Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2008, Az. XI ZR 170/07

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5483

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 19. Februar 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: ja [X.]R: ja BGB § 823 Abs. 2 Bf, § 826 [X.] § 32 Abs. 2 Nr. 1 (in der Fassung vom 9. September 1998) a) § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. b) Der für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen handelnde Anlagebera-ter, der vorsätzlich eine anleger- und objektwidrige Empfehlung abgibt und die Schädigung des Anlegers zumindest billigend in Kauf nimmt, ist diesem nach § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.
[X.], Urteil vom 19. Februar 2008 - [X.]/07 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 19. Februar 2008 durch [X.] h.c. [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Ellenberger und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 21. Zivilsenats des [X.] vom 5. Juli 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwie-sen. Von Rechts wegen
Tatbestand:

Der Kläger begehrt vom Beklagten Schadensersatz wegen fehler-hafter Anlageberatung. 1 [X.] ließ sich der Kläger von der [X.]

mbH (nachfolgend: [X.]) über eine Kapi-talanlage beraten. Das Beratungsgespräch führte der Beklagte, der da-malige Geschäftsführer der [X.]
Am 17. Mai 2004 unterzeichnete der 2 - 3 - Kläger einen Vordruck, in dem er seine zukünftige Anlagestrategie sowie das Anlageziel wie folgt angab: "Moderate Risikobereitschaft: [X.] klar über Kapital-marktzinsniveau, Erträge bestehend aus Gewinn, stillen Reserven und Kursgewinnen, mäßige Kursschwankungen, Anlage in ausge-wogener Mischung aus Produkten der Gruppen ... bis ..." Das heißt, erstklassige [X.] bis Wertpapiere und Tafelge-schäfte außerhalb der Börse.
Auf Empfehlung des Beklagten unterzeichnete der Kläger sodann u.a. eine Wertpapierbestellung über 8183 Aktien der nicht börsennotier-ten [X.] zu einem Gesamtbetrag zuzüglich Agio in Höhe von 51.552,90 •. 3 Zwecks Bezahlung der Wertpapiere kündigte der Kläger seine bei-den zur Altersvorsorge dienenden Lebensversicherungsverträge und ließ die Rückkaufswerte von über 50.000 • direkt auf ein Konto der [X.] überweisen. Bereits im November 2004 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] eröffnet; deren Aktien sind wertlos. Im Januar 2005 hat auch die [X.] Insolvenz angemeldet. 4 Der Kläger behauptet eine Falschberatung, weil die Empfehlung des Beklagten nicht seinen Anlagezielen entsprochen habe. Außerdem sei er von dem Beklagten über die sichere Anlage des Kapitals in vor-sätzlich sittenwidriger Weise getäuscht worden. 5 Das [X.] hat den Beklagten zur Rückzahlung des [X.] von 51.552,90 • zuzüglich einer vom Kläger entrichteten Gebühr von 272,60 • [X.] gegen Übertragung der erworbenen Aktien verur-teilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten [X.] - 4 - sen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefoch-tenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 7 [X.] Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [X.], 299 ff. [X.] ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: 8 Der Kläger habe gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] (Vorschriften des [X.] nachfolgend in der Fassung vom 9. September 1998, soweit nichts Abweichendes angegeben) einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten in der zuerkannten Höhe. Der Beklagte habe gegen § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] verstoßen, indem er dem Kläger den Erwerb der V.
-Aktien empfohlen habe. Nach § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] sei es den Geschäftsführern von Wertpapierdienst-leistungsunternehmen verboten, Kunden des Unternehmens den Ankauf von Finanzinstrumenten zu empfehlen, wenn und soweit die Empfehlung nicht mit den Interessen des Kunden übereinstimme. § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] sei ein Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Die Vorschrift 9 - 5 - diene nicht nur dem Schutz der Allgemeinheit, sondern auch und gerade dem Schutz des Kunden gegen eine Verletzung seines Rechts auf anle-ger- und objektgerechte Beratung. 10 Da sich eine Haftung des Beklagten bereits aus § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] i.V. mit § 823 Abs. 2 BGB ergebe, könne offen bleiben, ob dem Kläger darüber hinaus auch unter dem Gesichtspunkt der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) ein Anspruch auf Rückzahlung der mit der Klage geltend gemachten Beträge gegenüber dem Beklagten zustehe.
