Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2001, Az. IX ZR 246/00

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 1822

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:19. Juli 2001Bürk,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: jaBGB § 675Zur Beratungspflicht eines Steuerberaters, der neben einem Fachanwalt fürSteuerrecht in das Verfahren zur steuerneutralen Umwandlung einer Gesell-schaft einbezogen ist.[X.], Urteil vom 19. Juli 2001 - [X.]/00 - [X.] [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 19. Juli 2001 durch [X.] [X.] und die [X.], [X.], Dr. Zugehör und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 9. Mai 2000 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung- auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen der Verletzung von [X.] einem Steuerberatermandat auf Schadensersatz in Anspruch.Die Klägerin war persönlich haftende Gesellschafterin einer Kommandit-gesellschaft, die auf einem Grundstück, das steuerliches Betriebsvermögenwar, ein Einzelhandelsgeschäft betrieb. Im Frühjahr 1991 beschlossen die [X.] - beraten von dem Rechtsanwalt und Fachanwalt für SteuerrechtDr. [X.] -, den Geschäftsbetrieb einzustellen. Rechtsanwalt Dr. [X.] wurde [X.], eine Lösung zu finden, um zu verhindern, daß diese Maßnahme als Ent-nahme des Betriebsgrundstücks unter Aufdeckung stiller Reserven steuerlich- 3 -nachteilige Folgen hatte. An dieser Aufgabe war auch der verklagte Steuerbe-rater, der die Kommanditgesellschaft und die Gesellschafter seit vielen Jahrensteuerlich beriet, beteiligt. Der Umfang dieser Beteiligung ist zwischen [X.] streitig.Zur Lösung des steuerlichen Problems wurde schließlich die Komman-ditgesellschaft in eine GmbH umgewandelt und das Vermögen der Kommandit-gesellschaft mit allen Aktiven und Passiven auf die GmbH übertragen. [X.], die der Beklagte zum 31. Juli 1991 ([X.] für die [X.])und zum 1. August 1991 (Eröffnungsbilanz für die GmbH) anzufertigen hatte,zugrundegelegt. Letztlich scheiterte die Steuerunschädlichkeit der [X.] daran, daß diese erst am 12. November 1992 zur Eintragung in das [X.] angemeldet wurde. Damit war die sechsmonatige Frist in § [X.]. 7 des Umwandlungssteuergesetzes ([X.]) vom 6. September 1976(BGBl. I S. 2643) versäumt worden.Die Klägerin, die wegen des Entnahmegewinns zur Einkommen- [X.] veranlagt wurde, hat mit ihrer Klage den Beklagten auf Scha-densersatz in Höhe von zunächst 181.480,37 DM in Anspruch genommen.Aufgrund einer Neuberechnung des Aufgabegewinns durch die [X.] hat die Klägerin später - gegen den Widerspruch des Beklagten - die [X.] in Höhe von 75.964,65 DM für erledigt erklärt. Das [X.] hat der [X.] dem Grunde nach stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen.Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des [X.] 4 -Entscheidungsgründe:Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.[X.] Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begründet:Dem Beklagten sei eine schuldhafte Pflichtverletzung nicht anzulasten.Er habe die von ihm anzufertigenden Bilanzen am 22. Januar 1992 - und damitso rechtzeitig, daß die Anmeldung der Umwandlung problemlos vor Ablauf derFrist des § 20 Abs. 7 [X.] am 31. Januar 1992 möglich gewesen wäre - inder Kanzlei des Rechtsanwalts Dr. [X.] abgeben lassen. Einen über die Erstel-lung der Bilanzen hinausgehenden konkreten Auftrag habe er nicht gehabt.Zwar seien die steuerrechtlichen Fragen