Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.02.2015, Az. VIII ZR 154/14

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 16052

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BUNDES[X.]RICHTSHOF

I[X.] NA[X.]EN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 154/14
Verkündet am:

4. Februar 2015

Vorusso,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

[X.] § 573 Abs. 2 Nr. 2, § 242 Cd

a)
Der Vermieter, der eine Wohnung auf unbestimmte [X.] vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, sie alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen, setzt sich mit einer später hierauf gestützten Eigenbedarfskündigung zu seinem früheren [X.] in Widerspruch, wenn er den [X.]ieter, der mit einer längeren [X.]ietdauer rechnet, bei Vertragsschluss nicht über die Aussicht einer begrenzten [X.]ietdauer aufklärt. Die ausge-sprochene Eigenbedarfskündigung ist in diesen Fällen wegen Rechtsmissbrauchs unwirk-sam (Bestätigung von [X.], Urteil vom 21.
Januar 2009, [X.], [X.], 1139; Beschluss vom 6. Juli 2010 -
VIII [X.], [X.], 512).
b)
Der Vermieter ist weder verpflichtet, von sich aus vor Abschluss eines unbefristeten [X.]iet-vertrags unaufgefordert Ermittlungen über einen möglichen künftigen Eigenbedarf anzu-konkret vorhersehbare [X.]en zu unterrichten (Fortführung von [X.], Urteil vom 20. [X.]ärz 2013 -
[X.], [X.], 1596).
c)
Daher liegt kein Rechtsmissbrauch vor, wenn der Vermieter einen unbefristeten [X.]ietver-trag wegen eines nach Vertragsschluss entstandenen Eigenbedarfs kündigt und das Ent-stehen dieses Eigenbedarfs für ihn

gewesen wäre, er jedoch bei Vertragsabschluss eine solche Kündigung nicht zumindest erwogen hat.
d) Etwas anderes hat allerdings dann zu gelten, wenn der Vermieter anlässlich des [X.] sich aus oder auf Fragen des [X.]ieters vorsätzlich unrichtige Anga-ben über den derzeitigen Stand ihm bekannter, für die Beurteilung einer Eigenbedarfssi-tuation maßgebender Tatsachen gemacht hat (Fortführung von [X.], Urteil vom 20. [X.]ärz 2013 -
[X.], [X.], 1596).

[X.], Urteil vom 4. Februar 2015 -
VIII ZR 154/14 -
LG [X.]annheim

AG [X.]annheim

-
2 -
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
4. Februar 2015 durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin-nen
Dr. [X.] und [X.] sowie [X.]
Bünger
und Kosziol
für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 4. Zivilkammer des [X.] vom 17. April 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagte bewohnt aufgrund eines mit dem Kläger am 14. April 2011 abgeschlossenen [X.]ietvertrags eine Zweizimmerwohnung in [X.].

. Das zum 1. [X.]ai 2011 begründete [X.]ietverhältnis läuft auf unbestimmte [X.].
[X.]it Schreiben vom 28. Februar 2013 kündigte der Kläger das [X.]ietver-hältnis wegen Eigenbedarfs zum 31. [X.]ai 2013. Als Grund für die Kündigung führte er an, seine 20 Jahre alte Tochter, die nach ihrem Abitur einen [X.]saufenthalt angestrebt habe und sich derzeit in [X.] befinde, werde am 18. Juli 2013 nach [X.] zurückkehren und danach eine Arbeitsstelle bei dem Unternehmen W.

in F.

antreten sowie ein berufs-1
2

-
3 -
begleitendes Studium an der Berufsakademie in [X.].

aufnehmen. Sie sei deswegen an den Kläger mit dem Wunsch herangetreten, eine eigene abge-schlossene Wohnung zu beziehen. Vor ihrem Auslandsaufenthalt habe sie [X.] bei ihren Eltern bewohnt.
Die Tochter des [X.] hatte im Juni 2012 ihr Abitur abgelegt und ab Ende August 2012 einen einjährigen Auslandsaufenthalt angetreten.
Die Beklagte widersprach der Kündigung mit -
dem Kläger am selben Tag zugegangenem -
Schreiben vom 27. [X.]ärz 2013. Sie hat unter anderem geltend gemacht, die ausgesprochene Kündigung sei deswegen rechtsmiss-bräuchlich, weil der Eigenbedarf für den Kläger bei Abschluss des [X.]ietvertrags vorhersehbar gewesen sei.

Der daraufhin vom Kläger erhobenen Klage auf Räumung
und Heraus-gabe der Wohnung
hat das Amtsgericht stattgegeben und der [X.] eine Räumungsfrist bis 31. Januar 2014 bewilligt. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] die Klage abgewiesen. [X.]it seiner
vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt der
Kläger sein
Räumungs-
und [X.] weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat
Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
-
soweit für das Revisionsverfahren von Interesse -
im Wesentlichen ausgeführt:
3
4
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6
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-
4 -
Der
Kläger habe gegen die Beklagte
keinen Räumungs-
und Herausga-beanspruch nach §§ 546, 985 [X.]. Seine
Eigenbedarfskündigung vom 28.
Februar 2013 sei rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam.
Ein Vermieter setze sich zu seinem eigenen Verhalten dann in [X.], wenn er eine Wohnung auf unbestimmte [X.] vermiete, obwohl er [X.] entschlossen sei oder zumindest erwäge, sie alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen. Er dürfe dem [X.]ieter, der mit einer längeren [X.] rechne, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Nutzungsdauer nicht [X.].
Vorliegend sei zwar weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger bei Abschluss des [X.]ietvertrags erwogen habe, die Wohnung seiner Tochter zu überlassen. Für die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens reiche es [X.] bereits aus, wenn bei Vertragsschluss hinreichend konkrete Anhaltspunk-te dafür vorlägen, dass das [X.]ietverhältnis nur von kurzer Dauer sein werde. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Vermieter den [X.]ieter bei Abschluss des [X.]ietvertrags auch auf einen nur möglichen Eigenbedarf
-
beispielsweise im Hinblick auf heranwachsende Kinder -
hinweisen müsse, habe der [X.] bislang offen gelassen. Die Berufungskammer
ge-he aber mit der herrschenden [X.]einung davon aus, dass ein Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben (§ 242 [X.])
bereits dann anzunehmen sei, wenn der Vermieter den künftigen Eigenbedarf bei vorausschauender Planung hätte in Erwägung ziehen müssen. Auch der [X.] habe zuletzt das [X.] herangezogen.
Aus den Bekundungen der Tochter des [X.] und dessen ergänzen[X.] Angaben ergäben sich für den [X.]punkt des Vertragsabschlusses erhebli-8
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-
5 -
che Anhaltspunkte für einen zu erwartenden Eigenbedarf. Für den Kläger habe klar sein müssen, dass seine Tochter nach einem einjährigen Auslandsaufent-halt eine Ausbildung in der Region beginne werde. Diese
habe nur Ausbil-dungsstellen in [X.].

, [X.]

