Bundessozialgericht, Urteil vom 09.06.2017, Az. B 11 AL 6/16 R

11. Senat | REWIS RS 2017, 9714

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein - Vergütungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers - Entscheidung über die Auszahlung der Vermittlungsvergütung - Verwaltungsakt - Geltendmachung -Nichtanwendbarkeit der Ausschlussfrist des § 326 Abs 1 SGB 3 für Maßnahmeträger - erfolgsbezogene Vergütung)


Leitsatz

1. Die für Träger von Maßnahmen der Arbeitsförderung geltende Ausschlussfrist von sechs Monaten zur Vorlage entscheidungserheblicher Unterlagen ist auf erfolgsbezogen zu vergütende Maßnahmen wie die private Arbeitsvermittlung nicht anwendbar.

2. Die Entscheidung über die Zahlung einer Vergütung an einen privaten Arbeitsvermittler, der einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vorlegt, ist als Verwaltungsakt zu qualifizieren.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 10. März 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 1000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Zahlung der ersten Rate in Höhe von 1000 Euro als Vergütung aus einem [X.], der dem Beigeladenen von der Beklagten erteilt wurde.

2

Die Klägerin betreibt eine private Arbeitsvermittlung, die sie bereits im [X.] als Gegenstand ihres Gewerbes angezeigt hatte. Am [X.] ist sie zudem von der Zertifizierungsstelle der Beklagten als Träger nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Fachbereich Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung zugelassen worden.

3

Am 13.4.2012 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen einen [X.] über 2000 Euro für die Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung im [X.] mit Gültigkeit vom 13.4.2012 bis 12.7.2012.

4

Der Gutschein enthielt unter anderem einen mit "Nebenbestimmungen - Ausschlussfrist" überschriebenen Hinweis darauf, dass die Zahlung der [X.] (Einlösung des [X.]) durch den Träger (private Arbeitsvermittlung) nach erstmaligem Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen zu beantragen sei; innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten (§ 326 [X.]) seien die Unterlagen, die für die abschließende Entscheidung über den Umfang der zu erbringenden Leistung notwendig seien, einzureichen, die Frist beginne jeweils mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die für die Zahlung geforderte Beschäftigungsdauer erfüllt sei.

5

Am 16.4.2012 schloss der zu dieser [X.] arbeitslose Beigeladene mit der Klägerin einen Vermittlungsvertrag. Ein Arbeitgeber bestätigte unter dem 5.6.2012, dass er auf Vermittlung der Klägerin mit dem Beigeladenen am [X.] einen Arbeitsvertrag für die [X.] vom [X.] bis 24.7.2012 geschlossen hat.

6

Den Antrag der Klägerin vom [X.], für die Vermittlung des Beigeladenen eine Vergütung in Höhe von zunächst 1000 Euro zu zahlen, lehnte die Beklagte unter Hinweis auf § 326 [X.] als verspätet ab (Schreiben vom [X.]) und verwarf den Widerspruch gegen diese Ablehnung als unzulässig (Widerspruchsbescheid vom 14.8.2013). Die Entscheidung über die Zahlung bzw Nichtzahlung der in Rechnung gestellten [X.] stelle keinen Verwaltungsakt gegenüber dem Träger der privaten Arbeitsvermittlung dar. Die Unterstützung einer beruflichen Eingliederung durch die Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung sei eine Förderleistung an Arbeitnehmer. Die Förderzusicherung bestehe nur gegenüber dem Arbeitnehmer. Die [X.] stehe in keiner Beziehung zum Träger der privaten Arbeitsvermittlung.

7

Das [X.] hat die dagegen erhobene Klage mit elf weiteren Klageverfahren, in denen die Klägerin Ansprüche auf Zahlung einer Vergütung geltend gemacht hat, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. In sieben dieser Fälle hat es die Beklagte unter Aufhebung der [X.] verurteilt, der Klägerin jeweils die erste Rate aus den [X.] in Höhe von insgesamt 7000 Euro zu zahlen und die weiteren Klagen abgewiesen (Urteil vom 27.3.2014).

