [X.]). Der Begriff der [X.] wurde demgegenüber – in Kenntnis des durch die Rechtsprechung geprägten [X.], wonach es in erster Linie auf „die objektive Beschaffenheit“ der Menge ankomme (vgl. [X.], 218, 219) – unverändert gelassen. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bei Schaffung des § 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB von dieser Wortinterpretation abweichen und den gesetzlichen Begriff der [X.] einengend verstanden wissen wollte, sind nicht ersichtlich.

cc) Diesem Verständnis entspricht auch der Schutzzweck der [X.]rm. Der Katalog der Tatobjekte des § 306 Abs. 1 StGB zeichnet sich – ungeachtet aller Unterschiede im Einzelnen – insbesondere dadurch aus, dass das Inbrandsetzen der darin enumerativ aufgezählten Tatobjekte über die Sachbeschädigung durch Feuer hinaus eine abstrakte Gemeingefahr schafft (vgl. [X.], Beschluss vom 21. [X.]vember 2000 – 1 StR 438/00, [X.], 196; Senat, Urteil vom 12. Mai 2016 – 4 StR 487/15, NJW 2016, 2349, 2350; [X.], [X.], 1998, [X.]; [X.], [X.] 2001, 315, 316; [X.]., [X.] 110 (1998), [X.], 857; vgl. auch BT-Drucks. 13/8587, [X.]). Die Gemeingefährlichkeit haftet aber in erster Linie der erheblichen Warenmenge an und ist nicht von der Frage abhängig, ob der [X.] für einen noch unbestimmten oder bestimmten Kundenkreis oder für eine kürzere oder längere Lagerzeit angelegt ist. Ein solches Verständnis der [X.]rm trägt auch den Bedürfnissen der Weiterentwicklung der Lagerhaltung im Rahmen des modernen Warenverkehrs Rechnung, in dem so genannte „[X.] in [X.] verbreitet sind und längere Lagerzeiten wegen der damit verbundenen Kosten vermieden werden.

dd) Entgegen der Auffassung des [X.]s verstößt eine solche Auslegung des Rechtsbegriffs des [X.] nicht gegen das verfassungsrechtliche Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG), da die [X.] nicht überschritten ist. Der Begriff des [X.] ist weder nach allgemeinem Sprachgebrauch noch nach juristischem Verständnis auf eine Mehrheit von Waren beschränkt, die für einen noch unbestimmten Käufer- oder Empfängerkreis bestimmt sind.

b) Darüber hinaus ist das [X.] von einem zu engen Verständnis des Begriffs Warenlager im Sinne des § 306 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 1 StGB ausgegangen. Darunter ist jede Räumlichkeit oder Lagerstätte zu verstehen, die zur Aufbewahrung erheblicher Warenmengen dient; auf ihre Art oder ihre konkrete Beschaffenheit kommt es nicht an.

aa) Der Begriff des [X.] hat den in § 308 Abs. 1 StGB aF enthaltenen Begriff des [X.] abgelöst, den das [X.] dahin ausgelegt hatte, dass er „Gebäude, eine Baulichkeit oder eine sonstige dauernde Einrichtung“ erfasst, wenn in ihnen „bestimmungsgemäß“ größere [X.] gelagert werden (vgl. [X.], 407). Im Sinne einer baulichen Räumlichkeit hat der [X.] den Begriff des [X.] verstanden und es abgelehnt, einen Tankbehälter für chemische Produkte als „Magazin“ im Sinne des § 308 Abs. 1 StGB aF anzusehen (vgl. [X.], Beschluss vom 10. August 1995 – 4 StR 432/95, [X.]St 41, 219, 221).

bb) In der Literatur wird teilweise die Auffassung vertreten, dass der Begriff des [X.] gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB nF dem des „[X.]“ entspreche und ortsgebundene Räumlichkeiten erfasse, die dazu bestimmt seien, größere Mengen von Waren, die dem gewerblichen Umsatz dienen, zu speichern, um sie im Bedarfsfall verfügbar zu haben (vgl. MüKo-StGB/[X.], § 306 Rn. 35 [„ortsgebundene Räumlichkeit“]; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 30. Aufl., § 306 Rn. 6; [X.]/Heger, aaO, § 306 Rn. 2; Liesching, [X.], 2002, S. 93).

Nach anderer Ansicht unterfallen dem Begriff des [X.] Lagerstätten beliebiger Beschaffenheit, wenn sie der Aufbewahrung von größeren [X.]n für einen nicht unerheblichen Zeitraum dienen (vgl. LK-StGB/[X.], 12. Aufl., § 306 Rn. 31; [X.]., [X.], S. 29, 38; [X.]/[X.], aaO, § 306 Rn. 5; [X.]., in [X.], 9. Aufl., § 306 Rn. 5; Dietmeier in [X.]/[X.], StGB, § 306 Rn. 6; [X.]/[X.], aaO, § 306 Rn. 6; Sinn, [X.] 2001, 803, 805).

cc) Einem weiteren Verständnis des Begriffs des [X.] neigt nunmehr auch der 5. Strafsenat des [X.]s zu, der in seinem Urteil vom 22. März 2018 (5 [X.], [X.], 657) nicht tragend ausgeführt hat, dass dieser mit dem vormaligen Begriff des [X.] nicht deckungsgleich sei. Zielrichtung der Neufassung der Vorschrift des § 306 StGB durch das 6. [X.] sei es gewesen, den Katalog der Tatobjekte den Erfordernissen der modernen Wirtschaftsordnung anzupassen; es liege deshalb nahe, auch mobile Lagerstätten wie einen [X.]anhänger unter den Begriff des [X.] zu fassen (vgl. [X.], Urteil vom 22. März 2018 – 5 [X.], aaO).