, F.

und [X.]a.

in Erwä-gung gezogen. Wenngleich sie sich bei Abschluss des [X.]ietvertrags
noch keine konkreten Vorstellungen über einen Auszug aus dem elterlichen Heim gemacht haben möge, hätte der Kläger bei verständiger Würdigung dieser Umstände den Eigenbedarf voraussehen können und müssen.
Es entspreche durchaus der Lebenswahrscheinlichkeit, dass eine 20jährige Tochter nach einem im [X.] verbrachten Jahr nicht mehr in das elterliche Haus einziehen, sondern vielmehr alleine wohnen wolle. Denn es liege nahe, dass Kinder die einmal er-fahrene Unabhängigkeit nicht wieder aufgeben wollten. Zudem sei nach den Bekundungen der Tochter des [X.] mit diesem darüber gesprochen worden, dass sie nach einem etwaigen Auszug aus dem elterlichen Anwesen in eine der Wohnungen des [X.] ziehen
könne.
Bei umsichtiger [X.] wäre dem Kläger im April 2011 auch klar geworden, dass ein Eigenbedarf hinsichtlich der konkret betroffenen Wohnung in Betracht gekommen sei. Denn der Kläger habe trotz seines erheblichen Im-mobilienbesitzes nur über wenige Wohnungen verfügt, die als erste Wohnung für seine Tochter hätten dienen können. Andere [X.] [X.] nicht frei geworden; die größeren Wohnungen hätten als Renditeobjekte ge-nutzt werden sollen.
Die
aufgeführten
Erwägungen hätten den Kläger veranlassen müssen, die Beklagte vor dem Abschluss des [X.]ietvertrags auf einen möglichen [X.] hinzuweisen. Da er den gebotenen Hinweis unterlassen habe, könne er sich auf den geltend gemachten Eigenbedarf nicht berufen.
12
13

-
6 -
II.
Diese Beurteilung hält
rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Das [X.] hat die auf § 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gestützte Kündigung des [X.] rechtsfehlerhaft wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 [X.]) für
unwirksam gehalten. Dabei hat es unzutreffende [X.]aßstäbe
angelegt.
1. Das Berufungsgericht hat -
im Hinblick auf die von ihm angenommene Rechtsmissbräuchlichkeit der Kündigung -
keine Feststellungen dazu getroffen, ob der vom Kläger geltend gemachte Eigenbedarf tatsächlich besteht. Die [X.] hat in der Berufungsinstanz unter Beweisantritt vorgebracht, der [X.] (Benötigen der Wohnung für die Tochter des [X.]) sei nur vorge-schoben, denn der Kläger habe auf eine von ihr gegen eine Betriebskostenab-rechnung erhobene Beanstandung erklärt, "[]
jetzt folge eine Kündigung". Der Kläger hat diese Behauptung bestritten, weswegen das Berufungsgericht die Vernehmung der hierfür angebotenen Zeugen angeordnet hat. Hiervon hat es später jedoch im Hinblick auf seine zwischenzeitlich gewonnene Überzeu-gung abgesehen, die Geltendmachung des Eigenbedarfs sei rechtsmissbräuch-lich. Für das Revisionsverfahren ist daher zu unterstellen, dass die Kündigung vom 28.
Februar 2013 auf einen tatsächlich bestehenden Eigenbedarf
gestützt wurde.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die vom Kläger am 28. Februar 2013 ausgesprochene Eigenbedarfskündigung nicht wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 [X.]) unwirksam.
Die Frage, ob ein rechtsmiss-bräuchliches Verhalten vorliegt, unterliegt zwar der tatrichterlichen Würdigung ([X.]surteil vom 20. [X.]ärz 2013 -
[X.], [X.], 1596 Rn. 11). [X.] kann aber überprüft werden, ob der Tatrichter den Sachver-halt zutreffend festgestellt hat, ob er den Rechtsbegriff der unzulässigen 14
15
16

-
7 -
Rechtsausübung richtig erfasst hat und ob seine Wertung gegen Denk-
oder Erfahrungssätze verstößt ([X.], Beschluss
vom 9. Juli 2007 -
II ZR 95/06, NJW-RR 2007, 1676 Rn. 9). Einer Prüfung an diesem [X.]aßstab hält das Beru-fungsurteil nicht stand.
a) Beizupflichten ist dem
Berufungsgericht allerdings im Ausgangspunkt darin, dass eine Eigenbedarfskündigung dann wegen Rechtsmissbrauchs (§
242 [X.]) unwirksam ist, wenn sich der Vermieter
mit ihrem Ausspruch zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setzt (vgl. [X.]surteile
vom 21.
Januar 2009 -
[X.], [X.], 1139, Rn. 16 f.; vom 20. [X.]ärz 2013 -
[X.], [X.]O Rn. 12). Wie der [X.] im [X.] an die Recht-sprechung des [X.] ([X.] 79, 292, 308 ff.; NJW-RR
1993, 1357) entschieden hat, liegt ein rechtsmissbräuchliches Verhalten in die-sem Sinne dann vor, wenn der Vermieter Wohnraum
auf unbestimmte [X.] vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, ihn
als-bald selbst in Gebrauch zu nehmen. Er darf in diesen Fällen dem [X.]ieter, der mit einer längeren [X.]ietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundenen Be-lastungen dann nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter [X.]ietdauer nicht aufklärt ([X.]surteile vom 21.
Januar 2009 -
[X.], [X.]O Rn. 17; vom 20. [X.]ärz 2013 -
[X.], [X.]O Rn.
12; [X.]sbeschlüsse vom 13. April 2010 -
VIII [X.], [X.], 575 Rn. 2 [Hinweisbeschluss], und vom
6. Juli 2010 -
VIII [X.], [X.], 512 Rn. 3 [Zurückweisungsbeschluss]).
Für den [X.]ieter ist ein sich abzeichnen-der Eigenbedarf des Vermieters vor allem für die Entscheidung von Bedeutung, ob er eine Wohnung überhaupt anmieten und damit das Risiko eines Umzugs nach verhältnismäßig kurzer [X.]ietzeit eingehen will ([X.]surteile
vom 21.
Januar 2009 -
[X.], [X.]O Rn. 19; vom 20. [X.]ärz 2013 -
[X.], [X.]O; [X.]sbeschluss vom 13. April 2010 -
VIII [X.], [X.]O).

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-
8 -
b) Rechtsfehlerhaft lässt das Berufungsgericht es jedoch für die Annah-me eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Vermieters genügen, dass
dieser einen künftigen Eigenbedarf bei Abschluss des [X.]ietvertrags zwar nicht konkret erwägt, aber bei vorausschauender Planung
aufgrund hinreichend kon-kreter Anhaltspunkte hätte in Erwägung ziehen müssen
und
den mit einer län-geren [X.]ietdauer rechnenden [X.]ieter
nicht ungefragt über einen solchen mögli-chen Eigenbedarf unterrichtet. Eine solche Fallgestaltung erfüllt -
was der [X.] bislang offen lassen konnte ([X.]surteil vom 21. Januar 2009 -
[X.], [X.]O Rn. 19; [X.]sbeschluss vom 13. April 2010 -
VIII [X.], [X.]O) -
nicht die rechtlichen Voraussetzungen eines
Rechtsmissbrauchs.
[X.]) Die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung entspricht
zwar ei-ner in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum weit verbreiteten [X.]einung, die vom Vermieter, der einen unbefristeten [X.]ietvertrag abschließen will, [X.], eine vorausschauende Prüfung über das künftige Entstehen eines [X.]s anzustellen (so genannte "[X.]"), wobei meist in Anleh-nung an die nach altem Recht bei [X.]mietverträgen geltende Höchstfrist (§
564c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] aF) auf einen Bedarfszeitraum von fünf Jahren abgestellt wird.

