Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.02.2007, Az. III ZR 114/06

III. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5130

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[X.] [X.]/06vom 22. Februar 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GG Art. 103 Abs. 1, ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 1 Hatte eine [X.] im Verlauf eines erstinstanzlichen Beweisaufnahmetermins im Hinblick darauf auf einen geladenen und erschienenen (Gegen-)Zeugen ver-zichtet, dass es nach der Art der Prozessleitung des Gerichts und nach dem bisherigen Beweisergebnis auf dessen Aussage nicht (mehr) ankam, so darf das Berufungsgericht, das die Rechts- und Beweislage anders sieht als die Vor-instanz, den betreffenden, in der [X.] erneuerten, [X.] nicht zurückweisen. [X.], Beschluss vom 22. Februar 2007 - [X.]/06 - [X.]

LG Kempten ([X.]) - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 22. Februar 2007 durch [X.] und [X.] [X.], [X.], Dr. [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Beschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.] vom 30. März 2006 und das Ergänzungsurteil vom 22. Juni 2006 - 14 U 352/05 - zugelassen. Auf die Revision der Beklagten werden die vorbezeichneten [X.] aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Streitwert: 187.876,18 • Gründe: [X.] Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, die sich mit der Führung von [X.] befasst, verlangt von der Beklagten die Bezahlung des Honorars für die Führung der Geschäfte einer Klinik ([X.]) der Beklagten. Zwischen den [X.]en ist streitig, ob diesbezüglich ein Vertrag zwischen den [X.]en oder, wie die Beklagte behauptet, ein Vertrag zwischen der Beklagten und dem 1 - 3 - Streithelfer der Klägerin - einem ihrer Vorstände - persönlich zustande gekom-men ist. Das [X.] hat die Klage unter Verneinung der Aktivlegitimation der Klägerin abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage, unter [X.] Zurückweisung einer Hilfsaufrechnung der Beklagten, stattgegeben. I[X.] Die angefochtene Entscheidung beruht, wie die Beschwerde mit Recht geltend macht, auf einer Verletzung des Grundrechts auf Gewährung des [X.] Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), so dass der Senat nach § 544 Abs. 7 ZPO verfährt. 2 1. Das Berufungsgericht hat aufgrund einer Gesamtwürdigung der [X.] (§ 286 ZPO) angenommen, zwischen der Klägerin und der [X.] sei (zumindest konkludent) eine Vereinbarung darüber zustande ge-kommen, dass die Klägerin die Geschäfte der Klinik [X.]führe; dass die [X.]en vereinbart haben könnten, der Streithelfer solle persönlich die Ge-schäfte der Klinik führen, hat es für ausgeschlossen gehalten. Diese entgegen den Beanstandungen der Beschwerde für sich genommen [X.] und revisionsrechtlich hinzunehmende Würdigung wäre jedoch, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, möglicherweise durch eine Aussage des Zeugen [X.], auf den die Beklagte sich für einen gegenteiligen Inhalt des maßgeblichen Gesprächs berufen hat, zu entkräften. 3 - 4 - 2. Die Zurückweisung dieses Beweisangebots der Beklagten für ihre Be-hauptung, es habe in der Besprechung vom 23. Februar 2000 zwischen dem Streithelfer der Klägerin und dem für die Beklagte verhandelnden Zeugen [X.]Einverständnis bestanden, dass der Streithelfer die Geschäftsführung für die Betriebsstätte in [X.]"in Person" übernehme, durch das Berufungsge-richt war verfahrensfehlerhaft, auch im Sinne eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG. 4 a) Da der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Verlauf des Termins zur Beweisaufnahme vor dem [X.] auf den ursprünglich benannten, aufgrund des Beweisbeschlusses des [X.]s vom 17. Februar 2005 ge-ladenen und auch erschienenen Zeugen [X.] verzichtet hatte, unterlag, wie das Berufungsgericht im Ansatz richtig gesehen hat, das erneute [X.] in der [X.] der Beklagten den Regeln über neues [X.]-vorbringen in der Berufungsinstanz. Es war also nur unter den Voraussetzun-gen des § 531 Abs. 2 zuzulassen. 