Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 08.12.2021, Az. 6 B 6/21

Der Kläger begehrt nach Einstellung des Verfahrens im Übrigen noch die Feststellung, dass eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung, die die [X.] im Rahmen der Vollstreckung von [X.] des Beigeladenen erlassen hat, rechtswidrig war, soweit darin [X.]ühren des Beigeladenen in Höhe von insgesamt 9,10 € aufgeführt waren. Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage unter Änderung des insoweit stattgebenden Urteils des [X.] abgewiesen. Die Revision gegen das Berufungsurteil hat es nicht zugelassen.

Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.

1. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten gru[X.]ätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Gru[X.]ätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO maßgeblichen Darlegungen in der Beschwerdebegründung des [X.] lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Die von ihm für klärungsbedürftig gehaltene, im Wortlaut mehrfach variierte Frage, ob

Nach der von der Beschwerde als bundesverfassungsrechtlicher Maßstab herangezogenen Kompetenzverteilungsregel des Art. 70 Abs. 1 [X.] haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem [X.] verleiht. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist hier nicht eröffnet. Denn die Art. 70 ff. [X.] verteilen die [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 7. Mai 2001 - 2 BvK 1/00 - [X.]E 103, 332 <357>). Dass im vorliegenden Fall eine Gesetzgebungsbefugnis des [X.] berührt sein könnte, macht die Beschwerde jedoch - zu Recht - nicht geltend. Vielmehr beanstandet sie der Sache nach, dass das Berufungsgericht die Gesetzgebungsbefugnis eines [X.] für die Regelung der Vollstreckung von Forderungen einer durch Staatsvertrag mit anderen Ländern errichteten juristischen Person des öffentlichen Rechts angenommen hat. Für die horizontale Kompetenzabgrenzung zwischen den Ländern enthält Art. 70 Abs. 1 [X.] jedoch keine Vorgaben.

Dass das übrige revisible Recht ein an die Länder gerichtetes Verbot enthält, für ihr Gebiet die Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen einer durch Staatsvertrag errichteten Rundfunkanstalt mit Sitz in einem anderen [X.]land zu regeln und hierbei auch die Vollstreckung von [X.]ühren zu ermöglichen, legt die Beschwerde nicht dar (§ 133 Abs. 3 VwGO). Der Senat weist deshalb lediglich ergänzend darauf hin, dass weder dem Grundgesetz noch sonstigem [X.]recht Vorgaben für die Frage der Zuständigkeit für die Vollstreckung des als Gegenleistung für das Rundfunkprogrammangebot erhobenen [X.] zu entnehmen sind. Der [X.]staatsvertrag ([X.]), bei dem es sich nach § 13 [X.] i.V.m. Art. 99 [X.] um ausnahmsweise revisibles [X.]recht handelt (vgl. zur Gesetzgebungskompetenz der Länder gemäß Art. 70 Abs. 1 [X.] für die Erhebung des [X.]: [X.], Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 - [X.]E 149, 222 Rn. 50 ff.), belässt es bei der Regelung, dass Festsetzungsbescheide im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt werden (§ 10 Abs. 6 Satz 1 [X.]), verweist also auf das jeweilige [X.]recht. Damit haben die vertragschließenden Länder in Kauf genommen, dass für das Vollstreckungsverfahren in jedem Land unterschiedliche Regelungen gelten können (vgl. auch [X.], Urteil vom 20. April 2021 - 6 [X.] 6.20 - NVwZ-RR 2021, 705 Rn. 19 zur Vollstreckung von Aufsichtsmaßnahmen nach dem [X.]). Ob für öffentlich-rechtliche Geldforderungen derjenigen Rundfunkanstalten, die - wie im Fall des [X.] ([X.]) - von mehreren Ländern betrieben werden, etwas anderes gilt, hängt von den zugrunde liegenden staatsvertraglichen Regelungen ab (vgl. zur gru[X.]ätzlichen Kompetenz der Länder zum Abschluss von Verträgen und zur Errichtung gemeinsamer Einrichtungen: [X.], Urteile vom 5. November 1965 - 7 [X.] 119.64 - [X.]E 22, 299 <306> und vom 15. Juli 2020 - 6 [X.] 6.19 - [X.]E 169, 177 Rn. 34). Das im vorliegenden Fall zuständige Berufungsgericht hat diese - als [X.]recht nicht revisiblen - Regelungen dahingehend ausgelegt, dass Bescheide des Beigeladenen über die Festsetzung von [X.] in [X.] ungeachtet des Umsta[X.], dass der Beigeladene seinen Sitz außerhalb [X.]s hat, nach dem [X.] (NVwVG) vollstreckt werden und der Beigeladene als Vollstreckungsgläubiger danach auch für die Mahnung zuständig ist. An diese Auslegung des [X.]rechts durch die Vorinstanz wäre der Senat im Revisionsverfahren gebunden (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO), da eine Unvereinbarkeit des festgestellten Bedeutungsgehalts des [X.]rechts mit [X.]recht, insbesondere mit [X.]verfassungsrecht, - wie ausgeführt - nicht besteht.

