Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2005, Az. IX ZR 6/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 2442

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]
Verkündet am: 21. Juli 2005 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB § 675

a) Auf Grund eines eingeschränkten Mandats muß ein Steuerberater den [X.] vor steuerlichen Nachteilen, die außerhalb des Mandats drohen, nicht warnen, wenn er davon ausgehen darf, der Mandant sei anderweitig fachkundig beraten.
b) Leitet der Berater daraus, daß der Mandant eine besondere Nachfrage bei ihm unterlassen habe, ein Mitverschulden her, muß er darlegen und bewei-sen, daß die Anfrage unterblieben ist.
[X.], [X.]eil vom 21. Juli 2005 - [X.] - OLG Frankfurt am Main

LG Frankfurt am Main - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juli 2005 durch den Vorsitzenden [X.] Dr. [X.], die [X.] [X.], [X.], [X.] und die [X.]in [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Beklagten und der Klägerin wird das [X.]eil des 19. Zivilsenats des [X.] am Main
vom 12. Dezember 2001 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist die Witwe des im Jahre 1992 verstorbenen [X.](i.F.: Erblasser). Dieser hatte zu seinen Erben die gemeinsamen Kinder eingesetzt. Die Beklagte war die langjährige Steuerberaterin des Erblassers und der von ihm beherrschten Firmengruppe. Deren Belange wurden im Hause der Beklagten speziell von dem Abteilungsdirektor [X.]

betreut. Zuletzt erledigte die Beklagte die Anfertigung der Erbschaftsteuererklärung für die [X.].
- 3 - Mit Schreiben vom 7. November 1994 teilte die Klägerin der Beklagten mit: "Wie Sie wissen, habe ich einen Anwalt (den Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer [X.]) mit der Ausarbeitung von Lösungskonzep-ten für einen Erbauseinandersetzungsvertrag zwischen meinen Kindern und [X.] beauftragt mit der Zielsetzung, in Abfindung meines Pflichtteilsanspruchs eine steueroptimierte Lösung sowohl für meine Kinder als auch für [X.] unter Berücksichtigung erb- und einkommensteuerlicher Auswirkungen auf beiden Seiten zu erarbeiten". Sie bat die Beklagte, ihr das zu diesem Zweck benötigte Zahlenmaterial zu überlassen. Auf dieser Grundlage werde Rechtsanwalt [X.] seine konzeptionellen Vorschläge überprüfen. Sodann werde ein Gespräch stattfinden, zu dem die Klägerin zum gegebenen Zeitpunkt [X.] und den für die Beurkundung vorgesehenen Notar, Dr. S. , hinzubitten werde.

Die Klägerin übersandte der Beklagten unter dem 5. April 1995 einen von [X.]erarbeiteten Vertragsentwurf, der unter anderem die Übertra-gung von Grundeigentum und Unternehmensbeteiligungen auf die Klägerin vorsah. Die Klägerin bat die Beklagte, sie wissen zu lassen, wie man den [X.] beurteile. Dieser Bitte kam [X.]

am 12. April 1995 nach. Die Beklagte berechnete hierfür im Juni 1995 ein Honorar, welches die Kläge-rin bezahlte.

Auf Anfrage der Beklagten teilte die Klägerin dieser mit Schreiben vom 29. August 1995 Folgendes mit: "Es ist fraglich, ob die vertragliche Regelung meiner Erb- bzw. Pflichtteilsansprüche noch in diesem Jahr zum [X.] werden kann, da der Ihnen bekannte Vertragsentwurf des Herrn - 4 - [X.]bislang von [X.]noch nicht in eine beurkundungsrei-fe Form gebracht wurde ...".

Im September 1995 teilte [X.] der Klägerin mit, der [X.], um steuerliche Nachteile zu vermeiden, noch im selben Jahr beurkundet werden. Er verwies auf die Entscheidung des [X.] vom 22. Juni 1995 ([X.] 93, 165 = NJW 1995, 2624), die erwarten lasse, daß die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer für Grundbesitz demnächst ge-ändert werde.

