Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 10.05.2023, Az. 2 BvR 370/22

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2023, 2660

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Zivilprozess durch Nichtberücksichtigung eines rechtzeitigen Fristverlängerungsantrags


Tenor

1. Das Urteil des [X.] vom 21. Dezember 2021 - 12 C 1234/21 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör aus Artikel 103 Absatz 1 Grundgesetz.

2. Das Urteil des [X.] vom 21. Dezember 2021 - 12 C 1234/21 - wird aufgehoben und die Sache an das [X.] zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. Das [X.] hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen im [X.] zu erstatten.

Gründe

1

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen ein klageabweisendes amtsgerichtliches Urteil und einen Beschluss über eine hiergegen erhobene Anhörungsrüge.

2

1. Die Beschwerdeführerin war 2020 zeitweise Mitglied des Unternehmens des [X.]n, eines Zusammenschlusses von Künstlerinnen und Künstlern, der musikalische Dienstleistungen anbietet.

3

a) Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 19. Oktober 2021 erhob die Beschwerdeführerin Teilklage auf Auszahlung von Beträgen, die der [X.] im Rahmen eines - später stornierten - [X.] vereinnahmt habe. Sie stellte sich auf den Standpunkt, die Anzahlungen stünden ihr und nicht dem [X.]n zu.

4

b) Der [X.] trat der Forderung entgegen und erklärte, bei den von den Kunden geleisteten Anzahlungen handele es sich um eine [X.]. Diese diene der Finanzierung der laufenden Ausgaben des Künstlerkollektivs; im Gegenzug verzichte man auf die Erhebung von [X.]. Es bestehe eine "Zielvereinbarung", die Grundlage für diese Praxis sei; zudem ergebe sich dies aus dem Gastspielvertrag selbst.

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2. a) Das Amtsgericht leitete die Klageerwiderung mit Schreiben vom 1. Dezember 2021 weiter und setzte eine Frist zur Replik innerhalb von zwei Wochen. Das Schreiben ging am 6. Dezember 2021 bei dem Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin ein.

6

b) Mit Schreiben vom 20. Dezember 2021 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin Fristverlängerung. Aufgrund erheblicher Arbeitsüberlastung und urlaubsbedingter Ortsabwesenheit vom 6. bis 10. Dezember 2021 sei eine inhaltliche Rücksprache mit der Beschwerdeführerin nicht mehr rechtzeitig möglich. Das Schreiben wurde am 20. Dezember 2021 um 17:54 Uhr per besonderes elektronisches Anwaltspostfach [X.]) versandt.

7

Laut handschriftlichem Vermerk lag das Schreiben dem [X.] zum Zeitpunkt der Abfassung des Urteils nicht vor.

8

c) Mit Urteil vom 21. Dezember 2021 wies das [X.] die Klage ab. Aus dem Gastspielvertrag gehe hervor, dass die [X.] in Höhe von 249 Euro nicht zugunsten der Beschwerdeführerin, sondern zugunsten des beklagten Kollektivs zu zahlen sei.

9

Das Urteil wurde der Geschäftsstelle am 21. Dezember 2021, 13:35 Uhr, übergeben und den Parteien aufgrund Verfügung vom selben Tag zugestellt.

3. a) Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 30. Dezember 2021 erhob die Beschwerdeführerin Anhörungsrüge. Das Urteil sei ohne vorherige Entscheidung über ihren [X.] ergangen. Wäre die Frist antragsgemäß verlängert worden, was im Falle der erstmaligen Verlängerung zu erwarten sei, zumal tragfähige Gründe anwaltlich versichert worden seien, so wäre das Bestehen einer Zielvereinbarung bestritten worden. Zudem wäre ausgeführt worden, warum der Beschwerdeführerin, die im Außenverhältnis allein das Risiko getragen habe, die Anzahlungen zustünden.

b) Mit Beschluss vom 20. Januar 2022 wies das [X.] die Anhörungsrüge als unbegründet zurück. Gegen Art. 103 Abs. 1 GG sei nicht in entscheidungserheblicher Weise verstoßen worden. Der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin hätte sein Fristverlängerungsgesuch früher stellen müssen. Er habe nicht erwarten können, dass nach Ablauf der üblichen Dienstzeiten noch über sein Gesuch entschieden werde und er habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass dem Antrag stattgegeben werden würde. Bei Abfassung des Urteils habe der Antrag noch nicht einmal der Geschäftsstelle vorgelegen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nur bei plötzlicher und unvorhergesehener Arbeitsüberlastung gewährt werden.

