Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2009, Az. IX ZR 198/07

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4126

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 198/07 Verkündet am: 2. April 2009 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf das am 20. Januar 2009 ge-schlossene schriftliche Verfahren durch [X.] Ganter und [X.] [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 17. Oktober 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des [X.] erkannt worden ist. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Klä-ger weitere 1.526,18 • nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunk-ten über dem Basiszinssatz auf 1.466,89 • seit dem 11. April 2006 und auf 59,29 • seit dem 13. Mai 2006 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt. Der Gegenstandswert des Revisionsverfahrens wird auf 1.526,18 • festgesetzt. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 11. März 2005 am 1. Juli 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.]1 - 3 - GmbH (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin bot ihren Kunden die [X.] an, am Erfolg oder Misserfolg von Optionsgeschäften teilzunehmen. Sie warb mit jährlich zu erzielenden Renditen zwischen 8,7 v.H. und 14,07 v.H. Die Beklagten erklärten am 7. Dezember 2000 gemeinsam ihren Beitritt. [X.] erlitt die Schuldnerin im Zeitraum der Beteiligung der Beklagten Verluste. Um diese zu verschleiern, leitete sie den Anlegern Kontoauszüge zu, in denen frei erfundene Gewinne ausgewiesen waren. Die Gelder der Anleger wurden nur zu einem geringen Teil und später überhaupt nicht mehr in [X.] angelegt. Die Einlagen von Neukunden verwendete die Schuldnerin in der Art eines "Schneeballsystems" für Aus- und Rückzahlungen an Altkunden. Die Beklagten leisteten im Jahr 2000 eine Einlage von 7.669,38 • und ein Agio von 230,08 • sowie im Jahr 2001 eine weitere Einlage von 5.112,92 • und ein wei-teres Agio von 153,39 •. Sie erhielten Auszahlungen am 30. August 2002 in Höhe von 8.000 • und am 30. Juni 2003 von 8.062,40 •. Mit seiner Klage verlangt der Kläger aus Insolvenzanfechtung den Diffe-renzbetrag zwischen den an die Beklagten geleisteten Auszahlungen und ihren Einlagen (3.280,10 •) zuzüglich vorgerichtlicher, auf die gerichtliche Verfah-rensgebühr nicht anrechenbarer Rechtsanwaltskosten (174,87 •), jeweils zu-züglich Zinsen. Das Amtsgericht hat der Klage nur zu gut einem Fünftel stattge-geben. Die teilweise erfolgreiche Berufung des [X.] führte zu einer [X.] in Höhe von 1.928,79 •. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren in vollem Umfang weiter. 2 - 4 - Entscheidungsgründe: Die Revision des [X.] hat Erfolg und führt zur vollständigen [X.] der Beklagten. 3 [X.] Das Berufungsgericht hat gemeint, dem Kläger stehe ein Anspruch aus § 134 Abs. 1, § 143 Abs. 1 [X.] zu. Da die Schuldnerin nur vorgespiegelt habe, aus Termingeschäften Gewinne erzielt zu haben, seien die Gewinne objektiv ohne Gegenleistung der Beklagten ausgezahlt worden. Die Beklagten seien jedoch trotz gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] eingreifenden Aufrechnungsverbots so zu stellen, als könnten sie mit einem Schadensersatzanspruch auf Rückzah-lung der beiden Agio und des entgangenen Gewinns aus einer versäumten an-derweitigen Anlage des bei der Schuldnerin eingelegten Betrages aufrechnen. Dies habe der [X.] unter Geltung der Konkursordnung so ent-schieden ([X.], 98, 105 f). Diese Rechtsprechung sei auf den vorliegen-den Fall übertragbar. 4 I[X.] Dies hält rechtlicher Prüfung in einem entscheidenden Punkt nicht Stand. 5 1. Noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, der [X.] könne die Auszahlung von in "Schneeballsystemen" erzielten [X.] durch den späteren Insolvenzschuldner als objektiv unentgelt-6 - 5 - liche Leistung nach § 134 Abs. 1 [X.] anfechten. Dies entsprach schon der Rechtsprechung unter Geltung der Konkursordnung ([X.], 98, 101 ff; [X.], [X.]. v. 29. November 1990 - [X.] ZR 55/90, [X.], 331, 332 f), die der Senat im Anwendungsbereich der [X.] fortgeführt hat ([X.], [X.]