I[X.] Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Das [X.] hat zu Unrecht einen Schadensersatzanspruch des [X.] gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] bejaht. Es hat bereits im Ausgangspunkt rechtsfehlerhaft ausgeführt, dass es sich bei § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] um ein Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB handelt. 11 1. Die Frage, ob die Regelungen der §§ 31, 32 [X.] Schutzge-setz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB sind, ist streitig. 12 a) Von der überwiegenden Meinung wird die Schutzgesetzeigen-schaft der §§ 31, 32 [X.] generell oder für einzelne Pflichten - wie die aus § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] - bejaht ([X.]/[X.]/[X.], [X.] 4. Aufl. vor § 31 [X.]. 17, § 32 [X.]. 22; [X.], [X.] - 6 - Kommentar 3. Aufl. vor § 31 [X.] [X.]. 9, § 32 [X.] [X.]. 2; [X.], Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. [X.]. 16.11; [X.], in: [X.]/Boujong/[X.], HGB [X.] § 31 [X.] [X.]. 229; Frisch, in: [X.]/Bamberger, Handbuch des [X.] und europäischen Bankrechts § 46 [X.]. 103; [X.], Informationspflichten bei [X.] § 16 [X.]. 20 ff., § 18 [X.]. 6; KK-[X.]/[X.], § 32 [X.]. 98; [X.] ZHR 159 (1995), 135, 160; [X.] 1996, 361; Drygala JZ 1997, 95, 98; [X.] VuR 1997, 83, 86; [X.] ZBB 1997, 260, 263; Steuer, in: Festschrift [X.], 799; [X.] 2003, 22, 24). Die Gegenmeinung lehnt die [X.] der §§ 31, 32 [X.] insgesamt ab (Vortmann, Aufklärungs- und Bera-tungspflichten der Banken 8. Aufl. [X.]. 285; [X.], in: [X.]/ [X.], Handbuch für Anlageberatung und Vermögensverwaltung [X.], 652; [X.], Informationspflichten von Finanzdienstlei-stern S. 307 f.; [X.], 1101, 1102; [X.] ZBB 2004, 289, 295; nunmehr wohl auch [X.] [X.], 1872, 1874 f.; zweifelnd [X.], in: [X.]/Steuer, BuB [X.]. 7/1304). Der erkennende Senat hat diese Frage in ihrer Allgemeinheit bisher offen gelassen und sie lediglich hinsichtlich organisatorischer Pflichten verneint (Senatsurteile [X.]Z 142, 345, 356; 147, 343, 353; 163, 311, 321; 170, 226, 232, [X.]. 17; vom 24. Juli 2001 - [X.] ZR 329/00, [X.], 1718, 1719 und vom 11. November 2003 - [X.] ZR 21/03, [X.], 24, 26), aber zusammenfassend ausgeführt: [X.] § 823 Abs. 2 BGB können die §§ 31 ff. [X.] nur ha-ben, soweit sie nicht lediglich aufsichtsrechtlicher Natur sind, sondern ihnen auch anlegerschützende Funktion zukommt. Ist dies der Fall, so können sie zwar für Inhalt und Reichweite (vor-)vertraglicher Aufklä-14 - 7 - rungs- und Beratungspflichten von Bedeutung sein. Ihr zivilrechtlicher Schutzbereich geht aber nicht über diese (vor-)vertraglichen Pflichten hinaus. Daraus folgt, dass ihnen keine eigenständige, über die zivil-rechtlichen Aufklärungs- und Beratungspflichten hinausgehende scha-densersatzrechtliche Bedeutung zukommt ([X.]Z 170, 226, 232, [X.]. 18 m.w.Nachw.).
b) Die Übertragung dieser Grundsätze auf § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] führt dazu, dass dessen [X.] zu verneinen ist. 15 Nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen ist die [X.] im Rahmen vertraglicher Sonderverbindungen auf Ausnahmefälle beschränkt und an sehr hohe Voraussetzungen geknüpft. § 311 Abs. 3 BGB und § 826 BGB machen dies deutlich. Die strikte Be-schränkung der Eigenhaftung des Vertreters im Bürgerlichen Recht wür-de im Anwendungsbereich des § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ausgehebelt, wenn jede fahrlässige Verletzung einer Beratungspflicht über § 823 Abs. 2 BGB zu einer Haftung des Organs oder des Angestellten eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens führen würde. Die Haftungsvor-aussetzungen für den Vertreter und den Vertragspartner als Vertretenen wären anders als bei [X.] Beratungspflichtverletzungen außerhalb des Anwendungsbereichs des [X.] identisch. Auch der nur leicht fahrlässig handelnde Angestellte eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens würde bei einer Pflichtverletzung gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ohne weiteres stets neben dem Unternehmen als Gesamtschuldner haften. Es würde also eine eigene, über die vorhandenen zivilrechtlichen Haftungs-tatbestände hinausgehende schadensersatzrechtliche Anspruchsgrund-lage geschaffen. Nichts spricht dafür, dass der Gesetzgeber dies zu 16 - 8 - Lasten von einfachen Angestellten gewollt hat. Bereits in seinem Urteil vom 19. Dezember 2006 hat der Senat dementsprechend ausgeführt, den in erster Linie aufsichtsrechtlichen Regeln des [X.] komme keine eigenständige schadensersatzrechtliche Bedeutung zu ([X.]Z 170, 226, 232, [X.]. 18 m.w.Nachw.).
c) Dem kann nicht etwa unter Hinweis auf den Wortlaut des § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegengehalten werden, §§ 31 ff. [X.] hätten auch anlegerschützende Funktion. Letzteres trifft zwar zu (Senatsurteil [X.]Z 142, 345, 356), besagt aber nicht, dass § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB ist. 17 aa) Weitere Voraussetzung für die Annahme eines Schutzgesetzes ist nach der Rechtsprechung des [X.], dass die Schaf-fung eines individuellen Schadensersatzanspruchs sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheint ([X.]Z 66, 388, 390). Dabei muss in umfassender Würdigung des gesamten [X.], in den die Norm gestellt ist, geprüft werden, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden mit [X.] damit zugunsten des Geschädigten gegebenen Beweiserleichterungen zu knüpfen ([X.]Z 84, 312, 314; [X.], Urteile vom 14. Juni 2005 - [X.], NJW 2005, 2923, 2924 und vom 28. März 2006 - [X.], [X.], 2110, 2112, [X.]. 17 m.w.Nachw.). 18 [X.]) Hierbei ist zunächst - wie oben bereits dargelegt - zu berück-sichtigen, dass das Zivilrecht eine Vertreterhaftung wegen der [X.] - 9 - letzung vertraglicher Pflichten des Vertretenen grundsätzlich nicht kennt. Ebenso wenig gibt es wegen vertraglicher Ansprüche gegen eine juristi-sche Person eine allgemeine Durchgriffshaftung ihrer Organe (vgl. nur [X.]/[X.], [X.]. vor § 21 [X.]. 12 m.w.Nachw.).
Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber sich gegen eine allgemeine deliktische Haftung für primäre Vermögensschäden entschieden hat. Der Vermögensschutz wird im deliktischen Haftungssystem grundsätzlich nur durch § 826 BGB gewährleistet. Diese Grundentscheidung des [X.] darf nicht durch eine ausufernde Annahme von Schutzgesetzen und die Vorverlagerung des Schutzes, den § 823 Abs. 1 BGB für [X.] Rechtsgüter gewährt, unterlaufen werden. Die [X.] müssen bei hypothetischer Annahme eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB vielmehr mit denen des § 823 Abs. 1 BGB bzw. des § 826 BGB vergleichbar sein ([X.]/[X.], [X.]. § 823 [X.]. 220; s. auch [X.] [X.], 1872, 1873). Ohne Berücksichtigung dessen würden die speziellen Verhaltensanforderungen bei vertraglichen Sonderbeziehungen zu Jedermannspflichten umqualifiziert ([X.], In-formationspflichten nach § 31 [X.] S. 87). 20 Die Verhaltenspflicht des § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] hat keines der in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter im Auge, sondern schützt nur reine Vermögensinteressen des Kunden. Eine Verletzung solcher Interessen löst einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB nur bei sittenwidrigem Verhalten und vorsätzlicher Schadenszufügung aus. [X.] daran können grundsätzlich nur solche Normen des [X.] als Schutzgesetze qualifiziert werden, die entweder nur vorsätzlich verletzt 21 - 10 - werden können oder im Falle fahrlässiger Begehung ein [X.] Verhalten sanktionieren ([X.] aaO S. 88). Davon kann bei einer nur (leicht) fahrlässigen Verletzung der Pflicht, keine den Kundeninteressen nicht entsprechende Finanzinstrumente zu empfehlen, keine Rede sein. Eine solche Pflichtverletzung darf deshalb nicht zu einer Schadenser-satzpflicht nach § 823 Abs. 2 BGB führen. cc) Die Inanspruchnahme des Vertreters statt des Vertragspartners macht wirtschaftlich betrachtet überdies nur bei Zahlungsunfähigkeit bzw. Insolvenz des [X.]