Bundespatentgericht, Urteil vom 27.03.2012, Az. 3 Ni 32/10 (EP)

3. Senat | REWIS RS 2012, 7688

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Chromatographische Trennung von Plasmaproteinen, insbesondere von Faktor VIII, von Willebrand Faktor, von Fibronectin und von Fibrinogen (europäisches Patent)" – zur unzulässigen Erweiterung – zu Patentfähigkeit – Patent zur Gewinnung von Proteinkonzentraten


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 0 359 593

([X.] 22 358)

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. März 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] sowie [X.] Gerster und [X.] sowie der Richterinnen Dipl.-Chem. Zettler und Dr. Münzberg

für Recht erkannt:

[X.] Die Klage wird abgewiesen.

I[X.] Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klage richtet sich gegen das am 8. Februar 1989 beim [X.] angemeldete, die Priorität der [X.] Patentanmeldung 8807530 vom 7. Juni 1988 in Anspruch nehmende und mit Wirkung für die [X.] in [X.] erteilte [X.] Patent 0 359 593 (Streitpatent). Vom [X.] wird das Streitpatent unter der Nummer 689 22 358 geführt. Es trägt in der [X.] Übersetzung die Bezeichnung „[X.] Trennung von Plasmaproteinen, insbesondere von [X.], von [X.] Faktor, von [X.] und von Fibrinogen“. In einem früheren [X.], an dem die jetzigen Klageparteien nicht beteiligt waren, hatte der [X.] das Streitpatent mit Urteil vom 13. Juli 2010 beschränkt aufrechterhalten ([X.]. [X.]). Das Streitpatent ist durch Zeitablauf am 8. Februar 2009 erloschen.

2

In der vom [X.] aufrecht erhaltenen Fassung umfasst das Streitpatent 12 Patentansprüche, von denen der Patentanspruch 1 in der [X.] Übersetzung folgendermaßen lautet:

3

„1. Verfahren zur Trennung der Proteine [X.], Fibrinogen, [X.] und von-[X.]-Faktor aus menschlichem oder tierischem Plasma und zur Herstellung von Konzentraten dieser Proteine zum therapeutischen Gebrauch, dadurch gekennzeichnet, dass es folgende Schritte umfasst:

4

- Man verwendet als Ausgangsmaterial die Kryopräzipitatfraktion des Plasmas, die im Wesentlichen aus Fibrinogen, [X.], von-[X.]-Faktor und [X.] besteht;

5

- man unterzieht das wieder in wässrige Lösung gebrachte Kryopräzipitat einer einzigen Trennung durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz von vergleichsweise gemäßigtem ionischem Charakter, dessen Matrix ein Gel vom Typ eines makroretikulären Vinylpolymers ist, das aufgrund seiner Porosität und Hydrophobieeigenschaften in der Lage ist, den Komplex aus [X.] und von-[X.]-Faktor zurückzuhalten;

6

- man gewinnt die verschiedenen Proteine selektiv durch sukzessive Erhöhung der Ionenstärke des Elutionspuffers

7

- und eine erhaltene [X.]-Lösung wird gefriergetrocknet.“

8

Die Patentansprüche 2 bis 12 sind unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogen.

9

Die Klageparteien machen geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Ferner nehme das Streitpatent zu Unrecht das Prioritätsdatum vom 7. Juni 1988 in Anspruch, da die [X.] [X.] von einem nicht rechtsfähigen Anmelder, nämlich der Firma „[X.]“ angemeldet worden sei und damit bis zur Erteilung des Patents keine rechtswirksame Anmeldung vorgelegen habe. Im Laufe des Verfahrens haben die Klageparteien zusätzlich vorgebracht, der geltende Patentanspruch 1 sei unzulässig erweitert worden, da das Merkmal betreffend die „Gefriertrocknung des [X.]-Konzentrats“ ursprünglich nicht als erfindungswesentlich und damit nicht als zur vermeintlichen Erfindung gehörig offenbart sei. Hinsichtlich der Zulässigkeit ihrer Klage verweisen die Klageparteien auf ein eigenes Rechtschutzbedürfnis, das sich aus der gegen sie erhobenen Verletzungsklage durch die Beklagte ergebe.

In ihrem Vorbringen stützen sich die Klageparteien u.a. auf folgende Druckschriften:

K1 EP 0 359 593 [X.] (Streitpatent)

K1a [X.] 22 358 T3 ([X.] Teil des Streitpatents)

K2 Urteil [X.] - [X.] 3 Ni 5/04

K3 Urteil [X.] vom 13.07.2010 - [X.] [X.]

K6 EP 0 343 275 B1

K9a.1 Auszug aus dem [X.], 9. Ausgabe, 1986, [X.] und 3 bis 13

[X.] EP 0 238 701 B1

K15 [X.] 34 32 083 A1

K16 [X.] et al., [X.], 1982, 245, 193 bis 211

K17 [X.] et al., [X.], 1982, 253, 219 bis 225

[X.] [X.] et al., [X.], 1977, 60, 390 bis 404

[X.] [X.] et al., [X.], 1969, 34, 601 bis 609

K21 J.-J. Morgenthaler, [X.], 1982, 47, 124 bis 127

K32 [X.] 4 508 709

K35 [X.], Methods in [X.], 1984, (104), [X.]70 bis 189

Der Klageparteien beantragen,

das [X.] Patent 0 359 593 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 7 gemäß Schriftsatz vom 14. März 2011, weiter hilfsweise die Fassung eines der Hilfsanträge 8 bis 10 gemäß Schriftsatz vom 14. März 2012, und weiter hilfsweise die Fassung des [X.] gemäß Schriftsatz vom 26. März 2012 erhält.