dd) Der Senat teilt diese Auffassung. Für eine solche Auslegung spricht bereits der Wortsinn des Begriffs Warenlager. Er ist weit und rein funktional zu verstehen. Ihm unterfallen nicht nur – ortsfeste – Räumlichkeiten, sondern auch Behältnisse, wenn diese zur Lagerung größerer Warenmengen geeignet und bestimmt sind. Auch die Entstehungsgeschichte der [X.]rm und der vom Gesetzgeber mit ihrer [X.]vellierung verfolgte Zweck sprechen für ein vom früheren Begriff des [X.] losgelöstes Verständnis des Begriffs Warenlager. Der Gesetzgeber hat sich bewusst für eine Ersetzung des Begriffs des [X.] entschieden, um die Tatobjekte des § 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu modernisieren (vgl. BT-Drucks. 13/8587, [X.]). Diese sollten ersichtlich den Erfordernissen der heutigen Wirtschaftsordnung angepasst werden (vgl. [X.], Urteil vom 22. März 2018 – 5 [X.], aaO).

Dem Begriff des [X.] im Sinne des § 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB unterfällt daher jede mobile oder stationäre Lagerstätte, die zur Lagerung nicht ganz unerheblicher Warenmengen geeignet und bestimmt ist; auf ihre konkrete Beschaffenheit kommt es nicht an. Neben Räumlichkeiten können daher auch größere Behältnisse, Container oder die verfahrensgegenständlichen [X.] als „Warenlager“ angesehen werden, wenn sie zur Aufnahme größerer [X.] geeignet und bestimmt sind.

ee) Die vom Angeklagten durch [X.] zerstörten [X.] kommen daher als Warenlager und damit als taugliche Tatobjekte des § 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB in Betracht, da sie nach den Feststellungen „überwiegend“ zur nicht nur ganz kurzfristigen Lagerung von nicht unerheblichen [X.]n dienten.

2. Schließlich hat das [X.] zutreffend erkannt, dass der Angeklagte die [X.] des § 306 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 StGB und § 306 Abs. 1 Nr. 2 StGB objektiv verwirklicht hat, weil er die Lagerhalle und die darin gelagerte Pulverbeschichtungsanlage durch die [X.]legung teilweise zerstört bzw. beschädigt hat. Die Erwägungen, mit denen es die Annahme vorsätzlichen Handelns abgelehnt hat, halten rechtlicher Überprüfung jedoch nicht stand.

a) Bedingter [X.]stiftungsvorsatz liegt vor, wenn der Täter den Eintritt des Erfolgs als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und damit in einer Weise einverstanden ist, dass er die Tatbestandsverwirklichung entweder billigend in Kauf nimmt oder sich wenigstens mit ihr abfindet (vgl. Senat, Beschluss vom 4. März 2010 – 4 [X.], [X.], 241), wobei Gleichgültigkeit genügt.

Bei einem leugnenden Angeklagten können innere Tatsachen wie seine Vorstellungen über die möglichen Folgen seines Handelns und deren Billigung regelmäßig durch Rückschlüsse aus dem äußeren Tatgeschehen festgestellt werden ([X.], Urteil vom 5. September 2017 – 5 [X.], NJW 2018, 246, 248). Ein wesentlicher Anknüpfungspunkt für die Frage, ob der Täter mit [X.]stiftungsvorsatz gehandelt hat, ist der Grad der Wahrscheinlichkeit, dass ein Tatobjekt in [X.] gerät (vgl. [X.], Beschluss vom 6. März 2013 – 1 StR 578/12, [X.], 647, 651 mwN). Maßgebend ist insoweit aber stets eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände (Senat, Beschluss vom 4. März 2010 – 4 [X.], aaO).

b) Die gebotene Gesamtschau lässt das angefochtene Urteil vermissen. Das [X.] hat seine Überzeugung, dass der Angeklagte insoweit nur fahrlässig und nicht bedingt vorsätzlich handelte, (allein) auf den Umstand gestützt, dass er seine Handlungen „explizit auf die [X.] konzentriert“ habe; Anhaltspunkte dafür, dass er die Beschädigung der [X.] und ihres Inhalts jedenfalls für möglich gehalten und sich mit einem solchen Erfolg abgefunden habe, hat es nicht gesehen. Diese Erwägungen sind lückenhaft.

Das [X.] hat nicht erkennbar bedacht, dass die räumliche Nähe der vom Angeklagten bewusst in [X.] gesetzten [X.] zu der durch den [X.] beschädigten [X.] für eine hohe Wahrscheinlichkeit sprechen konnte, dass das Feuer auf sie übergreifen und sie durch die [X.] beschädigen oder zerstören konnte. In die erforderliche Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände hätte das Tatgericht auch einstellen müssen, dass der seit Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr tätige Angeklagte ersichtlich über spezifische Erfahrungen mit der [X.]entwicklung und der [X.]bekämpfung verfügte.

3. Der Senat hebt die Feststellungen insgesamt auf, um dem neu zur Entscheidung berufenen Tatgericht wi[X.]pruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.

Sost-Scheible     

      

Roggenbuck     

      

Quentin

      

Feilcke     

      

Bartel     

      

Meta

4 StR 371/18

06.12.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Siegen, 29. März 2018, Az: 21 Kls 27/17

§ 306 Abs 1 Nr 3 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.12.2018, Az. 4 StR 371/18 (REWIS RS 2018, 798)

Papier­fundstellen: NJW 2019, 1238 REWIS RS 2018, 798

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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