. Allein das ([X.] nach einem weiteren Haften-den beim Ausfall des Unternehmens kann jedoch keine Grundlage für die Schaffung einer neuen deliktischen Anspruchsgrundlage sein, die es rechtfertigen könnte, das Organ oder den Angestellten des [X.] bei einer auch bloß leicht fahrlässigen Verletzung der Vermögensin-teressen des Anlegers als Ersatzschuldner einspringen zu lassen. Nichts spricht dafür, Organe und Angestellte von [X.] insoweit schlechter zu stellen als Organe und Angestellte von Unternehmen, die keine Wertpapiere oder andere Finanzmarkttitel emp-fehlen. 22 [X.]) Gegen eine eigene Schadensersatzpflicht von Organen und Angestellten eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens bei einer fahrlässigen Beratungspflichtverletzung spricht weiter die getroffene Ver-jährungsregelung. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 37a [X.] ver-jähren nur Ansprüche aus einer Beratungspflichtverletzung gegen das Wertpapierdienstleistungsunternehmen selbst in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Auf fahrlässigem [X.] - 11 - halten beruhende Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 32 Abs. 2 Nr. 1 [X.] gegen Organe und Angestellte des Unternehmens würden von § 37a [X.] nicht erfasst. Für sie würde nach §§ 195, 199 BGB die dreijährige relative Verjährungsfrist gelten, die mit dem Schluss des [X.] beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte [X.] ([X.] [X.], 1872, 1874). Der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck, die Haftung von Anlageberatern durch die kurze Verjährung zu begrenzen, um so ihre Bereitschaft zu stärken, den Anle-gern vermehrt risikoreiche Kapitalanlagen zu empfehlen (vgl. BT-Drucks. 13/8933 [X.], 96; [X.]Z 162, 306, 312), spricht dagegen, Organe und Angestellte eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens verjährungsrechtlich schlechter zu stellen als das Unternehmen selbst und eine Schadensersatzklage gegen sie selbst dann noch durchgreifen zu lassen, wenn der Schadensersatzanspruch gegen das Unternehmen selbst verjährt und nicht mehr durchsetzbar ist. Hinzu kommt, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei einer fahrlässigen Falschbe-ratung von Angestellten und Organen im Wege des [X.] nach § 426 Abs. 2 BGB im Ergebnis auch dann noch haften würde, wenn der [X.] gegen das Unternehmen nach § 37a [X.] verjährt ist, weil dem Ausgleichsanspruch die Verjährung des An-spruchs des Gläubigers gegen den [X.] nicht entgegen-steht (vgl. [X.]/[X.], [X.]. § 426 [X.]. 3 m.w.Nachw.). Das würde dazu führen, dass die Verjährungsregelung des § 37a [X.] im Ergebnis obsolet wäre. Dem steht der Wille des Gesetzgebers entge-gen, im Wertpapierhandel bei fahrlässiger Falschberatung durch eine kurze Verjährungsfrist schnell Rechtssicherheit herzustellen. - 12 - 24 ee) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass ein Emittent von Wertpapie-ren, der gegen seine Verpflichtung aus § 15 Abs. 1 bis 4 [X.] (in der Fassung vom 21. Juni 2002) verstößt, nur unter den Voraussetzungen der §§ 37b und 37c [X.] (in der Fassung vom 21. Juni 2002) [X.] ist und §§ 31 ff. [X.] keine entsprechende Rege-lung enthalten. § 15 [X.] und §§ 31 ff. [X.] stehen in keinem die Vergleichbarkeit der Haftungssituation rechtfertigenden thematischen Zusammenhang. Die Person und Funktion des Pflichtigen sind ebenso unterschiedlich wie der Kreis der Geschützten, der Pflichtengrund, der [X.] und der Schutzzweck. Für den auch von einem Teil der Literatur ([X.]/[X.]/[X.], [X.] 4. Aufl. vor § 31 [X.]. 17; [X.], Informationspflichten bei Wertpapierdienstleistungen § 6 [X.]. 22 ff.) gezogenen Umkehrschluss fehlt danach jede Grundlage ([X.] aaO S. 92; [X.] und Anlegerschutz [X.]).
2. Das Berufungsurteil lässt sich daher mit der gegebenen Be-gründung nicht halten. 25 II[X.] Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Auf der Grundlage des streitigen Parteivortrages des [X.] kommt zwar ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB in 26 - 13 - Betracht. Das Berufungsgericht hat eine vorsätzliche sittenwidrige Schä-digung des [X.] durch den Beklagten aber offen gelassen. 27 1. Das Berufungsgericht ist zu Recht von einer fehlerhaften Anla-geberatung durch den Beklagten ausgegangen. Die vom Beklagten emp-fohlenen Produkte waren weder anleger- noch objektgerecht. Das [X.] hat rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass die Empfehlung des Erwerbs ausschließlich von V.