8

Auf die Berufung der Beklagten hat das L[X.] die sieben Verfahren, in denen das [X.] die Beklagte verurteilt hatte, wieder getrennt und im vorliegenden Verfahren - wie auch in den sechs weiteren Parallelverfahren - die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten sei der Widerspruch der Klägerin gegen die Ablehnung ihres Vergütungsantrages zulässig gewesen, weil es sich bei dessen Ablehnung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des B[X.] zu § 421g [X.] aF um einen Verwaltungsakt iS von § 31 Satz 1 [X.]B X handele. Die Klägerin habe gem § 45 [X.] auch einen Anspruch auf Auszahlung eines Teilbetrages in Höhe von 1000 Euro aus dem [X.], der dem Beigeladenen erteilt wurde. Der private Arbeitsvermittler könne seinen Vergütungsanspruch weiterhin selbst gegenüber der Arbeitsagentur geltend machen, da die Vergütungsregelungen aus § 421g [X.] aF in § 45 Abs 6 [X.] übernommen worden seien. § 326 [X.] stehe dem Anspruch nicht entgegen. Diese Vorschrift sei auf den [X.] nicht anzuwenden, weil die Klägerin schon kein Maßnahmeträger im Sinne dieser Vorschrift sei. Außerdem enthalte § 45 Abs 4 Satz 5 [X.] eine speziellere Regelung der Vorlage- und Abrechnungsverpflichtung. Die Anwendbarkeit des § 326 [X.] ergebe sich auch nicht aus den mit "Nebenbestimmung" überschriebenen Hinweisen im [X.], da diese in Bezug auf die Klägerin keine Wirkung entfalten würden.

9

Mit ihrer vom L[X.] zugelassenen Revision macht die Beklagte eine Verletzung von § 45 [X.] und § 31 [X.]B X geltend. Die Entscheidung über die Gewährung oder Versagung der [X.] sei jedenfalls im Verhältnis zum privaten Arbeitsvermittler kein anfechtbarer Verwaltungsakt. Entgegen der Auffassung des L[X.] sei die Ausschlussfrist des § 326 Abs 1 [X.] auf den [X.] anwendbar, weil die Klägerin Träger im Sinne dieser Vorschrift sei. Diese Frist werde nicht durch § 45 Abs 4 Satz 5, Abs 6 Satz 5 [X.] verdrängt, weil es sich hierbei nur um eine rechtsbegründende und nicht - wie bei § 326 Abs 1 [X.] - um eine rechtsvernichtende Frist handele.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 10. März 2016 aufzuheben, das Urteil des [X.] teilweise aufzuheben, soweit damit der Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2013 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung der [X.] an die Klägerin (auch) für die Vermittlung des Beigeladenen verurteilt wurde, und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des L[X.] für zutreffend.

Der Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Das [X.] hat zu Recht die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung durch das [X.] zur Zahlung von 1000 Euro zurückgewiesen.

Richtige [X.]lageart ist, wie von [X.] und [X.] zu Recht angenommen, die Anfechtungs- und Leistungsklage 54 Abs 1, 4 [X.]G). Die Ablehnung der Zahlung von 1000 Euro als Vergütung aus dem gegenüber dem Beigeladenen erstellten [X.] (Schreiben der Beklagten vom [X.]) ist als Verwaltungsakt zu qualifizieren.

Ein Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 31 Satz 1 [X.]B X). Alle diese Merkmale erfüllt das Schreiben vom [X.]. Als Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmende Behörde iS von § 1 Abs 2 [X.]B X ist die [X.] unter Anwendung des dem öffentlichen Recht zuzuordnenden [X.]B III im Einzelfall der [X.]lägerin und mit Rechtswirkung für die [X.]lägerin - und damit "nach außen" - hoheitlich tätig geworden.

