Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2014, Az. I ZB 34/12

I. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5305

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]
vom

22.
Mai 2014

in der Rechtsbeschwerdesache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

S-Bahn
[X.] § 83 Abs. 3 Nr. 1, [X.], Nr. 6; GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2, Art. 103 Abs. 1
a)
Mit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde nach §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.] kann nicht geltend gemacht werden, eine Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das [X.] sei entgegen §
83 Abs.
1 Satz
1 und Abs.
2 [X.] willkürlich unterblieben.
b)
In einer unterbliebenen Zulassung der Rechtsbeschwerde kann allerdings eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG) und damit ein Verfahrensmangel im Sinne von §
83 Abs.
3 Nr.
3 [X.] liegen.
[X.], Beschluss vom 22. Mai 2014 -
I [X.] -
[X.]

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 22.
Mai 2014 durch die Richter Prof.
Dr.
Büscher,
Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Koch, Dr.
Löffler und die Rich-terin Dr.
Schwonke

beschlossen:

[X.] gegen den am 14.
März 2012 an [X.] zugestellten Beschluss des 26.
Senats ([X.]) wird auf Kosten der Markeninhaberin [X.].

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 500.000

festgesetzt.

Gründe:

[X.] Der Antragsteller, ein kommunaler Zweckverband, hat die Löschung der am 20.
August 2002 für die Markeninhaberin, die [X.], ein-getragenen Wortmarke

[X.]

beantragt. Die Marke ist eingetragen für zahlreiche Waren der Klassen
16, 25 und 28 sowie für die Dienstleistungen

1
-
3
-
Klasse 39
Transportwesen; Beförderung von Personen und Gütern mit Schienenbahnen, Kraftfahrzeugen, Luftfahrzeugen und Schiffen; Beförderung von Personen mit Schienenbahnen im Stadtschnellbahnzug-System; Dienstleistungen im [X.] mit dem
Betrieb eines Schienenfahrzeugsystems, nämlich Gepäck-trägerdienste, Gepäckaufbewahrung, Vermittlung der Beförderung von Perso-nen und Gütern mit Schienenbahnen, Kraftfahrzeugen und Schiffen, Vermitt-lung von Parkplätzen und [X.], Erteilung von Fahrplan-
und Ver-kehrsauskünften, auch mit Hilfe elektronischer Einrichtungen, Platzreservie-rung, Veranstaltung und Vermietung von touristischen Dienstleistungen im [X.], insbesondere Veranstaltung und Vermittlung von Jugend-, Freizeit-, Informations-
und Bildungsreisen zu
Wasser, zu Lande und in der Luft; Veran-staltung und Vermittlung von Schienenreisen einschließlich Reisebegleitung; Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Planung, Buchung und Veranstal-tung von Reisen; elektronische Sendungsverfolgung; Betreiben einer Schie-nenbahninfrastruktur, nämlich Steuerung von Verkehrsleit-, Betriebsleit-
und Si-cherheitssystemen einer
Schienenbahninfrastruktur, soweit in Klasse
39 enthal-ten; Reisebegleitung, Vermittlung von Plätzen in Zügen, Bussen und Schiffen, auch für Kraftfahrzeuge; Vermittlung von Parkplätzen und [X.], auch mit Hilfe elektronischer Einrichtungen; Gepäckträgerdienste; [X.]; Vermietung von Schienenwegen, Touristik-
und Stadtinformationen.

Die Markenabteilung des Deutschen Patent-
und Markenamts hat die Löschung der Marke angeordnet.

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin hat das [X.] den Beschluss des Deutschen Patent-
und Markenamts aufgehoben und den Löschungsantrag zurückgewiesen, soweit die Löschung der Marke für die Wa-ren "Klasse 16: Papier und Pappe (Karton), Lehr-
und Unterrichtsmittel (ausge-nommen Apparate) in Form von Globen und [X.]; Klas-se
28: Tennisschläger, Rollschuhe, Schlittschuhe" angeordnet worden ist; das weitergehende Rechtsmittel hat es zurückgewiesen ([X.], Beschluss vom 14.
März 2012
26
W
(pat)
21/11, juris). Hiergegen wendet sich die Markenin-haberin mit ihrer nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie die Verlet-zung des Anspruchs auf [X.] sowie die Versagung des rechtlichen Gehörs rügt und geltend macht, der angefochtene Beschluss sei nicht mit Gründen versehen.