Dabei soll nach einer -
vorwiegend in der Instanzrechtsprechung vertre-tenen -
Auffassung ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Vermieters schon dann vorliegen, wenn der bei Abschluss des [X.]ietvertrags nicht offenbarte (künf-tige) Eigenbedarf lediglich eine bloße [X.]öglichkeit darstellte, die der Vermieter angesichts seiner familiären Umstände bei vorausschauender Planung hätte in Betracht ziehen müssen
([X.], Wu[X.] 1991, 691
f.; LG
Hamburg, NJW-RR 1993, 80; NJW-RR 1994, 465, 466; [X.], Wu[X.] 1994, 331
f.; [X.], Wu[X.] 1996, 416 f.; [X.], NZ[X.] 1998, 433, 434; [X.], [X.] 2008, 387, 388; LG
Göttingen, Urteil vom 8. Juli 2009 -
5 [X.], [X.] 18
19
20

-
9 -
2010, 18173; [X.], Z[X.]R 2012, 357; OLG [X.]ünchen, Wu[X.] 2009, 359 unter Bezugnahme auf [X.], Wu[X.] 2009, 358, 359; AG
Winsen, Wu[X.] 2006, 622, 623; wohl auch [X.]/[X.], Stand [X.]ai 2014, §
573 Rn.
67).

Andere, überwiegend im Schrifttum anzutreffende Stimmen
nehmen ei-nen etwas restriktiveren Standpunkt ein und bejahen
mit unterschiedlichen Nu-ancen einen Rechtsmissbrauch nur dann, wenn bei Abschluss des [X.]ietvertrags konkrete (greifbare) Anhaltspunkte für einen künftigen
Eintritt eines
[X.]s
vorlagen, aufgrund derer
der Vermieter einen solchen bei vorausschau-ender Planung hätte in Erwägung ziehen müssen ([X.], Wu[X.]
2003, 332;
AG [X.], Urteil vom 4. Februar 2004 -
23 [X.], juris Rn. 16;
Bub/[X.]/Grapentin, Handbuch der Geschäfts-
und Wohnraummiete, 4.
Aufl., [X.] IV Rn. 145
f.; [X.], [X.]ietrecht aktuell, 4.
Aufl., Rn.
[X.] und Rn.
162; [X.], [X.], 5.
Aufl., § 564b [X.] aF Rn.
72; [X.], [X.]ietrecht, 11.
Aufl.,
§
573 [X.] Rn.
138;
[X.]ünchKomm[X.]/Häublein, 6.
Aufl., §
573 Rn.
79; [X.]/
[X.], [X.]ietrecht, 2013, §
573 [X.] Rn.
81,
85; [X.]/
[X.]/[X.]eyer-Abich, Handbuch der Wohnraummiete, 7. Aufl., § 117 Rn.
21; [X.], [X.] 2014, 976, 978; ähnlich auch LG Frankfurt
am [X.]ain, Wu[X.] 2007, 635, 637).
Beiden Auffassungen ist gemein, dass letztlich bereits eine fahrlässige Fehleinschätzung den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs rechtfertigen soll; es sei
nicht erforderlich, dass der Vermieter den vorhersehbaren [X.] tatsächlich in Erwägung gezogen habe
([X.], NZ[X.] 1998, 433, 434; [X.], NJW-RR 1994, 465, 466; [X.], [X.]O S. 417; [X.], [X.]O; LG
Göttingen, [X.]O; [X.], [X.]O; [X.], [X.]O; [X.], [X.]O; [X.]/[X.], [X.]O).

21

-
10 -
[X.]) Eine andere
Auffassung nimmt demgegenüber ein widersprüchliches Verhalten des Vermieters nicht bereits dann an,
wenn der Vermieter das Ent-stehen eines künftigen Eigenbedarfs (als bloße [X.]öglichkeit oder aufgrund kon-kreter Anhaltspunkte) hätte vorhersehen können oder müssen, sondern [X.] hierfür das Vorliegen eines
über die Fahrlässigkeit hinausgehenden
sub-jektiven
Elements, nämlich die "Absicht"
(das "Entschlossensein"), den Wohn-raum
einer baldigen Eigennutzung zuzuführen, oder zumindest das
(ernsthafte) "Erwägen"
einer solchen Nutzung ([X.], Wu[X.] 1998, 316; LG [X.]üns-ter, NJW-RR 1990, 1354, 1355; LG [X.]annheim, [X.] 1990, 309; [X.], Wu[X.] 1992, 542, 543; [X.], [X.] 1990, 255
und
493; Soergel/[X.], [X.], 13.
Aufl., § 573 Rn. 37; [X.]/[X.], [X.], § 573 [X.] Anm. 21; wohl auch Sonnenschein, NJW 1993, 161, 168;
[X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2014, § 573 Rn. 116;
[X.]/Sonnenschein/[X.], [X.]iete, 11. Aufl., § 573 Rn. 53).

[X.]) Der letztgenannten Auffassung gebührt der Vorzug, weil nur sie mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien für
das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs in Gestalt eines widersprüchlichen Verhal-tens in Einklang steht. Die Stimmen in der Instanzrechtsprechung und in der Literatur, die dem Vermieter in unterschiedlichen Ausprägungen die Verpflich-tung auferlegen, eine "[X.]"
anzustellen, und ihm ein rechtsmiss-bräuchliches Verhalten schon dann anlasten, wenn er einen sich mehr oder minder abzeichnenden künftigen
Eigenbedarf
nicht in Betracht zieht, verkennen den auf [X.]issbrauchsfälle beschränkten Charakter
des widersprüchlichen [X.]s
und ersetzen diesen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem ausgeformten Tatbestand durch allgemeine Billigkeitserwägungen. [X.] berücksichtigen sie
zum einen nicht hinreichend die von Art. 14 Abs.
1 GG geprägte Rechtsstellung des Vermieters bei der Festlegung eines Eigenbedarfs 22
23

-
11 -
und wählen zum anderen
einen unzutreffenden Ausgangspunkt für die im Rah-men des § 242 [X.] anzustellende Beurteilung, ob sich der Vermieter mit sei-nem späteren Vorgehen in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten setzt und ob dieses einen Vertrauenstatbestand
geschaffen hat.

(1) Ein widersprüchliches Verhalten liegt vor, wenn sich eine [X.] zu ih-rem früheren Verhalten inhaltlich in Widerspruch setzt ([X.], Urteil vom 5. Juni 1997 -
X ZR
73/95, NJW 1997, 3377 unter [X.]). Nicht jeder Widerspruch zwi-schen zwei Verhaltensweisen ist jedoch als unzulässige Rechtsausübung zu werten. Vielmehr ist widersprüchliches Verhalten (venire contra factum propri-um) erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauens-tatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen ([X.], Urteile vom 5. Juni 1997 -
X [X.], [X.]O; vom 17. Februar 2005 -
III ZR 172/04, [X.]Z 162, 175, 181;
vom 15. November 2012 -
IX ZR 103/11, NJW-RR 2013, 757 Rn. 12; vom 16. Juli 2014 -
IV ZR 73/13, NJW 2014, 2723 Rn. 33).