Am 13. September 1995 schlossen die Klägerin und ihre Kinder in An-wesenheit des Notars [X.]einen privatschriftlichen "[X.]", der im wesentlichen dem Entwurf des [X.] entsprach. Der Vertrag wurde am 19. August 1996 von [X.] notariell beurkundet.

Auf der Grundlage des Ende 1996 verkündeten Jahressteuergesetzes 1997 ([X.] I 1996 S. 2049) legte das Finanzamt bei der erbschaftsteuerlichen Bewertung des [X.] die ab 1. Januar 1996 [X.] zugrunde. Dies führte zum Anfall von [X.] in Höhe von 681.872,00 DM, die bei Abschluß des Vertrages noch im Jahr 1995 nicht entstanden wäre.

Die Klägerin nimmt deswegen aus eigenem und abgetretenem Recht ihrer Kinder die Beklagte auf Zahlung und Feststellung der Pflicht zum Ersatz aller weiteren Schäden in Anspruch. Sie legt der Beklagten zur Last, sie nicht darauf hingewiesen zu haben, daß zur Vermeidung steuerlicher Nachteile eine - 5 - Beurkundung noch im Jahr 1995 erfolgen müsse. Da [X.]

dies für erfor-derlich gehalten habe, der Notar [X.]
jedoch gegenteiliger Meinung gewesen sei, habe sie [X.] von der Beklagten um seine Meinung gebe-ten. Dieser habe im [X.] 1995 ausdrücklich versichert, es sei kein Grund zur Eile gegeben, weil der Vertrag eine steuerliche Rückbeziehung auf den Tag des Erbfalls vorsehe. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Beru-fung der Klägerin hat das [X.] ihr aus abgetretenem Recht hälf-tigen Schadensersatz zugesprochen. Dagegen wenden sich beide Parteien mit jeweils selbständigen Revisionen.

Entscheidungsgründe:

Die Rechtsmittel führen zur Aufhebung des angefochtenen [X.]eils und zur Zurückverweisung.

A.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe nach Abgabe ihrer Stellungnahme zu dem von [X.] gelieferten Entwurf am 12. Mai 1995 kein Mandat hinsichtlich des [X.] mehr [X.]. Weder sei sie beauftragt gewesen, die Arbeit von [X.] zu beglei-ten, noch könne festgestellt werden, daß die Beklagte um ihren Rat gebeten worden sei, ob hinsichtlich der absehbaren Änderung der Rechtslage die recht-liche Beurteilung von [X.] oder von [X.] zutreffend sei. Indes habe die Beklagte eine nachvertragliche Hinweispflicht verletzt. Ein Steuerbe-- 6 - rater habe auch außerhalb eines Mandats die vertragliche Nebenpflicht, den Mandanten vor Schaden zu bewahren, und müsse deshalb von sich aus auf steuerliche Fehlentscheidungen, die offen zu Tage lägen, aufmerksam ma-chen. Es sei für einen durchschnittlichen Steuerberater offenkundig gewesen, daß der Erbengemeinschaft bei einer Beurkundung nach dem Ende des Jahres 1995 ein Steuerschaden gedroht habe. Einen entsprechenden Hinweis habe die Beklagte pflichtwidrig und schuldhaft unterlassen. Wäre er gegeben [X.], hätte die Klägerin ihn befolgt. Daß sie die Warnung des [X.]nicht zum Anlaß genommen habe, die Beurkundung vorzuverlegen, spreche nicht dagegen. Denn es sei die Beklagte gewesen, die ihr besonderes Vertrauen genossen habe. Durch das Unterlassen des Hinweises sei der Erbengemein-schaft der mit der Klage geltend gemachte Schaden entstanden. Die Klägerin könne diesen jedoch nur zur Hälfte ersetzt verlangen, weil sie ein erhebliches Mitverschulden treffe. Angesichts der Meinungsverschiedenheit zwischen [X.] und [X.] hätte die Klägerin anderweitigen Rat einholen müssen. Ihre Behauptung, sie habe sich deswegen an die Beklagte gewandt, sei nicht bewiesen.