2
3
-
4
-
I[X.] Das [X.] hat angenommen, dass die Voraussetzun-gen für die Löschung der Marke nach §
50 Abs.
1 und 2 [X.] mit Ausnah-me
einiger Waren der Klassen
16 und 28 vorlägen. Die Marke sei für die Waren und Dienstleistungen, für die die Löschung anzuordnen sei, nicht unterschei-dungskräftig im Sinne von §
8 Abs.
2 Nr.
1 [X.]. Dieses Eintragungshin-dernis sei auch nicht durch Verkehrsdurchsetzung nach §
8 Abs.
3 [X.] überwunden.

II[X.] [X.] hat keinen Erfolg.

1. Die [X.] der form-
und fristgerecht eingelegten Rechtsbe-schwerde folgt daraus, dass ein im Gesetz aufgeführter, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnender Verfahrensmangel gerügt wird. Die Rechtsbe-schwerde beruft sich auf einen Verfahrensmangel nach §
83 Abs.
3 Nr.
1 Mar-kenG, eine Versagung des rechtlichen Gehörs (§
83 Abs.
3 Nr.
3 [X.]) [X.] fehlende [X.] (§
83 Abs.
3 Nr.
6 [X.]) und hat dies im Einzelnen ausgeführt. Darauf, ob die [X.] durchgreifen, kommt es für die [X.] der Rechtsbeschwerde nicht an (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschluss vom 27.
Oktober 2011
I
ZB
23/11, [X.], 429 Rn.
5 = WRP 2012, 555

Simca).

2. [X.] ist unbegründet.

a) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die zulassungs-freie Rechtsbeschwerde sei nach §
83 Abs.
3 Nr.
1 und Nr.
3 [X.] begrün-det, weil das [X.] die Rechtsbeschwerde zum [X.] nicht zugelassen habe.

4
5
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8
-
5
-

aa) Mit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde nach §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.] kann nicht geltend gemacht werden, eine Zulassung der Rechtsbe-schwerde durch das [X.] sei entgegen
§
83 Abs.
1 Satz
1 und Abs.
2 [X.] willkürlich unterblieben.

(1) Allerdings kann eine unterbliebene Zulassung der Rechtsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs einer Partei auf [X.] nach Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG zur Folge haben. Nach dieser Bestimmung darf [X.] [X.] entzogen werden. Der Entzug des gesetzli-chen [X.] kann durch eine fehlerhafte Anwendung von Verfahrensvorschrif-ten erfolgen. Dazu rechnen die Vorschriften über die Zulassung eines Rechts-mittels, durch die die Möglichkeit der Anrufung des Rechtsmittelgerichts erst eröffnet wird. Jedoch ist nicht jede fehlerhafte Anwendung oder Nichtbeachtung einer Verfahrensvorschrift des einfachen Rechts über die Rechtsmittelzulas-sung zugleich eine Verfassungsverletzung. Die Entscheidung eines Gerichts, ein Rechtsmittel nicht zuzulassen, verstößt nur dann gegen die Gewährleistung des gesetzlichen [X.] in Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG, wenn sie willkürlich er-folgt ([X.] 19, 38, 42
f.; 87, 282, 284
f.; [X.], [X.], 381, 382).

Gegen die Entscheidungen der Beschwerdesenate des Bundespatentge-richts in Markensachen, durch die über eine Beschwerde nach §
66 [X.] entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde außer in den Fällen des §
83 Abs.
3 [X.] nur statt, wenn das [X.] sie zugelassen hat (§
83 Abs.
1 Satz
1 [X.]). Da gegen die Entscheidungen des [X.] eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht eröffnet ist, entscheidet die-ses Gericht abschließend darüber, ob eine durch seine Entscheidung [X.] Rechtsmittel zum [X.] einlegen kann. Unterlässt es das [X.], die Entscheidung der Nichtzulassung nachvoll-ziehbar zu begründen, obwohl eine Zulassung naheliegt, kommt ein Verstoß 9
10
11
-
6
-
gegen [X.] nach Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG in Betracht (vgl. [X.], [X.], 601 Rn.
19).

(2) Ein Verstoß gegen [X.] wegen unterbliebener Zulassung der Rechtsbeschwerde kann jedoch die zulassungsfreie Rechtsbe-schwerde nach §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.] nicht begründen. Der Senat hat ent-schieden, dass die Bestimmung des §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.] die zulassungs-freie Rechtsbeschwerde nur im Fall der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des beschließenden Gerichts eröffnet und mit ihr nicht allgemein ein
Verstoß gegen [X.] gerügt werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 3.
April 2014
I
ZB
6/12, [X.], 1320
Rn.
15

Schwarzwälder Schinken).