5 b) Zwar lag der Tatbestand des § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ersichtlich nicht vor, und auch der Tatbestand der Nr. 3 dieses Absatzes ist entgegen den Be-anstandungen der Beschwerde vom Berufungsgericht mit Recht abgelehnt worden. Die Begründung des Berufungsgerichts für die Verneinung des [X.] aus § 531 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, die Beklagte trage nicht vor, dass das Erstgericht dieses Beweisangebot für unerheblich gehalten habe, lässt sich jedoch nicht halten. Die Beklagte brauchte in dieser Richtung angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles nichts weiter vorzutragen. Es liegt nach dem Verfahrensablauf - insbesondere auch ausweislich der schriftli-chen Begründung des nach der Beendigung der Beweisaufnahme am Schluss der Sitzung verkündeten klageabweisenden Urteils - auf der Hand, dass das 6 - 5 - [X.] es für unerheblich gehalten hat, ob ein Zeuge die von der [X.] behauptete Einigung zwischen dem Streithelfer der Klägerin persönlich und Herrn [X.] am 23. Februar 2000 bestätigte oder nicht. Für den [X.] reichte es aus, dass er - anders, als es das Berufungsgericht in seinem Beru-fungsurteil gesehen hat - die Version der Klägerin (das Zustandekommen eines Geschäftsversorgungsvertrages der Beklagten mit der vom Streithelfer vertre-tenen Klägerin) nicht für bewiesen ansah. Die Anwendung des § 531 Abs. 1 Nr. 1 ZPO setzt allerdings nach dem Verständnis des [X.] voraus, dass die betreffende - von der Be-rufungsinstanz dann nicht geteilte - Rechtsansicht des Erstgerichts den erstin-stanzlichen Vortrag der [X.] auch beeinflusst haben und (mit-)ursächlich dafür geworden sein muss, dass sich [X.]vorbringen in das Berufungsverfahren verlagert (unter anderem Senatsurteil vom 19. Februar 2004 - [X.]/03 - NJW-RR 2004, 927, 928). Ein solcher Ursachenzusammenhang ist im Streitfall aber ohne weiteres anzunehmen. Zwar lässt sich dem Akteninhalt nicht ent-nehmen, dass das [X.] nach der Vernehmung des anderen geladenen Zeugen ([X.]) - die im Sinne des Vortrags der Klägerin unergiebig war - noch irgendwelche Erklärungen abgegeben hat, die den Prozessbevollmächtig-ten der Beklagten dazu brachten, auf den (Gegen-)Zeugen [X.] zu verzich-ten. Die prozessuale Situation - auf der Grundlage des Beweisbeschlusses des [X.]s - war aber für die Beteiligten eindeutig: Es war abzusehen, dass ein klageabweisendes Urteil ergehen würde; auf den (Gegen-)Zeugen [X.] kam es nach normalem Lauf der Dinge nicht mehr an. 7 Hätte das [X.] dagegen in der gegebenen Situation die Rechts- und Beweislage so gesehen wie später das Berufungsgericht, so hätte der Schwerpunkt einer erforderlichen Beweisaufnahme in dem - von der Beklagten 8 - 6 - behaupteten - Einvernehmen über einen Vertragsschluss der Beklagten mit dem Streithelfer gelegen; es wäre danach entscheidend auf die Aussage des Zeugen [X.]im Sinne des ursprünglichen Beweisantritts der Beklagten ange-kommen. Bei einer solchen Sicht der materiellen Rechtslage hätte das [X.], bevor der Beklagtenanwalt auf "seinen" Zeugen verzichtete, einen Hinweis nach § 139 ZPO geben müssen; auf einen solchen Hinweis hin wäre es, wie anzunehmen ist, nicht zu dem Verzicht der Beklagtenseite auf den - [X.] - Zeugen gekommen. Diese (hypothetische) Verknüpfung ist mithin geeignet, eine (Mit-)Ur-sächlichkeit der - vom Berufungsgericht angenommenen - objektiv fehlerhaften Rechtsansicht des ersten Gerichts im Sinne des [X.] vom 19. Februar 2004 (aaO) zu begründen. 9 3. Durch die Ablehnung der Vernehmung des Zeugen [X.]ist der [X.] zugleich das gebotene rechtliche Gehör (Art. 103 GG) im [X.] abgeschnitten worden. Dies wird nachzuholen sein. 10 Das Berufungsgericht hat in dem neuen Verfahren auch Gelegenheit, sich mit den weiteren [X.] der Beschwerde - auch zu dem Erfordernis, dass der ein schwebend [X.] Geschäft (konkludent) Genehmigende die schwebende Unwirksamkeit gekannt oder zumindest damit gerechnet haben muss - auseinanderzusetzen. 11 4. Infolge der Aufhebung des [X.] vom 30. März 2006 kann auch das Ergänzungsurteil vom 12. Juni 2006 keinen Bestand haben, durch das die [X.], wonach die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe, dahin ergänzt worden ist, dass dies auch hinsichtlich der Kosten des 12 - 7 - [X.] der Klägerin zu gelten habe (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 1984 - [X.] - ZIP 1984, 1107, 1113). [X.] [X.] [X.]

[X.] Herrmann Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 11.04.2005 - 1 [X.] 1650/04 - [X.], Entscheidung vom 30.03.2006 - 14 U 352/05 -

Meta

III ZR 114/06

22.02.2007

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.02.2007, Az. III ZR 114/06 (REWIS RS 2007, 5130)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5130

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