Die Ablehnung des von der [X.]lägerin geltend gemachten Zahlungsanspruchs stellt auch eine Regelung dar. Anders, als es die Beklagte andeutet, ist das Schreiben nicht als sogenanntes "schlicht hoheitliches Verhalten" zu qualifizieren, worin kein Verwaltungsakt zu sehen wäre. Solche auch als "Realakte" bezeichneten Verwaltungsmaßnahmen zeichnen sich dadurch aus, dass ihnen eine Regelung fehlt, weil sie nicht darauf abzielen, Rechtswirkungen zu schaffen (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, Anhang § 54 RdNr 7; [X.] in von [X.]/Schütze, [X.]B X, 8. Aufl 2014, § 31 RdNr 23 ff, 60). Demgegenüber hat die Beklagte mit dem Schreiben vom [X.] auf einen Antrag der [X.]lägerin geprüft, ob die im Einzelnen in § 45 Abs 6 Satz 3 ff [X.]B III genannten gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für die Auszahlung der beantragten Leistung vorliegen, und ob dieser Auszahlung verfahrensrechtliche Hindernisse entgegenstehen, die die Beklagte letztlich in § 326 [X.]B III gesehen hatte. Mit der Mitteilung des Ergebnisses dieser komplexen Prüfung hat die Beklagte ersichtlich auch eine Rechtsfolge (ausführlich dazu [X.] in von [X.]/Schütze, [X.]B X, 8. Aufl 2014, § 31 RdNr 23 mwN) setzen wollen, nämlich festzulegen, dass der [X.]lägerin dieser Rechtsanspruch verbindlich nicht zusteht. Dies erfüllt alle Merkmale eines Verwaltungsakts (so im Ergebnis - allerdings ohne näherer Begründung - bereits B[X.] vom [X.] - B 7a [X.] 56/05 R - B[X.]E 96, 190 = [X.] 4-4300 § 421g [X.], Rd[X.]0; zuletzt B[X.] vom 11.12.2014 - [X.] [X.] 1/14 R; in diesem Sinne auch [X.] in [X.]/[X.]-De Caluwe/Coseriu, [X.]B III, 6. Aufl 2017, § 45 Rd[X.]25; Rademacker in [X.]/[X.], [X.]B III, [X.] § 45 Rd[X.]37, 183, Stand Mai 2012).

Zu diesem (hoheitlichen) Handeln durch Verwaltungsakt war die Beklagte befugt. Ein Handeln der Verwaltung durch Verwaltungsakt ist nur zulässig, wenn diese [X.] gestattet ist (vgl B[X.] vom 27.5.2008 - B 2 U 11/07 R - B[X.]E 100, 243 = [X.] 4-2700 § 150 [X.], Rd[X.]2, mwN). Soweit die Verwaltung - wie hier - nicht ausdrücklich zur Regelung durch Verwaltungsakt ermächtigt ist, muss jedenfalls aus der Systematik des Gesetzes und der Eigenart des zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsverhältnisses zu ersehen sein, dass sie berechtigt sein soll, in dieser Form tätig zu werden (vgl B[X.] vom 27.5.2008 - B 2 U 11/07 R - B[X.]E 100, 243 = [X.] 4-2700 § 150 [X.], Rd[X.]2). Insbesondere wenn zwischen Verwaltung und Adressat ein Subordinationsverhältnis besteht, also ein Verhältnis der Über- und Unterordnung, ist von der Befugnis durch Verwaltungsakt zu entscheiden, auszugehen (so B[X.] vom 8.9.2015 - B 1 [X.]R 36/14 R - [X.] 4-2500 § 140 [X.] RdNr 9; B[X.] vom [X.] - B 1 [X.]R 38/15 R, B[X.]E = [X.] 4-7912 § 96 [X.], Rd[X.]1).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs sind die Regelungen des § 45 Abs 6 Satz 3 ff [X.]B III, die im Einzelnen die Voraussetzungen eines Zahlungsanspruches des privaten [X.] auf die [X.] gegenüber der [X.] regeln. Dabei handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch (Rademacker in [X.]/[X.], [X.]B III, [X.] § 45 Rd[X.]36, 183, Stand Mai 2012), der abschließend und besonderen Vereinbarungen oder Gestaltungen nicht zugänglich ist. Soweit angenommen wird, dass das Rechtsverhältnis zwischen [X.] und Maßnahmeträger über Eingliederungsleistungen nach § 45 [X.]B III im Grundsatz privatrechtlicher Natur ist (so etwa [X.] in [X.], [X.]B II/[X.]B III, § 45 [X.]B III Rd[X.]51 ff, Stand März 2013), gilt dies jedenfalls nicht für den Anspruch des privaten [X.] auf [X.] gegenüber der [X.]. Insoweit ist wegen § 45 Abs 6 Satz 3 ff, [X.]B III von einem Subordinationsverhältnis auszugehen, wodurch die Befugnis, durch Verwaltungsakt handeln zu dürfen, impliziert wird.

