Bundessozialgericht, Beschluss vom 06.03.2013, Az. B 11 AL 93/12 B

11. Senat | REWIS RS 2013, 7605

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - fehlende Klärungsbedürftigkeit - Vermittlungsgutschein - Vergütungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers - erfolgreiche Vermittlung während des Geltungszeitraums des Vermittlungsgutscheins - kein Wegfall der Gültigkeit des Vermittlungsgutscheins durch kurze Beschäftigung


Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 20. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 1000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über die Auszahlung der Vergütung aus einem dem Beigeladenen ausgestellten [X.] ([X.]) an den Kläger.

2

Am 9.1.2009 schloss der Kläger, ein privater Arbeitsvermittler, mit dem Beigeladenen einen sog Vermittlungsvertrag. Die [X.] stellte dem Beigeladenen am [X.] einen [X.] aus, der eine Gültigkeitsdauer vom 23.4. bis zum [X.] auswies. Der Kläger vermittelte den Beigeladenen daraufhin in ein (bis September 2009 befristetes) sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei der Firma [X.] bestand jedoch nur in der [X.] vom 19. bis zum [X.]. Aufgrund weiterer Vermittlungstätigkeit des [X.] schloss der Beigeladene am [X.] einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit der Firma [X.] ab; das Arbeitsverhältnis dauert noch an.

3

Am 7.7.2009 beantragte der Kläger die Auszahlung der ersten Rate der [X.] iHv 1000 Euro. Die [X.] lehnte dies mit der Begründung ab, der [X.] habe durch die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung am 19.5.2009 seine Gültigkeit verloren, weshalb ein Vergütungsanspruch nicht bestehe; es habe sich auch nicht um eine "Umvermittlung" gehandelt, weil sich das nachfolgende (zweite) Arbeitsverhältnis bei der Firma [X.] nicht nahtlos an das erste angeschlossen habe (Bescheid vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom 15.9.2009).

4

Das Sozialgericht ([X.]) hat die [X.] antragsgemäß verurteilt (Urteil vom 12.7.2011), das [X.] ([X.]) hat deren Berufung zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Das [X.] hat sich im Wesentlichen den Ausführungen des [X.] angeschlossen, wonach dem Kläger ein Vergütungsanspruch zustehe. Denn er habe den Beigeladenen innerhalb der im [X.] bezeichneten Gültigkeitsdauer in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt. Die Gültigkeitsdauer werde nicht dadurch begrenzt, dass der Beigeladene bereits zuvor für die [X.] vom 19. bis [X.] in einem vom Kläger vermittelten Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Entscheidend sei, dass sich der Vermittlungsmakler unabhängig davon, wann der Gutschein ausgestellt worden sei, auf den im Gutschein selbst vorgesehenen Geltungszeitraum verlassen dürfe und der [X.] eingetreten sei. Weder der [X.] noch § 421g Abs 1 [X.] ([X.]B III) [X.] vor, dass der [X.] seine Gültigkeit innerhalb der Gültigkeitsdauer von drei Monaten durch eine erfolgte Vermittlung verliere bzw mit Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses "verbraucht" werde.

5

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die [X.] die Rechtsgrundsätzlichkeit folgender Rechtsfragen geltend:
"1. Verliert der [X.] (nachfolgend "[X.]") seine Gültigkeit mit der Aufnahme einer ersten Beschäftigung aufgrund der Vermittlung durch den privaten Arbeitsvermittler, wenn diese Beschäftigung weniger als 6 Wochen andauerte und für diese Beschäftigung deshalb die Zahlung einer Vermittlungsvergütung gem. § 421g Abs. 2 S. 3 [X.]B III i.d.[X.] zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom 19.11.2004 - [X.] - ausgeschlossen ist, und die Aufnahme einer zweiten, ebenfalls durch den privaten Arbeitsvermittler vermittelten Beschäftigung sich nicht nahtlos an das Ende des ersten Beschäftigungsverhältnisses anschließt?
2. Führt das Erlöschen des [X.]-Anspruchs der arbeitslosen Person vor Ablauf der nach § 421g Abs. 1 S. 6 [X.]B III im [X.] festgelegten [X.] zum Erlöschen der Gültigkeit des [X.]s?"

6

Diese beiden Rechtsfragen seien noch nicht geklärt. Die Klärung ergebe sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz und auch Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (B[X.]) liege hierzu noch nicht vor.

7

II. Die Beschwerde der [X.] ist jedenfalls unbegründet.

8

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdebegründung der [X.] vom 24.10.2012 den Darlegungserfordernissen für den geltend gemachten Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] <[X.]G>) hinreichend entspricht. Denn den von der [X.] aufgeworfenen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Es fehlt an deren Klärungsbedürftigkeit, weil sie sich jeweils aus dem Gesetz und hierzu vorliegender Rechtsprechung des B[X.] zweifelsfrei mit "nein" beantworten lassen. Der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf es daher nicht.

9

1. Zur ersten Rechtsfrage nach dem Verlust der Gültigkeit eines [X.] hat das [X.] bereits zutreffend auf die Regelung in § 421g Abs 1 S 6 [X.]B III in der hier maßgeblichen, bis zum [X.] geltenden Fassung (aF; ab 1.4.2012: abweichend geregelt in § 45 Abs 4 S 2 [X.]B III) verwiesen, wonach der [X.] für einen [X.]raum von jeweils drei Monaten gilt. Das Gesetz sieht nicht vor, dass ein ausgestellter [X.] seine Gültigkeit innerhalb der Gültigkeitsdauer durch eine erfolgte Vermittlung verliert bzw dieser Gutschein mit dem Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses "verbraucht" wird.

