Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.08.2023, Az. III ZR 54/22

3. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 6252

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Gegenstand

Entschädigungsansprüche eines Berufsmusikers wegen coronabedingter Einnahmeausfälle


Leitsatz

1. Zur Verhältnismäßigkeit infektionsschutzrechtlicher Veranstaltungsverbote und -beschränkungen (hier: Berufsmusiker) in dem Zeitraum von März bis Juli 2020 zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus.

2. Zu den durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen zählt auch der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb (Bestätigung der Senatsurteile vom 9. Dezember 2004 - III ZR 263/04, BGHZ 161, 305; vom 13. Dezember 2007 - III ZR 116/07, BGHZ 175, 35 und vom 11. Mai 2023 - III ZR 41/22, BeckRS 2023, 10074).

3. Mit infektionsschutzrechtlichen Veranstaltungsverboten und -beschränkungen gehen typischerweise Eingriffe in das beruflich genutzte Eigentum von Gewerbetreibenden einher, die ihre Tätigkeit auf Publikum ausgerichtet haben. Dabei handelt es sich nicht nur um eine Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen für eine unternehmerische Tätigkeit, durch die lediglich künftige Umsatz- und Gewinnchancen gemindert werden (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 11. Mai 2023 - III ZR 41/22, BeckRS 2023, 10074 Rn. 40).

4. Die durch Art. 5 Abs. 3 GG gewährleistete Kunstfreiheit ist in Fällen, in denen es um den Ausgleich von Erwerbsschäden auf Grund von infektionsschutzrechtlichen Veranstaltungsverboten und -beschränkungen geht, nicht in ihrer immateriellen, sondern in ihrer vermögensrechtlichen Dimension betroffen. Soweit die Kunst beruflich oder gewerblich ausgeübt wird, ist daher die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG maßgeblich.

5. Die Frage, ob für längerfristige existenzgefährdende Maßnahmen ausnahmsweise eine Haftungsgeneralklausel im Infektionsschutzgesetz normiert werden müsste, stellt sich im Rahmen der sozialstaatlichen Bewältigung einer Pandemie nicht (Fortentwicklung des Senatsurteils vom 17. März 2022 - III ZR 79/21, BGHZ 233, 107 Rn. 61 f).

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 23. Februar 2022 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des [X.] zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der im [X.] ansässige Kläger betreibt ein Musik- und Filmproduktionsunternehmen und ist Leiter einer Musikgruppe. Seine Aufträge bestehen zu mehr als 90 Prozent aus Live-Auftritten und Bühnenshows. Er begehrt von dem beklagten [X.] Entschädigung für Einnahmeausfälle von April bis Juli 2020, weil er und seine Musikgruppe in diesem [X.]raum auf Grund von staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 und der dadurch verursachten [X.] nicht auftreten konnten.

2

Am 17. März 2020 erließ die Landesregierung auf der Grundlage von § 32 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Infektionsschutzgesetzes ([X.]) die Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 ([X.] - [X.]). Die Verordnung wurde am 17. März 2020 durch öffentliche Bekanntmachung notverkündet und trat am 18. März 2020 in [X.]. Am 20. März 2020 wurde sie im [X.] veröffentlicht (GBl. [X.]). Gemäß § 10 Abs. 1 sollte sie am 15. Juni 2020 wieder außer [X.] treten. In § 3 wurde unter anderem Folgendes angeordnet:

"(1) Zusammenkünfte in Vereinen und sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen sowie die Wahrnehmung von Angeboten in Volkshochschulen, Musikschulen und sonstigen öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen im außerschulischen Bereich sowie [X.] sind untersagt.

(2) Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften sind untersagt.

(3) Sonstige Versammlungen und sonstige Veranstaltungen sind untersagt."

3

Ab dem 3. Mai 2020 waren Veranstaltungen von Kirchen sowie Religions- und Glaubensgemeinschaften zur Religionsausübung wieder gestattet (Art. 2 Nr. 6 Buchst. c der [X.] vom 2. Mai 2020, GBl. S. 206).

4

Ab dem 11. Mai 2020 wurden gemäß § 3 Abs. 3 der [X.] II vom 9. Mai 2020 (GBl. S. 266) Veranstaltungen von dem Verbot ausgenommen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Daseinsfürsorge oder -vorsorge, der medizinischen Versorgung sowie der Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG zu dienen bestimmt waren.

5

Ab dem 1. Juni 2020 waren unter Einhaltung bestimmter Schutzvorkehrungen und Hygienemaßnahmen wieder öffentlich zugängliche Kulturveranstaltungen jeglicher Art (z.B. Konzerte) mit weniger als 100 Teilnehmern gestattet (Verordnung zur Eindämmung von Übertragungen des Corona-Virus [SARS-CoV-2] auf Veranstaltungen vom 29. Mai 2020 - [X.]; GBl. [X.]). Vom 9. Juni 2020 an galt dasselbe für private Veranstaltungen, allerdings mit der Einschränkung, dass dort nur gesungen und getanzt werden durfte, wenn ausschließlich Familienangehörige, enge Verwandte und Angehörige des eigenen sowie eines weiteren Haushalts zusammenkamen (Verordnung zur Eindämmung von Übertragungen des Corona-Virus [SARS-CoV-2] auf privaten Veranstaltungen - [X.] private Veranstaltungen; GBl. S. 391).

6

Mit Ausnahme von Tanzveranstaltungen waren gemäß § 10 der [X.] III vom 23. Juni 2020 (GBl. [X.]) ab dem 1. Juli 2020 unter Einhaltung bestimmter Schutzvorkehrungen und Hygienemaßnahmen jegliche Veranstaltungen mit bis zu 100 Teilnehmern gestattet. Bei Veranstaltungen mit festen Sitzplätzen und einem im Vorhinein festgelegten Programm waren bis zu 250 Teilnehmer zulässig.

7

Der Kläger hat geltend gemacht, die in den [X.]en jeweils angeordneten Veranstaltungsverbote und -beschränkungen hätten für ihn wie eine Betriebsuntersagung gewirkt. Seinem Geschäftsbetrieb sei dadurch die Existenzgrundlage entzogen worden. In der [X.] vom 2. April 2020 bis zum 4. Juli 2020 seien ihm in [X.] fünf vertraglich vereinbarte Auftrittsmöglichkeiten auf drei Hochzeiten, einer Firmenfeier und einem Konzert genommen worden, wodurch ihm ein Ertragsverlust von 8.326,48 € entstanden sei. Dieser Betrag sei ihm von dem beklagten Land zu erstatten. Ein entsprechender Anspruch ergebe sich aus §§ 56, 65 [X.] (analog), § 55 des Polizeigesetzes für [X.] (in der bis zum 16. Januar 2021 geltenden Fassung; im Folgenden: [X.]) sowie aus den Grundsätzen über den enteignenden beziehungsweise enteignungsgleichen Eingriff und über die Aufopferung.