Insofern ist das Verhältnis Maßnahmeträger zur [X.] nicht anders zu beurteilen als das Verhältnis Maßnahmeteilnehmer zur [X.]. Hierzu hat der [X.] bereits entschieden, dass die Ausstellung eines [X.]s einen Verwaltungsakt darstellt (vgl B[X.] vom 11.3.2014 - [X.] [X.] 19/12 R - B[X.]E 115, 185 = [X.] 4-4300 § 421g [X.], Rd[X.]7 f). An dieser noch zu § 421g [X.]B III ergangenen Rechtsprechung ist auch nach der Einbeziehung des [X.] in die [X.]onzeption der Aktivierungs- und Eingliederungsmaßnahmen nach § 45 [X.]B III festzuhalten. Denn der Gesetzgeber ist bei der Nachfolgeregelung ausdrücklich von einer verbindlichen Förderzusage durch den [X.] - und damit von einem Verwaltungsakt - ausgegangen (vgl BT-Drucks 17/6277 [X.]; auch dazu bereits [X.]surteil vom 11.3.2014 - [X.] [X.] 19/12 R - B[X.]E 115, 185 = [X.] 4-4300 § 421g [X.], Rd[X.]9).

Gründe, die einer Entscheidung in der Sache entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist das nach § 78 [X.]G erforderliche Widerspruchsverfahren durchgeführt worden, wobei ohne Bedeutung ist, dass die Beklagte den Widerspruch als unzulässig verworfen hat, denn § 78 [X.]G verlangt nicht einen Widerspruchsbescheid, der frei von [X.] ist (vgl Sächsisches [X.] vom 3.11.2016 - L 3 [X.] 111/14 - RdNr 26; B[X.] vom 24.11.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.]4 RdNr 9).

Streitgegenstand ist (nur) der Anspruch der [X.]lägerin auf Auszahlung eines Teilbetrages in Höhe von 1000 Euro als erste Rate. Denn nur hierüber hat die Beklagte durch den angefochtenen Bescheid entschieden und nur diese Leistung macht die [X.]lägerin geltend. Der 7a. [X.] des B[X.] hat zwar auch die zweite Rate in Höhe weiterer 1000 Euro als vom Streitgegenstand mitumfasst angesehen, allerdings in einem Fall, in dem eine (generelle) Ablehnung erfolgte, die mit der Unwirksamkeit des [X.] begründet wurde (vgl B[X.] vom [X.] - B 7a [X.] 56/05 R = B[X.]E 96, 190 = [X.] 4-4300 § 421g [X.], Rd[X.]0). Doch ist dies nicht anzunehmen, wenn - wie hier - allein die nicht rechtzeitige Geltendmachung des Anspruchs im Streit steht. Die Rechtslage kann sich in diesem Fall wegen der unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkte für die erste und zweite Rate jeweils anders darstellen, was auch die Möglichkeit bedingt, nur eine der Raten geltend zu machen.

In der Sache hat die [X.]lägerin einen Anspruch auf Auszahlung des ersten Teilbetrages in Höhe von 1000 Euro aus dem [X.] vom 13.4.2012, der dem Beigeladenen erteilt wurde. Der Ablehnungsbescheid ist daher rechtswidrig und das [X.] hat die Beklagte zu Recht unter Aufhebung dieses Bescheids zur Zahlung von 1000 Euro verurteilt.

Anspruchsgrundlage ist § 45 [X.]B III in der ab 1.4.2012 geltenden Fassung des [X.] der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 ([X.]). Nach § 45 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.]B III können Arbeitslose bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Die Förderung umfasst nach § 45 Abs 1 Satz 4 [X.]B III die Übernahme der angemessenen [X.]osten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die [X.] kann nach § 45 Abs 4 Satz 1 [X.]B III dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzung für eine Förderung nach Abs 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt durch einen [X.] festlegen. Ein [X.] kann - wie es hier der Fall ist - nach § 45 Abs 4 Satz 3 Nr 2 [X.]B III zur Auswahl eines Trägers berechtigen, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen vom Berechtigten ausgewählten Träger iS von § 45 Abs 4 Satz 3 Nr 2 [X.]B III beträgt die Vergütung 2000 Euro (§ 45 Abs 6 Satz 3 [X.]B III). Diese Vergütung wird gemäß § 45 Abs 6 Satz 5 [X.]B III in Höhe von 1000 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Der ausgewählte Träger hat gemäß § 45 Abs 4 Satz 5 [X.]B III der [X.] den [X.] nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen.