Sie hält die Klage bereits für unzulässig. Bei der Klägerin zu 1 handle es sich um eine 100%ige Tochter und bei der Klägerin zu 2 um eine 98%ige Tochter der früheren [X.]. Der Kläger zu 3 sei der einzige Geschäftsführer der Klägerin zu 1. Aufgrund dieser engen Konzernverbindungen müssten die Klageparteien die Rechtskraft des in dem früheren [X.] ergangenen Urteils gegen sich gelten lassen, zumal die neue Nichtigkeitsklage weitgehend auf dasselbe Material gestützt werde. Bei den neu eingeführten Schriften handle es sich lediglich um ergänzende Dokumente, deren Offenbarung nicht über die Angaben in den Druckschriften des ersten [X.]s hinausginge. Die jetzigen Klageparteien versuchten in unzulässiger Weise, die Konzernstruktur der früheren [X.] auszunutzen, um ein weiteres Rechtsmittel gegen die rechtskräftige Entscheidung im ersten [X.] zur Verfügung zu haben. Den geltend gemachten Nichtigkeitsgründen tritt die Beklagte entgegen. Bezüglich der [X.] FR 8807530 nehme das Streitpatent deren Prioritätsdatum zu Recht in Anspruch, da es sich bei der „[X.]“ um keine andere Firma, sondern lediglich um eine andere Bezeichnung für die rechtsfähige Nichtigkeitsbeklagte handle. Sowohl die [X.] als auch die [X.] Patentanmeldung seien deshalb wirksam gewesen.

Zur Stützung ihres Vorbringens verweist die Beklagte auf folgende Dokumente:

HL1 BPatG-Entscheidung vom 22. August 2006 - [X.] 5 W (pat) 421/04

[X.] Liste der Gesellschafter der [X.] GmbH

[X.] Auszug aus der [X.], vom 28. Dezember 2009 betreffend die [X.] Produktionsgesellschaft mbH

[X.] Auszug aus dem [X.] des [X.] vom 19. August 2009 betreffend die [X.] Vertrieb von Plasmaderivaten GmbH

[X.] Annual Report der [X.] aus dem [X.], [X.], 9 und 52 bis 54

[X.] EP 0 343 275 A1

HL7 [X.], „Protein Purification - Principles and Practice“, 1982, [X.], [X.], [X.], Preface

[X.] Hilfsanträge 1 bis 7

[X.] BPatG-Urteil vom 14. Dezember 2010 - [X.]. 4 Ni 24/09

HL10 Auszug aus dem Handelsregister des [X.] vom 10. August 2011 betreffend die Firma [X.], Firmennummer [X.]-9

[X.] Auszug aus dem Handelsregister des [X.] vom 18. August 2011 betreffend die Firma [X.] AG, Firmennummer [X.]-6

[X.] Eintrag bei der Präfektur des [X.] betreffend die [X.] vom 11. Mai 1972

[X.] Urteil [X.] des [X.] vom 28. April 2010

[X.] Urteil des Landgerichts [X.] vom 6. März 2003 [X.] I - BM/[X.] - 92/6857

[X.] Urteil des [X.] Berufungsgerichts für Verwaltungssachen vom 23. Februar 1999, [X.]. 98PA00377

[X.] Beschluss des [X.] vom 20. Dezember 2011, [X.]. [X.]/11

[X.] Produktinformation der [X.] bzg. [X.] for Ion Exchange Chromatography, [X.]6 bis 18

[X.] NichTzulassungsbeschwerde- und Revisionsbegründung der Rechtsanwälte [X.] vom 26. Mai 2011 im Rechtsstreit - [X.]/11

HL19 Vereinbarung der [X.] [X.] mit [X.] vom 16. Januar 1989

[X.]0 Auszug aus dem öffentlichen Teil der [X.] vom 26. März 2012 betreffend [X.] 250 Faktor-[X.]-Konzentrat human; Injektionslösung der [X.] GmbH.

Wegen des Wortlauts der hilfsweise geltend gemachten Patentansprüche wird ergänzend auf das Sitzungsprotokoll vom 27. März 2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig.

Dem steht nicht entgegen, dass das Streitpatent vor Klageerhebung durch Zeitablauf erloschen ist, da die Klageparteien aufgrund der Inanspruchnahme seitens der Beklagten wegen angeblicher Verletzung des Streitpatents ein rechtliches Interesse an der rückwirkenden Vernichtung des Streitpatents besitzen (vgl. [X.], [X.], 749 - Aufzeichnungsträger; [X.], 90 - Verpackungsmaschine).

Soweit die Beklagte darauf verweist, die Klageparteien hätten sich der zu Beginn des [X.] noch anhängigen Nichtigkeitsklage der früheren Klägerin anschließen müssen, folgt der [X.] dieser Ansicht nicht. Eine Pflicht zur Nebenintervention, wie sie der Argumentation der Beklagten zugrunde liegt, ist gesetzlich nicht vorgesehen. Vielmehr durften die Klageparteien den Ausgang des damals anhängigen [X.] abwarten, um sich dann selbst mit einer eigenen Nichtigkeitsklage gegen ihre Inanspruchnahme aus dem Streitpatent zu wehren (Busse, [X.], 6. Aufl., § 81 [X.] 65; [X.], [X.], 10. Aufl., § 22 [X.] 34).