8

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte er seine Ansprüche weiterverfolgen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Ein Entschädigungsanspruch aus § 65 [X.] (direkt) zugunsten des [X.] bestehe nicht. Er sei nicht Adressat einer Maßnahme nach §§ 16, 17 [X.] gewesen. Die §§ 16, 17 [X.] beträfen ausschließlich die Verhütung übertragbarer Krankheiten. Maßnahmen, mit denen die Verbreitung einer bereits ausgebrochenen Krankheit verhindert werden sollten, seien nicht davon umfasst; diesbezüglich sei § 28 [X.] die speziellere Norm. Bekämpfungsmaßnahmen seien auch nicht auf Grund ihres vermeintlich stets mitschwingenden Verhütungscharakters einbezogen, da zwischen den im 4. Abschnitt des [X.]es geregelten Verhütungsmaßnahmen und den im 5. Abschnitt des [X.]es geregelten Bekämpfungsmaßnahmen ein Exklusivitätsverhältnis bestehe.

Mangels planwidriger Regelungslücke stehe dem Kläger ein Anspruch auch nicht aus einer analogen Anwendung von § 65 [X.] zu. Maßnahmen gegenüber der Allgemeinheit, von denen der Kläger betroffen gewesen sei, seien nach dem Willen des Gesetzgebers entschädigungslos hinzunehmen (Bezugnahme auf [X.], BeckRS 2021, 14869 Rn. 51 f).

Soweit der Kläger darin einen Verstoß gegen Art. 3 GG erblicke, dass ihm als Nichtstörer nur deshalb eine Entschädigung versagt bleibe, weil er von einer bekämpfenden und nicht von einer vorbeugenden Maßnahme betroffen sei, führe das ebenfalls zu keinem Entschädigungsanspruch. Ein solcher sei gesetzlich nicht vorgesehen und die Schaffung neuer Anspruchsgrundlagen sei dem Gesetzgeber vorbehalten. Ebenso wenig sei wegen des Fehlens gesetzlicher Ausgleichsansprüche unter dem Gesichtspunkt einer ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG veranlasst. Die Voraussetzungen für eine ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung lägen nicht vor, da es an der Darlegung einer unzumutbaren Belastung fehle und zudem der Ausnahmecharakter dieses [X.] in sein Gegenteil verkehrt würde.

Ein Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestehe ebenfalls nicht. Der Kläger gehöre nicht zu dem von § 56 Abs. 1 Satz 1 [X.] genannten Personenkreis (Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 [X.]) und sei auch nicht nach § 31 Satz 1 [X.] einem Tätigkeitsverbot unterworfen gewesen.

Eine analoge Anwendung von § 56 Abs. 1 Satz 1 [X.] scheide aus, da es sowohl an einer planwidrigen Regelungslücke als auch an einer vergleichbaren Interessenlage fehle. Die Entschädigungsvorschriften der §§ 56 ff [X.] seien als gesondert normierte Regelung des allgemeinen Aufopferungsanspruchs abschließend. Ihnen liege die bewusste gesetzgeberische Entscheidung zugrunde, breitenwirksame Maßnahmen (gegenüber der Allgemeinheit) grundsätzlich entschädigungslos zu stellen.

Der Kläger könne seinen Anspruch auch nicht auf § 55 Abs. 1 Satz 1 [X.] BW i.V.m. § 9 Abs. 1 [X.] BW stützen, weil die §§ 56 ff [X.] insoweit vorrangige und abschließende Sondervorschriften darstellten (Bezugnahme auf [X.] aaO Rn. 54 ff). Davon abgesehen lägen die Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 Satz 1 [X.] BW i.V.m. § 9 Abs. 1 [X.] BW nicht vor, weil der Kläger durch die Veranstaltungsverbote und -beschränkungen nicht gezielt als Nichtstörer in Anspruch genommen worden sei, sondern vielmehr eine "Jedermann-Maßnahme" vorgelegen habe, von der eine Vielzahl unbeteiligter Personen betroffen gewesen sei.

Ebenso wenig stehe dem Kläger ein Amtshaftungsanspruch aus § 839 [X.] zu. Das beklagte Land habe gegenüber dem Kläger keine drittgerichtete Amtspflicht verletzt. Die angeordneten Versammlungs- und Veranstaltungsverbote hätten auf die Bekämpfung der [X.] und die Abwendung einer erheblichen Gefährdung für die öffentliche Gesundheit abgezielt. Folglich habe das beklagte Land Amtspflichten wahrgenommen, die ihm gegenüber der Allgemeinheit oblegen hätten. Eine Haftung für normatives Unrecht sei nicht vorgesehen. Darüber hinaus sei eine Ersatzpflicht nach § 839 Abs. 3 [X.] ausgeschlossen, da der Kläger es unterlassen habe, gegen die Versammlungs- und Veranstaltungsverbote vorzugehen. Schließlich fehle es an einer Amtspflichtverletzung, da die angeordneten Versammlungs- und Veranstaltungsverbote rechtmäßig, insbesondere auch verhältnismäßig, gewesen seien.

Auf einen Anspruch aus enteignendem Eingriff könne sich der Kläger ebenfalls nicht berufen. Mangels unmittelbarer Betriebsuntersagung sei nicht konkret in die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes des [X.] eingegriffen worden. Darüber hinaus trete das richterrechtliche Institut des enteignenden Eingriffs hinter den Entschädigungsvorschriften der §§ 56 ff [X.] als abschließenden Sonderregelungen zurück. Überdies fehle es an einem Sonderopfer. Die infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen hätten nicht nur seinen Betrieb betroffen, sondern es seien - mit Ausnahme der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs - praktisch sämtliche Bereiche des öffentlichen und kulturellen Lebens lahmgelegt worden. Das richterrechtliche Institut des enteignenden Eingriffs sei keine geeignete Grundlage, derartige [X.] auszugleichen (Bezugnahme auf [X.] aaO Rn. 67 f).

Ein Anspruch des [X.] aus enteignungsgleichem Eingriff scheitere ebenfalls an dem fehlenden Eingriff in eine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition, an der Subsidiarität eines derartigen Anspruchs gegenüber den Entschädigungsvorschriften der §§ 56 ff [X.] und am Fehlen eines Sonderopfers. Die auf § 28 [X.] gestützten [X.] seien auch nicht rechtswidrig gewesen.

Schließlich scheide auch ein allgemeiner Aufopferungsanspruch des [X.] auf Grund eines fehlenden Sonderopfers und des Vorrangs der Entschädigungsvorschriften der §§ 56 ff [X.] aus.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Soweit das Berufungsgericht Ansprüche des [X.] nach dem [X.], nach dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht und nach den Grundsätzen über den enteignenden Eingriff verneint hat, erhebt die Revision zutreffend dagegen keine Einwände.

Die Entschädigungsvorschriften des [X.]es (§§ 56, 65 [X.]) bieten weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung eine geeignete Anspruchsgrundlage für den vom Kläger verlangten Ersatz seiner behaupteten Einbußen (vgl. Senat, Urteile vom 17. März 2022 - [X.], [X.], 107 Rn. 16 ff und vom 11. Mai 2023 - [X.], BeckRS 2023, 10074 Rn. 17 ff; zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Entschädigungsansprüchen aus dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht beziehungsweise aus enteignendem Eingriff steht bereits entgegen, dass die im Zwölften Abschnitt des [X.]es enthaltenen Entschädigungsbestimmungen für rechtmäßig auferlegte infektionsschutzrechtliche Beschränkungen eine abschließende spezialgesetzliche Regelung mit Sperrwirkung darstellen (vgl. Senat, Urteile vom 17. März 2022 aaO Rn. 49 ff und vom 11. Mai 2023 aaO Rn. 30, 45).

