Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.03.2018, Az. 5 StR 603/17

5. Strafsenat | REWIS RS 2018, 11810

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Brandstiftung: Begriff des Warenvorrats


Leitsatz

Zum Begriff des Warenvorrats im Sinne von § 306 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 2 StGB.

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 19. September 2017 wird verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten „wegen Brandstiftung in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, und wegen Diebstahls in zwei Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb“, unter Einbeziehung von Geldstrafen aus einem Strafbefehl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

2

1. Nach den Feststellungen des [X.]s zu Fall 2 verschaffte sich der Angeklagte Zugang zum Innenraum eines Getränkekühlanhängers, der vom Pächter eines [X.] zum Zwecke der Auslieferung mit alkoholfreien Getränken und Gläsern im Wert von etwa 1.000 Euro beladen und in einer Entfernung von zwei bis vier Metern neben dem Geschäft abgestellt worden war. Der Angeklagte, der erhofft hatte, aus dem Anhänger hochwertige Spirituosen entwenden zu können, hatte keine Verwendung für die vorgefundenen Waren. Er zündete eine Pappverpackung der Gläser an, um auf ihn deutende Spuren zu vernichten. Dabei nahm er billigend in Kauf, neben sämtlichen Waren den Anhänger in Brand zu setzen und vollständig zu zerstören, was auch geschah. Am Anhänger entstand ein Schaden in Höhe von 4.000 Euro.

3

2. Das [X.] hat die Tat 2 rechtlich (unter anderem) als Inbrandsetzen eines [X.] gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 2 StGB gewürdigt. Es hat insoweit eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten gegen den Angeklagten verhängt.

II.

4

Die Revision des Angeklagten ist unbegründet. Der Erörterung bedarf nur die Frage, ob im Fall 2 auch der Straftatbestand der Brandstiftung erfüllt ist. Dies hat das [X.] zu Recht bejaht.

5

1. Mit den Getränken und Gläsern im Kühlanhänger setzte der Angeklagte einen fremden Warenvorrat im Sinne von § 306 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 2 StGB in Brand und zerstörte ihn hierdurch.

6

a) [X.] ist eine größere Menge von körperlichen Gegenständen, die nicht dem Eigenverbrauch, sondern typischerweise dem gewerblichen Umsatz dienen. Nach dem Gesetzeswortlaut setzt der Begriff des [X.] – anders als nach § 308 Abs. 1 Variante 6 StGB aF – nicht voraus, dass die Waren an einem bestimmten Ort, etwa in einem Warenlager, aufbewahrt werden (vgl. MüKo-StGB/[X.], 2. Aufl., § 306 Rn. 36 [X.]; [X.]/[X.], 12. Aufl., § 306 Rn. 31 [X.]; [X.], StGB, 65. Aufl., § 306 Rn. 6b). Ausgehend von der Schutzrichtung der Brandstiftung, deren Unrechtsgehalt sich aus der Verletzung fremden, von § 306 Abs. 1 StGB erfassten Eigentums sowie der – regelmäßig schon allein daraus herzuleitenden – brandbedingten generellen Gemeingefährlichkeit ergibt (vgl. BT-Drucks. 13/8587 S. 87 zu § 306; [X.], Beschluss vom 21. November 2000 – 1 StR 438/00, NJW 2001, 765; ausführlich [X.] [X.] 110 [1998], 848, 857; aA – qualifizierte Sachbeschädigung – Fischer aaO, § 306 Rn. 1; [X.]/[X.] aaO, § 306 Rn. 3 alle mwN), scheiden unbedeutende Vorratsmengen als Tatobjekt nach § 306 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 2 StGB aus. Allein unter dem Aspekt eines typischerweise dem gewerblichen Umsatz dienenden Eigentumsschutzes kann ihre Beschädigung oder Zerstörung die qualifizierte Strafdrohung nicht rechtfertigen (vgl. [X.] aaO, S. 861 f.; im Ergebnis ebenso [X.]/[X.], 12. Aufl., § 306 Rn. 32; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 306 Rn. 7; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 306 Rn. 5 [X.]).

7

b) Dies zugrunde gelegt begegnet der Schuldspruch wegen Brandstiftung keinen rechtlichen Bedenken.

8

Bei den vom Getränkehändler zur Auslieferung bereitgestellten Getränken und Gläsern handelt es sich um einen Warenvorrat ausreichenden Umfangs. Auch unter dem Gesichtspunkt der Gemeingefährlichkeit bestehen keine rechtlichen Einwände. Dies gilt schon deswegen, weil der – überdies vom Feuer erfasste – Anhänger auf öffentlichem [X.] und in der Nähe eines Gebäudes abgestellt war.

9

2. Der Senat kann daher offen lassen, ob der Kühlanhänger selbst als mobiles Warenlager der Vorschrift des § 306 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 1 StGB unterfällt. Mit Blick auf die Zielrichtung der Neuregelung durch das [X.], den Katalog der Tatobjekte den Erfordernissen der heutigen Wirtschaftsordnung anzupassen (vgl. BT-Drucks. 13/8587 S. 25 f., 87 zu § 306), liegt es jedoch nahe, auch mobile Lagerstätten unter den mit dem vormaligen Terminus des „Magazins“ nicht deckungsgleichen Begriff des [X.] zu fassen (vgl. bejahend [X.]/[X.] aaO, § 306 Rn. 5; [X.] in [X.]/[X.], 29. Aufl., § 306 Rn. 6 [X.]; ebenso wohl MüKo-StGB/[X.] aaO, § 306 Rn. 35, „ortsgebundene Räumlichkeit“).

Mutzbauer     

      

Sander     

      

[X.]

      

König     

      

Berger     

      

Meta

5 StR 603/17

22.03.2018

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Flensburg, 19. September 2017, Az: I KLs 15/16

§ 306 Abs 1 Nr 3 Alt 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.03.2018, Az. 5 StR 603/17 (REWIS RS 2018, 11810)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11810

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 StR 603/17 (Bundesgerichtshof)


4 StR 371/18 (Bundesgerichtshof)

Brandstiftung: Begriff der Warenvorräte und des Warenlagers


4 StR 268/22 (Bundesgerichtshof)

Voraussetzungen einer Verurteilung wegen Brandstiftung an einer Lagerhalle


2 StR 169/18 (Bundesgerichtshof)

Tätige Reue bei schwerer Brandstiftung: Wertgrenze für erheblichen Sachschaden an einem Wohngebäude


6 StR 174/21 (Bundesgerichtshof)

Brandstiftung: Hütteneigenschaft eines Jagdhochsitzes


Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 371/18

4 StR 268/22

5 StR 603/17

6 StR 174/21

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.