Der Zahlungsanspruch des privaten [X.] gegen die Beklagte hat also auch nach § 45 [X.]B III - entsprechend der Vorgängerregelung in § 421g [X.]B III - zusammenfassend folgende Voraussetzungen: Erstens die Ausstellung eines [X.]s; zweitens ein wirksamer, vor Beginn der Vermittlungstätigkeit abgeschlossener schriftlicher Vermittlungsvertrag mit daraus resultierendem Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen den Arbeitnehmer; drittens innerhalb der Geltungsdauer des [X.]s die erfolgreiche Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden; viertens für die Auszahlung der ersten Rate eine sechswöchige Dauer des Beschäftigungsverhältnisses (B[X.] vom 11.3.2014 - [X.] [X.] 19/12 R - B[X.]E 115, 185 = [X.] 4-4300 § 421g [X.], Rd[X.]4 mwN). Für bis einschließlich 31.12.2012 erfolgte Vermittlungen erfordert gem der Übergangsregelung in § 443 Abs 3 Satz 4 [X.]B III ein Anspruch auf Vergütung zudem, dass der Träger zum [X.]punkt der Vermittlung die Arbeitsvermittlung als Gegenstand seines Gewerbes angezeigt hat (vgl dazu [X.] in [X.], [X.]B III nF, § 45 Rd[X.]93, Stand September 2015), aber noch keine Zulassung durch eine Zertifizierungsstelle nach dem ab 1.4.2012 geltenden § 176 Abs 1 [X.]B III.

Diese Anspruchsvoraussetzungen liegen hier nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] vor, sodass dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung der ersten Rate von 1000 Euro besteht. Dem Beigeladenen ist am 13.4.2012 ein [X.] ausgestellt worden mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 12.7.2012. Am 16.4.2012 schlossen die [X.]lägerin, die die Arbeitsvermittlung als Gegenstand ihres Gewerbes bereits im Jahr 2008 angezeigt hatte, und der Beigeladene einen wirksamen Vermittlungsvertrag, aufgrund dessen die [X.]lägerin den Beigeladenen in eine am [X.] beginnende sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelte (Arbeitsvertrag für die [X.] vom [X.] - 24.7.2012). Nach den Feststellungen des [X.], bestätigt durch [X.]lägerin und Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung, ist weiter davon auszugehen, dass der Beigeladene mindestens sechs Wochen tatsächlich beschäftigt war. Ausschlussgründe nach § 45 Abs 6 Satz 6 [X.]B III sind nicht ersichtlich.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem Anspruch nicht entgegen, dass der Antrag auf diese Vergütung erst am [X.] gestellt wurde. In § 45 [X.]B III findet sich keine (Ausschluss-) Frist zur Geltendmachung der [X.]. Die in § 326 [X.]B III unter der Überschrift "Ausschlussfrist für Gesamtabrechnung" geregelte Frist ist entgegen der Auffassung der Beklagten auf Leistungen für eine erfolgsbezogen zu vergütende Maßnahme wie die Arbeitsvermittlung nicht anwendbar.

§ 326 Abs 1 Satz 1 [X.]B III bestimmt, dass für Leistungen an einen Maßnahmeträger dieser der [X.] innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten die Unterlagen vorzulegen hat, die für eine abschließende Entscheidung über den Umfang der zu erbringenden Leistungen erforderlich sind (Gesamtabrechnung). Die Frist beginnt mit Ablauf des [X.]alendermonats, in dem die Maßnahme beendet worden ist (§ 326 Abs 1 Satz 2 [X.]B III). Erfolgt die Gesamtabrechnung nicht rechtzeitig, sind nach § 326 Abs 2 [X.]B III die erbrachten Leistungen vom Träger in dem Umfang zu erstatten, in dem die Voraussetzungen für die Leistungen nicht nachgewiesen worden sind.