-Aktien nicht der dokumentierten Anlagestrategie und dem Anlageziel des [X.] entsprach. Der Kläger hatte lediglich eine moderate Risikobereitschaft angegeben und sich [X.] für eine ausgewogene Mischung aus sicheren und spekulativen An-lageprodukten entschieden. Dem widersprach die ausschließliche Emp-fehlung von Aktien eines einzigen Emittenten, die nicht börsennotiert und damit besonders riskant waren. Das Berufungsgericht hat ebenfalls rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass die Empfehlung auch deswegen falsch war, weil der Kläger an Stelle der gekündigten Lebensversicherungen eine adäquate zusätzliche Altersvorsorge erwerben wollte. [X.] spekulative Produkte sind dafür ungeeignet.
2. Die der [X.] gemäß § 278 BGB zuzurechnende [X.] kann zugleich einen Anspruch des [X.] gegen den Beklagten persönlich aus § 826 BGB begründen. 28 a) Ein Anlageberater, der vorsätzlich eine anleger- und objektwid-rige Empfehlung abgibt und die Schädigung des um Rat fragenden [X.] zumindest billigend in Kauf nimmt, ist dem Anleger wegen [X.] sittenwidriger Schädigung zum Schadensersatz verpflichtet (vgl. [X.], Urteile vom 22. Juni 1992 - [X.], [X.], 1812, 1823 29 - 14 - und vom 13. Juli 2004 - [X.], [X.], 1768, 1769; KK-[X.]/ [X.] § 32 [X.]. 100 m.w.Nachw.). Wird die Empfehlung aufgrund grob fahrlässigen Verhaltens leichtfertig in unrichtiger Weise abgegeben, ist sie dann als sittenwidrig zu werten, wenn sie erkennbar für die [X.] ist und in Verfolgung eigener Interessen in dem Bewusstsein einer möglichen Schädigung des [X.] abgegeben wird (vgl. [X.], Urteil vom 22. Juni 1992 - [X.], [X.], 1812, 1823 m.w.Nachw.).
b) Nach dem unter Beweis gestellten Vortrag des [X.] hat der Beklagte ihm gesagt, die [X.]werde das Kapital in gemischten [X.] anlegen. Bei der [X.] handele es sich um einen solchen gemischten Aktienfonds. Hinsichtlich der voll bezahlten Aktien bestehe kein Totalausfallrisiko. Wenn dieser Vortrag zutrifft, hat der Beklagte den Kläger vorsätzlich über die Art und das Risiko der empfohlenen Aktien getäuscht und damit eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung began-gen. Ebenfalls eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung kann die vom Kläger vorgetragene und unter Beweis gestellte Behauptung begründen, der Beklagte habe ihm einen Wertzuwachs von 50.000 • auf 75.000 • binnen zehn Jahren garantiert. In diesem Zusammenhang kann auch von Bedeutung sein, dass der Beklagte nach seinem Vortrag dem [X.] von 14% auf den Kaufpreis innerhalb von zwölf Monaten ab dem auf den Spätherbst 2004 geplanten Börsengang der [X.] zugesichert hat, die durch ein Sicherungskonzept garan-tiert sei. 30 - 15 - [X.] Das Berufungsurteil war demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
[X.] Joeres [X.] Ellenberger [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.], Entscheidung vom 05.07.2006 - 21 U 15/06 -

Meta

XI ZR 170/07

19.02.2008

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2008, Az. XI ZR 170/07 (REWIS RS 2008, 5483)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5483

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21 U 15/06

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