Entscheidend sind letztlich die Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Für die Bewertung, ob ein Rechtsmissbrauch vorliegt, fallen auch ein etwaiges [X.] und dessen Grad ins Gewicht ([X.]surteil vom 12. Juni 2002
-
VIII ZR 187/01, [X.], 3110 unter [X.]). Ein Verschulden ist für den Vor-wurf des Rechtsmissbrauchs, der aus widersprüchlichem Verhalten hergeleitet werden
soll, aber nicht zwingend
erforderlich ([X.], Urteile vom 20. [X.]ärz 1968 -
VIII
ZR 127/67, W[X.] 1968, 876 unter 3 c; vom 31. Januar 1975 -
IV ZR 18/74, [X.]Z 64, 5, 9; vom 12. November 2008 -
XII [X.], [X.], 1343 Rn.
41). Nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] kann daher eine Rechtsausübung unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späte-24
25

-
12 -
ren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick [X.] vorrangig schutzwürdig erscheinen (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom 12.
November 2008 -
XII [X.], [X.]O; vom 15. November 2012 -
IX ZR 103/11, [X.]O; vom 9. [X.]ai 2014 -
V [X.], NJW 2014, 2790 Rn. 41; vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.]O; jeweils [X.]). Hierbei handelt es sich [X.] um einen engen Ausnahmetatbestand ([X.], Urteil vom 15.
November 2012 -
IX ZR 103/11, [X.]O Rn. 13).

Ist durch das frühere Verhalten der [X.] kein schutzwürdiges Vertrauen der Gegenseite begründet worden, ist ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht zu ziehen, etwa bei einem un-lösbaren Widerspruch zwischen früherer
und späterer Rechtsausübung
([X.], Urteile vom 20. September 1995 -
VIII ZR 52/94, W[X.] 1995, 2073 unter [X.]; vom 1. Juli 2014 -
VI [X.], [X.], 1226 Rn. 42; jeweils [X.]).

(2) Gemessen an diesen [X.]aßstäben liegt in den Fällen, in denen ein Vermieter einen unbefristeten [X.]ietvertrag wegen eines nach Vertragsabschluss entstandenen Eigenbedarfs kündigt, kein Rechtsmissbrauch vor, wenn das künftige Entstehen des Eigenbedarfs zwar im Rahmen einer "[X.]"
zum [X.]punkt des Vertragsabschlusses erkennbar gewesen wäre, der [X.] aber zu diesem [X.]punkt weder entschlossen war, alsbald Eigenbedarf gel-tend zu machen, noch ein
solches Vorgehen erwogen, also ernsthaft in [X.] gezogen,
hat. In diesen Fällen ist dem Vermieter schon ein widersprüch-liches Verhalten nicht anzulasten. Zudem wird
durch den Abschluss des unbe-fristeten [X.]ietvertrags kein schutzwürdiges Vertrauen des [X.]ieters dahin begrün-det, dass eine spätere Eigenbedarfskündigung nicht auf solche Umstände ge-stützt wird, deren Eintritt für den Vermieter im Rahmen einer vorausschauender 26
27

-
13 -
Lebensplanung allgemein oder jedenfalls aufgrund konkreter Anhaltspunkte vorhersehbar gewesen wäre, von ihm aber nicht zumindest erwogen worden ist.
(a) Ein Vermieter, der eine Eigenbedarfskündigung auf nach Abschluss des [X.]ietvertrags entstandene Umstände stützt, deren Eintritt möglich oder [X.] konkret vorhersehbar, von ihm aber bei Vertragsschluss nicht erwogen worden
war, setzt sich hierdurch
mit seinem früheren Verhalten regelmäßig schon nicht inhaltlich
in Widerspruch.

([X.]) Anders als die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum meint, kommt es für die Bewertung, ob sich ein Vermieter mit einer Eigenbedarfskündigung zu
seinem früheren Verhalten bei Abschluss ei-nes unbefristeten
[X.]ietvertrags sachlich in Widerspruch setzt, nicht darauf an, ob das Entstehen einer [X.] für ihn erkennbar war, sondern allein darauf, welcher Aussagegehalt seinem Verhalten bei Vertragsabschluss zukommt. Bei verständiger und objektiver Betrachtung bringt aber ein Vermieter dadurch, dass er dem [X.]ieter ein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten [X.]ietvertrags unterbreitet und diesem nicht von sich aus Angaben über den Stand und die mögliche Entwicklung seiner familiären und persönlichen [X.] (etwa Heranwachsen von
Kindern, drohende Trennung von Familien-angehörigen, Erkrankung, berufliche Veränderungen) macht, nicht zum Aus-druck, dass er die [X.]öglichkeit eines alsbaldigen Entstehens einer [X.]ssituation unaufgefordert geprüft hat und nach derzeitigem Erkenntnisstand ausschließen kann.

([X.]) Wer in solchen Fällen dem Schweigen des Vermieters in Verbin-dung mit dem Angebot auf Abschluss eines unbefristeten [X.]ietvertrags einen solchen Inhalt beimessen will, verkennt
bereits, dass nicht allein das Vorliegen objektiver
Umstände zum Entstehen von Eigenbedarf führt;
entscheidend ist 28
29
30

-
14 -
vielmehr, ob diese beim Vermieter einen (ernsthaften)
Selbstnutzungswunsch auslösen
(vgl. [X.], Wu[X.] 1992, 542, 543).
Ob ein Eigenbedarf eintritt, hängt damit letztlich vom Verlauf des Entscheidungsprozesses beim Vermieter ab.
Weiter übersehen diese Stimmen, dass der Entschluss des Vermieters, sein Eigentum selbst oder für seine Familien-
oder Haushaltsangehörigen (§
573 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) zu nutzen, Teil der durch Art. 14 Abs.

1
GG garantier-ten
Verfügungsbefugnis ist und infolgedessen nur eingeschränkt der gerichtli-chen Überprüfung unterworfen ist ([X.] 79, 292, 305). Zu der sich aus dem Eigentumsgrundrecht ergebenden Befugnis des Vermieters gehört auch die Entscheidung darüber, von welchem [X.]punkt an ein Wohnbedarf Anlass für eine Eigenbedarfskündigung sein soll ([X.], NZ[X.] 1999, 659, 660). Dabei ist zu beachten, dass der Wunsch, eine bestimmte Wohnung zu nutzen, sich nicht ausschließen oder in erster Linie an objektiven Kriterien messen lässt ([X.] 79, 292, 305; [X.], NJW
1994, 309, 310).
Die Gerichte dürfen dem Vermieter daher keine mit rechtlichen Risiken behaftete Lebensplanung ansinnen, die er im Rahmen seines Rechts, sein Ei-gentum nach seinen Vorstellungen zu nutzen, nicht anzustellen brauchte ([X.], NJW-RR 1993, 1357, 1358; NJW 1993, 2166, 2167). Würde vom Vermieter bei Abschluss eines [X.]ietvertrags eine sich auf bis zu fünf Jahren
er-streckende Lebensplanung verlangt werden, würde dessen verfassungsrecht-lich garantierte Freiheit
missachtet, über die Verwendung seines Eigentums innerhalb der gesetzlichen Grenzen frei zu bestimmen (Soergel/[X.], [X.]O Rn. 37).
([X.]) Davon ausgehend kann das Verhalten eines Vermieters, der ein [X.] auf Abschluss eines unbefristeten [X.]ietvertrags unterbreitet und dabei