2. Soweit die Revision einen Anspruch des [X.] nach den Grundsätzen über den enteignungsgleichen Eingriff geltend macht, besteht zwar kein Vorrang der Entschädigungsvorschriften des [X.]es, jedoch liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen dieses [X.] nicht vor.

a) Anders als das Berufungsgericht meint, tritt ein Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff nicht hinter den Bestimmungen des [X.]es zurück. Die Revision macht zu Recht geltend, dass §§ 56, 65 [X.] bei rechtswidrigen infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen keine Sperrwirkung für Entschädigungstatbestände außerhalb des [X.]es entfalten (Senat, Urteile vom 17. März 2022 aaO Rn. 50 und vom 11. Mai 2023 aaO Rn. 30; [X.]/[X.], [X.], § 839 Rn. 1080 [Stand: 1. April 2023]; [X.]/[X.], [X.], [X.], 3. Aufl., [X.]. vor §§ 56 ff Rn. 14; [X.], [X.], 904, 912; [X.], NJW 2022, 2658 Rn. 22; [X.], [X.], 54, 56 f; Struß/[X.], [X.], 665, 675; [X.] InfSchR/[X.]/[X.], § 56 [X.] Rn. 33.1 [16. Edition, Stand: 10. Januar 2023]). Den infektionsschutzrechtlichen [X.] liegt nur für rechtmäßig auferlegte Beschränkungen ein abschließendes Regelungskonzept zugrunde. Das folgt daraus, dass die Entschädigungsansprüche der §§ 56, 65 [X.] rechtmäßige Maßnahmen betreffen und das [X.] keine Regelung über die Haftung für rechtswidrige infektionsschutzrechtliche Maßnahmen enthält (Senat, Urteile vom 17. März 2022 aaO und vom 11. Mai 2023 aaO; [X.]/[X.] aaO Rn. 1079; [X.] aaO; Struß/[X.] aaO).

b) Ebenso wenig steht einem Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff vorliegend eine Sperrwirkung des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts entgegen. Da das [X.] Polizeigesetz keinen allgemeinen Entschädigungsanspruch für rechtswidrige polizeiliche Maßnahmen enthält, bleiben die Grundsätze über den enteignungsgleichen Eingriff anwendbar ([X.]/[X.] aaO Rn. 1080; [X.] Polizeirecht [X.]/[X.], § 100 [X.] BW Rn. 23 f [28. Edition, Stand: 1. März 2023]).

c) Die Voraussetzungen für einen Anspruch nach den Grundsätzen über den enteignungsgleichen Eingriff liegen jedoch nicht vor.

aa) Ein Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs setzt voraus, dass rechtswidrig in eine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition von hoher Hand unmittelbar eingegriffen wird, die hoheitliche Maßnahme also unmittelbar eine Beeinträchtigung des Eigentums herbeiführt, und dem Berechtigten dadurch ein besonderes, anderen nicht zugemutetes Opfer für die Allgemeinheit auferlegt wird. Dabei bedarf die Annahme eines entschädigungspflichtigen Sonderopfers regelmäßig keiner besonderen Begründung, da es sich aus dem Umstand ergibt, dass in die Rechtsposition des Betroffenen rechtswidrig eingegriffen wird (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 15. Dezember 2016 - [X.], [X.] 213, 200 Rn. 20 und vom 13. September 2018 - [X.], NJW 2019, 227 Rn. 23; [X.]. [X.]).

bb) Allerdings ist eine Haftung des Beklagten nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs nicht die Fälle legislativen Unrechts erfasst, in denen durch eine rechtswidrige oder verfassungswidrige gesetzliche Norm oder auf ihrer Grundlage durch Verwaltungsakt oder eine untergesetzliche Norm in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition eingegriffen wird (Senat, Urteil vom 17. März 2022 aaO Rn. 66 [X.]). Das gilt nicht für rechtswidrige untergesetzliche Normen, die - wie hier die Revision geltend macht - an eigenen, nicht auf ein Parlamentsgesetz zurückgehenden Nichtigkeitsgründen leiden (Senat, Urteile vom 10. Juli 1980 - [X.], [X.] 78, 41, 43; vom 7. Juni 1990 - [X.], [X.] 111, 349, 352 f sowie vom 11. März 1993 - [X.], juris Rn. 9 und [X.], NVwZ-RR 1993, 450, 451). Die in den [X.] des beklagten [X.] angeordneten Veranstaltungsverbote und -beschränkungen waren indes nicht rechtswidrig, insbesondere nicht unverhältnismäßig.

(1) Rechtsgrundlage für diese infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen waren die in den Verordnungen [X.]eils angegebenen Regelungen in § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] i.V.m. § 32 [X.]. Danach sind, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder es sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, die [X.]regierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnungen Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen [bis zum 27. März 2020: Ansammlungen "einer größeren Anzahl"; dieses Merkmal wurde durch Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 [[X.]l I 587] mit Wirkung zum 28. März 2020 gestrichen] zu beschränken oder zu verbieten, soweit und solange das zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Diese Voraussetzungen waren in dem streitigen [X.]raum von März bis Juli 2020 erfüllt.

(a) Bei der durch das SARS-CoV-2-[X.] verursachten Krankheit COVID-19 handelt es sich um eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Nr. 3 [X.], wobei die Infektion vornehmlich über die Atemwege erfolgt, indem virushaltige Partikel (Tröpfchen und Aerosole) aufgenommen werden, die beim Atmen, Husten, Sprechen, [X.] und [X.] entstehen (Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19 des [X.] [nachfolgend auch: [X.]] unter 1. Erreger und 2. Übertragungswege = Anlage [X.] zur Klageerwiderung des Beklagten, siehe auch [X.] 159, 223 Rn. 193 f - [X.] I).

(b) In dem [X.]raum von März bis Juli 2020 gab es in der [X.] und im Land [X.] zahlreiche an COVID-19 Erkrankte und mit SARS-CoV-2 Infizierte und damit auch vielfach Krankheits- und Ansteckungsverdächtige.

Ausweislich der Lageberichte des [X.] (abrufbar unter [X.]) entwickelte sich das [X.] wie folgt (siehe auch Senat, Urteile vom 17. März 2022 aaO Rn. 28 und vom 11. Mai 2023 aaO Rn. 26): Am 11. März 2020 erklärte die [X.] ([X.]) das Geschehen zur [X.] (Lagebericht des [X.] vom 12. März 2020, [X.]). Am 17. März 2020, dem [X.]punkt des Erlasses der [X.] des beklagten [X.], gab es deutschlandweit 7.156 laborbestätigte SARS-CoV-2-Infektionen sowie zwölf Todesfälle, davon 1.479 Infizierte sowie zwei Verstorbene in [X.] (Lagebericht des [X.] vom 17. März 2020, [X.]). Eine Woche später lag die Zahl der Infizierten in [X.] bei 27.436 und in [X.] bei 5.348. Zudem waren zu diesem [X.]punkt in [X.] 114 und davon in [X.] 30 Todesfälle zu beklagen. Damit war [X.] neben [X.], [X.] und [X.] das Land mit den höchsten Inzidenzen (Lagebericht des [X.] vom 24. März 2020, [X.]). Am 31. Juli 2020 betrug die Zahl der Infizierten in [X.] 208.698 und davon in [X.] 37.224. Zu diesem [X.]punkt hatte es in [X.] bereits 9.141 und in [X.] 1.847 Todesfälle gegeben (Lagebericht des [X.] vom 31. Juli 2020, [X.], 3).