Durch die Eröffnung der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde gemäß §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.] soll sichergestellt werden, dass eine Entscheidung durch einen Senat des [X.]s getroffen wird, der gemäß §
67 Abs.
1 [X.] als Beschwerdesenat eingerichtet ist und dessen Besetzung unter Einhaltung der Regeln des [X.] (§
21e GVG) und der senatsinternen [X.] (§
21g GVG) gebildet worden ist. Erfasst wird hiervon die Mitwirkung eines [X.], der nicht hätte mitwirken dürfen, oder die unterbliebene Mitwirkung eines [X.], der hätte mitwirken müssen. Gegenstand der Rüge des §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.] ist damit die personelle Zusammensetzung der Richterbank ([X.], [X.], 1320 Rn.
17
ff.

Schwarzwälder Schinken).
Deshalb kann mit der zulassungsfreien Rechtsbe-schwerde nach §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.] weder ein Verstoß gegen die Pflicht zur Vorlage an den [X.] nach Art.
267 AEUV noch die unterbliebene Zulassung der Rechtsbeschwerde zum [X.] gerügt werden.

12
13
-
7
-

bb) Eine unterbliebene Zulassung der Rechtsbeschwerde kann
jedoch gemäß §
83 Abs.
3 Nr.
3 [X.] in Verbindung mit Art.
103 Abs.
1 GG eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnen. Dies setzt voraus, dass die Rechtsbeschwerde erfolgreich rügt, das [X.] habe unter [X.] gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör entscheidungserhebliches Vorbringen des Beschwerdeführers übergangen, mit dem dieser geltend ge-macht habe, der Streitfall erfordere eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §
83 Abs.
2 [X.]. [X.] liegt ferner vor, wenn das [X.] die Zulassung der Rechts-beschwerde unterlässt, sofern ein gewissenhafter und kundiger Verfahrensbe-teiligter
selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffas-sungen
damit nach dem bisherigen Verfahrensablauf nicht zu rechnen [X.] (vgl. [X.], [X.], 1320 Rn.
19
Schwarzwälder Schinken).

Ein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs
liegt allerdings nicht schon allein darin, dass sich aus einer Entscheidung
nicht ersehen lässt, von welchen Erwägungen sich das [X.] bei der Entscheidung hat leiten lassen, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen.
Die Entscheidung des [X.]s, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulas-sen, ist fachgerichtlich nicht überprüfbar und unterliegt damit keinem verfas-sungsrechtlichen [X.] ([X.] 50, 287, 289 f., [X.], [X.] vom 11.
Februar 2008 -
1 BvR 2702/07, juris Rn. 5).
Das Bundespa-tentgericht muss deshalb im Regelfall eine unterbliebene Zulassung der Rechtsbeschwerde nur begründen, wenn ein Verfahrensbeteiligter einen ent-sprechenden Zulassungsgrund geltend gemacht hat
(vgl. [X.], [X.], 601 Rn. 28).

Nach diesen Maßstäben liegt eine Verletzung des Anspruchs auf [X.] Gehör nicht
vor.
14
15
16
-
8
-

cc) Die Markeninhaberin hat die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Beantwortung der Frage angeregt, ob im Rahmen eines Markenlöschungsver-fahrens bei der Frage der originären Schutzfähigkeit eines Zeichens das durch Benutzung geprägte [X.] und sein Beleg in Form von [X.] zu berücksichtigen seien, wenn das Zeichen zur [X.] bereits im Verkehr benutzt worden sei.
Weiter hatte sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu der Frage für erforderlich gehalten,
ob im
Rahmen der Feststellung des zu einer Verkehrsdurchsetzung gemäß §
8 Abs.
3 Mar-kenG erforderlichen [X.] die durch Benutzung geprägte [X.] maßgeblich sei und auf welchen Zeitpunkt es hierzu [X.].
Hiermit hat sich das [X.] in der angegriffenen Entschei-dung auseinandergesetzt und begründet, warum diese Fragen seiner Auffas-sung nach die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht erfordern.

dd) [X.] kann jedoch darin liegen, dass der [X.] aufgrund der Verfahrensgestaltung durch das [X.] die Gelegenheit genommen worden ist, zu einem weiteren die Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigenden Grund vorzutragen.