31
32
33

-
15 -
-
ungefragt -
keine Angaben zu einer künftigen
[X.] macht, bei objektiver und verständiger Betrachtung
regelmäßig nicht dahin gedeutet wer[X.], er habe auf der Grundlage seiner Lebensumstände und der seiner Fami-lienangehörigen
unter Einbeziehung
möglicher oder sich konkret abzeichnender Lebens-
oder [X.] eine "[X.]"
angestellt und könne daher für absehbare [X.] das mögliche Entstehen eines Eigenbedarfs aus-schließen.
Vielmehr kann einem solchen
Verhalten objektiv betrachtet und redli-cherweise nur entnommen werden, dass der Vermieter bislang weder den Ent-schluss gefasst hat, in nächster [X.] den Wohnraum für sich oder den nach §
573 Abs. 2 Nr. 2 [X.] privilegierten Kreis Dritter in Anspruch zu nehmen, noch einen solchen Schritt erwägt, also ernsthaft in Betracht zieht. Denn in die-sen Fällen hat der für das Entstehen eines Eigenbedarfs notwendige Entschei-dungsprozess des Vermieters entweder schon stattgefunden oder zumindest begonnen, so dass das künftige Entstehen eines Eigenbedarfs feststeht oder sich zumindest "abzeichnet"
und dieser rechtlich in der Lage wäre, dem [X.]ieter eine Alternative, nämlich den Abschluss eines befristeten [X.]ietvertrags (§ 564c Abs. 1 Satz 1 Nr.
1 Buchst. a [X.] aF; §
575 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]) anzubie-ten ([X.] 79, 292, 308 ff.; [X.], NJW-RR 1993, 1357, 1358; NJW 1993, 2166 f.).

Ein befristeter [X.]ietvertrag kann gemäß § 575 Abs. 1 Satz 1 [X.] abge-schlossen werden, wenn der Vermieter die Räume nach Ablauf der [X.]ietzeit für sich, seine Familien-
oder Haushaltsangehörigen nutzen will. Die Entscheidung hierfür muss noch nicht endgültig gefallen sein; es genügt vielmehr eine [X.]e Absicht ([X.]surteil vom 18. April 2007 -
VIII ZR 182/06, NJW 2007, 2177 Rn. 24) beziehungsweise -
falls sich der Vermieter über seine [X.]sabsichten noch nicht endgültig schlüssig geworden ist -
auch ein (ernsthaf-34
35

-
16 -
tes) Erwägen ([X.] 79, 292, 308). Wenn der Vermieter in solchen Fällen einen unbefristeten [X.]ietvertrag abschließt, ohne dem [X.]ieter -
wozu er bei [X.] eines befristeten [X.]ietvertrags sogar gesetzlich verpflichtet wäre (§
575 Abs. 1 Satz 1 2.
Halbs. [X.]) -
auf eine beabsichtigte oder zumindest ([X.]) erwogene künftige Nutzung durch sich oder einen gemäß § 573 Abs.
2 Nr. 2 [X.] privilegierten Familien-
oder Haushaltsangehörigen hinzuweisen, gibt er damit objektiv betrachtet zu verstehen, dass er einen solchen Schritt weder be-absichtigt noch erwägt.

(dd) In diesem
Sinne ist auch die Rechtsprechung des [X.] zu verstehen. Ein Rechtsmissbrauch in der Erscheinungsform des widersprüchlichen Verhaltens wird dort nur für die Fälle
angenommen, in denen der Vermieter in Kenntnis oder in Erwartung der bei Vertragsabschluss nicht offenbarten, später aber geltend gemachten [X.] einen unbefristeten [X.]ietvertrag abgeschlossen hat, obwohl er einen befristeten [X.]iet-vertrag hätte abschließen können
([X.] 79, 292, 308 ff.; [X.], NJW-RR 1993, 1357, 1358; vgl. auch [X.], NJW 1992, 3032, 3033). Soweit das [X.] dabei verschiedentlich ausgesprochen
hat, eine Kündi-gung wegen Eigenbedarfs dürfe nicht aus Gründen erfolgen, die bereits bei [X.] des [X.]ietvertrags vorgelegen hätten ([X.] 79, 292, 308
f.;
[X.], NJW-RR 1993, [X.]O),
sind
damit ausschließlich -
wie die sich daran anschlie-ßenden Ausführungen
jeweils zeigen -
die Fälle der beabsichtigten oder zumin-dest erwogenen Eigennutzung gemeint.
(ee) Ein
Vermieter setzt sich also grundsätzlich nur dann in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten, wenn er die Eigenbedarfskündigung auf Gründe stützt, die ihn zum [X.]punkt des Vertragsschlusses schon den Entschluss ha-ben fassen lassen, die Wohnung für sich selbst oder seine Familien-
oder Haushaltsangehörigen in Gebrauch zu nehmen, oder aufgrund derer er eine 36
37

-
17 -
solche Nutzung zum damaligen [X.]punkt (ernsthaft)
erwogen hat. Um einen solchen Widerspruch aufzulösen, muss er den [X.]ieter, der mit einer längeren [X.]ietdauer rechnet und rechnen darf, ungefragt über die beabsichtigte oder [X.] in Absicht genommene Begrenzung der [X.]ietdauer aufklären ([X.] 79, [X.]O; [X.], NJW-RR 1993, [X.]O).

Abgesehen von diesen Fallgestaltungen kommt
ein widersprüchliches Verhalten des Vermieters dann in Betracht, wenn er anlässlich des Vertrags-schlusses von sich aus oder auf konkrete Fragen des [X.]ieters vorsätzlich
un-richtige Angaben ("Wissenserklärung") über den derzeitigen Stand ihm bekann-ter, für die Beurteilung einer [X.] maßgebender
Tatsachen macht
(vgl. [X.]surteil vom 20. [X.]ärz 2013 -
[X.], [X.]O Rn.
14). [X.] kommt es entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere den Inhalt der vom [X.]ieter gestellten Fragen an. Fahrlässige Falschangaben zu solchen Tatsachen oder gar (schuldhafte
oder schuldlose) Fehleinschätzungen über die Entwicklung der [X.] können dagegen nicht die Grundlage für ein widersprüchliches Verhalten bilden, denn vom Vermieter kann nicht verlangt werden, dass er bei dem nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.] privi-legierten Personenkreis Erkundigungen darüber einzieht, wie deren [X.] in den nächsten Jahren
(wohl) aussehen wird, und sich darüber schlüssig wird, wie sich sein eigenes Leben in den nächsten Jahren (wohl) entwickeln wird
(vgl. [X.], [X.]O; LG [X.]ünster, [X.]O; Soergel/[X.], [X.]O).
Soweit im Berufungsurteil anklingt, dem [X.]surteil vom 20. [X.]ärz 2013 ([X.]) könne angesichts der Verwendung des Begriffes "absehbar"
entnom-men werden, der [X.] sehe den Vermieter zu einer vorausschauenden Pla-nung
verpflichtet, übersieht das Berufungsgericht
hierbei, dass dieser Begriff nicht vom [X.] geprägt, sondern von den damaligen [X.]en gebraucht
[X.] war. Der [X.] hat aus
den Erklärungen der Vermieterseite zur "[X.]"
eines Eigenbedarfs gerade keine Verpflichtung des Vermieters zur Ermitt-38

-
18 -
lung der künftigen Lebensplanung seiner Angehörigen und zur Beurteilung sei-ner eigenen Lebensplanung abgeleitet, sondern im Gegenteil ausgeführt, die Angaben des Vertreters der Vermieterin bezüglich der
"[X.]"
eines Eigenbedarfs hätten sich auf den damaligen Stand bezogen; ein auf künftige Entwicklungen bezogener Vertrauenstatbestand sei dadurch nicht erweckt [X.], denn die persönlichen Verhältnisse eines Vermieters und seiner Familien-angehörigen könnten sich ändern ([X.]surteil vom 20. [X.]ärz 2013 -
[X.], [X.]O).