Die Zulässigkeit der Klage wird auch nicht durch die Rechtskraft des [X.]-Urteils vom 13. Juli 2010 ([X.]. [X.]) in Frage gestellt, da die jetzigen Klageparteien an dem damaligen Verfahren nicht beteiligt waren. Zudem sind sie ungeachtet ihrer - unterschiedlich ausgeprägten - konzernmäßigen Beziehungen zur früheren [X.] bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als rechtlich eigenständig und nicht als dieselbe Partei [X.] § 325 ZPO anzusehen. Die bloße Konzernverbundenheit allein bewirkt keine Rechtskrafterstreckung für oder gegen an dem fraglichen Rechtsstreit nicht beteiligte Unternehmen (vgl. B[X.]E 27, 55; [X.], Patentnichtigkeitsverfahren, 4. Aufl., [X.] 284; van [X.]/[X.], Verfahrensrecht in [X.], 4. Aufl., [X.] 429; Kraßer, Patentrecht, 6. Aufl., S. 619). Es sind auch keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die jetzigen Klageparteien im Auftrag und im ausschließlichen Interesse der früheren Klägerin handeln würden, um die Rechtskraft des damaligen Urteils zu umgehen (vgl. [X.], [X.], 992 - [X.]; [X.], [X.], 904 - Bürstenstromabnehmer). Vielmehr ist den jetzigen Klageparteien aufgrund der gegen sie gerichteten Verletzungsklage ein anerkennenswertes Eigeninteresse am Wegfall des Streitpatents zu unterstellen.

II.

Die Klage, mit der die in Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 3 [X.], Art. 138 Abs. 1 lit. a und c EPÜ i. V. m. Art. 54 Abs. 1, 2 und Art. 56 EPÜ vorgesehenen Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung und der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht werden, erweist sich jedoch als unbegründet.

1. Das Streitpatent betrifft ein chromatographisches Verfahren zur Trennung der [X.], [X.], [X.] und von-[X.].

Wie einleitend in der Streitpatentschrift ausgeführt wird, sind [X.], [X.], von-[X.] und Faktor [X.] Proteine des Blutplasmas, die für die Blutgerinnung von Bedeutung sind. Bei der als Hämophilie A bekannten Erbkrankheit steht der Faktor [X.] nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung, so dass es zu einer Störung der Blutgerinnung kommt. Bei Patienten, die an Hämophilie A leiden, gerinnt daher Blut aus Wunden nicht oder nur langsam. Häufig kommt es auch zu spontanen Blutungen, die ohne sichtbare Wunden auftreten. Zur Behandlung der Krankheit muss das als Faktor [X.] bezeichnete Protein verabreicht werden. Da die Patienten zahlreiche und wiederholte Injektionen von Faktor [X.] erhalten, müssen zur Vermeidung der üblichen Transfusionszwischenfälle hochreine Faktor [X.] eingesetzt werden.

Üblicherweise werden die Faktor [X.] aus einer bei niedriger Temperatur gefällten Fraktion des menschlichen Plasmas hergestellt. Zu den bekannten Techniken gehören ferner die sterische Ausschlusschromatographie oder molekulare Filtration, der Einsatz von porösen Siliciumdioxid zur Bindung von [X.] mit niedrigem Molekulargewicht sowie Ausfällungen durch die Zugabe von [X.], die teilweise mit Ausfällungen bei niedriger Temperatur kombiniert werden. Nachteilig an diesen Techniken ist jedoch, dass sie den Zusatz von Stabilisatoren erfordern, so dass nur Konzentrate mit niedriger Aktivität erhalten werden und die Techniken z. T. für den industriellen Maßstab nicht geeignet sind. Neue Techniken basieren z. B. auf den Methoden der Immunaffinitätschromatographie, die zwar leistungsfähig ist, aber drastische Lösungen erfordert und daher ebenfalls nur Produkte mit niedriger spezifischer Aktivität liefert. Größter Nachteil dieser Reinigung ist jedoch die Anwesenheit von zurückbleibenden Antikörpern tierischen Ursprungs, die beim Patienten immunologische Reaktionen auslösen können. Benutzt werden auch Techniken der Ionenaustauschchromatographie, die sich aufgrund ihrer komplizierten Arbeitsvorgänge sowie den niedrigen Ausbeuten allerdings für den industriellen Einsatz nicht eignen (vgl. [X.], Abs. [0002] bis [0009], [0011] und [0012]).

2. Ausgehend davon ist die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe darin zu sehen, eine Methode zur Gewinnung von Proteinkonzentraten, insbesondere von Faktor [X.], zu entwickeln, die im industriellen Maßstab anwendbar ist und hochreine, insbesondere von Antikörpern tierischen Ursprungs freie Produkte mit hoher Aktivität liefert und weitere Behandlungen, wie die Ultrafiltration, die die Kompliziertheit des Verfahrens erhöhen und die Aktivität des gereinigten Proteins verringern, überflüssig macht (vgl. [X.], Abs. [0010] und [0013]).

3. Gelöst wird die Aufgabe mit einem Verfahren, das gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag folgende Merkmale aufweist:

1a) Verfahren zur Trennung der Proteine Faktor [X.], [X.], [X.] und von-[X.] aus menschlichem oder tierischem Plasma und

1b) zur Herstellung von Konzentraten dieser Proteine zum therapeutischen Gebrauch.

2a) Als Ausgangsmaterial wird dabei die [X.]fraktion des Plasmas verwendet,

2b) die im Wesentlichen aus [X.], [X.], von-[X.] und Faktor [X.] besteht, die

2c) wieder in wässrige Lösung gebracht wird.