der Gesellschaftsumwandlung mit ihmerörtert worden. Auch sei ihm bekannt gewesen, daß man sich für eine derarti-ge Umwandlung gerade deswegen entschieden gehabt habe, um steuerlicheNachteile zu vermeiden. Auf die [X.] des § 20 Abs. 7 [X.] hin-zuweisen, habe er aber keinen Anlaß gehabt. Jedenfalls habe er eine [X.] nicht schuldhaft verletzt. Die genannte Frist habe dem Rechts-anwalt und Fachanwalt für Steuerrecht Dr. [X.] bekannt sein müssen. Für [X.] habe nicht der geringste Anhaltspunkt für eine Unkenntnis [X.] bestanden. Er habe deshalb die Versäumung der Anmeldefristnicht vorhersehen können. Falls man dennoch von einer schuldhaften Pflicht-verletzung ausgehe, sei der Schaden dem Beklagten wegen des [X.] Fehlverhaltens des Dr. [X.] nicht zurechenbar.- 5 -II.Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.1. Die Feststellungen des Berufungsgerichts schließen es nicht aus, daßder Beklagte seine Pflichten aus dem Mandatsverhältnis schuldhaft verletzthat, weil er die Klägerin - oder statt ihrer Rechtsanwalt Dr. [X.] - spätestens [X.] der Bilanzen auf den kurz bevorstehenden Ablauf der Frist des § [X.]. 7 [X.] hätte hinweisen müssen, dies aber nicht getan hat.a) Die Feststellung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe nur einMandat zur Erstellung der Bilanzen gehabt, ist auch ohne Revisionsrüge fürden Senat nicht bindend, weil die tatsächlichen Grundlagen des [X.] insoweit widersprüchlich sind (vgl. [X.], Urteil vom 5. November 1968- VI ZR 179/67, [X.] 1969, 133; vom 9. Dezember 1987 - [X.]/86,NJW-RR 1988, 407, 409; vom 5. Oktober 1988 - [X.]/87,NJW-RR 1989, 306, 307; [X.]/[X.], 2. Aufl. § 561 Rn. 10;Zöller/[X.], ZPO 22. Aufl. § 554 Rn. 11).Im Tatbestand seines Urteils erwähnt das Berufungsgericht als unstrei-tig, daß der Beklagte an der "Findung" einer "Lösung", wie die [X.] einer Entnahme des Betriebsgrundstücks vermieden werden [X.]" gewesen sei. Schon dies läßt sich mit der Feststellung, der [X.] nur den "konkreten Auftrag" gehabt, die erforderlichen Bilanzen zu er-stellen, schwerlich vereinbaren. Denn die Erstellung der Bilanzen hatte mit der"Lösungsfindung" nichts mehr zu tun; vielmehr trug der Beklagte damit nur ei-nen Teil zur Umsetzung der Lösung bei.In den Entscheidungsgründen ist das Berufungsgericht "dem [X.] darin (gefolgt), daß mit dem Beklagten die steuerrechtlichen Fragen der- 6 -Gesellschaftsumwandlung erörtert worden sind und dem Beklagten bekanntwar, daß die Lösung einer Umwandlung der [X.] in eine GmbH deshalb gewähltworden ist, um steuerrechtliche Nachteile bezüglich des Geschäftsgrundstückszu vermeiden". Jedenfalls die Erörterung der mit der Umwandlung verbunde-nen steuerrechtlichen Fragen deutet auf einen Auftrag hin, der über die bloßeErstellung von Bilanzen hinausging.An einer anderen Stelle kommt das Berufungsgericht wiederum daraufzu sprechen, daß der Beklagte "in die Entscheidungsfindung (gemeint ist hierdie Umwandlung der Kommanditgesellschaft in eine GmbH) mit einbezogen"gewesen sei, und verweist hierbei auf zwei Schreiben des Beklagten anRechtsanwalt Dr. [X.] vom 17. und 24. Juni 1991. In dem ersten Schreiben heißtes:"nach unserem letzten Gespräch habe ich [X.] nochmals mit [X.] und den steuerlichen Folgen beschäftigt, [X.] noch nicht in alle Einzelheiten eingestiegen.Es ist jedoch zu befürchten, daß das Finanzamt zu einer Be-triebsaufgabe kommt und die stillen Reserven des [X.] erfassen wird.Eine