(b) Das Verhalten des
Vermieters, der nach Abschluss des [X.]ietvertrags Eigenbedarf geltend macht, hierzu aber bei Vertragsabschluss weder [X.] war noch dies erwogen hatte und der auch über ihm bekannte, für das Entstehen von Eigenbedarf bedeutsame Tatsachen nicht vorsätzlich unrich-tige Wissenserklärungen abgegeben hatte, rechtfertigt auch nicht den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs.

([X.]) Anders als manche
Stimmen in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum meinen
(vgl. etwa [X.], Wu[X.] 1991, 270; [X.], [X.]O; [X.], [X.]O), lässt sich allein aus dem Abschluss eines unbefristeten [X.]ietvertrags kein Vertrauenstatbestand dahin ableiten, dass das [X.]ietverhältnis von längerer Dauer sein werde ([X.]/[X.], [X.]O § 573 Rn. 116;
[X.]/Sonnenschein/[X.], [X.]O § 573 Rn. 53). Dagegen spricht schon die gesetzliche Kündigungsfrist des §
573c Abs. 1 Satz 1 [X.], die -
wenn das [X.]ietverhältnis nicht länger als fünf Jahre gedauert
hat -
nur drei [X.]onate beträgt ([X.]/[X.], [X.]O; [X.]/Sonnenschein/[X.], [X.]O). Der [X.]ieter be-findet sich damit in einer ähnlichen Situation wie der
Vermieter, der bei [X.] eines unbefristeten
[X.]ietvertrags ebenfalls damit rechnen muss, dass der [X.]ieter gemäß § 573c Abs. 1 Satz 1 [X.]
mit einer Kündigungsfrist von drei [X.]onaten kündigt.

39
40

-
19 -
([X.]) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des [X.] und des [X.]s. Soweit dort ausgeführt wird, der Vermieter dürfe dem [X.]ieter, der mit einer längeren [X.]ietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter [X.]ietdauer nicht aufklärt, [X.] sich dies ausschließlich auf die Fälle, in denen der Vermieter bei [X.] entweder schon entschlossen ist, Eigenbedarf an dem Wohn-raum geltend zu machen, oder dies zumindest erwägt ([X.] 79, 292, 308
ff.; [X.], NJW-RR 1993, 1357, 1358; [X.]surteile vom 21.
Januar 2009
-
[X.], [X.]O; vom 20. [X.]ärz 2013 -
VIII
ZR 233/12, [X.]O; [X.] vom 13. April 2010 -
VIII [X.], [X.]O [Hinweisbeschluss], und vom 6. Juli 2010 -
VIII [X.], [X.]O [Zurückweisungsbeschluss]; so auch [X.], [X.]O; LG [X.]ünster, [X.]O).
Dies verkennen manche Stimmen im Schrifttum
und in der Instanzrechtsprechung, die aus der Rechtsprechung des [X.] das Bestehen einer allgemeinen Aufklärungspflicht ableiten wollen (vgl. etwa [X.], [X.]O Rn. 137 ff.; [X.], [X.]O).

Das [X.] und ihm folgend der [X.] legen einem Vermieter allein
zur Vermeidung eines in den genannten Fällen auftretenden Widerspruchs zwischen früherem
und späterem
Verhalten eine Obliegenheit zur Aufklärung des [X.]ieters auf
(so zutreffend LG [X.]ünster, [X.]O). Eine allgemeine Aufklärungspflicht über mögliche oder konkret vorhersehbare Entwicklungen ("[X.]") wäre bereits mit der Rechtsprechung des [X.] nicht in Einklang zu bringen (vgl. Soergel/
[X.], [X.]O), wonach dem Eigentümer die durch Art. 14 Abs. 1
GG ga-rantierte Freiheit zuzubilligen ist, seine Lebensplanung weitgehend frei zu [X.] (vgl. [X.], NJW-RR 1993, 1357, 1358; NJW 1993, 2166, 2167; vgl. auch [X.], NZ[X.] 1999, 659, 660).
41
42

-
20 -
([X.]) Unabhängig von ihrer Unvereinbarkeit mit dem verfassungsrechtlich
garantierten Eigentumsschutz
ließe sich eine allgemeine Aufklärungsverpflich-tung auch nicht den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches entneh-men. Es ist grundsätzlich Sache jeder [X.], ihre Interessen selbst wahrzu-nehmen ([X.], Urteil vom 11. August 2010 -
XII ZR 192/08,
NJW 2010, 3362 Rn. 21 ff. [X.]). Eine aus §
241 Abs. 2 [X.] oder aus § 242 [X.] ableitbare allgemeine Offenbarungspflicht ist schon deswegen auszuschließen,
weil der [X.]ieter im Hinblick auf die Veränderlichkeit der Lebensumstände und [X.] des Vermieters und
seiner Familien-
und Haushaltsangehörigen
(beispielsweise Eheschließung, Geburt, Heranwachsen und Ausbildung von Kindern,
Veränderungen im Berufsleben, insbesondere Wechsel oder Verlust des Arbeitsplatzes, Erkrankung, Trennung des Vermieters vom Ehe-
oder Le-benspartner, Trennung der Kinder von deren Partnern, Pflegebedürftigkeit der
Eltern, des Ehegatten oder der Kinder, Veränderungen in den Einkommens-
und Vermögensverhältnissen
etc.) nicht redlicherweise (§ 242 [X.]) damit rechnen
darf, dass solche durch vielfältige Faktoren beeinflussbaren Umstände für den Vermieter berechenbar sind. In Anbetracht der beschriebenen [X.] ist ein Vermieter daher nicht aus Gründen besonderer [X.] gehalten, den [X.]ieter allgemein über mögliche Entwicklungen aufzuklären (aA etwa [X.], [X.]O Rn. 138 f.), zumal mit der Unterrichtung über mehr oder minder konkrete [X.]öglichkeiten einer künftigen Eigennutzung für den [X.]ieter in aller Regel kaum eine (spürbare) Planungssicherheit verbunden wäre. Der [X.]ieter darf folglich -
von den oben beschriebenen Fällen abgesehen -
aufgrund eines
Schweigens
des Vermieters bei Vertragsschluss regelmäßig nicht darauf vertrauen, das [X.]ietverhältnis werde länger andauern.
(c) Besteht damit keine rechtliche Basis für eine allgemeine Aufklärungs-pflicht des Vermieters bei lediglich vorhersehbarem Eigenbedarf, kann -
von den oben beschriebenen Fällen abgesehen -
aus
einer
unterlassenen
Unter-43
44