B.

Diese Ausführungen halten in wesentlichen Punkten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. [X.] ist die Behauptung der Klägerin, die Beklagte sei wegen der von den übrigen Fachleuten - nämlich [X.] und [X.] - unterschiedlich beurteilten steuerlichen Auswirkungen der zu erwartenden Rechtsänderung um ihren Rat gefragt worden und habe diesen - 7 - falsch erteilt. Wurde die Beklagte nicht gefragt, mußte sie die Klägerin nicht warnen, wenn sie davon ausgehen durfte, die Klägerin sei anderweitig beraten. - 8 - [X.] Die Revision der Beklagten
1. Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht angenommenen [X.] kann von der Verletzung einer nachvertraglichen Pflicht der Beklagten nicht ausgegangen werden.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats muß zwar ein Steuerberater, dem lediglich ein eingeschränktes Mandat erteilt ist, den Mandanten auch vor außerhalb seines Auftrages liegenden steuerlichen Fehlentscheidungen war-nen, wenn sie ihm bekannt oder für einen durchschnittlichen Berater auf den ersten Blick ersichtlich sind ([X.] 128, 358, 362; [X.], [X.]. v. 7. Mai 1991 - [X.] ZR 188/90, [X.], 1303, 1304).
Ist der Mandant anderweitig fachkundig beraten, kann eine derartige Warnpflicht jedoch nur eingeschränkt gelten. Hat etwa ein Steuerberater nur den Auftrag, einen von dem Mandanten als Spezialisten eingeschalteten ande-ren Steuerberater als Mitprüfer zu begleiten, muß der allgemeine Steuerberater den Spezialisten nicht überwachen. Er hat den Mandanten vor etwaigen Fehl-leistungen des Spezialisten nur zu warnen, wenn er diese erkennt oder erken-nen und zugleich annehmen muß, daß der Mandant die Gefahr möglicherweise nicht bemerkt ([X.], [X.]. v. 4. Mai 2000 - [X.] ZR 142/99, [X.], 1591, 1593; v. 19. Juli 2001 - [X.] ZR 246/00, [X.], 1868, 1869). Einen Steuerberater, der bezüglich des Umstands, aus dem Gefahr droht, überhaupt kein Mandat hat, können keine weitergehenden Pflichten treffen.
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn das Mandat des anderen [X.] beendet ist oder es sich von vornherein nicht auf den Umstand er-- 9 - streckt, der die Warnpflicht auslösen kann, der Mandant gegenüber dem ersten Steuerberater jedoch den gegenteiligen Eindruck erweckt hat. Dann darf sich der erste Steuerberater darauf verlassen, der Mandant werde in der [X.] Frage sachkundig anderweitig beraten.
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe zwar ein Dauermandat gehabt, die Neuordnung des Erbes im Rahmen eines Erbausei-nandersetzungsvertrages sei jedoch von diesem ausgenommen gewesen. [X.] hätte die Beklagte ein eingeschränktes Mandat gehabt.
Deren Revision macht geltend, die Klägerin sei - durch Rechtsanwalt [X.] - anderweitig fachkundig beraten gewesen. Entsprechenden Vortrag hatte sie auch bereits in den Tatsacheninstanzen gehalten. Die Klägerin hatte demgegenüber behauptet, im Jahre 1995 habe [X.]

kein Steuerbera-tungsmandat gehabt und mit Erstellung des [X.] sei auch das darauf gerichtete Mandat erledigt gewesen. Sie hat jedoch zugleich vorgetragen, [X.]habe sie tatsächlich - und zwar zutreffend - über die steuerliche Unmöglichkeit einer Rückbeziehung des [X.] beraten. Zum Fortbestehen des Mandatsverhältnisses mit [X.] hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.