3) Das [X.] wird einer einzigen Trennung durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz von vergleichsweise gemäßigtem ionischen Charakter unterzogen,

3a) wobei dessen Matrix ein Gel vom Typ eines makroretikulären Vinylpolymers ist,

3b) das aufgrund seiner Porosität und Hydrophobieeigenschaften in der Lage ist, den Komplex aus Faktor [X.] und von-[X.] zurückzuhalten.

4) Die verschiedenen Proteine werden selektiv durch sukzessive  Erhöhung der [X.] Elutionspuffers gewonnen.

5) Eine erhaltene Faktor [X.]-Lösung wird gefriergetrocknet.

4. Zuständiger Fachmann ist ein promovierter Chemiker oder Biochemiker mit mehrjähriger beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Isolierung von Plasmaproteinen und einschlägigen Kenntnissen der bei der Proteintrennung verwendeten Techniken.

[X.]

Das Streitpatent in der vom [X.] mit Urteil vom 13. Juli 2010 aufrecht erhaltenen Fassung (vgl. [X.], [X.] und 3) erweist sich als bestandsfähig.

1. Die Klageparteien haben mit Schriftsatz vom 3. November 2010 ihre Klage zusätzlich auf den [X.] der unzulässigen Erweiterung gestützt. Dieser Klageänderung hat die Beklagte zugestimmt, indem sie sich schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung rügelos auf die abgeänderte Klage eingelassen hat (§ 267 ZPO). Im Übrigen ist die [X.] auch sachdienlich, weil sie eine endgültige Klärung des Streits zwischen den Parteien fördert und so eine neue Nichtigkeitsklage gegen das Streitpatent vermieden werden kann (§ 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 263 ZPO; vgl. hierzu auch [X.], [X.], 8. Aufl., § 81 [X.] 72).

Das Verfahren des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag weist entgegen der Rechtsansicht der [X.] allerdings keine unzulässige Erweiterung gegenüber dem Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung auf, weil im beanspruchten Verfahren eine allgemeine „Gefriertrocknung“ vorgesehen ist.

In der Beschreibung der ursprünglich eingereichten [X.] Patentanmeldung [X.] wird ausgeführt, dass mit dem darin genannten Verfahren ein Faktor [X.]-Konzentrat sehr hoher Reinheit und Stabilität erhältlich ist, ohne dass hierfür auf einen Schritt der Ultrafiltration oder die Zugabe eine Stabilisators mit Proteincharakter zurückgegriffen werden muss ( vgl. [X.], [X.], [X.] 10 bis 21). An anderer Stelle findet sich der Hinweis, dass in diesem Verfahren mit einem Puffer, dessen Ionenstärke in zwei Stufen erhöht wird, Faktor [X.] in Gegenwart geringer Mengen von von-[X.] eluiert und direkt gefriergetrocknet wird, ohne einen Stabilisator zugeben oder eine Ultrafiltration durchführen zu müssen (vgl. [X.], [X.], [X.] 45 bis 50). Aufgrund dieser Formulierungen schließt die patentgemäße Lehre zwei Verfahrensvarianten ein: eine erste Variante, bei der eine Ultrafiltration und/oder die Zugabe eines Stabilisators vor der Gefriertrocknung erfolgt, sowie eine zweite bevorzugte Variante, bei der auf diese zusätzlichen Verfahrensschritte vor der Gefriertrocknung verzichtet wird. Die in den Erstunterlagen offenbarten Verfahren erfordern daher nicht zwangsläufig eine Ultrafiltration und/oder die Zugabe eines Stabilisators, sondern eröffnen vielmehr die Möglichkeit, auf diese Verfahrensschritte verzichten zu können. Die [X.] ist - entgegen der Auffassung der Klageparteien - damit nicht auf ein Verfahren beschränkt, bei dem das [X.] nach dessen Elution direkt einer Gefriertrocknung unterzogen werden muss, wie in den Beispielen 2 bis 5 der ursprünglichen Anmeldung angegeben (vgl. [X.], [X.], [X.] 59 bis 61, [X.], [X.] 62/63 und [X.]. 8, [X.] 35/36 und 54/55).

Angesichts dessen ist die offenbarte Lehre der ursprünglichen Anmeldung nicht auf solche Verfahren beschränkt, wie sie in den Ausführungsbeispielen angewendet werden. Sie umfasst vielmehr all diejenigen Verfahren, bei denen im letzten Verfahrensschritt eine Gefriertrocknung stattfindet. Aus diesem Grund kann sich der [X.] der Sichtweise der Klageparteien, die Gefriertrocknung sei in den [X.] nicht als erfindungswesentliches, also als nicht zu der vermeintlichen Erfindung gehöriges Merkmal offenbart, nicht anschließen (vgl. Schriftsatz vom 3. November 2010, [X.] und 2, seitenübergreifender Abs.). Im Übrigen hat auch der [X.] in seinem Urteil vom 13. Juli 2010 (vgl. [X.], [X.] 58) die Gefriertrocknung als einen in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbarten und zur Erfindung gehörenden Verfahrensschritt anerkannt.

2. Die Beklagte hat mit den von ihr vorgelegten Dokumenten [X.] bis [X.] belegt, dass das [X.] (C…) – bei dem es sich um die Anmelderin der europäischen Patentanmeldung [X.] sowie der französischen Prioritätsanmeldung [X.] 8807530 handelt - aus juristischer Sicht eine einzige juristische Person mit der [X.] bildet. Demzufolge ist, wie schon im Urteil des B[X.] vom 9. November 2006 (vgl. [X.], [X.]3, letzter Abs.) als auch im Urteil des [X.] vom 13. Juli 2010 festgestellt wurde (vgl. [X.], [X.], Rubrum), davon auszugehen, dass sowohl die französische als auch die europäische Patentanmeldung wirksam waren. Das Streitpatent nimmt die Priorität der französischen Patentanmeldung [X.] 8807530 vom 7. Juni 1988 somit zu Recht in Anspruch.