(2) Die in den [X.] angeordneten Veranstaltungsverbote und -beschränkungen sind mit höherrangigem Recht vereinbar, insbesondere mit Art. 14 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.

(a) Zu den durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen zählt auch der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb (Senat, Urteile vom 9. Dezember 2004 - [X.], [X.] 161, 305, 312 und vom 13. Dezember 2007 - [X.], [X.] 175, 35 Rn. 24; [X.]. [X.]). Das Musik- und Filmproduktionsunternehmen des [X.] stellt einen solchen Gewerbebetrieb dar. Erfasst wird jeder durch Zusammenfügung sachlicher und persönlicher Mittel geschaffene, auf Erwerb gerichtete Betrieb (Unternehmen), gleichgültig, ob er zugleich ein Gewerbebetrieb im Sinne der Gewerbeordnung oder des Handelsgesetzbuchs ist (Senat, Urteil vom 31. Januar 1966 - [X.]/64, [X.] 45, 150, 154; [X.], Urteil vom 15. Mai 2012 - [X.], [X.] 193, 227 Rn. 19; Papier/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], GG, Art. 14 Rn. 203 [Stand: 99. EL, September 2022]).

(b) Durch die von dem beklagten Land angeordneten Veranstaltungsverbote und -beschränkungen wurde in den Gewerbebetrieb des [X.] als Eigentum im Sinne des Art. 14 GG eingegriffen, da dessen Substanz betroffen war. Dies ist dann der Fall, wenn in den Betrieb als wirtschaftlichen Organismus ("Sach- und Rechtsgesamtheit") eingegriffen und damit das ungestörte Funktionieren dieses Organismus unterbunden oder beeinträchtigt wird. Der Betriebsinhaber muss gehindert werden, von dem Gewerbebetrieb als der von ihm aufgebauten und aufrechterhaltenen Organisation sachlicher und persönlicher Mittel den bestimmungsgemäßen Gebrauch zu machen (Senat, Urteile vom 7. Juni 1990 - [X.], [X.] 111, 349, 356 und vom 31. Januar 2019 - [X.], [X.] 221, 74 Rn. 13).

Der Revisionserwiderung ist zwar zuzugeben, dass dem Unternehmer wirtschaftlich günstige (rechtliche oder tatsächliche) Rahmenbedingungen (vgl. Senat, Urteile vom 10. Juli 1980 - [X.], [X.] 78, 41, 46 f und vom 31. Januar 2019 aaO Rn. 20 [X.]) sowie Umsatz- und Gewinnchancen (vgl. Senat, Urteile vom 10. Juli 1980 aaO [X.]; vom 7. Juni 1990 aaO [X.]; vom 14. März 1996 - [X.], [X.] 132, 181, 187 sowie vom 9. Dezember 2004 aaO [X.]; [X.]. [X.]) auch unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes nicht von der Eigentumsgarantie erfasst werden. Die Veranstaltungsverbote und -beschränkungen stellten sich für den Kläger jedoch nicht nur als eine Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen für seine unternehmerische Tätigkeit dar, durch die seine künftigen Umsatz- und Gewinnchancen gemindert wurden. Vielmehr lag ein Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Recht vor, das betriebliche Eigentum nach den eigenen Dispositionen bestimmungsgemäß zu nutzen (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 1980 aaO [X.]). Der Gewerbebetrieb des [X.] ist auf Live-Auftritte und Bühnenshows spezialisiert. Entsprechend sind die Betriebsmittel wie etwa die technische Ausstattung der Musikgruppe (Instrumente, Ton- und Lichtanlage; siehe auch E-Mail des [X.] vom 27. Februar 2020 = Anlage [X.]) auf die Durchführung von Veranstaltungen mit Publikum ausgerichtet. Auf Grund der Verbote (bzw. ab Juni 2020 der Beschränkungen) war es dem Kläger vorübergehend verwehrt (bzw. nur in eingeschränktem Maße möglich), die vorhandenen Betriebsmittel in auf den Unternehmenszweck ausgerichteter Weise zu nutzen und - nach seinem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag - bereits vertraglich vereinbarte Auftrittsmöglichkeiten wahrzunehmen, so dass das ungestörte Funktionieren des Gewerbebetriebes unterbunden (bzw. erheblich beeinträchtigt) wurde. Daher griff das beklagte Land durch die Anordnung von [X.] und -beschränkungen in die Substanz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes des [X.] ein (vgl. Senat, Urteil vom 11. Mai 2023 aaO Rn. 40 [X.]; [X.], NVwZ 2020, 930, 934; [X.], DVBl 2021, 237, 239 f; [X.], [X.], 54, 58; Struß/[X.] aaO [X.]74; [X.]. zu [X.]).

(c) Dieser Eingriff in die Eigentumsfreiheit war auch unmittelbar. Die Unmittelbarkeit des Eingriffs setzt voraus, dass die schädigenden Auswirkungen auf das Eigentum des Betroffenen aus der Eigenart der hoheitlichen Maßnahme folgen. Erforderlich ist ein innerer Zusammenhang zwischen Eigentumsbeeinträchtigung und hoheitlicher Maßnahme. Es muss sich eine besondere Gefahr verwirklichen, die typischerweise in der hoheitlichen Maßnahme angelegt ist (Senat, Urteile vom 9. April 1987 - [X.], [X.] 100, 335, 338 f; vom 10. Dezember 1987 - [X.], [X.] 102, 350, 358 und vom 27. Januar 1994 - [X.], [X.] 125, 19, 21; [X.]. [X.]).

Mit [X.] und -beschränkungen gehen typischerweise Eingriffe in das beruflich genutzte Eigentum von Gewerbebetrieben einher, die ihre Tätigkeit auf Publikum ausgerichtet haben. Es war daher unmittelbare Folge der von dem beklagten Land angeordneten Veranstaltungsverbote und -beschränkungen, dass der Kläger seine Betriebsmittel nicht mehr für öffentliche Auftritte nutzen konnte (vgl. [X.] aaO S. 239 f). Der Einwand des Beklagten, dem Kläger sei die Möglichkeit von [X.] geblieben, lässt unberücksichtigt, dass der Kläger seinen Gewerbebetrieb ganz überwiegend auf Live-Auftritte und Bühnenshows ausgerichtet hat. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb schützt jedoch gerade die Fortsetzung des Betriebes im bisherigen Umfang nach den schon getroffenen betrieblichen Maßnahmen (Senat, Urteile vom 18. September 1986 - [X.], [X.] 98, 341, 351 und vom 14. März 1996 aaO; [X.], Urteil vom 18. März 1969 - [X.], NJW 1969, 1207, 1208 [X.]). Die in den [X.] angeordneten Veranstaltungsverbote wirkten sich für den Kläger faktisch wie eine Betriebsuntersagung aus. Es liegt daher ebenso ein unmittelbarer Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor wie bei [X.] selbst (vgl. [X.], DVBl 2021, 158, 163; [X.], 54, 58). Anders als das Berufungsgericht meint, steht der Unmittelbarkeit des Eingriffs somit nicht entgegen, dass der Betrieb des [X.] nicht von den in den [X.] angeordneten [X.] erfasst wurde. Ebenso wenig greift der Einwand des Beklagten durch, der Gewerbebetrieb des [X.] sei nicht Adressat der Veranstaltungsverbote und -beschränkungen gewesen, dieser habe lediglich als mittelbare Nebenfolge der infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen keine musikalischen Darbietungen mehr erbringen können. Die eingreifende Maßnahme braucht nicht zielgerichtet zu sein, vielmehr können auch unbeabsichtigte Nebenfolgen einen unmittelbaren Eingriff darstellen (Senat, Urteile vom 22. Mai 1967 - [X.], [X.] 48, 46, 49 und vom 25. Januar 1971 - [X.], [X.] 55, 229, 231; [X.]. [X.]; [X.]/[X.], Eigentum, Sozialbindung, Enteignung, 1987, [X.]85 Rn. 417; [X.]89 Rn. 425).