Die Beklagte hat in den Tatsacheninstanzen weiter vorgetragen, von einer etwaigen Beendigung des [X.]erteilten Mandats habe sie nichts gewußt. Allerdings hat sie auch nicht behauptet, sie habe den von [X.] - nach Darstellung der Klägerin: außervertraglich - erteilten Hinweis auf die Notwendigkeit, die Beurkundung des [X.] vorzuzie-hen, gekannt. Vielmehr hat sie bestritten, wegen eben dieses von [X.] - 10 - erteilten Hinweises um ihre Meinung gefragt worden zu sein. Falls die Beklagte aufgrund der ihr seitens der Klägerin erteilten Informationen davon ausgehen konnte, die Klägerin werde auch über die steuerlichen Auswirkungen des [X.] fortlaufend von [X.]

beraten, hätte für sie kein Anlaß bestanden, Warnungen wegen der zu erwartenden Änderungen der steuerlichen Rechtslage auszusprechen. Denn tatsächlich hat [X.] die neue Rechtslage vollständig überblickt und die Klägerin zutreffend beraten. Ob die Klägerin bei der Beklagten die Vorstellung geweckt hat, sie werde wei-terhin von [X.] beraten, ist wiederum tatrichterlich nicht festgestellt.

2. Auch zur Kausalität der angenommenen Pflichtverletzung für den Schaden erhebt die Revision durchgreifende [X.].

Das Berufungsgericht hat gemeint, die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens (vgl. [X.] 123, 311, 315; [X.], [X.]. v. 9. November 1995 - [X.] ZR 161/94, [X.], 71, 73) werde im vorliegenden Fall nicht dadurch entkräftet, daß die Klägerin dem von [X.]Mitte September erteilten Hinweis auf die Notwendigkeit einer notariellen Beurkundung noch in diesem Jahr nicht gefolgt sei. Denn die Beklagte sei es gewesen, die das besondere Vertrauen der Klä-gerin genossen habe.

Jedenfalls dann, wenn die Klägerin die Beklagte nicht um ihre Meinung zu der von [X.] ausgesprochenen Warnung gefragt hat - und dies hat das Berufungsgericht für möglich erachtet -, ist diese Begründung nicht haltbar. Die Klägerin hatte die Erarbeitung des [X.] aus-schließlich [X.] anvertraut, diesen Komplex somit aus dem der [X.] erteilten Dauermandat herausgenommen. Nach den Feststellungen des - 11 - Berufungsgerichts sollte die Beklagte [X.]bei seiner Tätigkeit nicht [X.] begleiten. Als dann [X.]seine Warnung aussprach und der Klägerin, als diese nicht sogleich darauf einging, empfahl, hierzu fachlichen Rat einzuholen, hat sie - nach der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts - jedenfalls die Beklagte nicht konsultiert. Statt dessen ist sie der Meinung ihres langjährigen [X.] [X.]gefolgt, der die Bedenken für unbegrün-det hielt. Auf dieser tatsächlichen Grundlage kann von einer besonderen Ver-trauensstellung der Beklagten, welche die Klägerin veranlaßt habe, die [X.] der Beklagten derjenigen des Dr. S. vorzuziehen, nicht die Rede sein.

I[X.] Die Revision der Klägerin

1. Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, die Beklagte hafte nicht nur zur Hälfte, sondern vollen Umfangs, weil sie - die Klägerin - sich über [X.]bei dem für die Beklagte handelnden [X.] erkundigt habe, was er von der Meinung des [X.] halte, die Beurkundung des [X.] sei steuerschädlich, wenn sie erst 1996 erfolge. [X.] habe [X.] ihr ausrichten lassen, eine Beurkundung noch im Jah-re 1995 sei aus erbschaftsteuerlichen Gründen nicht geboten. Damit beruft sich die Revision der Klägerin zum einen auf eine andere, schwerer wiegende Pflichtverletzung - wobei ihr insoweit die Beweislast obläge -, und zum anderen leugnet sie ein Mitverschulden.