3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist neu.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag betrifft ein Verfahren zur chromatographischen Trennung von Plasmaproteinen, mit dem insbesondere ein Komplex aus Faktor [X.] und von-[X.] hergestellt werden soll. Dem patentgemäßen Merkmal 5 zur Folge wird im letzten Schritt dieses Verfahrens die erhaltene Faktor [X.]-Lösung gefriergetrocknet.

Nach Ansicht der Klageparteien werde ein solches Verfahren mit abschließender Gefriertrocknung durch die Entgegenhaltung [X.] neuheitsschädlich vorweggenommen, da dem Fachmann die Gefriertrocknung als das Mittel der Wahl zur Haltbarmachung von Proteinen bekannt sei und er deshalb einen solchen Verfahrensschritt in [X.] mitlese, auch wenn dieser darin nicht explizit erwähnt werde. Da das Verfahren der [X.] jedoch der Herstellung eines therapeutischen Endprodukts diene, orientiere sich der Fachmann bei der Durchführung des Verfahrens an den im [X.] vorgegebenen rechtlichen Standards für arzneiliche Fertigprodukte, in dem für Faktor [X.] eine Gefriertrocknung vorgeschrieben sei. Demzufolge handle es sich bei der Gefriertrocknung weder im patentgemäßen Verfahren noch im Verfahren der [X.] um ein ergänzendes technisches Merkmal, sondern vielmehr um eine bei der Herstellung von Faktor [X.] obligate Vorgehensweise.

Der [X.] hat in seinem Urteil vom 13. Juli 2010 in Übereinstimmung mit den Ausführungen des B[X.] in Urteil vom 9. November 2006 angenommen, dass eine Gefriertrocknung weder in [X.] noch in der darin mehrfach zitierten Entgegenhaltung [X.] offenbart sei. Selbst wenn die Gefriertrocknung in den meisten Fällen das Mittel der Wahl zur Haltbarmachung von therapeutischen Proteinpräparaten sei, genüge dies dennoch nicht, um diesen Verfahrensschritt zu dem Informationsgehalt der [X.] zu rechnen, den der Fachmann aufgrund seiner allgemeinen Fachkenntnis in [X.] mitlese. Dem Fachmann sei zwar bewusst, dass es weiterer Verfahrensschritte bedarf, um ein nach dem Verfahren der [X.] hergestelltes Faktor [X.]-Konzentrat therapeutisch einsetzen zu können. Da es aus technischer Sicht hierfür jedoch mehrere Möglichkeiten gebe, aus denen der Fachmann aufgrund seiner allgemeinen Fachkenntnis auswähle, könne nach Ansicht des [X.] daraus nicht gefolgert werden, dass er die Gefriertrocknung in [X.] als selbstverständlich mitlese und alle in Betracht kommenden Alternativen von vornherein verwerfe (vgl. [X.], [X.]1/22, seitenübergreifender Abs. und [X.], [X.] 59 bis 62).

Der dagegen von den Klageparteien im vorliegenden [X.] erhobene Einwand, die vom Fachmann zu treffende Auswahl eines geeigneten Verfahrensschrittes zur Stabilisierung eines Faktor [X.]s sei im Lichte der Bereitstellung eines therapeutischen Endproduktes und der dafür geltenden rechtlichen Bestimmungen zu sehen, führt zu keiner anderen Beurteilung der in [X.] unmittelbar und eindeutig offenbarten technischen Lehre.

Den Klageparteien ist zwar insoweit zuzustimmen, dass Arzneimittel in [X.] nur dann in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn diese den Anforderungen des [X.]s genügen und nach dessen Vorschriften hergestellt oder geprüft sind, weshalb sich der Fachmann auch bei der Herstellung eines therapeutischen Faktor [X.]-Konzentrats an den Standards des [X.]s orientieren wird. Aus der Arzneibuchverordnung ist dem Fachmann jedoch bekannt, dass bei der Herstellung therapeutischer Substanzen auch andere als die darin beschriebenen Methoden angewendet werden können, sofern damit die gleichen Ergebnisse wie mit den Standardverfahren erzielt werden. Demzufolge gibt das [X.] für therapeutische Präparate zwar bestimmte Standardverfahren für deren Herstellung vor, ermöglicht aber dennoch ein Abweichen von den darin aufgezeigten [X.], solange die Qualität der Endprodukte die Vorschriften des [X.]s erfüllt (vgl. [X.], [X.], § 2 und K9, [X.]). In Anbetracht dessen, wird der Fachmann bei der Herstellung eines therapeutisch einsetzbaren Faktor [X.]-Konzentrats nicht davon ausgehen, dass es aus technischer Sicht keine Alternative zu der im [X.] genannten Gefriertrocknung gibt.