(d) Indessen waren entgegen der Auffassung der Revision die angeordneten Veranstaltungsverbote und -beschränkungen verhältnismäßig.

(aa) Die landesrechtlichen Regelungen, die Veranstaltungsverbote und -beschränkungen anordneten, zielten darauf ab, durch die Reduzierung zwischenmenschlicher Kontakte die weitere Verbreitung des [X.] zu verlangsamen und das exponentielle Wachstum der Infektionen zu durchbrechen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden und die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen (vgl. VGH [X.], Beschluss vom 28. April 2020 - 1 S 1068/20, juris Rn. 45; [X.], [X.], 225, 226). Auf der Grundlage der Erkenntnisse und Einschätzungen des hierzu berufenen [X.] (§ 4 [X.]) bestand in dem hier fraglichen [X.]raum eine ernste Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung und es drohte - jedenfalls regional - eine Überlastung des Gesundheitssystems (siehe Lageberichte des [X.] vom 17. März 2020, [X.] und vom 26. März 2020, [X.] sowie nachfolgende Lageberichte; VGH [X.], Urteil vom 2. Juni 2022 - 1 S 926/20, juris Rn. 204 ff). Mit den einschneidenden Maßnahmen wollte der Staat seine Schutzpflicht für Leben und Gesundheit der Bürger (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG) wahrnehmen und verfolgte mithin einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck (vgl. Senat, Urteil vom 11. Mai 2023 aaO Rn. 33), der selbst schwere Grundrechtseingriffe rechtfertigen kann (vgl. [X.], NJW 2022, 1672 Rn. 21). Lebens- und Gesundheitsschutz und damit auch die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems sind überragend wichtige [X.] ([X.] 159, 223 Rn. 176 und 231).

(bb) Die angeordneten Veranstaltungsverbote und -beschränkungen waren zur Zweckerreichung geeignet. Hinsichtlich der Geeignetheit ist entscheidend, ob das eingesetzte Mittel schlechthin oder objektiv untauglich ist. Die Möglichkeit der Zweckerreichung ist ausreichend, wobei dem Normgeber grundsätzlich ein Einschätzungsspielraum bei der Beurteilung der Geeignetheit der Maßnahme zusteht. [X.], insbesondere epidemiologische Erkenntnisse sind zu berücksichtigen (Senat, Urteil vom 11. Mai 2023 aaO Rn. 35 [X.]). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die angeordneten Veranstaltungsverbote und -beschränkungen trugen dazu bei, größere Menschenansammlungen zu verhindern. Da das [X.] in seinen täglichen Lageberichten neben Isolierung und Quarantäne gerade auch die "[X.] Distanzierung" als geeignete Gegenmaßnahme zur Verbreitung des [X.] und zur Überlastung des Gesundheitswesens benannte, durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die Verbote zugleich zur Eindämmung des [X.]s, zur Vermeidung einer Überlastung der medizinischen Versorgungskapazitäten im Land sowie zur Gewinnung von [X.] für die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten beitragen würden (vgl. auch [X.] aaO Rn. 183 ff).

(cc) Die befristet und abgestuft angeordneten Veranstaltungsverbote und -beschränkungen waren auch erforderlich, weil gleich geeignete, mildere Mittel nicht zur Verfügung standen.

Ein Gesetz beziehungsweise eine Verordnung ist erforderlich, wenn der Normgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können, wobei ihm insoweit ebenfalls ein Beurteilungsspielraum zusteht (Senat, Urteil vom 11. Mai 2023 aaO Rn. 37 [X.]). Dabei ist zu berücksichtigen, dass infektionsschutzrechtliche Maßnahmen gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] nur angeordnet werden dürfen, soweit und solange diese zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich sind. Daher musste sich die Ausgestaltung der angeordneten Veranstaltungsverbote und -beschränkungen an den Erfordernissen des Infektionsschutzes orientieren und soweit als möglich Befristungen und Ausnahmeregelungen vorsehen. Darüber hinaus mussten die Verbote und Beschränkungen an der Entwicklung des [X.]s und der damit einhergehenden Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung sowie deren medizinischer Versorgung ausgerichtet sein. Veränderungen der Situation war im Rahmen des dem Beklagten zustehenden [X.] durch Verschärfungen oder Lockerungen von Verboten oder Beschränkungen verfassungsrechtlich gewährleisteter Freiheitsrechte Rechnung zu tragen ([X.] aaO S. 238; Papier, [X.], 180, 182; [X.]/[X.], NVwZ 2020, 666, 667 ff). Das war hinsichtlich der in dem [X.]raum von März bis Juli 2020 angeordneten Veranstaltungsverbote und -beschränkungen der Fall.

([X.]) Auf Grund der Mitte März 2020 vorherrschenden Erkenntnislage durfte der Verordnungsgeber davon ausgehen, dass es kein gleich geeignetes milderes Mittel zur Verhinderung von Übertragungen des SARS-CoV-2-[X.] als das durch § 3 Abs. 1 bis 3 [X.] angeordnete Versammlungs- und Veranstaltungsverbot gab, da hierdurch Kontakte zwischen Menschen, die grundsätzlich eine Gefahr der Übertragung des Coronavirus SARS-CoV-2 darstellten, sicher vermieden werden konnten. Impfschutz, eine hinreichende Immunisierung der Bevölkerung auf Grund überstandener Infektionen oder ausreichende Therapiemöglichkeiten standen zu diesem [X.]punkt nicht zur Verfügung (Senat, Urteil vom 11. Mai 2023 aaO Rn. 37). Dabei durfte der Verordnungsgeber ohne Rechtsfehler annehmen, dass die Reduzierung des [X.]s weit weniger effektiv gelingen würde, wenn er sich auf die Absonderung von erkannt Infizierten und Erkrankten beschränken würde. Verstärkte Hygienemaßnahmen wie zum Beispiel die Beschränkung der Teilnehmerzahl und das Tragen von [X.] hätten das Infektionsrisiko auf Versammlungen und Veranstaltungen zwar begrenzen, nicht aber in dem dringend gebotenen Umfang reduzieren können. Ein einem umfassenden Verbot von Veranstaltungen und Versammlungen vergleichbarer Schutz wäre dadurch nicht erreicht worden (vgl. VGH [X.] aaO Rn. 217). Mit dem Leben und der Gesundheit der Bevölkerung sowie der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems war der Schutz überragend wichtiger [X.] zu gewährleisten (vgl. [X.] aaO Rn. 205, 228 und 230 f).

