9. Senat | REWIS RS 2017, 7158
PROZESSKOSTENHILFE HINWEISPFLICHT BEDÜRFTIGKEIT Hinzufügen
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Prozesskostenhilfe - rückwirkende Bewilligung - Hinweispflicht
1. Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des [X.] - [X.] - vom 27. Februar 2017 - 14 Ta 18/16 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Rechtsbeschwerde zu tragen.
I. Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Kündigungsschutzverfahren sowie einen Zeugnisanspruch. Mit Klageschrift vom 6. Mai 2016 beantragte sein damaliger Prozessbevollmächtigter, dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung „hiesiger Sozietät“ zu bewilligen. Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sonstige Unterlagen waren dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht beigefügt. Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2016, welcher am selben Tag beim Arbeitsgericht einging, teilte die Prozessbevollmächtigte des [X.] mit, dass sich die [X.]en außergerichtlich geeinigt haben, und beantragte, den im Schriftsatz niedergelegten Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO zu protokollieren. Sie beantragte ferner, die für den Kläger bereits beantragte Prozesskostenhilfe zu bewilligen und diese auf den Abschluss des vorstehenden Vergleichs zu erstrecken. Mit Verfügung vom 20. Juni 2016 hob das Arbeitsgericht den bereits bestimmten Gütetermin auf und unterbreitete einen Vergleichsvorschlag gemäß § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO. Mit Schriftsätzen vom 21. Juni und 7. Juli 2016 stimmten die [X.]en dem Vergleichsvorschlag zu. Durch Beschluss vom 7. Juli 2016 stellte das Arbeitsgericht das Zustandekommen des Vergleichs fest.
Mit Verfügung vom 11. Juli 2016 regte das Arbeitsgericht gegenüber dem Kläger an, den [X.] zurückzunehmen, da eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht eingereicht worden sei. Diese übersandte die Klägervertreterin mit Schriftsatz vom 15. Juli 2016. Sie wies darauf hin, dass die Erklärung versehentlich nicht rechtzeitig eingereicht worden sei.
Mit Beschluss vom 8. August 2016 wies das Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurück. Mit Schriftsatz vom 9. September 2016 legte der Kläger hiergegen „Beschwerde“ ein. Mit Beschluss vom 6. Oktober 2016 half das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde des [X.] nicht ab und legte diese dem [X.] zur Entscheidung vor. Mit Beschluss vom 27. Februar 2017 wies das [X.] die sofortige Beschwerde des [X.] zurück. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe weiter.
II. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das [X.] hat die sofortige Beschwerde des [X.] gegen den ablehnenden Beschluss des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Beendigung des Rechtsstreits kommt vorliegend nicht in Betracht.
1. Nach § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann Prozesskostenhilfe lediglich für eine „beabsichtigte“ Rechtsverfolgung gewährt werden. Nach Beendigung des Rechtsstreits wird die Rechtsverfolgung nicht mehr beabsichtigt. Gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Erklärung der [X.] über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die entsprechenden Belege beizufügen. Dabei sind gemäß § 117 Abs. 4 ZPO die amtlichen Formulare zu benutzen. Tatsächlich kann erst zu dem Zeitpunkt, in dem diesen Anforderungen genügt ist, Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet werden. Eine Rückwirkung kann nur bis zu dem Zeitpunkt erstreckt werden, an dem der Antragsteller durch einen formgerechten Bewilligungsantrag von seiner Seite aus alles Erforderliche und Zumutbare für die Bewilligung getan hat ([X.] 16. Februar 2012 - 3 [X.] - Rn. 13 mwN). Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt, da nach eigenen Angaben der Prozessbevollmächtigten des [X.] versehentlich kein formgerechter Antrag gestellt wurde. Ein solcher lag damit allenfalls nach Beendigung des Rechtsstreits vor.
2. Prozesskostenhilfe war auch nicht deshalb rückwirkend zu bewilligen, weil das Arbeitsgericht vor Feststellung des Zustandekommens des Vergleichs nicht darauf hingewiesen hatte, der Antrag des [X.] sei noch nicht bescheidungsfähig, weil keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorliege. Das Arbeitsgericht war weder nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO verpflichtet, vor Feststellung des Zustandekommens des Vergleichs auf das Fehlen der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hinzuweisen, noch lässt sich eine entsprechende Hinweispflicht aus § 139 ZPO herleiten. Einem Rechtsanwalt muss die Notwendigkeit der Einreichung der formularmäßigen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bekannt sein. Eines besonderen gerichtlichen Hinweises bedurfte es daher nicht. Für eine solche Kenntnis des Rechtsanwalts ist es auch nicht erforderlich, dass er selbst angekündigt hatte, die Formularerklärung nachreichen zu wollen (so noch [X.] 5. Dezember 2012 - 3 [X.] - Rn. 13). Zudem hätte es dem anwaltlich vertretenen Kläger freigestanden, den Vergleich zunächst abzulehnen und weiterhin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu verlangen (vgl. [X.] 2. Juli 2012 - 2 BvR 2377/10 - Rn. 13). Deshalb kommt auch nicht ausnahmsweise eine rückwirkende Bewilligung in Betracht, weil die verspätete Einreichung unverschuldet gewesen wäre.
III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Meta
31.07.2017
Beschluss
Sachgebiet: AZB
vorgehend ArbG Mannheim, 8. August 2016, Az: 4 Ca 112/16, Beschluss
§ 118 Abs 2 S 4 ZPO, § 114 Abs 1 S 1 ZPO, § 117 Abs 2 S 1 ZPO, § 117 Abs 4 ZPO, § 139 ZPO
Zitiervorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 31.07.2017, Az. 9 AZB 32/17 (REWIS RS 2017, 7158)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 7158
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
3 AZB 40/12 (Bundesarbeitsgericht)
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