Der Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin am 28. Januar 2022 zugestellt.

Mit ihrer am 28. Februar 2022 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin die Verletzung ihrer Allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).

Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe nicht damit rechnen müssen, dass ihrem Fristverlängerungsgesuch nicht stattgegeben werde. Im Falle der erstmaligen Antragstellung aus Gründen der Arbeitsüberlastung sei in der Regel mit einer Stattgabe zu rechnen. Das Gericht habe durch sein Vorgehen jeden weiteren Sachvortrag abgeschnitten. Organisationsverschulden des Gerichts müsse die Beschwerdeführerin nicht berücksichtigen. Ein fristgerecht eingegangener Antrag müsse so rechtzeitig weitergeleitet werden, dass darüber noch entschieden werden könne. Nach der Rechtsprechung des [X.] genüge der Eingang bei Gericht zur Fristwahrung. Das Gericht verkenne die Reichweite der Grundrechte der Beschwerdeführerin in grober Weise. Es sei eine generelle Vernachlässigung von Grundrechten zu befürchten.

Die Verfassungsbeschwerde wurde dem [X.] des Landes Nordrhein-Westfalen und dem [X.]n des Ausgangsverfahrens zugestellt.

1. Das [X.] des Landes Nordrhein-Westfalen hat die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegt und von einer Stellungnahme zu der Verfassungsbeschwerde abgesehen.

2. Der [X.] des Ausgangsverfahrens hat sich zu der Verfassungsbeschwerde nicht geäußert.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, soweit sie sich gegen das Urteil des [X.] vom 21. Dezember 2021 richtet. In diesem Umfang ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und begründet und ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin geboten. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde auch gegen den Beschluss des Amtsgerichts über die Anhörungsrüge wendet, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen, da sie unzulässig ist.

1. Gemäß § 93a Abs. 2 lit. b), § 93b Satz 1, § 93c Abs. 1 Satz 1 [X.] kann die Kammer die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung annehmen und ihr stattgeben, wenn diese zulässig und offensichtlich begründet und ihre Annahme zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist. Dies ist im genannten Umfang der Fall.

2. Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen das Urteil des [X.] vom 21. Dezember 2021 wendet, ist ihre Verfassungsbeschwerde zulässig. Insbesondere wurde sie fristgerecht erhoben und hinreichend im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] begründet. Soweit die Beschwerdeführerin auch den Beschluss über ihre Anhörungsrüge angreift, ist ihre Verfassungsbeschwerde nicht zulässig. Ein Beschluss, mit dem über die Anhörungsrüge entschieden wird, kann nur dann Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein, wenn mit ihm eine eigenständige Beschwer verbunden ist ([X.] 119, 292 <294 f.>). Dies ist nur dann der Fall, wenn der Beschluss über die Anhörungsrüge dazu führt, dass bereits der Zugang zu dem Anhörungsverfahren mit nicht tragfähiger Begründung versagt wird und dieses Ergebnis bindend für den weiteren Prozess ist, eine andere fachgerichtliche Möglichkeit, die Korrektur des gerügten Gehörsverstoßes zu erreichen, also nicht mehr besteht (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 14. März 2007 - 1 BvR 2748/06 -, Rn. 11 f.; Beschluss der [X.] des [X.] vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 2327/07 -, Rn. 17). Nach diesem Maßstab liegt in dem Beschluss über die Anhörungsrüge keine eigenständige Beschwer, da lediglich die Korrektur des zuvor bereits begangenen Verstoßes unterblieb.

3. Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie offensichtlich begründet. Das [X.] hat das Recht der Beschwerdeführerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.

a) Art. 103 Abs. 1 GG garantiert die Möglichkeit der Verfahrensbeteiligten, sich mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten im gerichtlichen Verfahren zu behaupten (vgl. [X.] 55, 1 <6>). Zu jeder dem Gericht unterbreiteten Stellungnahme der Gegenseite muss die Gelegenheit zur Äußerung bestehen (vgl. [X.] 19, 32 <36>). Das Gericht hat das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Bei seiner Entscheidung darf das Gericht keine Anforderungen an den Sachvortrag stellen, mit dem ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter unter Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt nicht zu rechnen braucht. Es darf auch keine Tatsachen zugrunde legen, zu denen nicht Stellung genommen werden konnte (vgl. [X.] 7, 275 <278>; 55, 1 <6>). Eine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht besteht jedoch nicht. Auch kann aus Art. 103 Abs. 1 GG keine Pflicht des Gerichts, auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen, abgeleitet werden (vgl. [X.] 84, 188 <190>). Nach Auffassung des [X.] ist demnach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, wenn ein Gericht ohne vorherigen Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte oder Erwägungen abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte ([X.], Beschluss vom 13. Januar 2011 - [X.] -, juris, Rn. 6). Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt aber keine Pflicht der Gerichte, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Denn grundsätzlich geht das [X.] davon aus, dass die Gerichte das Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben (vgl. [X.] 149, 86 <109 Rn. 63>). Art. 103 Abs. 1 GG ist daher erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen klar ergibt, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. [X.] 65, 293 <295>; 70, 288 <293>; 86, 133 <145 f.>; stRspr).

b) Das Gericht überging den [X.] der Beschwerdeführerin und erließ sein den Rechtszug abschließendes Urteil, ohne darüber entschieden zu haben. Dies geht bereits aus den Gründen des Anhörungsrügebeschlusses hervor.

Die in dem Beschluss vom 20. Januar 2022 dargelegten Gründe rechtfertigen seine Vorgehensweise nicht.

aa) Maßgebliche Vorschrift für die Verlängerung gerichtlich gesetzter Stellungnahmefristen ist § 224 Abs. 2 ZPO. Nach § 224 Abs. 2 ZPO können richterliche Fristen verlängert werden, wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht sind. Es wird dabei als zulässig angesehen, auf eine eidesstattliche Versicherung zu verzichten und eine bloße anwaltliche Versicherung ausreichen zu lassen (vgl. [X.], in: [X.] Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 224, Rn. 5), insbesondere dann, wenn es sich um eine erstmalige Verlängerung handelt (vgl. [X.], in: [X.] Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 225, Rn. 4). Über einen Antrag auf Fristverlängerung kann nach § 225 Abs. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

bb) Ein Antrag auf Fristverlängerung muss innerhalb der noch laufenden Frist bei Gericht eingegangen sein (vgl. [X.], in: [X.] Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 224, Rn. 8). Nicht erforderlich ist dagegen, dass über ihn noch während des [X.] entschieden wird. Für den Eingang eines Schreibens bei Gericht ist nicht erforderlich, dass das Schreiben der richtigen Akte zugeordnet wird oder dass es der Geschäftsstelle übergeben wird, sondern allein, dass es in den Machtbereich des Gerichts gelangt (vgl. [X.], Beschluss des [X.] vom 3. Oktober 1979 - 1 BvR 726/78 -, juris, Rn. 20 ff.; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 12. Dezember 2012 - 2 BvR 1294/10 -, Rn. 14; [X.], Beschluss vom 10. Juni 2003 - [X.]/02 -, NJW 2003, S. 3418).

cc) Nach diesem Maßstab muss der [X.] als am 20. Dezember 2022, 17:54 Uhr, gestellt gelten, denn zu diesem Zeitpunkt gelangte das per [X.] übermittelte Schreiben in den Machtbereich des Gerichts. Soweit das Amtsgericht in seinem Beschluss über die Anhörungsrüge ausführte, der [X.] habe zum Zeitpunkt der Abfassung des Urteils nicht einmal der Geschäftsstelle vorgelegen, verfehlt es die prozessrechtlichen Anforderungen. Das Gericht hätte noch über den Antrag befinden müssen; Verzögerungen bei der Weiterleitung des Antrags innerhalb des Gerichts können nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin gehen.