Betriebsverpachtung setzt voraus, daß ...Wir müssen uns gemeinsam überlegen, hier einen anderen [X.] zweite Schreiben [X.] übersende ich Ihnen im Zusammenhang mit der Firma... [X.] eine Ablichtung des [X.] aus demJahr 1989, Seite 363. Hieraus ist ersichtlich, daß unter [X.] keine gewerbliche Tätigkeit mehr vorliegt.Ich bitte Sie, nochmals zu prüfen, wenn eine GmbH gegründetwird, ob nach dem [X.] eine [X.] 7 -dung notwendig ist. Wir können die Firma dann zu [X.] übertragen ...".Derartige Äußerungen sind für einen Steuerberater, der lediglich Bilan-zen zu erstellen hat, ganz ungewöhnlich. Sie legen vielmehr die Annahme na-he, daß der Beklagte um seinen Rat gebeten worden ist, wie die [X.] durchgeführt werden könne, und die Klägerin, vertreten durchRechtsanwalt Dr. [X.], entsprechend beraten hat.b) Für die Revisionsinstanz ist davon auszugehen, daß der Beklagte- gemäß dem Klägervortrag - [X.] eines Dauermandats oder einesauf den Übertragungsvorgang bezogenen Einzelmandats gehalten war, "steu-erliche Strategien zu entwickeln, nach denen eine Aufdeckung der stillen Re-serven und eine Überführung der Immobilie aus dem Betriebsvermögen in [X.] zu vermeiden sei".c) Im Rahmen eines derartigen Auftrags hat der Steuerberater [X.] umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steu-erlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Insbesondere muß [X.] seinen Auftraggeber möglichst vor Schaden bewahren; deswe-gen muß er den nach den Umständen sichersten Weg zu dem erstrebten steu-erlichen Ziel aufzeigen und sachgerechte Vorschläge zu dessen [X.] unterbreiten ([X.], Urt. v. 13. Februar 1992 - [X.], [X.] 1992,701, 703; vom 18. Dezember 1997 - [X.], [X.] 1998, 301, 302).Im vorliegenden Fall gehörte zu der Beratung über die "steuerlicheStrategie" ein Hinweis auf die nach § 20 Abs. 7 [X.] geltende Frist, weilvon deren Einhaltung das Gelingen der angestrebten steuerneutralen Um-wandlung abhing. Der Hinweis war spätestens bei Abgabe der Bilanzen [X.] 8 -22. Januar 1994 geboten, und dies um so mehr, als der Ablauf der ohnehinkurzen Frist unmittelbar bevorstand, ohne daß der Beklagte davon ausgehenkonnte, daß die Klägerin oder Rechtsanwalt Dr. [X.] sogleich Anstalten machenwürde, die Umwandlung anzumelden, oder dies etwa schon getan hatte.Darauf, daß die Klägerin oder der von ihr ebenfalls als Berater einge-schaltete Rechtsanwalt Dr. [X.] die Frist kennen und beachten würde, durfte [X.] Beklagte nicht verlassen. Denn wenn sich der eine Berater auf den ande-ren verläßt, ist die Erreichung des von dem Mandanten angestrebten Ziels [X.] (vgl. zur Anwaltshaftung [X.], Urt. v. 18. März 1993 - [X.]/92,[X.] 1993, 1376, 1378; vom 8. Juli 1993 - [X.], [X.] 1993, 1967,1968). Im vorliegenden Fall war beiden dieses Ziel bekannt, und beide wußten,daß sie zum Zwecke der Erreichung dieses Ziels eingeschaltet worden waren.Selbst wenn beide getrennte Aufgabenbereiche gehabt haben sollten, [X.] an deren Schnittstellen eine Abstimmung erforderlich. Damit hat [X.] Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt.Etwas anderes hätte zwar möglicherweise dann zu gelten, wenn der [X.] hier nur ein Mandat gehabt hätte, den von der Klägerin als "Speziali-sten" eingeschalteten Rechtsanwalt Dr. [X.] "zu begleiten". In einem solchen Fallmuß der allgemeine Steuerberater den Spezialisten grundsätzlich nicht über-wachen. Er hat den Mandanten vor Fehlleistungen des Spezialisten nur zuwarnen, wenn er diese erkennt oder erkennen und zugleich annehmen muß,daß der Mandant die Gefahr möglicherweise nicht erkennt (vgl. [X.], Urt. [X.] - [X.], [X.] 2000, 1591, 1593). Diese Voraussetzungensind hier nicht festgestellt. Selbst davon, daß Dr. [X.] als "Spezialist" einge-schaltet war, kann hier mangels entsprechender Feststellungen nicht ausge-gangen werden.