(1) Das [X.] hat angenommen, die Bezeichnung "[X.]" habe sich nicht im Verkehr im Sinne von §
8 Abs.
3 [X.] durch-gesetzt. Es handele sich um eine glatt beschreibende Sachangabe. Erforderlich sei deshalb eine nahezu einhellige Verkehrsdurchsetzung. Die beteiligten [X.] im Sinne des §
8 Abs.
3
[X.] seien nicht nur die Nutzer und potentiellen Nutzer von Nahverkehrszügen, sondern alle Verkehrsteilnehmer mit Ausnahme derjenigen Verkehrskreise, die eine Benutzung des Transport-mittels "[X.]" kategorisch ablehnten. Eine einhellige Verkehrsdurchsetzung sei nach den Ergebnissen der vorgelegten Verkehrsgutachten nicht erreicht. 17
18
19
-
9
-
Der
nach dem Gutachten von [X.] vom Oktober 2009 ermittelte [X.] betrage
lediglich 48% der Bevölkerung. Von diesem
sei unter Berücksichtigung der Fehlertoleranz ein Abzug von 3,3% vorzunehmen. Dieser um die Fehlertoleranz verringerte Wert liege deutlich unter 50%.

(2) [X.] trägt vor, das [X.] habe in der mündlichen Verhandlung der Markeninhaberin eine Zulassung der Rechts-beschwerde in Aussicht gestellt. Dies
habe die Markeninhaberin von weiterem Vortrag dazu abgehalten, dass die Rechtsbeschwerde auch im Hinblick auf die Frage der Berücksichtigung der Fehlertoleranz bei Meinungsforschungsgutach-ten zuzulassen sei. Entgegen der
Ankündigung des Vorsitzenden des Be-schwerdesenats beim [X.] sei die Zulassung der Rechtsbe-schwerde unterblieben. Die Markeninhaberin habe deshalb erst im Rechtsbe-schwerdeverfahren Anlass gehabt, zu diesem Gesichtspunkt und seiner Ent-scheidungserheblichkeit vorzutragen.

(3) Dieses Vorbringen
der Rechtsbeschwerde würde, wenn es zuträfe, einen Gehörsverstoß begründen.
Hat ein Gericht in der mündlichen Verhand-lung eine Entscheidung als sicher dargestellt und dadurch einem Verfahrensbe-teiligten von weiterem Vortrag oder weiteren Erklärungen abgehalten, begrün-det dies einen Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen [X.]. Ein Gericht, das von Hinweisen an die Partei zur Sach-
und Rechtslage oder zum weiteren Verfahrensgang wieder abrücken will, muss den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme geben ([X.], Beschluss vom 3.
Juli 2003
-
I
ZB
36/00, [X.], 901 Rn. 15 = [X.], 1233 -
MAZ). Dasselbe gilt, wenn ein gerichtlicher Hinweis nicht hinreichend klar erkennen lässt, dass er nicht allgemein, sondern nur bei Vorliegen weiterer besonderer Voraussetzun-gen gelten soll ([X.], Beschluss vom 9.
September 2010 -
I
ZB 81/09, [X.], 654 Rn.
15
f. = [X.], 753 -
Yoghurt-Gums).
20
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-
10
-

(4) Die von der Rechtsbeschwerde angeführten Gründe hätten für das [X.] Veranlassung sein müssen, die Zulassung der Rechtsbe-schwerde auch unter diesem Gesichtspunkt zu erwägen. Im Verfahren stellten sich Rechtsfragen
von grundsätzlicher Bedeutung (§
83 Abs.
2 Nr.
1 [X.]).

Die Frage,
ob bei dem Ergebnis eines Meinungsforschungsgutachtens zum Beleg einer Verkehrsdurchsetzung nach §
8 Abs.
3 [X.] die Fehlerto-leranz zu berücksichtigen ist, hatte
zum Zeitpunkt der Entscheidung des [X.] Anfang 2012 grundsätzliche Bedeutung im Sinne von §
83 Abs.
2 Nr.
1 [X.]. Sie stellte
sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen sowohl im Eintragungs-
als auch im hier in Rede stehenden Löschungsverfah-ren. Das [X.] hat unter Berufung auf seine neue Entschei-dungspraxis ([X.], [X.], 324, 329
Kinder; [X.], Beschluss vom 19.
Juli 2006
32
W
(pat)
217/04, juris Rn.
24
[X.]; [X.], [X.], 593, 596
Ristorante; GRUR 2008, 420, 428
ROCHER-Kugel) von dem sich aus dem Meinungsforschungsgutachten ergebenden Durchset-zungsgrad die Fehlertoleranz abgezogen. Die Frage, ob die Fehlertoleranz