2. Die Revision ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 [X.], § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt hat. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht, das Vorbringen jedes Beteiligten bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es das gesamte Vorbringen in den Urteilsgründen behandeln muss. Vielmehr sind in dem Urteil nur diejenigen tatsächlichen und rechtlichen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht einen Aspekt des Vorbringens eines Beteiligten in den Urteilsgründen nicht erwähnt hat, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht in Erwägung gezogen, wenn er nach dem materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (stRspr, vgl. [X.], Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - [X.]E 86, 133 <145 f.>; [X.], Urteil vom 5. Juli 1994 - 9 [X.] 158.94 - [X.]E 96, 200 <209 f.>; Beschluss vom 27. Januar 2015 - 6 B 43.14 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 421 Rn. 25).

Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht sei auf die Ausführungen in den Schriftsätzen vom 9. Januar 2020 und 1. März 2021 nicht eingegangen. Darin sei vorgetragen worden, dass das Land [X.] nach Art. 70 Abs. 1 [X.] nur die in ihm selber befindlichen Behörden des [X.], der [X.], der Kommunen usw. zur Erhebung von [X.]ühren ermächtigen dürfe, und dass Art. 70 Abs. 1 [X.] es dem Land [X.] verbiete, einen Verwaltungsträger außerhalb seines [X.]gebietes (hier: den [X.]) zum Erheben von [X.]ühren zu ermächtigen. Ferner habe der Kläger ausgeführt, dass Art. 70 Abs. 1 [X.] die Länder nicht berechtige, Regelungen für juristische Personen zu treffen, die in dem betreffenden Land keinen Sitz haben, und es dem Land [X.] verbiete, mit der Regelung des § 67 Abs. 1 NVwVG dem in [X.] ansässigen [X.] eine Gläubigerstellung für das Fordern von [X.]ühren zuzusprechen. Hätte das Oberverwaltungsgericht den Inhalt der beiden genannten Schriftsätze zur Kenntnis genommen, wäre die Berufung ohne Erfolg geblieben.

Dieses Beschwerdevorbringen lässt eine Gehörsverletzung durch die Vorinstanz nicht erkennen. Das Berufungsgericht hat das erwähnte Vorbringen des [X.] im Tatbestand des Beschlusses dahingehend zusammengefasst, das [X.] könne dem Beigeladenen keine Befugnisse verleihen, weil es sich bei ihm nicht um eine in [X.] ansässige juristische Person handele ([X.]). In den Entscheidungsgründen hat das Berufungsgericht sodann auf § 10 Abs. 6 Satz 1 [X.] verwiesen, wonach Festsetzungsbescheide über rückständige Rundfunkbeiträge im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt werden, und ausgeführt, der Anwendbarkeit des [X.]es stehe nicht entgegen, dass der Beigeladene seinen Sitz außerhalb [X.]s habe ([X.]). Damit hat das Berufungsgericht zum Ausdruck gebracht, dass es die Rechtsauffassung des [X.] geprüft hat, ihr aber im Ergebnis nicht folgt. Eine eingehendere Begründung war nicht erforderlich, da schon der argumentative Ausgangspunkt des [X.] - wie ausgeführt - auf einem grundlegenden Fehlverständnis des normativen Gehalts des Art. 70 Abs. 1 [X.] beruht.

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

4. [X.] folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen dem Kläger aufzuerlegen, weil der Beigeladene keinen Sachantrag gestellt und sich damit nicht gemäß § 154 Abs. 3 VwGO einem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich unter Berücksichtigung von Ziffer 1.3 und 1.6 des Streitwertkatalogs für die [X.]barkeit aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 1 und 2 GKG.