- 9 -Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, daß das Unterlassen einesgebotenen Hinweises auch schuldhaft war (vgl. [X.]Z 129, 386, 399).2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist an dem Zurech-nungszusammenhang zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung durch [X.] und dem Schaden der Klägerin nicht deshalb zu zweifeln, weil auchRechtsanwalt Dr. [X.] seine Pflichten verletzt hat (vgl. [X.], Urt. v. 10. Mai 1990- IX ZR 113/89, [X.] 1990, 1710, 1712). Haben mehrere Berater - neben- odernacheinander - denselben Auftraggeber durch eine schuldhafte Vertragsverlet-zung geschädigt, so haften sie grundsätzlich als Gesamtschuldner ([X.], [X.]. 18. März 1993 - [X.]/92, aaO; vom 20. Januar 1994 - [X.], [X.]1994, 948, 949 f.).II[X.] Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 564 Abs. 1 Satz 1 ZPO).Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie noch nichtentscheidungsreif ist (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zum Umfang des dem [X.]n erteilten Mandats sind noch tatrichterliche Feststellungen möglich. Mitdem von der Klägerin behaupteten, von dem Beklagten jedoch bestrittenenDauermandat hat sich das Berufungsgericht nicht befaßt. Zu der Frage einesEinzelmandats ist zum Beispiel noch die Gebührenabrechnung des [X.] würdigen, die von den Parteien unterschiedlich gedeutet wird. [X.] das Berufungsgericht die Aussage des Zeugen Dr. [X.] nicht gewürdigt.Wenn das Berufungsgericht aufgrund der erneuten Verhandlung zu demErgebnis gelangen sollte, daß die Klage nicht abweisungsreif ist, wird es daserstinstanzliche Urteil gleichwohl nicht bestätigen können. Denn ein [X.] -teil durfte - wie der Beklagte mit seiner Berufung zu Recht beanstandet hat -insoweit nicht ergehen, als die Klage in der Hauptsache einseitig für erledigterklärt worden war. Dadurch hatte sich das Klagebegehren in ein solches [X.] der Erledigung umgewandelt (vgl. [X.]Z 106, 359, 366; [X.],[X.]. v. 26. Mai 1994 - [X.], NJW 1994, 2363, 2364). Über diesen Fest-stellungsantrag hat das [X.] - wie das Berufungsgericht, rechtlich be-denkenfrei, annimmt - in seinem Grundurteil mit entschieden. Ein [X.] einen unbezifferten Feststellungsantrag scheidet jedoch wesensgemäßaus ([X.], Urt. v. 7. November 1991 - [X.], NJW-RR 1992, 531; vom14. Oktober 1993 - [X.], NJW-RR 1994, 319; vom 27. Januar 2000- [X.], [X.], 1572). Ausnahmsweise kann ein Grundurteil übereine Feststellungsklage ergehen, wenn damit ein bestimmter Betrag in [X.] geltend gemacht wird, daß die Klage auch zu einem Ausspruch über dieHöhe des Anspruchs führen soll ([X.], Urt. v. 9. Juni 1994 - [X.]/[X.] -NJW 1994, 3295 f., insofern in [X.]Z 126, 217 nicht abgedruckt; vom27. Januar 2000 - [X.], aaO). Die Voraussetzungen dieser Ausnahmeliegen hier nicht vor.[X.] Kirchhof Fi-scher Zugehör Ganter

Meta

IX ZR 246/00

19.07.2001

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2001, Az. IX ZR 246/00 (REWIS RS 2001, 1822)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1822

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