vorliegend in Höhe von 3,3%
zuziehen ist, ist in der Literatur umstritten (für das Eintragungsverfahren bejahend v.
Gamm in Büscher/[X.]/[X.],
Ge-werblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 2.
Aufl., §
8 [X.] Rn.
57; ebenfalls
vorsichtig
bejahend [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10.
Aufl., §
8 Rn.
567; ablehnend [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
8 Rn.
351; [X.], [X.] 2011, 51, 54). Die Frage war höchstrichterlich nicht geklärt. Der Senat hatte
sie im [X.] an die vorstehend wiedergege-bene jüngere Rechtsprechung des [X.]s zunächst ausdrücklich offengelassen ([X.], Beschluss vom 2.
April 2009
I
ZB
94/06, [X.], 954 Rn.
37 = [X.], 1250
Kinder
III; Beschluss vom 9.
Juli 2009

I
ZB
88/07, [X.], 138 Rn.
56 = [X.], 260

ROCHER-Kugel).
22
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-
11
-
Dass der Senat nach dem angefochtenen Beschluss entschieden hat, bei [X.] seien im Eintragungs-
und im Löschungsverfahren [X.] weder durch Zuschläge noch durch Abschläge zu berücksichtigen, wenn den Gutachten eine ausreichend große Stichprobe zugrunde liegt (vgl. [X.], Beschluss vom 17.
Oktober 2013
I
ZB
65/12, [X.], 483 Rn.
38 = [X.], 438

test), ändert an dieser Beurteilung nichts. Bei der Beantwortung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §
83 Abs.
2 [X.] vorliegen, ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung des [X.]s abzustellen.

Die Frage, ob die Fehlertoleranz zu berücksichtigen ist und ob dies im Löschungsverfahren zugunsten des Markeninhabers zu geschehen hat, ist auch entscheidungserheblich. Der angefochtenen Entscheidung ist nicht mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen, dass das [X.] unab-hängig von einer Berücksichtigung der Fehlertoleranz in jedem Fall den durch das Meinungsforschungsgutachten von [X.] ermittelten Durchset-zungsgrad von 48% im allgemeinen Publikum für eine Verkehrsdurchsetzung als nicht ausreichend angesehen hat.

(5) Ein Verstoß gegen den Anspruch der Markeninhaberin auf rechtliches Gehör
durch die Verfahrensgestaltung des [X.]s liegt jedoch nicht vor. Dass eines der Mitglieder des Senats
des [X.]s wäh-rend der mündlichen Verhandlung erklärt hätte, die Rechtsbeschwerde werde zugelassen werden, hat sich nicht feststellen lassen.

Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.
Januar 2012 ergibt sich eine solche Erklärung nicht. Daraus ist lediglich ersichtlich, dass die anwaltlichen Vertreter der Markeninhaberin die Zulassung der Rechtsbe-schwerde angeregt haben. Das Schweigen des Protokolls bedeutet für sich al-24
25
26
-
12
-
lein jedoch nicht, dass die von der Rechtsbeschwerde dargelegte Äußerung des Vorsitzenden des Beschwerdesenates beim [X.] nicht gefallen wäre. Für derartige Erklärungen des Gerichts gilt die Beweiswirkung des Proto-kolls gemäß §
165 ZPO nicht. Dass ein Vorgang allein durch das Protokoll [X.] werden kann, ist danach die Ausnahme und gilt lediglich für die Beach-tung der "für die mündliche Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten", zu denen Äußerungen zur Notwendigkeit der Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht gehören (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
Juli 2007 -
XII
ZB 14/07, NJW-RR 2007, 1451
Rn.
6). Der Markeninhaberin stand mithin die Möglichkeit offen zu beweisen, dass ihr Vortrag zum Hergang der mündlichen Verhandlung und zur Erörterung der Frage der Zulassung der Rechtsbeschwerde zutreffend ist. [X.] Beweis hat sie jedoch nicht führen können.