Letzteres lässt sich auch nicht aus der von der [X.] in ihrer Beschwerdebegründung herangezogenen Regelung in § 421g Abs 1 S 4 [X.]B III aF entnehmen. Danach verpflichtet sich die [X.] mit dem [X.], den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer "in eine versicherungspflichtige Beschäftigung" mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erfüllen. Abgesehen davon, dass das Wort "eine" (Beschäftigung) - wie die [X.] in ihrer Beschwerdebegründung selbst einräumt - keineswegs zwangsläufig eine Beschränkung im numerischen Sinne nahelegt, ergibt sich gerade aus der in Bezug genommenen Folgevorschrift in § 421g Abs 1 S 6 [X.]B III aF, dass der Vergütungsanspruch (nur) den [X.] während der Geltungsdauer des [X.] voraussetzt (vgl B[X.], Urteile vom 6.5.2008 - [X.]/7a AL 8/07 R - B[X.]E 100, 238 = [X.]-4300 § 421g [X.], RdNr 17-18 und vom [X.] AL 11/10 R - Juris RdNr 20).

Dem lässt sich auch nicht - wie die [X.] meint - entgegenhalten, dass die Entscheidung des B[X.] vom 23.2.2011 nur eine Vermittlung in ein einziges Beschäftigungsverhältnis zum Gegenstand gehabt habe und folglich nicht auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbar sei. Denn aus der Gesetzesbegründung zu § 421g [X.]B III ergeben sich keine Hinweise darauf, dass der [X.] mit der Vermittlung in ein einziges Beschäftigungsverhältnis "verbraucht" sein soll. Voraussetzung für den Vergütungsanspruch ist allein, dass "die Einschaltung des Vermittlers zu der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden geführt hat" (BT-Drucks 14/8546 [X.] zu [X.]4 <421g>). Unberührt bleibt zudem der Anspruch an die Arbeitsverwaltung, den Arbeitslosen zügig zu vermitteln sowie effektiv und nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren (BT-Drucks aaO). Mit diesem gesetzgeberischen Ziel ist die von der [X.] vertretene Ansicht eines "Verbrauchs" des [X.] mit dem ersten Vermittlungsvorgang nicht zu vereinbaren. Auch schließt die Tatsache, dass nach § 421g Abs 2 S 3 [X.]B III aF - um Missbräuchen zu begegnen - die Vergütung in Höhe von 1000 Euro (erst) nach einer sechswöchigen und der Restbetrag (erst) nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt wird und deshalb anlässlich der Beschäftigung des Beigeladenen bei der Firma [X.] kein Zahlungsanspruch des [X.] gegen die [X.] entstanden ist, einen Zahlungsanspruch des [X.] anlässlich der zweiten, dauerhaften Vermittlung des Beigeladenen nicht aus.

2. Auch für die von der [X.] aufgeworfene zweite Rechtsfrage ergeben sich aus dem Gesetz keinerlei Anhaltspunkte, dass der Wegfall des [X.]-Anspruchs des Beigeladenen anlässlich seiner Tätigkeit bei der Firma [X.] vom 19. bis zum [X.] zum Erlöschen der Gültigkeit des [X.] geführt hat. Nach § 421g Abs 1 S 1 [X.]B III aF ist zwar Voraussetzung für die Erteilung eines [X.] ua ein Anspruch des Arbeitnehmers auf [X.]. Doch mit der Erteilung des [X.] und der darin zum Ausdruck gekommenen Erklärung, dass die Voraussetzungen des § 421g Abs 1 S 1 [X.]B III aF vorliegen, ist die [X.] hieran - wie es § 421g Abs 1 S 4 [X.]B III aF vorsieht - nach Sinn und Zweck der Regelung gebunden (vgl B[X.], [X.], aaO, RdNr 17-18 unter ausdrücklichem Hinweis auf [X.] in [X.], [X.]B III, § 421g Rd[X.]1). Innerhalb des Beziehungsdreiecks zwischen dem [X.], dem privaten Arbeitsvermittler und der [X.] ist für den Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen die [X.] nach § 421g Abs 2 S 3 und S 4 [X.]B III aF (nur) entscheidend, dass die Vermittlung innerhalb der Gültigkeitsdauer des [X.] in eine Beschäftigung des Arbeitslosen mündet (vgl B[X.] [X.], aaO, RdNr 17-18). Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob der Anspruch des Beigeladenen auf [X.] in der [X.] ab dem Ende seiner ersten Beschäftigung bis zum Beginn seiner zweiten Beschäftigung, dh vom 23. bis [X.], wieder aufgelebt ist (vgl § 122 Abs 2 Nr 1 [X.]B III aF).

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]G).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a [X.]G iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung; die Festsetzung des Streitwerts auf § 197a [X.]G iVm § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 Gerichtskostengesetz.

Meta

B 11 AL 93/12 B

06.03.2013

Bundessozialgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend Sozialgericht für das Saarland, 12. Juli 2011, Az: S 16 AL 148/10, Urteil

§ 421g Abs 1 S 4 SGB 3, § 421g Abs 1 S 6 SGB 3, § 421g Abs 2 S 3 SGB 3, § 296 BGB, §§ 296ff BGB, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 06.03.2013, Az. B 11 AL 93/12 B (REWIS RS 2013, 7605)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7605

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