dd) Das Amtsgericht konnte auch nicht verlangen, dass der Prozessbevollmächtigte seinen [X.] zu einem früheren Zeitpunkt hätte stellen müssen. Fristen dürfen einem gesicherten prozessrechtlichen Grundsatz zufolge, der seine Stütze im Verfassungsrecht findet, vollständig ausgeschöpft werden (vgl. [X.] 40, 42 <44>; 41, 323 <328>; 52, 203 <207>; 69, 381 <385>). Lediglich bei der Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax ist zu beachten, dass mit der Übermittlung so rechtzeitig begonnen wird, dass in der Regel mit einem rechtzeitigen Abschluss des [X.] gerechnet werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 12. April 2016 - [X.] -, juris, Rn. 9).

ee) Zuletzt spielt auch keine Rolle, ob den Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin Verschulden trifft, ob er damit rechnen durfte, dass seinem Antrag stattgegeben werden würde und wann er mit einer Entscheidung rechnen durfte. Da es hier nicht um eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geht, sind diese Fragen unerheblich. Maßgeblich ist nach oben [X.] allein, ob der [X.] rechtzeitig bei Gericht einging und ob ein erheblicher Grund dafür glaubhaft gemacht wurde. Von beidem ist hier auszugehen. Es ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen das Amtsgericht den erstmaligen [X.] wegen Arbeitsüberlastung und Ortsabwesenheit hätte ablehnen können.

c) Das [X.] überging nicht nur den [X.] der Beschwerdeführerin, sondern schnitt ihr auf diesem Wege auch die Möglichkeit ab, zu dem Vorbringen der [X.]nseite Stellung und damit Einfluss auf die gerichtliche Entscheidung zu nehmen. Dies war entscheidungserheblich.

Im Wesentlichen streiten die Beteiligten darum, ob dem [X.]n ein Rechtsgrund für die Vereinnahmung der als "Reservierungs- und Buchungspauschale" bezeichneten Anzahlungen zustand oder ob es diese lediglich für die Künstlerinnen und Künstler - und mit der Bestimmung zur Weiterleitung - in Empfang nehmen sollte. Die [X.]nseite trug hier das Bestehen diverser Vereinbarungen vor, die Beschwerdeführerin wünschte dies auf die Klageerwiderung hin zu bestreiten. Der durch das Vorgehen des Amtsgerichts abgeschnittene Vortrag hätte also von der [X.]nseite eingeführte Tatsachen streitig gestellt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass daraufhin eine andere Entscheidung zu treffen gewesen wäre.

4. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin geboten. Ihr Anspruch auf rechtliches Gehör wurde schwerwiegend verletzt.

Die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin sind gemäß § 34a Abs. 2 [X.] dem [X.] aufzuerlegen. Da der nicht zur Entscheidung angenommene Teil der Verfassungsbeschwerde von untergeordneter Bedeutung ist, sind die Auslagen in vollem Umfang zu erstatten (vgl. [X.] 86, 90 <122>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 13. Mai 2009 - 2 BvR 388/09 -, Rn. 34; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 11. August 2009 - 2 BvR 941/08 -, Rn. 31).

1. Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet ist, war festzustellen, dass das Urteil des [X.] vom 21. Dezember 2021 - 12 C 1234/21 - die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 1 Satz 1 [X.]).

2. Das Urteil war aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 [X.]).

3. Im Übrigen, soweit die Verfassungsbeschwerde nicht zulässig ist, ist sie nicht zur Entscheidung anzunehmen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 370/22

10.05.2023

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend AG Mülheim, 20. Januar 2022, Az: 12 C 1234/21, Beschluss

Art 103 Abs 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 224 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 10.05.2023, Az. 2 BvR 370/22 (REWIS RS 2023, 2660)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2660 NJW 2023, 2173 REWIS RS 2023, 2660

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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