Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2009, Az. VIII ZR 62/08

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 5558

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 21. Januar 2009 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] §§ 573 Abs. 2 Nr. 2, 242 Bc a) Die Rechtskraft eines Urteils, mit dem eine auf Eigenbedarf gestützte [X.] mit der Begründung abgewiesen wird, die Kündigung sei im Hinblick darauf, dass der Mieter bei Abschluss des Mietvertrags nicht auf den bereits absehbaren Eigenbedarf hingewiesen worden sei, "jedenfalls zum fraglichen Zeitpunkt rechtsmissbräuchlich", steht einer erneuten Eigen-bedarfskündigung nicht entgegen. b) Weist der Vermieter anlässlich der Novation eines langjährigen Mietvertrags nicht auf einen möglichen Eigenbedarf für seine heranwachsende Tochter hin, steht einer Kündigung des Vermieters, mit der das Mietverhältnis zum Ablauf von rund vier Jahren nach der Erneuerung des Mietvertrags beendet werden soll, nicht der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegen. [X.], Urteil vom 21. Januar 2009 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2008 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] sowie die Richterinnen [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 15. Januar 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Beklagte ist seit August 1994 Mieterin einer Wohnung des [X.] in [X.]. Der ursprünglich abgeschlossene Mietvertrag vom 17. August 1994 wur-de von den Parteien zunächst durch einen [X.] vom 1. September 1999 ersetzt; danach sollte die Mietzeit im August 2004 enden. Am 24. November 2003 vereinbarten die Parteien in einem außergerichtlichen [X.] einen neuen, unbefristeten Mietvertrag. 1 Mit anwaltlichem Schreiben vom 26. November 2004 kündigte der Kläger das Mietverhältnis zum 31. August 2005. Der Kläger machte mit dieser Kündi-gung Eigenbedarf geltend; er berief sich darauf, seine damals in [X.]woh-nende Tochter werde mit Ende des Sommersemesters 2005 ihr Studium [X.] - 3 - den und ihren Lebensmittelpunkt nach B.