-
21 -
richtung des [X.]ieters weder eine
Widersprüchlichkeit noch ein
Rechtsmiss-brauch abgeleitet
werden. Zugleich scheidet auch der von manchen Stimmen im Schrifttum ([X.], [X.]O Rn. 139; vgl. auch [X.]/[X.], [X.]O, § 573 Rn. 66 f.) gewählte Weg einer Schadensersatz-verpflichtung des Vermieters wegen Verletzung vorvertraglicher [X.] (§§ 242, 241 Abs. 2; § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 [X.])
aus, die zu der Unwirksamkeit einer gleichwohl ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung füh-ren solle
(vgl. hierzu auch [X.], [X.]O Rn. 43).
Abgesehen davon, dass das Gesetz -
wie bereits ausgeführt -
eine sol-che allgemeine Aufklärungspflicht nicht kennt, übersieht diese Auffassung, dass ein auf einen
unterlassenen Hinweis einer möglicherweise eintretenden [X.]ssituation gestützter Schadensersatzanspruch grundsätzlich nur auf den Ersatz des [X.] gerichtet wäre (vgl. etwa
[X.], Urteile
vom 6.
April 2001 -
V
ZR 394/99, NJW 2001, 2875 unter [X.] b [X.]; vom 19. [X.]ai 2006 -
V
[X.], [X.], 1650 Rn. 21; jeweils
[X.]). Danach wäre der [X.] [X.]ieter (allenfalls) so zu stellen
wie er bei [X.] maßgeblichen Umstände stünde ([X.], Urteil vom 19. [X.]ai 2006 -
V [X.], [X.]O Rn. 21 [X.]). Er wäre
grundsätzlich also so zu [X.], als hätte
er den für ihn nachteiligen Vertrag nicht geschlossen, so dass die ihm infolge eines "verfrühten"
Umzugs entstandenen [X.]ehrkosten und vergeblich getätigten
Aufwendungen zu erstatten
wären (vgl. [X.], Urteil vom 13.
November 2012 -
XI [X.], [X.], 450 Rn.
16 [zur Kapitalanlage]).
Das Erfüllungsinteresse (Abschluss eines über längere [X.] nicht wegen [X.]s kündbaren [X.]ietvertrags) wäre dagegen nicht zu ersetzen
(vgl. [X.], Urteil vom 19. [X.]ai 2006 -
V [X.], [X.]O Rn. 20; zu den Anforderungen hierfür vgl. [X.], Urteil vom 29. Juni 2006 -
I [X.], NJW-RR 2007, 32 Rn.
29 f.),
denn die Zielsetzung einer
aus dem [X.] allgemeinen
Aufklärungspflicht über vorhersehbare [X.]en 45

-
22 -
ginge -
so sie denn bestünde -
nur dahin, den [X.]ieter in die Lage zu versetzen, aufgrund umfassender Informationen zu entscheiden, ob er den Wohnraum überhaupt anmieten und damit das Risiko eines Umzugs nach verhältnismäßig kurzer [X.] überhaupt eingehen will (vgl. hierzu auch [X.]surteile vom 21. Ja-nuar 2009 -
VIII ZR
62/08, [X.]O Rn. 19; vom 20. [X.]ärz 2013 -
[X.], [X.]O Rn.
12; [X.]sbeschluss vom 13. April 2010 -
VIII [X.], [X.]O).
(d) Dass den Vermieter keine Verpflichtung zu einer "[X.]"
trifft,
stellt den [X.]ieter nicht schutzlos. [X.] er das Risiko künftiger Entwicklungen nicht auf sich nehmen, kann er vielmehr mit dem Vermieter für einen gewissen [X.]raum einen beiderseitigen Ausschluss der ordentlichen Kündigung oder ei-nen einseitigen Ausschluss der Eigenbedarfskündigung vereinbaren (vgl. auch [X.]surteile
vom 21. Januar 2009 -
[X.], [X.]O; vom 20.
[X.]ärz 2013
-
[X.], [X.]O; vom 11. Dezember 2013 -
VIII ZR 235/12, NZ[X.] 2014, 235 Rn. 12; vom 13. Juli 2013 -
VIII ZR 388/12, [X.], 2820 Rn. 17 [zur Zulässigkeit eines längerfristigen Kündigungsausschluss durch Individualver-einbarung]; [X.], Urteil vom 5. Juni 2009 -
46 C 21/09, juris Rn. 43). Damit würde letztlich der Rechtszustand herbeigeführt, den eine in der [X.] und im Schrifttum verbreitete Auffassung
(zum [X.]einungsstand vgl. etwa [X.]surteil vom 21.
Januar 2009 -
[X.], [X.]O Rn. 18;
[X.]/[X.], [X.]O Rn. 115; [X.]ünchKomm[X.]/Häublein, [X.]O Rn. 77) durch eine temporäre Treuwidrigkeit der Eigenbedarfskündigung zu erreichen [X.], indem sie dem Vermieter bei nicht offen gelegter "Vorhersehbarkeit"
ei-nes Eigenbedarfs in Anlehnung an die Bestimmung des §
564c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] aF
für die Dauer von fünf Jahren eine
Eigenbedarfskündigung ver-sagt.

(e) Kommt eine solche Vereinbarung nicht zustande, ist der Vermieter grundsätzlich nicht gehindert, den Wohnraum später wegen Eigenbedarfs zu 46
47

-
23 -
kündigen. Etwas anderes gilt -
wie bereits ausgeführt -
unter dem Gesichts-punkt des widersprüchlichen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens, wenn der Vermieter einen Eigenbedarf, zu dessen Geltendmachung er bereits entschlos-sen ist oder den er zumindest erwägt, bei Vertragsabschluss nicht offenbart, oder wenn er vorsätzlich unrichtige Angaben über die für den späteren
[X.] bedeutsamen Tatsachen macht. All diesen Fallgestaltungen ist gemein, dass es letztlich auf die Kenntnis des Vermieters von der [X.] beziehungsweise der sie begründenden Umstände ankommt.
([X.]) Für die Ermittlung solcher innerer Tatsachen
darf allerdings nicht [X.] auf die Darstellung des Vermieters abgestellt werden.
Vielmehr kommt es auf eine Würdigung der Gesamtumstände an ([X.]sbeschlüsse vom 13. April 2010 -
VIII [X.], [X.]O;
vom 6.
Juli 2010 -
VIII [X.], [X.]O). Dabei kann auch auf objektive (äußerliche) Umstände zurückgegriffen werden, sofern diese tragfähige Anhaltspunkte für den Kenntnisstand
des Vermieters bilden (vgl. [X.]surteil vom 9. Juli 2014 -
VIII ZR 376/13, NJW 2014, 2864 Rn.
37
[zur Einordnung eines [X.]ischmietverhältnisses]). Ergeben die Gesamtumstände, dass der Grund für den Eigenbedarf bei [X.]ietvertragsabschluss schon nach [X.]
und Umständen
konkret vorgelegen hat (vgl. [X.]/[X.], [X.]O Rn. 116, und [X.]/Sonnenschein/[X.], [X.]O), kann dies -
sofern nicht die konkre-ten Umstände des Einzelfalls dagegen sprechen -
den Schluss rechtfertigen, dass der Vermieter den Eigenbedarf schon bei Vertragsabschluss (zumindest)
erwogen hat.
([X.]) Indizwirkung kann auch -
gegebenenfalls mit weiteren Umständen -
den zeitlichen Abläufen zukommen
(vgl. auch [X.], [X.]O; Bub/[X.]/Grapentin, [X.]O Rn. 145). So kann die Tatsache,
dass der Vermieter das [X.]ietverhältnis kurze [X.] nach Abschluss des unbefristeten [X.]ietvertrags kündigt, nahe legen, dass er eine Eigennutzung schon bei Vertragsabschluss 48
49