2. Im ersten Punkt wird die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts mit Erfolg angegriffen. Insofern ist die Nachprüfung durch das Revisionsgericht darauf beschränkt, ob der Tatrichter sich mit dem Prozeßstoff und den [X.] 12 - ergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die [X.] also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.], [X.]. v. 14. Januar 1993 - [X.] ZR 238/91, NJW 1993, 935, 937).
a) Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die erstinstanzliche Be-weisaufnahme nicht ergeben, daß der Notar Dr. S.

das von ihm als Zeuge geschilderte Telefongespräch mit [X.] geführt hat. Der Zeuge ist zweimal gehört worden, einmal vor dem Einzelrichter als beauftragtem [X.] und [X.] vor der vollbesetzten Kammer. Der wesentliche Inhalt der Zeugenaussage ging jeweils dahin, [X.] habe auf Vorhalt des von [X.] eingenommenen Standpunkts geantwortet, es sei aus erbschaft-steuerlichen Gründen nicht geboten, den [X.] noch im Jahr 1995 zu beurkunden. Daraufhin habe er die Klägerin angerufen und ihr gesagt, seiner Meinung nach irre sich [X.] .

b) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, seine Zweifel an den Aussagen des [X.] gründeten sich auf Widersprüche. Bei seiner Vernehmung vor dem beauftragten [X.] habe der Zeuge das in Rede stehende Fernge-spräch mit [X.] als kurz bezeichnet; demgegenüber habe er vor der Kammer ausgesagt, in den Gesprächen mit [X.]

seien immer relativ komplexe Themen, die nicht einfach gewesen seien, angesprochen worden. Wie die Revision zu Recht rügt, besteht dieser Widerspruch nicht. Ausweislich des Protokolls stammt die zweite Aussage von dem Zeugen [X.] ; das Berufungsgericht hat sie irrtümlich [X.] zugeschrieben (Verstoß ge-gen § 286 ZPO).
- 13 - c) Ferner hat es das Berufungsgericht als wenig nachvollziehbar [X.], daß der Zeuge Dr. S. in einem Gespräch, in dem es um die [X.] notarieller Beurkundung gegangen sei, den wenige Tage zuvor, nämlich am 13. September 1995, vor ihm unterzeichneten [X.] nicht erwähnt haben will. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß der Zeuge bei keiner der durchgeführten Vernehmungen ausdrücklich angege-ben hat, er habe die Unterzeichnung des [X.]s nicht [X.]. Aus dem Protokoll ergibt sich nicht, daß er dazu überhaupt befragt [X.] ist. Unter diesen Umständen darf eine verneinende Aussage nicht einfach unterstellt werden (Verstoß gegen § 286 ZPO).

d) Aus der Aussage des [X.], er habe nach dem [X.] mit [X.] die Klägerin angerufen und ihr mitgeteilt, er meine, daß [X.] irre, hat das Berufungsgericht gefolgert, das Gespräch zwischen [X.] und [X.] könne nicht den von dem Erstgenannten ge-schilderten Inhalt gehabt haben. Auch dies erscheint fehlerhaft (Verstoß gegen § 286 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Aussage des Zeugen, er sei von der Klägerin wegen der von [X.] geäußerten Bedenken angesprochen [X.] und diese habe ihm die Telefonnummer [X.]