Nachdem in [X.] lediglich die Herstellung eines hochreinen [X.] Faktor [X.]-Konzentrats gefordert wird, ohne weitere Angaben dazu zu machen, was mit dem Präparat nach dessen [X.] geschehen soll, wird der Fachmann selbst in Kenntnis der für therapeutische Endprodukte geltenden rechtlichen Standards in [X.] eine Gefriertrocknung aus den im Urteil des [X.] vom 13. Juli 2010 genannten Gründen nicht unmittelbar und eindeutig mitlesen (vgl. [X.], [X.]. 1, [X.] 36 bis 44 und [X.]. 3, [X.] 8 bis 10) (vgl. [X.], [X.] 59 bis 62). Die Gefriertrocknung eines Faktor [X.]s erschließt sich dem Fachmann auch unter Berücksichtigung der in [X.] zitierten EP 0 238 701 (vgl. [X.]) nicht ohne weiteres, da das erhaltene Faktor [X.]-Konzentrat darin ebenfalls nur durch einen Ultrafilter gereinigt und dann in Ampullen gefüllt und therapeutisch eingesetzt wird, ohne auf einen abschließenden Schritt zur Haltbarmachung des [X.]es hinzuweisen (vgl. [X.], [X.]. 2, [X.] 36 bis 39).

Nachdem der [X.] in seinem Urteil vom 13. Juli 2010 die in [X.] offenbarte technische Lehre bereits unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorschriften des [X.]s bewertet hat, besteht nach Ansicht des [X.]s folglich keine Veranlassung dazu, die in diesem Urteil festgestellte Neuheit des patentgemäßen Verfahrens, wie es auch im geltenden Patentanspruch 1 des vorliegenden [X.] formuliert ist, gegenüber der Entgegenhaltung [X.] zu verneinen (vgl. [X.], [X.] 62).

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

In seinem Urteil vom 13. Juli 2010 hat der [X.] angenommen, dass ein Verfahren, wie es im vorliegenden Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag formuliert ist, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, da die Entgegenhaltung [X.] (dort [X.]) dem Fachmann zwar einen Anlass dafür gebe, an Stelle der darin genannten Harze auf [X.] auch andere ihm aus dem Dokument [X.] (dort [X.]) bzw. [X.] (dort K9) bekannte Austauscherharze auf ihre Eignung zur Gewinnung von Faktor [X.] im Wege der Anionenaustauscherchromatographie zu untersuchen (vgl. [X.], [X.] 68 bis 70). Eine Zusammenschau der Dokumente [X.] und [X.] (dort [X.]) liefere ihm zudem eine Veranlassung dafür, Faktor [X.] nicht isoliert zu gewinnen, sondern den Komplex aus Faktor [X.] und von-[X.] bestehen zu lassen (vgl. [X.], [X.] 71 und 72). Konkrete Hinweise dafür, diese Änderungen mit einer Gradientenelution zu kombinieren, bei der die [X.] Elutionspuffers schrittweise erhöht und dabei nicht nur ein einziges Protein sondern mehrere Proteine sowie ein Proteinkomplex aus Faktor [X.] und von-[X.] gewonnen werden, hat der [X.] dagegen weder in der Entgegenhaltung [X.] noch in einer der anderen genannten Druckschriften gesehen (vgl. [X.], [X.] 73 und 74). Soweit sich die Klageparteien bei der Diskussion der erfinderischen Tätigkeit weiterhin auf die Dokumente [X.] bis [X.] stützen, sieht der [X.] daher keine Veranlassung, von dieser Annahme abzuweichen.

Im hiesigen [X.] führen die Klageparteien zur Stützung der von ihnen nach wie vor vertretenen Auffassung, das Verfahren des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, ergänzend die Druckschriften [X.]0 und [X.]2 in das Verfahren ein, die weder im ersten [X.] vor dem B[X.] noch im Verfahren vor dem [X.] als Stand der Technik zitiert worden waren. Die zusätzliche Vorlage dieser Entgegenhaltungen führt entgegen der Auffassung der Klageparteien jedoch zu keiner anderen Beurteilung der Sachlage.

In [X.]2 wird von einem Verfahren berichtet, mit dem aus humanem Plasma oder [X.] Faktor [X.] für therapeutische Zwecke aufgereinigt wird (vgl. [X.]2, [X.]. 1, [X.] 5 bis 9, [X.]. 2, [X.] 53 bis 64 und [X.], [X.] 37 bis 39). Für dessen chromatographische Reinigung wird [X.] als Matrix verwendet (vgl. [X.]2, [X.]. 2, [X.] 37 bis 49 und [X.]. 3, [X.] 26 bis 33). Dabei wird in zwei Wasch-Schritten zuerst nicht-adsorbiertes Material von der Säule entfernt und anschließend [X.], Fibronektin sowie unerwünschte Proteine von der Säule gewaschen (vgl. [X.]2, [X.]. 3, [X.] 67 bis [X.], [X.] 12). Im nächsten Verfahrensschritt erfolgt eine zweistufige Elution unter Verwendung von Elutionspuffern mit steigender Ionenstärke. Bei der ersten Elution desorbiert der größte Teil des von-[X.]s, während mit der zweiten Elution der Faktor [X.] erhalten wird (vgl. [X.]2, [X.], [X.] 13 bis 37). Die [X.]2 offenbart damit ein Verfahren im Sinne des Streitpatents, welches die patentgemäßen Merkmale 1), 2) und 4) aufweist.