Schon nach dem Wortlaut ist die Anwendung dieser Regelung auf die [X.] eines privaten [X.] zweifelhaft. Zwar ist dieser als Maßnahmeträger im Sinne der Vorschrift anzusehen, was sich aus § 21 [X.]B III iVm § 45 [X.]B III ergibt, denn auch die in § 45 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.]B III genannte Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung ist als Maßnahme der Arbeitsförderung iS von § 21 [X.]B III anzusehen und zudem wird der private Arbeitsvermittler ausdrücklich als Träger bezeichnet (vgl nur [X.] in [X.], [X.]B III nF, § 45 Rd[X.]90 ff, Stand September 2015; Rademacker in [X.]/[X.], [X.]B III, [X.] § 45 Rd[X.]19, Stand Mai 2012). Doch erfordert die Vergütung eines [X.] keine Gesamtabrechnung, sondern steht in ihrer Höhe von vornherein fest, weil sie nicht aufwands- sondern erfolgsbezogen gewährt wird. Eine vorläufige Entscheidung, die von der in § 326 Abs 1 Satz 1 [X.]B III ausdrücklich genannten abschließenden Entscheidung abweichen könnte, ist deshalb ebenfalls nicht denkbar. Unklar bleibt zudem, wann bei einer die Vergütungspflicht auslösenden erfolgreichen Arbeitsvermittlung von der Beendigung der Maßnahme als Anknüpfungspunkt des Fristbeginns auszugehen sein soll. Der sicheren Bestimmung von Beginn und Ende einer Frist kommt gerade im Rahmen von [X.] besondere Bedeutung zu. Eine bestimmte Dauer der Beschäftigung kann allerdings - entgegen der Auffassung der Beklagten - kaum als das für den Fristbeginn maßgebliche Ende der Maßnahme iS von § 326 Abs 1 Satz 2 [X.]B III angesehen werden. Denn die Tätigkeit des Vermittlers als Träger dürfte bereits mit dem Abschluss des auf seine Vermittlung zustande gekommenen Arbeitsvertrags, spätestens aber mit Aufnahme der Beschäftigung durch den Berechtigten, beendet sein. Auf die Dauer der Beschäftigung, von der entscheidend abhängt, ob der Vergütungsanspruch überhaupt entsteht, erstreckt sich die Tätigkeit des Vermittlers bereits nicht mehr.

Aus Entstehungsgeschichte und Gesetzesentwicklung ergeben sich keine Hinweise auf eine Anwendung von § 326 [X.]B III im [X.] der privaten Arbeitsvermittlung. Während § 326 [X.]B III bereits zum [X.] mit der Eingliederung des Arbeitsförderungsrechts in das [X.]B in [X.] getreten und seitdem inhaltlich nicht mehr verändert wurde, erfolgte die Eingliederung der Förderung auch der privaten Arbeitsvermittlung in § 45 [X.]B III erst zum 1.4.2012 und geht zurück auf die zeitlich befristete Sonderregelung zum [X.] in § 421g [X.]B III. Hiermit war ein neues Instrument geschaffen worden, mit dem zunächst Erfahrungen gesammelt werden sollten (vgl zur Rechtsentwicklung nur [X.] in [X.], [X.]B III nF, § 45 RdNr 24, Stand Juli 2013; Rademacker in [X.]/[X.], [X.]B III, [X.] § 45 Rd[X.], 21, Stand Mai 2012). Diese und auch weitere zum Teil grundlegende Neu- und Umgestaltungen der Arbeitsmarktinstrumente hat der Gesetzgeber in den verfahrensrechtlichen Regelungen des Neunten [X.]apitels des [X.]B III - auch was die [X.] angeht - allerdings nicht nachvollzogen. Dies gilt insbesondere für die in § 45 [X.]B III enthaltenen "Gutscheinlösungen" (vgl dazu [X.]allert in [X.], [X.]B II/[X.]B III, § 326 Rd[X.], Stand September 2013). Hinweise auf eine beabsichtigte uneingeschränkte Anwendung der für die überkommenen Förderungsinstrumente konzipierten Verfahrensregelungen auf die neuen Förderinstrumente fehlen.

Gegen die Anwendung von § 326 [X.]B III auf Ansprüche auf Vergütung aus einem [X.] wegen einer Arbeitsvermittlung sprechen schließlich entscheidend Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung. Als Ziel von § 326 [X.]B III ist in der Gesetzesbegründung ausdrücklich beschrieben dazu beizutragen, dass Träger von geförderten Maßnahmen daran mitwirken, erforderliche Entscheidungen insbesondere hinsichtlich der Leistungshöhe zeitnah treffen zu können (BT-Drucks 13/4941 [X.]; dazu [X.] in [X.], [X.]B III nF, § 326 Rd[X.], 22 ff, Stand Juni 2014). Die Vorschrift geht nach ihrer Ratio also von einem aufwandsbezogenen Anspruch aus, dessen Höhe von verschiedenen Faktoren abhängen kann. Diese sind im Einzelnen zu ermitteln, wofür es der Mitwirkung des Trägers bedarf, dem es obliegt, seinen Aufwand anzugeben und nachzuweisen (vgl [X.] in [X.], [X.]B III nF, § 326 Rd[X.], 23, Stand Juni 2014; [X.]allert in [X.], [X.]B II/[X.]B III, § 326 RdNr 7 ff, Stand September 2013). Bei aufwandsbezogen zu [X.] ist hierfür ein entsprechender Anwendungsbereich eröffnet. Denn insoweit haben sich die Träger bereits zu Beginn der Maßnahme nach § 45 Abs 4 Satz 4 [X.]B III unter Vorlage des [X.]s an die [X.] zu wenden und erhalten ggf Vergütungen vorab.