gegeben, nicht in Zweifel gezogen. War jedoch die telefonische Erkundigung des Zeugen bei [X.] von der Klägerin angeregt worden, liegt es nahe, daß der Zeuge der Klägerin später über das Ergebnis seiner Erkundigung berichtet hat. [X.] bedurfte es einer näheren Begründung, weshalb die Klägerin die im Anschluß an das Telefonat erfolgte Mitteilung des Zeugen, er meine, daß sich [X.] irre, nicht dahin verstehen durfte, der Zeuge sei in seiner Meinung durch [X.] bestärkt worden. Eine derartige Begründung enthält das Be-rufungsurteil nicht. - 14 -

e) Schließlich hat es das Berufungsgericht - wie die Revision mit Recht beanstandet - verabsäumt, die Angaben des Zeugen [X.]

in seine [X.] mit einzubeziehen (Verstoß gegen § 286 ZPO). Dieser hat ausgesagt, er sei von Dr. S. angerufen worden. Dieser habe ihm unter Bezugnahme auf das zwischen ihm - [X.] - und der Klägerin geführte Gespräch mit-geteilt, er brauche sich bezüglich der Beurkundungspflicht noch im Jahre 1995 keine Gedanken zu machen, er - Dr. S. - habe mit [X.] gespro-chen, es bestehe keine Eile.

f) Das Berufungsgericht hat auch nicht den späteren, bis zum Ende des Jahres 1996 reichenden Schriftwechsel - insbesondere das Schreiben des [X.] vom 23. Dezember 1996 - berücksichtigt, aus dem sich nach dem Vortrag der Klägerin ergibt, [X.] sei der verfehlten Auffassung gewesen, die Entscheidung des [X.] vom 22. Juni 1995 habe für die Bewertung der zu übertragenden Grundstücke keine Bedeutung (Verstoß gegen § 286 ZPO).

3. Wenn offen bleibt, ob die Beklagte um ihren Rat gefragt wurde, geht dies zu ihren Lasten, soweit sie daraus ein Mitverschulden der Klägerin herlei-tet. In dieser Hinsicht hat das Berufungsgericht - wie die Revision mit Recht rügt - die Beweislast verkannt.

Das Berufungsgericht hat angenommen, aufgrund des Hinweises von [X.] hätte die Klägerin Rat einholen müssen. [X.]sei dafür nicht in Betracht gekommen. Der Beweis, daß sie jemand anders - [X.] 15 - dere [X.] - um seinen Rat gefragt habe, sei der Klägerin nicht gelun-gen.

Der Klägerin oblag die Beweislast zwar insofern, als sie mit der behaup-teten Anfrage - in Verbindung mit der angeblichen Antwort des [X.] - eine zusätzliche Pflichtverletzung der Beklagten geltend gemacht hat; soweit aus dem Unterlassen der Anfrage ein Mitverschulden an der Schadensentste-hung hergeleitet wird, muß jedoch die Beklagte beweisen, daß sie nicht von der Klägerin um Rat gefragt worden ist (vgl. [X.] 91, 243, 260; [X.], [X.] v. 30. Mai 2001 - [X.], [X.], 1461, 1462; v. 30. September 2003 - [X.], [X.], 2196, 2198).

C.

Das angefochtene [X.]eil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO a.F.), damit festgestellt wird - sei es durch Überprüfung der erhobenen [X.], sei es durch eine neue Beweisaufnahme -, ob der für die Beklagte han-delnde [X.] im Spätjahr 1995 zu der Kontroverse zwischen [X.] und [X.] befragt wurde und eine unzutreffende Antwort gab. Falls sich dies wieder nicht feststellen lassen sollte, wird zu prüfen sein, ob die Beklagte damals davon ausgehen mußte, die Klägerin werde nicht anderweitig fachlich beraten und sie laufe Gefahr, aus Rechtsunkenntnis steuerliche Nachteile zu erleiden. Gegebenenfalls wird sich das Berufungsgericht der Frage nach der Ursächlichkeit erneut zuwenden müssen.
- 16 - [X.] Ganter [X.]

[X.] [X.]

Meta

IX ZR 6/02

21.07.2005

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2005, Az. IX ZR 6/02 (REWIS RS 2005, 2442)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2442

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