zurückverlegen. Die Beklagte wi-dersprach der Kündigung. 3 Die vom Kläger erhobene Räumungsklage wurde durch rechtskräftiges Urteil vom 2. November 2005 mit der Begründung abgewiesen, die Kündigung des [X.] vom 26. November 2004 sei "... jedenfalls zum fraglichen Zeitpunkt ..." rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 [X.]. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2006 kündigte der Kläger erneut das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs, diesmal zum 30. September 2007. Er machte geltend, er benötige die Wohnung für seine Tochter, die nach Beendi-gung ihres Studiums mit in der Wohnung der Eltern lebe. Die Tochter wolle und solle in einer eigenen Wohnung leben; die jetzigen Wohnverhältnisse in der 2 ½ Zimmer-Wohnung seien für ein gemeinsames Leben zu dritt zu beengt. Da die Beklagte die Wohnung nicht räumte, hat der Kläger Räumungsklage erhoben. 4 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; das [X.] hat die Be-rufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelasse-nen Revision verfolgt der Kläger sein [X.] weiter. 5 Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt: 7 - 4 - 8 Der Kläger habe keinen Anspruch auf Räumung der Wohnung. Seine Kündigung vom 6. Dezember 2006 habe nicht zur Beendigung des Mietverhält-nisses geführt. Der Kläger sei mit der auf Eigenbedarf für seine Tochter gestütz-ten Kündigung ausgeschlossen. Denn seine auf denselben Eigenbedarfsgrund gestützte vorausgegangene Kündigung sei im Vorprozess als unwirksam ange-sehen worden, und seitdem seien keine erheblichen Änderungen eingetreten. Der zeitlich enge Zusammenhang zwischen der Novation des [X.] und der Geltendmachung des Eigenbedarfs mit der Kündigung vom 6. Dezember 2006 bestehe fort. Dieser auf dem [X.] beruhende zeitweilige Ausschluss des Kündigungsrechts des [X.] beruhe darauf, dass er sich zu seinem eigenen Verhalten in [X.] setze, wenn er die Wohnung, nachdem sie zuvor befristet vermietet war, unbefristet vermiete, obwohl er bereits entschlossen sei oder erwäge, die [X.] alsbald seiner Tochter zur Verfügung zu stellen. Das beurteile die Kam-mer auch für den Zeitraum von wenig mehr als drei Jahren nicht anders. [X.] Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Räumungsklage nicht abgewiesen werden. 10 1. Zutreffend haben die Vordergerichte die Räumungsklage für zulässig gehalten. Die Rechtskraft des im Vorprozess ergangenen klageabweisenden Urteils steht der neuen Klage nicht entgegen (§ 322 Abs. 1 ZPO). 11 Die Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils hindert eine neue Klage nicht, wenn die Klage im Vorprozess nicht als (schlechthin) unbegründet, son-dern nur als derzeit unbegründet abgewiesen worden ist, wobei es unschädlich 12 - 5 - ist, wenn dies im Tenor der Entscheidung nicht zum Ausdruck kommt ([X.], NJW 2003, 3759, unter [X.]; [X.], [X.] 1978, 847, vgl. auch [X.], [X.] 1979, 57 f.; [X.], [X.] 1978, 798 ff.). So liegt es hier. Das Amtsgericht hat im Vorprozess die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Kündigung vom 26. November 2004 sei "... jeden-falls zum fraglichen Zeitpunkt rechtsmissbräuchlich" gewesen; der Kläger werde aber "–durch die hier entscheidungserheblichen Umstände nicht auf Dauer an der Selbstnutzung seines Eigentums gehindert", die Durchsetzung dieses Wun-sches werde ihm lediglich vorübergehend versagt. 13 2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht der Klage den Erfolg versagt, weil der geltend gemachte Eigenbedarf - Nutzung der Wohnung durch die Tochter - aufgrund des [X.] "verbraucht" sei. Dem kann nicht gefolgt werden. 14 a) Mit der Behauptung, er benötige die Wohnung für seine Tochter, macht der Kläger ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.] geltend. 15 b) Er ist mit seiner darauf gestützten Kündigung nicht deshalb ausge-schlossen, weil seine auf denselben Eigenbedarfsgrund gestützte vorangegan-gene Kündigung im Vorprozess als unwirksam angesehen wurde. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der im Arbeitsrecht allgemein anerkannte Grundsatz, wonach eine erneute Kündigung aus demselben [X.] unwirksam ist, auch im vorliegenden Fall gilt. Für Kündigungen im Arbeits-recht entspricht es ständiger Rechtsprechung des [X.], dass ein Arbeitgeber eine erneute Kündigung nicht erfolgreich auf Kündigungsgründe stützen kann, die er schon zur Begründung einer vorherigen Kündigung erfolg-los vorgebracht hat ([X.], 143, 149 ff.). Diese mit prozessualen Besonder-16 - 6 - heiten des [X.] begründete Rechtsprechung des [X.] ist aber auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragbar. Denn es geht hier nicht - erneut - um das Vorliegen des bereits früher geltend gemachten Kündigungsgrundes, sondern um die Frage, ob (auch) der vom Klä-ger mit Schreiben vom 6. Dezember 2006 zum 30. September 2007 erklärten erneuten Kündigung deshalb der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 [X.]) entgegensteht, weil der Kläger die Beklagte bei Abschluss des unbefristeten [X.] vom 24. November 2003 nicht darauf hingewiesen hat, dass er die Wohnung alsbald für seine erwachsene Tochter benötigen könnte. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt ist dies zu verneinen. aa) Der Vermieter setzt sich allerdings zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch, wenn er eine Wohnung auf unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, sie alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen. Er darf dem Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen dann nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Mietdauer nicht aufklärt ([X.]E 79, 292, 308 f.; [X.], NJW-RR 1993, 1357; [X.], NJW-RR 1990, 1354; [X.], [X.], 433 f.; [X.]/[X.], [X.], 68. Aufl., § 242 Rdnr. 56; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 573 Rdnr. 72 f.; Bub/[X.]/Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraum-miete, 3. Aufl., [X.]. 75; [X.]/Sonnenschein/[X.], Miete, 9. Aufl., § 573 [X.] Rdnr. 52 f.; in der Begründung teilweise abweichend [X.]/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., § 573 [X.] Rdnr. 134). 17 In der Rechtsprechung der Instanzgerichte wird dabei - im [X.] an einen in der Entscheidung des [X.] vom 14. Februar 1989 ([X.]E 79, 292, 309 f.) enthaltenen Hinweis auf die nach damaliger 18 - 7 - Rechtslage für Zeitmietverträge in § 564c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] aF vorgese-hene Höchstfrist - meist auf eine Frist von fünf Jahren abgestellt, innerhalb de-rer der Vermieter das Mietverhältnis mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht wegen Eigenbedarfs kündigen könne ([X.], [X.], 433 f.; LG Ham-burg, NJW-RR 1994, 465 f. und [X.], 50). Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Vermieters wird teilweise schon dann bejaht, wenn der bei [X.] des [X.] nicht offenbarte (künftige) Eigenbedarf nur eine Mög-lichkeit darstellte, die der Vermieter angesichts seiner familiären Umstände [X.] in Betracht ziehen können ([X.], NJW-RR 1994, 465 f.; LG Karlsru-he, [X.], 276; [X.], [X.], 331; vgl. aber [X.], [X.], 414; auch nach MünchKomm[X.]/[X.], aaO, § 573 Rdnr. 73 genügt eine "gewisse Wahrscheinlichkeit des künftigen Eigenbedarfs" nicht; ähnlich Sonnenschein, NJW 1993, 161, 168). [X.]) Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der [X.] den Mieter bei Abschluss des Mietvertrags auch auf einen nur möglichen Eigenbedarf - beispielsweise im Hinblick auf heranwachsende Kinder - hinwei-sen muss, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Für den Mieter ist ein sich abzeichnender Eigenbedarf des Vermieters vor allem für die Entschei-dung von Bedeutung, ob er eine Wohnung überhaupt anmieten und damit das Risiko eines Umzugs nach verhältnismäßig kurzer Mietzeit eingehen will. Eine vergleichbare Interessenlage, die anlässlich des (dritten) Mietvertrags zwischen den Parteien vom 24. November 2003 einen Hinweis des [X.] auf einen künftigen Eigenbedarf für seine Tochter geboten hätte, bestand hier aber gera-de nicht, denn die Beklagte wohnte zu diesem Zeitpunkt bereits - seit neun Jah-ren - in der Wohnung. Überdies wusste die Beklagte, wie die Revision zutref-fend geltend macht, dass der Kläger eine Tochter hat, für die er die Wohnung gegebenenfalls einmal benötigen könnte. Es hätte deshalb nahe gelegen, dass sich die Klägerin ihrerseits anlässlich der Novation des Mietvertrags nach einem 19 - 8 - noch zu erwartenden Eigenbedarf erkundigte oder gegebenenfalls auf einen vertraglichen Ausschluss einer Eigenbedarfskündigung im neuen Mietvertrag hinwirkte. Jedenfalls kann unter den hier gegebenen Umständen nicht ange-nommen werden, dass der Kläger mit der streitgegenständlichen Kündigung, die das Mietverhältnis erst zum 30. September 2007 - nach rund 13-jähriger Mietdauer und nach Ablauf von fast vier Jahren seit der Novation des [X.] - beenden sollte, rechtsmissbräuchlich handelte. III. Aus den dargelegten Gründen kann die Entscheidung des Berufungsge-richts mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Das Berufungsur-teil ist daher auf die Revision des [X.] aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - vor dem Hintergrund seiner Auffassung folgerichtig - keine Feststellungen zu dem vom Kläger behaupteten Eigenbedarf und zu der von der [X.] geltend ge-machten, durch die Beendigung des Mietverhältnisses für sie eintretenden Här-te (§ 574 Abs. 1 [X.]) getroffen hat. Die Sache ist daher zur neuen Ver-
20 - 9 - handlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.07.2007 - 203 C 82/07 - [X.], Entscheidung vom 15.01.2008 - 65 S 338/07 -

Meta

VIII ZR 62/08

21.01.2009

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2009, Az. VIII ZR 62/08 (REWIS RS 2009, 5558)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 5558

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