Der Einwand der Revision, die Anordnung des Veranstaltungsverbots in § 3 [X.] sei unverhältnismäßig gewesen, da im Hinblick auf Bühnenkünstler weder Übergangsbestimmungen noch Ausnahmeregelungen für bereits kontrahierte Auftritte vorgesehen worden seien, ist unbegründet. Unter Berücksichtigung des ihm zustehenden weiten [X.] durfte der Beklagte Mitte März 2020 davon ausgehen, dass es auf die möglichst rasche und umfassende Unterbindung [X.]r Kontakte ankam, um der Gefahr einer unkontrollierten Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und den damit verbundenen Bedrohungen für das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung sowie die Funktionstüchtigkeit des Gesundheitssystems wirksam zu begegnen. Mit dem vorrangigen Ziel schnellstmöglicher und umfassender [X.] waren differenzierende Übergangs- und Ausnahmeregelungen nicht zu vereinbaren.

Ebenso wenig verfängt der Einwand der Revision, die angeordneten Veranstaltungsverbote seien unverhältnismäßig gewesen, weil sie jede Veranstaltung ohne Unterscheidung nach Veranstaltungsart (im Innenraum oder unter freiem Himmel) und [X.] erfasst hätten. Ein Veranstaltungs- und Versammlungsverbot mit entsprechenden Ausnahmeregelungen (zB Tragen von [X.], Abstandhalten, Hygienemaßnahmen, Lüften etc.) hätte keine gleich wirksame infektionsschutzrechtliche Maßnahme wie das angeordnete Verbot dargestellt. Denn das Infektionsrisiko ist bei einer Ansammlung von Menschen - selbst unter freiem Himmel - niemals ausgeschlossen (vgl. [X.] aaO Rn. 209). Es lag daher im Einschätzungs- und Prognosespielraum des Beklagten, das Versammlungs- und Veranstaltungsverbot in § 3 [X.] grundsätzlich auch auf Begegnungen im [X.] zu erstrecken, um so dem [X.] wirksamer entgegenzuwirken als durch ein allein auf Zusammenkünfte in Innenräumen beschränktes Verbot. Ungeachtet dessen wurde der unterschiedlich hohen Ansteckungsgefahr in geschlossenen Räumen und im [X.] durch die Regelung in § 3 Abs. 5 [X.] Rechnung getragen. Danach wurde das [X.] Sozialministerium ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Grenze der Teilnehmerzahl zu ändern und dabei auch unterschiedliche Grenzen für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen und unter freiem Himmel festzusetzen.

Verhaltensregeln für Versammlungen und Veranstaltungen stellten - wie bereits ausgeführt - selbst bei vollumfänglicher Beachtung kein gleich wirksames Mittel dar. Hinzu tritt das Risiko bewusst oder unbewusst fehlerhafter Anwendung der Regeln. Gerade bei Veranstaltungen wie Hochzeiten, Firmenfeiern und Konzerten, auf denen die Musikgruppe des [X.] auftritt, muss mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass Maßnahmen zur Reduzierung des - auf Grund ausgelassenen Feierns und Mitsingens von Liedern gesteigerten - Übertragungsrisikos (zB Abstands- oder Lüftungsregelungen und das Tragen von Masken) nicht in zuverlässiger Weise befolgt werden (vgl. [X.] aaO Rn. 210; VGH [X.] aaO Rn. 217; OVG [X.], Beschluss vom 3. Februar 2022 - 13 [X.]/22.NE, juris Rn. 58).

(bbb) In der [X.] nach dem 17. März 2020 hat das beklagte Land die Ausgestaltung des Veranstaltungsverbots fortlaufend überprüft und an das aktuelle [X.] angepasst (siehe auch die im Tatbestand wiedergegebenen "[X.]"). Unter Berücksichtigung der komplexen Situation der [X.] und der damit verbundenen Gefährdung überragend wichtiger [X.], der eingeschränkten Erkenntnislage hinsichtlich des neuartigen [X.] in der Frühphase der [X.] sowie des daraus folgenden weiten [X.] bei der Ergreifung von Schutzmaßnahmen ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte zur Eindämmung des [X.]s für einen überschaubaren [X.]raum von zweieinhalb Monaten ein grundsätzliches Verbot von Veranstaltungen für erforderlich gehalten hat.

Der Einwand der Revision, das zunächst angeordnete umfassende Veranstaltungsverbot habe insgesamt viereinhalb Monate angedauert und das beklagte Land habe bei den angeordneten Maßnahmen weder nach Veranstaltungsart noch nach [X.] unterschieden, trifft nicht zu. Ab Anfang Juni 2020 waren - wie ausgeführt - unter Einhaltung von Schutzvorkehrungen und Hygienemaßnahmen - mit Ausnahme von Tanzveranstaltungen - sowohl private als auch öffentliche Veranstaltungen mit weniger als 100 Teilnehmern gestattet. Bei Veranstaltungen mit Sitzplätzen und festgelegtem Programm waren ab dem 1. Juli 2020 sogar bis zu 250 Teilnehmer erlaubt. Von diesen [X.]punkten an wirkten sich die angeordneten Veranstaltungsbeschränkungen für den Kläger nicht mehr wie ein faktisches Betriebsverbot, sondern nur noch wie eine Betriebsbeschränkung aus.

([X.]) Die von dem beklagten Land in der [X.] von März bis Juli 2020 angeordneten Veranstaltungsverbote und -beschränkungen waren auch verhältnismäßig im engeren Sinne (angemessen).

Eine Maßnahme ist verhältnismäßig im engeren Sinn (angemessen), wenn der mit ihr verfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen. Auch bei der Prüfung der Angemessenheit besteht grundsätzlich ein Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers (Senat, Urteil vom 11. Mai 2023 aaO Rn. 39 [X.]).

Der durch die Anordnungen bewirkte Eingriff in den Gewerbebetrieb des [X.] hatte zwar erhebliches Gewicht. Der Kläger konnte von seinem Gewerbebetrieb über einen [X.]raum von viereinhalb Monaten nicht in dem von ihm gewünschten Umfang Gebrauch machen, obwohl er nach den Feststellungen der Vorinstanzen zu dem [X.] nichts beitrug. Nach seinem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag erlitt er dadurch erhebliche wirtschaftliche Einbußen.