Zwar soll sich nach den anwaltlichen Versicherungen der Vertreter der Markeninhaberin der Vorsitzende des zuständigen Senats beim Bundespatent-gericht ganz zu Beginn der mündlichen Verhandlung entsprechend geäußert haben. Dem Inhalt dieser anwaltlichen Versicherungen stehen jedoch der Inhalt der auf Veranlassung des Senats eingeholten dienstlichen Stellungnahmen des Vorsitzenden und der eines weiteren an der angefochtenen Entscheidung betei-ligten [X.] entgegen. Der Vorsitzende
hat sich dahingehend erklärt, dass er eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht in Aussicht gestellt habe. Einer [X.] hat angegeben, die Frage der Zulassung der Rechtsbe-schwerde sei erörtert worden, es sei lediglich zu erkennen gegeben
worden, dass der Senat die Frage der Notwendigkeit einer Zulassung der Rechtsbe-schwerde (nochmals) prüfen werde; an eine Zusicherung der Zulassung der Rechtsbeschwerde könne er sich nicht erinnern. Die dritte beteiligte Richterin konnte sich zwar an den Sach-
und Streitstand des Verfahrens erinnern, hatte jedoch keine Erinnerungen an Äußerungen des Vorsitzenden [X.] zur [X.] der Zulassung der Rechtsbeschwerde. Auch die anwaltliche Versicherung 27
-
13
-
der Vertreterin der Antragstellerin des [X.] bestätigt den Vor-trag der Markeninhaberin zu Äußerungen des Vorsitzenden des Beschwerde-senates des [X.]s nicht. Im Gegenteil wird darin eine entspre-chende Äußerung ausdrücklich in Abrede gestellt.

Bei einer solchen Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde in Aussicht gestellt worden ist. [X.] scheidet
ein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen [X.] aus.

b) Da das [X.] die von der Markeninhaberin zur Zulas-sung der Rechtsbeschwerde vorgetragenen Gründe beschieden und die Mar-keninhaberin auch nicht in einer ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzenden Weise am Vortrag zu weiteren [X.] worden ist, liegt auch kein Begründungsmangel im Sinne von §
83 Abs.
3 Nr.
6 [X.] vor, der der Rechtsbeschwerde zum Erfolg verhelfen könnte.

c) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, das Bundespa-tentgericht habe den Anspruch der Markeninhaberin auf rechtliches
Gehör dadurch verletzt, dass es dem [X.] nicht die Frage vorgelegt habe, ob bei glatt beschreibenden Begriffen eine höhere Ver-kehrsdurchsetzung gefordert werden könne.

Dazu bedurfte es keiner Vorlage an den [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 23.
Oktober 2008
I
ZB
48/07, [X.], 669 Rn.
25 = [X.], 815

Post
II; Beschluss vom 9.
Juli 2009
I
ZB
88/07, [X.], 138 Rn.
41 = [X.], 260
ROCHER-Kugel). Erst
recht be-stehen keine Anhaltspunkte, dass das [X.] die Vorlagepflicht willkürlich verletzt hat.
28
29
30
31
-
14
-

d) [X.] dringt auch nicht mit der Rüge durch, das [X.] habe unter Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG den [X.] auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es bei der Bezeichnung "[X.]" von einer glatt beschreibenden Angabe ausgegan-gen sei. Es habe den gegenteiligen Vortrag der Markeninhaberin ausgeblendet.

Das trifft nicht zu. Das [X.] hat diesen Vortrag zur Kenntnis genommen. Es hat ihn im Rahmen der tatbestandlichen Ausführungen im angefochtenen Beschluss wiedergegeben. Es ist nur zu einem anderen Er-gebnis gelangt. Dieses hat es in der angefochtenen Entscheidung im Einzelnen begründet und ausgeführt, dass der Verkehr
"[X.]" als Kurzbezeichnung einer Schnellbahn oder [X.] auffasst, die elektrisch betrieben wird, auf Schienen läuft und dem Personenverkehr in Großstädten und Stadtregionen dient.
Ob diese Würdigung die Annahme eines glatt beschreibenden Begriffs rechtfertigt, wie ihn der Senat etwa in der Angabe "Post"
für die
Dienstleistun-gen gesehen hat, für die die Marke eingetragen war (vgl. [X.], [X.], 669 Rn.
25
POST
II), ist im Verfahren der zulassungsfreien [X.] nicht zu entscheiden.

32
33
-
15
-
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §
90 Abs.
2 Satz
1 [X.].

Büscher
Schaffert
Koch

Löffler
Schwonke
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 14.03.2012 -
26 W(pat) 21/11 -

34

Meta

I ZB 34/12

22.05.2014

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2014, Az. I ZB 34/12 (REWIS RS 2014, 5305)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5305

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