Im Unterschied zum streitpatentgemäßen Verfahren findet sich dort allerdings kein eindeutiger Hinweis auf den Einsatz eines Anionenaustauschers, wie im patentgemäßen Merkmal 3) vorgesehen. Fraglich erscheint nämlich, ob es sich bei der in [X.]2 verwendeten [X.] um einen reinen Anionenaustauscher handelt, da nicht deren ionische Eigenschaften, sondern vielmehr deren Zahl an hydrophoben [X.] als entscheidendes Kriterium für ihre Eignung zur chromatographischen Reinigung von Faktor [X.] in [X.]2 angesehen wird (vgl. [X.]2, [X.]. 3, [X.] 26 bis 33). Dies legt die Vermutung nahe, dass die [X.] in [X.]2 deshalb verwendet wird, weil bei diesem [X.] in erster Linie die Vorteile einer Affinitätschromatographie zum Tragen kommen. Überlegungen in diese Richtung stellt auch [X.] in seinem als Dokument [X.]1 vorgelegten Artikel aus dem [X.] über die Chromatographie des Faktors [X.] mit Sepharosen (Handelsname für quervernetzte Agarose) an, deren Oberfläche mit Diamino- oder Aminoalkanen modifiziert ist. [X.] geht in diesem Artikel der Frage nach, welche Kräfte für die Bindung des Faktors [X.] an [X.] und [X.] verantwortlich sind und zieht hierfür sowohl ionische als auch hydrophobe oder sterische Wechselwirkungen in Betracht (vgl. [X.]1, [X.]24, „Summary“ und [X.]27, li. [X.]., zweiter und dritter Abs.).

Unklar ist des Weiteren, ob die [X.] bei dem in [X.]2 angegebenen pH von 6,0 bis 8,0 tatsächlich ein schwacher Anionenaustauscher ist (vgl. [X.]2, Anspruch 1). Eine Klärung dieser Frage ist allerdings selbst unter Berücksichtigung der Angaben in dem Übersichtsartikel von [X.] (= [X.]5), der mit der Hochleistungschromatographie auf Basis von [X.] befasst ist, nicht möglich. Denn aus [X.]5 geht lediglich hervor, dass schwache Anionenaustauscher primäre und [X.] als funktionelle Gruppen auf ihrer Oberfläche tragen, während starke Anionenaustauscher quartäre Aminogruppen besitzen (vgl. [X.]5, [X.]75, zweiter Abs.). Ob die Aminohexylgruppen bei den in [X.]2 als geeignet erachteten pH-Werten allerdings als [X.] vorliegen oder aber dabei in [X.] übergehen, geht weder aus den Angaben der [X.]2 noch der [X.]5 hervor. Demzufolge liefert die [X.]2 keine konkreten Hinweise dafür, zur Lösung der dem Streitpatent zu Grunde liegenden Aufgabe einen schwachen Anionenaustauscher einzusetzen.

2 zugesetzt wird (vgl. [X.]2, [X.], [X.] 7 bis 10). Ausgehend von [X.]2 erhält der Fachmann somit keine Anregung dafür, einen Komplex aus Faktor [X.] und von-[X.] wie im patentgemäßen Merkmal 3b) zu isolieren, weshalb er sich in Kenntnis der [X.]2 auch nicht veranlasst sehen wird, an Stelle der darin verwendeten [X.] ein Austauscherharz vom Typ eines makroretikulären Vinylpolymers entsprechend dem patentgemäßen Merkmal 3a) zu verwenden, zumal sich in [X.]2 kein Hinweis dafür findet, dass die darin beschriebene Isolierung von Faktor [X.] auch mit anderen Austauscherharzen als der hierfür verwendeten [X.] möglich ist.

Nicht überzeugend ist für den [X.] daher der in diesem Zusammenhang von den Klageparteien vorgebrachte Einwand, die Daten des Beispiels 2 würden eine gemeinsame Isolierung von Faktor [X.] und von-[X.] in [X.]2 nahelegen und damit auch den Einsatz eines Austauscherharzes, wie es in den patentgemäßen Merkmalen 3) und 3a) definiert werde, ins Blickfeld des Fachmanns rücken.

Denn wie bereits ausgeführt, basiert das Verfahren der [X.]2 auf der Trennung von Faktor [X.] (Faktor [X.]: C) und von-[X.] (Faktor [X.]:R); anderenfalls würde in [X.]2 nicht die Empfehlung ausgesprochen, die Reste des von-[X.]s, die sich nach den [X.] in komplexierter Form mit Faktor [X.] noch auf der Säule befinden, mit Hilfe eines geeigneten Elutionsmittels zu entfernen (vgl. [X.]2, [X.], [X.] 13 bis 17). Gegen die Isolierung eines Komplexes aus Faktor [X.] und von [X.] spricht auch die Tatsache, dass im Verfahren der [X.]2 der von-[X.] in einem ersten Elutionsschritt und Faktor [X.] in einem zweiten Elutionsschritt getrennt voneinander von der Säule eluiert werden (vgl. [X.]2, Anspruch 1, Schritte d und e i. V. m. [X.], [X.] 22 bis 39). Die Lehre der [X.]2 liefert dem Fachmann daher weder Anregungen noch ein Vorbild dafür, Faktor [X.] und von-[X.] in komplexierter Form zu gewinnen.

Im Bezug auf die Weiterverarbeitung des Faktor [X.]-haltigen Eluats erhält der Fachmann in [X.]2 lediglich die Information, dass dieses entweder direkt als Faktor [X.]-haltiges Präparat für therapeutische Zwecke verwendet oder weiter verarbeitet werden kann, wobei die Art der Weiterverarbeitung in [X.]2 nicht näher definiert wird (vgl. [X.]2, [X.], [X.] 37 bis 39). Wie der [X.] in seinem Urteil vom 13. Juli 2010 festgestellt hat, erschließt sich dem Fachmann eine Gefriertrocknung aus derart allgemeinen Angaben allerdings nicht ohne weiteres, so dass auch das patentgemäße Merkmal 5) durch die Offenbarung der [X.]2 nicht nahegelegt wird (vgl. [X.], [X.] 62).