Demgegenüber kann sich der Arbeitsvermittler gemäß § 45 Abs 4 Satz 5 [X.]B III erst an die [X.] wenden, wenn alle Voraussetzungen für den Vergütungsanspruch vollständig vorliegen. Die Leistungshöhe folgt unmittelbar aus dem Gesetz. Besondere Mitwirkungspflichten oder Obliegenheiten des [X.], die sich auf die Ermittlung seines Aufwands beziehen und die durch eine Ausschlussfrist sanktioniert werden könnten, bestehen demnach nicht. Die Anwendung der auf die Durchsetzung solcher Pflichten gerichteten Vorschrift des § 326 [X.]B III ist damit nach deren [X.]onzeption nicht gerechtfertigt. Ihr käme die Wirkung einer anlasslosen isolierten Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Anspruchs dem Grunde nach zu. Eine solche erfordert eine eindeutige gesetzliche Regelung, an der es fehlt.

[X.]ein anderes Ergebnis folgt schließlich aus den als "Nebenbestimmung" bezeichneten Ausführungen zu § 326 [X.]B III in dem [X.], der dem Beigeladenen erteilt wurde. Denn diese stellen, wie vom [X.] zutreffend erkannt, lediglich einen Hinweis auf die aus Sicht der Beklagten bestehenden Rechtslage dar, dem nicht der Charakter einer Auflage iS des § 32 Nr 4 [X.]B X mit einem selbstständigen, vom [X.] unabhängigen Regelungsgehalt (vgl [X.] in von [X.]/Schütze, [X.]B X, 8. Aufl 2014, § 32 RdNr 23 ff) zukommt. Es kann daher offen bleiben, ob im Falle der Wirksamkeit einer solchen Nebenbestimmung dieser für den Vergütungsanspruch des Vermittlers überhaupt eine Bedeutung zukommt, was fraglich erscheint, weil der Vermittler - worauf das [X.] ebenfalls zu Recht hingewiesen hat - nicht Adressat des [X.]s ist.

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 197a [X.]G iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO. Der private Vermittler ist kein Leistungsempfänger iS des § 183 [X.]G. Bei der Vergütung aus dem [X.] handelt es sich um eine Vergütung aus wirtschaftlicher Betätigung (B[X.] vom [X.] - B 7a [X.] 56/05 R - B[X.]E 96, 190 = [X.] 4-4300 § 421g [X.], RdNr 21; B[X.] vom 16.2.2012 - B 4 AS 77/11 R - [X.] 4-4200 § 16 [X.]0 Rd[X.]0). Eines besonderen [X.] Schutzes im Rahmen des sozialgerichtlichen [X.]ostenrechts, auf den die [X.]ostenprivilegierung des § 183 [X.]G abzielt, bedarf es deshalb bezogen auf den privaten Arbeitsvermittler nicht.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a [X.]G iVm § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 G[X.]G.

Meta

B 11 AL 6/16 R

09.06.2017

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Leipzig, 27. März 2014, Az: S 1 AL 308/13, Urteil

§ 21 SGB 3, § 45 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 3, § 45 Abs 4 S 3 Nr 2 SGB 3, § 45 Abs 6 S 1 SGB 3, § 45 Abs 6 S 3 SGB 3, § 326 Abs 1 SGB 3, § 31 S 1 SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 09.06.2017, Az. B 11 AL 6/16 R (REWIS RS 2017, 9714)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9714

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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B 11 AL 19/12 R (Bundessozialgericht)

Vermittlungsgutschein - Rechtsnatur - Vergütungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers - Verwaltungsakt - keine nachträgliche Unwirksamkeit wegen …


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