Die Intensität des Eingriffs in die Eigentumsfreiheit des [X.] wurde allerdings in mehrfacher Hinsicht signifikant abgemildert. Die durch die [X.] angeordneten Maßnahmen, also auch das Veranstaltungsverbot, waren von Anfang an zeitlich befristet. Der Verordnungsgeber hatte von vornherein eine "Ausstiegs-Strategie" im Blick und verfolgte ein stufenweises Öffnungskonzept (Senat, Urteil vom 11. Mai 2023 aaO Rn. 43). Eine weitere Abmilderung des Eingriffs in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG bewirkten großzügige staatliche Hilfsprogramme (vgl. [X.], NJW 2022, 1672 Rn. 28). Darunter fiel die vom [X.] am 23. März 2020 beschlossene "Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmen und [X.]", die ab dem 25. März 2020 zur Verfügung stand, in deren Rahmen durch die Corona-[X.] in existenzbedrohende wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten eine finanzielle Unterstützung von bis zu 9.000 € erhalten konnten und die in [X.] zu mehr als 240.000 Bewilligungen mit einem Gesamtvolumen von über zwei Milliarden Euro führte. Die "[X.]" des Bundes erreichte in [X.] einen Umfang von insgesamt 32,9 Millionen Euro. [X.], dass [X.] die [X.] für Kurzarbeitergeld gelockert wurden. [X.] gewährte die [X.] (einschließlich der Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen) in Höhe von 22,07 Milliarden Euro (Senat, Urteil vom 11. Mai 2023 aaO Rn. 42; VGH [X.] aaO Rn. 223, 242). Unter anderem für Unternehmen, im Haupterwerb [X.] sowie Angehörige freier Berufe, die, wie der Kläger, ihre Tätigkeit von einer [X.] Betriebsstätte oder einem [X.] Sitz der Geschäftsführung aus ausführten, gewährte der [X.] gestaffelt nach der Anzahl der Erwerbstätigen eine Billigkeitsleistung zwischen 5.000 € und 50.000 € (Nr. 3 und 5 der Richtlinien für die Unterstützung der von der Corona-[X.]-[X.] [SARS-CoV-2] geschädigten Unternehmen und Angehörigen Freier Berufe vom 17. März 2020, BayMBl. 2020 Nr. 156; siehe auch Nr. 2 und 3 der Richtlinien für die Gewährung von Überbrückungshilfen des [X.] von der Corona-[X.]-[X.] [SARS-CoV-2] geschädigten Unternehmen und [X.]n vom 3. April 2020, BayMBl. 2020 Nr. 175: bis zu 9.000 € bei Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten und bis zu 15.000 € bei Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten). Künstler erhielten vom [X.] [X.] ebenfalls Unterstützungsleistungen im Hinblick auf die Corona-[X.] (Richtlinien für die Gewährung finanzieller Hilfen für die von der Corona-[X.]-[X.] [SARS-CoV-2] betroffenen freischaffenden Künstlerinnen und Künstler vom 27. Mai 2020, BayMBl. 2020 Nr. 301).

Nach alledem hat die öffentliche Hand für den zu beurteilenden [X.]raum einen verfassungsgemäßen Ausgleich zwischen der Grundrechtsbeeinträchtigung des [X.] und dem mit dem Veranstaltungsverbot verfolgten Schutz besonders bedeutsamer [X.] gefunden. Angesichts der unkalkulierbaren Dynamik des [X.]s im März 2020 bestand eine besondere Dringlichkeit, zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung sowie eines funktionierenden Gesundheitssystems tätig zu werden. Der Schutz dieser überragend wichtigen [X.] rechtfertigte selbst schwere Grundrechtseingriffe (vgl. [X.], NJW 2022, 1672 Rn. 21). Dabei ist der Ansatz, den Schutz dieser Rechtsgüter primär durch Maßnahmen der Kontaktbeschränkung - wozu auch Versammlungs- und Veranstaltungsverbote zählen - zu erreichen, nicht zu beanstanden. Da Schutzmöglichkeiten über Impfungen oder erfolgversprechende medikamentöse Behandlungen an COVID-19 Erkrankter fehlten, durfte der Beklagte zu der Einschätzung gelangen, den Schutz der [X.] nur durch eine Begrenzung der Infektionszahlen erreichen zu können. [X.] waren und sind nach insoweit gesicherten fachwissenschaftlichen Erkenntnissen dazu ein hochwirksames Mittel ([X.] 159, 223 Rn. 228).

(e) Durch die angeordneten Veranstaltungsverbote und -beschränkungen wurde zwar zugleich in das Grundrecht des [X.] aus Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen. In der [X.] von Mitte März bis Anfang Juni 2020 war es ihm aufgrund des Veranstaltungsverbots unmöglich, seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen, und in der [X.] danach war er aufgrund der zu beachtenden Schutzauflagen (insbesondere: nur begrenzt zugelassene Teilnehmerzahlen, Verbot von Tanzveranstaltungen) in der Freiheit seiner Berufsausübung beschränkt (vgl. [X.] aaO S. 239 f). Dieser Eingriff war jedoch aus den bereits im Zusammenhang mit der Eigentumsfreiheit aus Art. 14 Abs. 1 GG dargelegten Gründen rechtmäßig (vgl. VGH [X.] aaO Rn. 199 ff). Daran ändert sich auch nichts, wenn man die durch Art. 5 Abs. 3 GG gewährleistete Kunstfreiheit zusätzlich in den Blick nimmt. Die Kunstfreiheit ist in Fällen, in denen es um den Ausgleich von [X.] auf Grund von infektionsschutzrechtlichen [X.] und -beschränkungen geht, nicht in ihrer immateriellen, sondern in ihrer vermögensrechtlichen Dimension betroffen (vgl. [X.]/[X.] aaO Rn. 16 [X.]). Soweit die Kunst - wie im vorliegenden Fall - beruflich ausgeübt wird, ist daher die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG maßgeblich ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], GG, Art. 12 Rn. 181 [Stand: 99. EL, September 2022]). Bereits aus diesem Grund scheiden Ansprüche wegen Aufopferung oder aufopferungsgleichen Eingriffs von vornherein aus (Senat, Beschluss vom 27. Mai 1993 - [X.], NJW 1994, 1468 und Urteil vom 14. März 1996 - [X.], [X.] 132, 181, 188; vgl. auch [X.], NVwZ 1998, 271, 272).

(f) Es bedeutete auch keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG), dass der Beklagte im Verlauf des Mai 2020 zunächst für Veranstaltungen, die der Religionsausübung, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Daseinsfürsorge oder -vorsorge, der medizinischen Versorgung sowie der Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG dienten, [X.] erließ, bevor er ab Anfang Juni 2020 öffentliche Kulturveranstaltungen und einige Tage später auch private Veranstaltungen, [X.]eils mit weniger als 100 Teilnehmern, wieder gestattete. Diese Ungleichbehandlungen waren aus Gründen des Infektionsschutzes gerechtfertigt. Es lag im Interesse des Infektionsschutzes, die durch die [X.] erzielten Erfolge nicht durch übereilte Lockerungen vorschnell zu gefährden, sondern das Veranstaltungsverbot stufenweise zu lockern, um im Rahmen einer engmaschigen Kontrolle beobachten zu können, wie sich einzelne [X.] auf das [X.] auswirken. Die mit der stufenweisen Lockerung verbundene Ungleichbehandlung unterschiedlicher Veranstaltungsarten war somit an den Zwecken der Verordnungsermächtigung nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] ausgerichtet (vgl. VGH [X.] aaO Rn. 224, 281). Dabei stand dem beklagten Land in der Auswahl, für welche Veranstaltungsarten es das Veranstaltungsverbot zuerst lockerte, ein weiterer Beurteilungsspielraum zu (vgl. [X.]/[X.] aaO [X.]68 f unter III 3 [X.]). Dass das beklagte Land diesen überschritten hat, ist nicht ersichtlich.

3. Ebenso wenig kann dem Kläger unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung des Eigentums eine Entschädigung zuerkannt werden.