. v. 13. März 2008 - [X.] ZR 117/07, [X.], 975 f Rn. 6 ff; v. 11. Dezember 2008 - [X.] ZR 195/07, [X.], 178, 179 f; zur Veröffentlichung in [X.]Z be-stimmt). Die Anfechtbarkeit ausgezahlter [X.] nach § 134 [X.] zieht die Revisionserwiderung weder im Allgemeinen in Zweifel noch greift sie die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts an, dass die Schuldnerin die Auszahlungen an die Anleger vollumfänglich in Form eines "Schneeballsys-tems" erbracht habe. 2. Hingegen bestehen durchgreifende Bedenken gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten seien jedenfalls so zu stellen, als könnten sie mit ihrem gegen die Schuldnerin begründeten Schadensersatzanspruch ge-gen den aus der Anfechtung gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 [X.] folgenden [X.]. Die Vorinstanz hat sich hierbei auf eine noch un-ter Geltung der Konkursordnung ergangene Rechtsprechung des Senats ge-stützt ([X.], 98, 105 f), die im Anwendungsbereich der [X.] jedoch nicht fortzuführen ist (vgl. [X.], [X.]. v. 11. Dezember 2008, aaO [X.] Rn. 7). Das jüngst ergangene Senatsurteil betrifft ein Parallelverfahren zu dem vorliegenden Rechtsstreit; auf die dort niedergelegten Gründe wird verwiesen. Insbesondere wird - anders als noch im Anwendungsbereich der Konkursord-nung - durch § 814 BGB ein Normwiderspruch nicht mehr hervorgerufen. Auch wenn es diese Vorschrift nicht gäbe und sich bereits vor Insolvenzeröffnung ein Bereicherungsanspruch der Schuldnerin und der Schadensersatzanspruch der Beklagten gegenübergestanden hätten, wäre eine wirksame Aufrechnung we-7 - 6 - gen § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nicht in Betracht gekommen (vgl. [X.], [X.]. v. 11. Dezember 2008, aaO [X.] Rn. 8 ff). Der Normzweck des § 814 BGB fordert auch aus anderen Gründen als dem durch die [X.] beseitigten Wertungswiderspruch keine Ein-schränkung des aus § 143 Abs. 1 [X.] folgenden [X.]s. Auf die Ausführungen in der [X.] wird auch insoweit Bezug genommen ([X.], [X.]. v. 11. Dezember 2008, aaO [X.] Rn. 14 ff). 8 3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). 9 a) Der Anspruch scheitert nicht an einem Wegfall der Bereicherung (§ 143 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Zu Unrecht meinen die Beklagten, sie seien nicht berei-chert, weil ihnen in Höhe der Klageforderung ein Schadensersatzanspruch ge-gen die Schuldnerin zugestanden habe. Die Auszahlungen sind nicht auf einen Schadensersatzanspruch der Beklagten, sondern nach dem Gesamtzusam-menhang der Feststellungen auf die angeblich erzielten Gewinne sowie die [X.] erfolgt. Damit hat die Schuldnerin die Zahlung einem bestimmten (fiktiven) Schuldverhältnis zugeordnet. Eine andere Sicht verbietet sich insbesondere im Hinblick auf den mit den Zahlungen verfolgten Zweck, der dahin ging, die Ma-chenschaften der Schuldnerin zu verdecken (vgl. [X.], [X.]. v. 11. Dezember 2008, aaO S. 181 Rn. 19). 10 Soweit die Beklagten außerdem meinen, sie dürften die Einlage als Auf-wand für den Erwerb des Anspruchs auf Zinsen abziehen, übersehen sie, dass die Einlage bereits bei der Berechnung der Klageforderung berücksichtigt [X.] ist und nicht doppelt in Abzug gebracht werden darf. 11 - 7 - b) Treu und Glauben (§ 242 BGB) stehen dem [X.] nicht entgegen. Es gibt keinen Grund, die Beklagten gegenüber anderen ge-täuschten Anlegern besser zu stellen (vgl. auch hierzu [X.], [X.]. v. 11. Dezem-ber 2008, aaO Rn. 21). 12 II[X.] 1. Das angefochtene [X.]eil kann damit nicht bestehen bleiben. Es ist auf-zuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen einer [X.] auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und die Sache nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zur Endent-scheidung reif ist, hat der Senat eine ersetzende Sachentscheidung getroffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). 13 2. Der Zinsanspruch auf die Hauptforderung ist in der begehrten Höhe ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens berechtigt (§ 143 Abs. 1 Satz 2 [X.], § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4 BGB, § 291 ZPO; [X.]Z 171, 38, 43 Rn. 13 ff). Da die Zinsen erst ab einem Zeitpunkt nach der Eröffnung begehrt werden, ist für den Zinsbeginn jener maßgeblich (§ 308 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die [X.] - rung auf Ersatz der außergerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet. [X.] Gehrlein

Fischer [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 11.05.2007 - 1 C 144/07 - [X.] i.d. OPf., Entscheidung vom 17.10.2007 - 2 S 66/07 -

Meta

IX ZR 198/07

02.04.2009

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2009, Az. IX ZR 198/07 (REWIS RS 2009, 4126)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4126

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.