Anregungen dahingehend, einen Komplex aus Faktor [X.] und von-[X.] unter Einsatz eines schwachen Anionenaustauschers auf der Basis eines makroretikulären Vinylpolymers zu isolieren und diesen abschließend einer Gefriertrocknung zu unterziehen, werden dem Fachmann in [X.]2 somit jedenfalls nicht gegeben.

Eine entsprechende Lehre wird dem Fachmann auch nicht in einer Zusammenschau der [X.]2 mit der von den Klageparteien in der mündlichen Verhandlung ebenfalls diskutierten Druckschrift [X.]0 vermittelt.

Der Artikel der Autoren [X.] et al in [X.] (= [X.]0) betrifft zwar ein Verfahren zur chromatographischen Aufreinigung von Faktor [X.], bei dem als letzter Schritt eine Gefriertrocknung des Faktor [X.]-haltigen Eluats durchgeführt wird (vgl. [X.]0, [X.], Einleitung, letzter Satz und [X.], letzter Satz). Damit wird die Gefriertrocknung des patentgemäßen Merkmals 5) ins Blickfeld des Fachmanns gerückt. Anregungen, die in Richtung der patentgemäßen Merkmale 3a) und 3b) weisen würden, finden sich allerdings auch in diesem Dokument nicht. In [X.]0 wird die Reinigung des Faktors [X.] mit DEAE-Cellulose durchgeführt, bei der es sich zwar um einen schwachen Anionenaustauscher entsprechend dem patentgemäßen Merkmal 3) handelt, die aber kein Austauscherharz vom Typ eines makroretikulären Vinylpolymers - wie im patentgemäßen Merkmal 3a) gefordert - besitzt, sondern ein Harz auf [X.]. (vgl. [X.]0, [X.], Einleitung, letzter Satz und [X.], „Comment“, erster Abs.). Außer der Cellulose beziehen die Autoren der [X.]0 keine weiteren Matrizes in ihre Überlegungen mit ein, da das Ziel ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit die Überprüfung der Eignung von DEAE-Cellulose bei der Isolierung von Faktor [X.] ist. Die wissenschaftlichen Daten der [X.]0 lassen zudem keinen Zweifel daran erkennen, dass mit dem darin gezeigten Verfahren ein [X.]-freies Faktor [X.]-Konzentrat erhalten und dessen Stabilität durch die Zugabe von 0,4 % Citrat gewährleistet wird (vgl. [X.]0, [X.], Einleitung, letzter Abs. mit [X.]elle 4 sowie [X.], letzter Satz bis S. 605, [X.]. 2C und [X.], letzter Abs. oberhalb der [X.]. 4 und [X.], „Summary“, letzter Satz). Hinweise auf die Isolierung eines Komplexes aus Faktor [X.] und von-[X.], in welchem der von-[X.] die Funktion eines Stabilisators wie im streitpatentgemäßen Verfahren übernimmt, enthält die [X.]0 demzufolge nicht (vgl. [X.], Abs. [0024]).

In Kenntnis der [X.]0 wird der Fachmann auch eine sukzessive Erhöhung der [X.] Elutionspuffers nicht ohne weiteres in Betracht ziehen. Denn aus ihr geht hervor, dass sich für die Gewinnung eines [X.]-freien Faktor [X.]-Konzentrats ein System aus 2-Puffern mit zunehmender Ionenstärke gegenüber einem entsprechenden System aus 4-Puffern als vorteilhaft erweist, was allenfalls eine zweistufige aber keinesfalls eine sukzessive und damit schrittweise Erhöhung der Ionenstärke entsprechend dem patentgemäßen Merkmal 4) nahelegt (vgl. [X.]0, [X.]. 2A bis 2C i. V. m. [X.]. 1 und [X.], „Summary“, vorletzter Abs.).

Angesichts dieses Standes der Technik musste der Fachmann somit erfinderisch tätig werden, um ein Verfahren zur Trennung der [X.], [X.], Fibronektin und von-[X.] bereitzustellen, bei dem wie im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag unter Verwendung eines Anionenaustauscherharzes von vergleichsweise gemäßigtem ionischen Charakter mit einer Matrix vom Typ eines makroretikulären Vinylpolymers durch sukzessive Erhöhung der [X.] Elutionspuffers außer [X.] und [X.] auch ein Komplex aus Faktor [X.] und von-[X.] erhalten und die Faktor [X.]-Lösung abschließend gefriergetrocknet wird.

Die auf den Patentanspruch 1 mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 12 haben mit diesem Bestand.

IV.

Als Unterlegene haben die Klageparteien die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Meta

3 Ni 32/10 (EP)

27.03.2012

Bundespatentgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 27.03.2012, Az. 3 Ni 32/10 (EP) (REWIS RS 2012, 7688)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7688


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X ZR 77/12

Bundesgerichtshof, X ZR 77/12, 17.06.2014.

Bundesgerichtshof, X ZR 77/12, 18.03.2014.


Az. 3 Ni 32/10 (EP)

Bundespatentgericht, 3 Ni 32/10 (EP), 27.03.2012.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

X ZR 77/12 (Bundesgerichtshof)

Patentnichtigkeitsverfahren betreffend ein Europäisches Patent: Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit; Offenbarung eines Verfahrens zur Herstellung eines Proteinkonzentrats …


Xa ZR 10/07 (Bundesgerichtshof)


X ZR 77/12 (Bundesgerichtshof)


3 Ni 44/10 (EP) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Verfahren zur Reinigung von Antikörpermolekülen des IgG-Subtyps (europäisches Patent)" – zur Beurteilung der …


3 Ni 10/10 (EU) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – zur Ausschließung von der Ausübung des bei Mitwirkung im Verfahren vor dem Patentamt …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.