Bundessozialgericht, Beschluss vom 21.09.2016, Az. B 6 KA 77/15 B

6. Senat | REWIS RS 2016, 5219

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Gegenstand

(Medizinisches Versorgungszentrum - keine natürliche bzw juristische Person im Sinne der §§ 70 Nr 1 SGG bzw 10 SGB 10 - Klägerwechsel - Unzulässigkeit im Revisionsverfahren)


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 21. Oktober 2015 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 127 301 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Im Streit steht die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des beklagten [X.], mit der dieser den Antrag des [X.] auf Erteilung einer Anstellungsgenehmigung abgelehnt und zugleich dem zu 8. beigeladenen Arzt die Genehmigung zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 9. erteilt hat. Nach (bedingter) Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen im Planungsbereich [X.] für die Arztgruppe der Radiologen erteilte der Zulassungsausschuss dem klagenden medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) in [X.] (in Trägerschaft der MVZ E.-[X.] GmbH) die Genehmigung zur Beschäftigung des zu 10. beigeladenen Arztes [X.] erhoben die zu 8., zu 11. und zu 12. beigeladenen Ärzte Wi[X.]pruch. Der beklagte Berufungsausschuss hob mit [X.] vom 4.8.2014 (aus der Sitzung vom [X.]) den [X.] des [X.] teilweise auf und erteilte zugleich (ua) dem Beigeladenen zu 8. (Prof. Dr. F.) die Genehmigung zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 9. Hiergegen hat das MVZ [X.] Klage erhoben. Die dem Prozessbevollmächtigten im Gerichtsverfahren erteilte [X.] war ausgestellt auf das "[X.], Ärztlicher Leiter Dr. P.R." und von [X.] unterschrieben. Das [X.] hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.4.2015 mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, ein einzelnes zu der Trägergesellschaft gehörendes MVZ könne die Rechtsposition nicht im eigenen Namen geltend machen, weil sie an die Trägergesellschaft des MVZ gebunden sei.

2

Das L[X.] hat die Berufung des MVZ als unzulässig verworfen (Urteil vom 21.10.2015). Zur Begründung hat es ausgeführt, das MVZ [X.] sei als unselbstständige, nicht mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete Einrichtung nicht beteiligtenfähig im Sinne des § 70 [X.]G. Das MVZ sei lediglich eine unselbstständige Organisationseinheit der Träger-Gmb[X.] Prozessfähig im Sinne des § 71 Abs 1 [X.]G könne wiederum nur ein "Beteiligter" sein. Der ärztliche Leiter des MVZ sei nicht Träger bzw Inhaber des MVZ, sondern lediglich angestellter Arzt der GmbH und als solcher nicht prozessführungsbefugt; die begehrte Anstellungsgenehmigung könne ihm nicht erteilt werden. Der Antrag auf Erteilung der Anstellungsgenehmigung sei rechtlich zutreffend von der [X.] gestellt worden; entsprechend sei auch die Anstellungsgenehmigung dem MVZ in Trägerschaft der GmbH erteilt worden. Im Gerichtsverfahren sei [X.] eindeutig zum Ausdruck gebracht worden, dass Kläger das MVZ [X.] und nicht die natürliche Person [X.] sei.

3

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]G) geltend. Grundsätzlich bedeutsam sei die Rechtsfrage, ob "dem Medizinischen Versorgungszentrum als Einrichtung, d.h. als Konstrukt des [X.], eine - ggf. partiell - eigene Rechtspersönlichkeit zu(kommt), die es ihm erlauben würde, in [X.] Rechte aus dem [X.]B V selbst (in Einvernehmen mit der Trägergesellschaft und ggf. neben dieser) vor dem(n) Zulassungsgremien und der Sozialgerichtsbarkeit geltend zu machen".

4

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, denn sie ist unzulässig.

5

1. Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann (nur) derjenige erheben, der (auch) Revision einlegen kann ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 11. Aufl 2014, § 160a Rd[X.]c). Daher bedarf es auch für das Beschwerdeverfahren nach § 160a [X.]G ua der [X.] des Beschwerdeführers. Daran fehlt es jedoch. Vorliegend wurde die Beschwerde - wie auch die Klage und die Berufung - vom "MVZ [X.] Ärztlicher Leiter: Dr. P.R." erhoben. Das MVZ als solches ist jedoch nicht beteiligtenfähig. Als Kläger oder Beschwerdeführer an einem Verfahren beteiligt sein kann das MVZ vielmehr allein in der Rechtsform, in der es im Rechtsverkehr auftritt, wie der Senat bereits mit Urteil vom [X.] ([X.] [X.] 28/15 R - Rd[X.]1 f - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen) klargestellt hat.

6

Nach § 70 [X.]G sind neben Behörden und gemeinsamen Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen zum einen natürliche und juristische Personen ([X.] aaO) und zum anderen nichtrechtsfähige Personenvereinigungen ([X.] aaO) fähig, am Verfahren beteiligt zu sein. Ähnlich sieht § 10 [X.]B X als beteiligtenfähig an natürliche und juristische Personen ([X.]), Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann ([X.]) und Behörden ([X.] 3). Das MVZ als ärztlich geleitete Einrichtung ist weder eine natürliche noch eine juristische Person in diesem Sinne (B[X.] aaO). Die Einrichtung MVZ stellt auch keine nichtrechtsfähige Personenvereinigung im Sinne des § 70 [X.] [X.]G dar, weil die im MVZ tätigen angestellten Ärzte und zugelassenen Vertragsärzte weder als "Mitglieder" des MVZ angesehen werden können, noch die Einrichtung MVZ eine "Vereinigung" der dort Tätigen darstellt (B[X.] aaO). Bei einem MVZ handelt es sich nur um eine besondere Organisations- und Kooperationsform im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit (B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] 80 Rd[X.] 35; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 28/15 R - Rd[X.]1 f - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen).