-
24 -
beabsichtigt oder zumindest erwogen hat
([X.]sbeschlüsse
vom 13. April 2010 -
VIII [X.], [X.]O, und vom 6.
Juli 2010 -
VIII [X.], [X.]O [[X.] erfolgte knapp drei [X.]onate nach Vertragsabschluss]).
Umgekehrt kann das Verstreichen einer mehrjährigen [X.]spanne zwischen Vertragsabschluss und Eigenbedarfskündigung -
je nach Fallgestaltung -
den Schluss zulassen, dass der Eigenbedarf vom Vermieter bei Zustandekommen des [X.]ietvertrags noch nicht erwogen worden ist
(vgl. [X.], [X.]O; Bub/[X.]/Grapentin, [X.]O).
Dabei lassen sich aber keine festen Fristen festlegen. Insbesondere ist die in § 564c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] aF vorgesehene fünfjährige Höchstfrist für den Abschluss
eines [X.]mietvertrags kein geeigneter Anknüpfungspunkt. Das [X.] hat zwar in seinen Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre ergangenen Entscheidungen an die nach damaligem Recht für einen befristeten [X.]ietvertrag geltende Höchstfrist von fünf Jahren ange-knüpft ([X.] 79, 292, 310). Dabei hat es aber ausschließlich eine verfas-sungsrechtliche Betrachtung angestellt, was in folgenden Ausführungen deut-lich wird: "Liegt zwischen dem [X.]punkt, zu dem der für den Eigentümer [X.] maßgebliche Sachverhalt eingetreten ist, und der Kündigungserklärung [X.] zureichenden Grund, dem Vermieter die Berufung auf die [X.] zu versagen"
([X.] 79, 292, 310).
Die nunmehr geltende Bestimmung des § 575 [X.] sieht eine solche Höchstfrist aber nicht mehr vor (vgl. auch BT-Drucks. 14/4553, [X.]). Zudem haben die Fachgerichte einen anderen [X.]aßstab als das [X.] anzulegen. Der Tatrichter hat
unter Würdigung der Umstände des [X.] die Überzeugung zu gewinnen, ob der Ausspruch der [X.]skündigung rechtsmissbräuchlich ist oder nicht. Eine schematische Betrach-50
51

-
25 -
tung verbietet sich daher. Danach kann eine Eigenbedarfskündigung, die der Vermieter schon bei Vertragsabschluss beabsichtigt oder erwogen hat, ohne dies dem [X.]ieter zu offenbaren, oder die er auf Gründe stützt, zu denen er
bei Vertragsschluss vorsätzlich unrichtige Angaben gemacht hat, auch dann, wenn noch keine fünf Jahre seit Vertragsschluss verstrichen sind, ihre Rechtsmiss-bräuchlichkeit "eingebüßt"
haben. Umgekehrt kann eine Eigenbedarfskündi-gung in bestimmten Einzelfällen auch dann noch rechtsmissbräuchlich sein, wenn
zwischen dem Abschluss des [X.]ietvertrags und der
Kündigung mehr als fünf Jahre liegen, so etwa wenn der Vermieter weiß, dass er die Wohnung zu einem bestimmten [X.]punkt definitiv benötigen wird.

c) Gemessen an den aufgezeigten rechtlichen [X.]aßstäben ist die vom Kläger ausgesprochene Eigenbedarfskündigung nicht wegen Rechtsmiss-brauchs unwirksam. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen, im [X.] nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger
zum [X.]punkt des Abschlusses des [X.]ietvertrags mit der [X.] weder [X.], die [X.]ietwohnung seiner Tochter zu überlassen,
noch war er
hierzu [X.]. Auf die vom Berufungsgericht in den [X.]ittelpunkt seiner Überlegun-gen gerückte Prüfung, ob der später von der
Tochter des [X.] gefasste Wunsch, nach
Rückkehr von ihrem einjährigen Auslandsaufenthalt eine eigene Wohnung zu beziehen, für ihn vorhersehbar
gewesen war, kommt es aus Rechtsgründen nicht an. Denn der Kläger war nicht verpflichtet, bei oder vor Vertragsschluss eine "[X.]"
anzustellen und die Beklagte darauf hinzuweisen, dass seine Tochter möglicherweise in naher Zukunft die [X.] benötigen könne.
Es spielt daher für die Entscheidung des Rechtsstreits keine Rolle, dass dem Berufungsgericht bei der Umsetzung seines
Rechtsstandpunkts ein weite-rer Rechtsfehler unterlaufen ist, indem es
zwei sich einander widersprechende 52
53

-
26 -
Bewertungsmaßstäbe angelegt hat. Im Ausgangspunkt hat das Berufungsge-richt für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs noch "hinreichend konkrete Anhaltspunkte"
dafür verlangt, dass das [X.]ietverhältnis nur von kurzer Dauer sein werde, im Ergebnis dann aber doch eine bei "umsichtiger
[X.]"
erkennbare [X.]öglichkeit einer künftigen [X.] genügen lassen. Denn es hat eine Vorhersehbarkeit des Eigenbedarfs bejaht, obwohl es ange-nommen
hat, dass sich noch nicht einmal die Tochter des [X.] zum [X.]-punkt des Vertragsabschlusses konkrete Vorstellungen über einen Auszug aus dem elterlichen Heim gemacht haben möge.
Es hat dem
Kläger schon allein deswegen ein rechtsmissbräuchliches Verhalten angelastet, weil er habe
voraussehen müssen, dass seine Tochter, deren Abitur rund ein Jahr nach [X.] anstand, nach einem sich daran anschließenden einjährigen Auslandsaufenthalt in der Region [X.]

/[X.].

/[X.]a.

/F.

einen Ausbildungsplatz annehmen
würde
und eine eigene Wohnung wür-de beziehen wollen.
Auch auf die von der Revision in diesem Zusammenhang zu Recht erho-bene Rüge, das Berufungsgericht habe bei seiner Würdigung den Teil der Be-kundungen der in beiden Tatsacheninstanzen als Zeugin vernommenen Toch-ter des [X.], die den noch nicht ausgereiften Stand ihrer Lebensplanung bei Abschluss des [X.]ietvertrages beschrieben hätten, nicht ausreichend berücksich-tigt,
kommt es
nicht an. Wie bereits mehrfach ausgeführt, trifft den Vermieter unabhängig vom Grad der Vorhersehbarkeit oder der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines künftigen Eigenbedarfs (vorhersehbare [X.]öglichkeit eines künfti-gen Eigenbedarfs oder konkrete Anhaltspunkte hierfür) keine Verpflichtung zu einer "[X.]"
und einer Unterrichtung des [X.]ieters über das Ergebnis einer solchen Ermittlung.

54

-
27 -
III.
Nach alledem hat das Berufungsurteil keinen Bestand; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur
Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen zum Vorliegen eines Eigenbedarfs oder zu [X.] im Sinne von § 574 [X.] getroffen hat. Er ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der [X.] macht dabei von der [X.]öglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2
ZPO Gebrauch. Im Verlauf des weiteren Verfahrens wird das Berufungsgericht in eigener Zuständigkeit zu entscheiden haben, ob die Voraussetzungen für die Erhebung der von der [X.] in zweiter Instanz angetretenen Beweise zu den von ihr behaupteten Äußerungen des [X.] anlässlich der Beanstandung einer Betriebskostenabrechnung zu erheben sind.
[X.]
Dr. [X.]
[X.]

Dr. Bünger
Kosziol

Vorinstanzen:
AG [X.]annheim, Entscheidung vom 24.07.2013 -
10 [X.] -

LG [X.]annheim, Entscheidung vom 17.04.2014 -
4 [X.]/13 -

55

Meta

VIII ZR 154/14

04.02.2015

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.02.2015, Az. VIII ZR 154/14 (REWIS RS 2015, 16052)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16052

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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