Bei den hier in Rede stehenden, auf § 32 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] gestützten infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen (Veranstaltungsverbote und -beschränkungen) handelt es sich um den Vollzug von Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, der als Ausdruck der Sozialgebundenheit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen ist (Senat, Urteile vom 17. März 2022 aaO Rn. 59 und vom 11. Mai 2023 aaO Rn. 48). Zwar kann der Gesetzgeber bei der Regelung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG unter dem Gesichtspunkt der ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung ausnahmsweise verpflichtet sein, [X.] vorzusehen, um eine unzumutbare Belastung des Eigentümers zu verhindern. Ausgleichsmaßnahmen bedürfen jedoch immer einer gesetzlichen Grundlage ([X.] 100, 226, 244 f). Fehlt eine solche - wie im Fall von flächendeckenden infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen gegenüber der Allgemeinheit auf der Grundlage von § 32 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] - ist es daher unzulässig, einen Ausgleichsanspruch kraft Richterrechts zu gewähren (Senat, Urteile vom 17. März 2022 aaO und vom 11. Mai 2023 aaO; vgl. auch VGH [X.] aaO Rn. 259 f).

Außerdem ist die Rechtsfigur der ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung bislang vor allem auf Härtefälle zulasten einzelner Eigentümer angewandt worden, während es im Rahmen einer [X.] um eine unkalkulierbare Vielzahl von Betroffenen geht (Senat, Urteile vom 17. März 2022 aaO Rn. 61 und vom 11. Mai 2023 aaO Rn. 49; VGH [X.] aaO).

4. Der Umstand, dass die infektionsschutzrechtlichen Veranstaltungsverbote und -beschränkungen aus dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 nach dem geltenden Recht (§ 32 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2, §§ 56, 65 [X.]) keine Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche begründen, ist auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber des [X.]es war verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, für Belastungen, wie sie für den Kläger mit den in den [X.] und -beschränkungen liegenden Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG einhergingen, Ausgleichsansprüche zu regeln. Der [X.]raum, in dem sich das von dem beklagten Land angeordnete Veranstaltungsverbot für den Kläger faktisch wie eine Betriebsuntersagung auswirkte, betrug - wie dargelegt - lediglich zweieinhalb Monate; danach war es dem Kläger in eingeschränktem Umfang wieder möglich, die von ihm angebotenen Dienstleistungen zu erbringen. Ein solcher [X.]raum war unter Berücksichtigung des den Betriebsinhaber grundsätzlich treffenden Unternehmerrisikos für den Gewerbebetrieb des [X.] nicht unzumutbar (vgl. VGH [X.] aaO Rn. 224, 268, 273).

Die gesamtstaatlichen Auswirkungen der Corona-[X.] waren außerordentlich. Die [X.] hatte gravierende Auswirkungen in nahezu allen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen. Da die Grundbelastung der Bevölkerung bereits hoch war und die [X.] in der Krise mehr abverlangt als unter normalen Verhältnissen, verschiebt sich der Vergleichsmaßstab zur Bestimmung einer Ausgleichspflicht für entstandene Schäden. Eine besondere, die Regelung gesetzlicher Entschädigungsansprüche bedingende Belastungsintensität kann sich erst dann ergeben, wenn Einzelne gerade im Vergleich zu sonstigen, ebenfalls intensiv Betroffenen signifikant stärker betroffen sind (VGH [X.] aaO Rn. 269). Daran fehlt es hier. Eine (faktische) Betriebsuntersagung von zweieinhalb Monaten war - auch unter Berücksichtigung der danach aus den Teilnehmerzahlenbeschränkungen und dem Tanzverbot für den Kläger folgenden Betriebsbeschränkung - angesichts der gesamten wirtschaftlichen, [X.]n und sonstigen Auswirkungen der [X.] nicht derart gravierend, dass gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 GG eine verfassungsrechtliche Pflicht bestand, hierfür Entschädigungsansprüche vorzusehen (vgl. [X.], InfSchR/[X.], § 65 [X.] Rn. 34b [16. Edition, Stand: 8. April 2023]).

Wie der Senat bereits mehrfach betont hat (Urteile vom 17. März 2022 aaO Rn. 62 und vom 11. Mai 2023 aaO Rn. 53), sind Hilfeleistungen für von einer [X.] schwer getroffene Wirtschaftsbereiche keine Aufgabe der Staatshaftung. Vielmehr folgt aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), dass die staatliche Gemeinschaft Lasten mitträgt, die aus einem von der Gesamtheit zu tragenden Schicksal entstanden sind und nur zufällig einen bestimmten Personenkreis treffen (vgl. [X.], InfSchR/[X.]/[X.] aaO; [X.] aaO S. 234 f; [X.] aaO [X.]86, 500, 512 f). Hieraus ergibt sich zunächst nur die Pflicht zu einem innerstaatlichen Ausgleich, dessen nähere Gestaltung weitgehend dem Gesetzgeber überlassen ist. Erst eine solche gesetzliche Regelung kann konkrete Ausgleichsansprüche der einzelnen Geschädigten begründen (vgl. [X.] 27, 253, 283 zum Ausgleich von Besatzungsschäden). Dieser sozialstaatlichen Verpflichtung kann der Staat zum Beispiel dadurch nachkommen, dass er - wie im Fall der COVID-19-[X.] geschehen - haushaltsrechtlich durch die Parlamente abgesicherte Ad-hoc-Hilfsprogramme auflegt ("[X.]"), die die gebotene Beweglichkeit aufweisen und eine lageangemessene Reaktion erlauben, indem Hilfen spürbar und zeitnah ausgezahlt werden (Senat aaO). Dabei kommt dem Staat ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu, der sich daran zu orientieren hat, für grundsätzlich wirtschaftlich gesunde Unternehmen die Folgen der sie unverschuldet treffenden [X.] abzumildern (vgl. VGH [X.] aaO Rn. 272). Die oben unter 2 [X.] (2) (d) ([X.]) dargestellten staatlichen Hilfen im Rahmen des ersten Lockdowns genügten diesen Anforderungen (Senat, Urteil vom 11. Mai 2023 aaO). Die von der Revision unter Berufung auf [X.] 57, 107, 117 und das Senatsurteil vom 17. März 2022 (aaO Rn. 61) aufgeworfene Frage, ob für längerfristige existenzgefährdende Maßnahmen ausnahmsweise eine Haftungsgeneralklausel im [X.] normiert werden müsste, stellt sich nach alledem im Rahmen der sozialstaatlichen Bewältigung einer [X.] nicht (vgl. VGH [X.] aaO Rn. 271 f).

Mangels eines Verstoßes der einschlägigen Vorschriften des [X.]es gegen das Grundgesetz kommt die von der Revision für erforderlich gehaltene Vorlage an das [X.] nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht.

5. Ein Anspruch des [X.] aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. Art. 34 GG) scheidet schon deshalb aus, weil die in den [X.] des beklagten [X.] angeordneten Veranstaltungsverbote und -beschränkungen in dem streitigen [X.]raum rechtmäßig waren.

[X.]     

      

Reiter     

      

Kessen

      

Herr     

      

Liepin     

      

Meta

III ZR 54/22

03.08.2023

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 23. Februar 2022, Az: 4 U 70/21

Art 5 Abs 3 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, § 28 Abs 1 S 1 IfSG, § 28 Abs 1 S 2 IfSG, § 32 IfSG, § 56 IfSG, § 65 IfSG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.08.2023, Az. III ZR 54/22 (REWIS RS 2023, 6252)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6252

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