7

Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom [X.] (aaO Rd[X.]2) dargelegt hat, werden dem MVZ zwar im Vertragsarztrecht Rechte zugewiesen. So ist das MVZ Träger der Zulassung, wie sich aus § 95 Abs 1 Satz 5, Abs 1a Satz 2, Abs 3 Satz 2, Abs 7 Satz 2 [X.]B V ergibt, und Adressat von Anstellungsgenehmigungen (vgl etwa B[X.]E 116, 173 = [X.] 4-2500 § 103 [X.]4); auch werden ihm [X.] zur Betreuung chronisch niereninsuffizienter Patienten zugeordnet (vgl B[X.] [X.] 4-1500 § 54 [X.] 39). Dementsprechend ist das MVZ neben zugelassenen und ermächtigten Ärzten und ermächtigten Einrichtungen in § 95 Abs 1 Satz 1 [X.]B V als Teilnehmer an der vertragsärztlichen Versorgung genannt. Der Gesetzgeber des GKV-Modernisierungsgesetzes, mit dem die MVZ eingeführt wurden, ging aber bereits davon aus, dass MVZ als juristische Personen oder Gesamthandsgemeinschaften betrieben werden können (BT-Drucks 15/1525 [X.]). Das MVZ wurde mithin als reine Kooperationsform gesehen, die in einer der gesellschaftsrechtlich zulässigen Rechtsformen betrieben wird und in dieser Rechtsform am allgemeinen Rechtsverkehr teilnimmt. [X.] folgt aus dem abschließenden Katalog in § 70 [X.]G, dass das MVZ Rechte nur in der Rechtsform wahrnehmen kann, in der es im Rechtsverkehr auftritt (vgl Straßfeld in [X.]/[X.], [X.]G, 2014, § 70 Rd[X.]9). Als zulässige Rechtsformen nennt § 95 Abs 1a Satz 1 Halbsatz 2 [X.]B V idF des [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.] - [X.], [X.]) eine Personengesellschaft, eine eingetragene Genossenschaft sowie eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. [X.] in einem Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren ist nur ein solcher MVZ-Rechtsträger und nicht die rechtlich unselbstständige Einrichtung MVZ (vgl [X.] in [X.]/Voelzke/[X.], jurisPK-[X.]B V, 3. Aufl 2016, § 95 Rd[X.] 65 unter Hinweis ua auf Bayerisches L[X.] Beschluss vom 26.8.2015 - L 12 [X.] 69/15 [X.] - Juris Rd[X.]1; Bayerisches L[X.] Urteil vom 21.10.2015 - L 12 [X.] 65/15 - Juris Rd[X.]4; [X.] in Breitkreuz/Fichte, [X.]G, 2. Aufl 2014, § 70 Rd[X.] 8; wohl aA L[X.] Berlin-Brandenburg Beschluss vom [X.] [X.] 139/09 [X.] - Juris Rd[X.]9; dazu: Schäfer, Mangelnde [X.] des MVZ(-Trägers)?, [X.] 2010, 351 ff). Von der Rechtsform, in der das MVZ betrieben wird, zu unterscheiden ist die Gründungsberechtigung nach § 95 Abs 1a Satz 1 Halbsatz 2 [X.]B V, die in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung ist. Diese prozessuale Bewertung entspricht im Übrigen der Rechtslage bei den Krankenhäusern, die als solche in den Krankenhausplan aufgenommen und zugelassen werden, aber rechtsgeschäftlich und prozessual durch ihre Träger handeln.

8

2. Ist damit allein die [X.] zur Klage berechtigt, haben die Vorinstanzen die Klage des MVZ [X.] zu Recht als unzulässig abgewiesen. Ein [X.], der eine Klageänderung nach § 99 [X.]G darstellt (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 11. Aufl 2014, § 99 Rd[X.] 6; [X.] § 168 Rd[X.]c), ist nach § 168 Satz 1 [X.]G im Revisionsverfahren unzulässig. Angesichts des Umstandes, dass die [X.] des MVZ in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten und zudem im vorliegenden Verfahren vom [X.] verneint worden war, hätte es dem Bevollmächtigten des [X.] oblegen, zumindest in der 2. Instanz wenigstens hilfsweise geltend zu machen, dass alternativ zum Kläger die Betreibergesellschaft als Kläger bzw Rechtsmittelführer in Betracht kommt. Eine derartige Klarstellung ist jedoch nicht erfolgt. Dass in Anbetracht der Unzulässigkeit der vom MVZ selbst erhobenen Klage keine Entscheidung in der Hauptsache ergehen kann, ist unter diesen Umständen hinzunehmen.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger auch die Kosten des von ihm ohne Erfolg durchgeführten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Festsetzung der Vorinstanz vom 21.10.2015, die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG).

Meta

B 6 KA 77/15 B

21.09.2016

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Nürnberg, 13. April 2015, Az: S 1 KA 17/14, Gerichtsbescheid

§ 10 SGB 10, § 70 Nr 1 SGG, § 70 Nr 2 SGG, § 99 SGG, § 168 S 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 21.09.2016, Az. B 6 KA 77/15 B (REWIS RS 2016, 5219)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5219

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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