Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.07.2022, Az. 1 StR 106/22

1. Strafsenat | REWIS RS 2022, 5542

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Gegenstand

Strafbares Einschleusen von Ausländern: Konkurrenzverhältnis bei akzessorischer Beihilfe zur unerlaubter Einreise und zum unerlaubtem Aufenthalt


Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten [X.]  und [X.]wird das Urteil des [X.] vom 6. Oktober 2021

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass

aa) die Angeklagte [X.]  des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in 13 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Missbrauch von Ausweispapieren, des Missbrauchs von Ausweispapieren, des [X.] von falschen amtlichen Ausweisen in zwei Fällen und der Steuerhinterziehung in drei Fällen und

bb) der Angeklagte [X.]des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in 13 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Missbrauch von Ausweispapieren, des [X.] von falschen amtlichen Ausweisen in zwei Fällen und der Steuerhinterziehung in drei Fällen

schuldig sind;

b) aufgehoben

aa) in den in den Fällen II.2.4. und II.2.5. sowie mit den zugehörigen Feststellungen in den in den Fällen [X.] bis [X.] der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und in der jeweiligen Gesamtstrafe;

bb) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen, soweit die Einziehung in Höhe eines Betrags von mehr als 7.650 € angeordnet worden ist; die weitergehende Einziehung entfällt. In Höhe des eingezogenen Betrages von 7.650 € wird die gesamtschuldnerische Haftung beider Angeklagten angeordnet. Die im Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten, welche die Einziehung betreffen, trägt die Staatskasse; die hinsichtlich der Einziehung jeweils angefallene Gerichtsgebühr entfällt.

2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagten [X.]  und [X.]  wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in 14 Fällen, davon in einem Fall „in Tateinheit mit einem weiteren gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Einschleusen von Ausländern“ und in einem Fall in Tateinheit mit Missbrauch von Ausweispapieren, wegen [X.] von falschen amtlichen Ausweisen in zwei Fällen und wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen, die Angeklagte [X.]  darüber hinaus zusätzlich wegen eines weiteren Falles des Missbrauchs von Ausweispapieren, jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Zudem hat es die Einziehung des Wertes von [X.]n in Höhe von 94.831,50 € gegen die Angeklagten angeordnet. Die hiergegen gerichteten, jeweils auf die Rüge einer Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben in dem aus der [X.] erkennbaren Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO) und sind im Übrigen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

2

1. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen förderten die Angeklagten im Zeitraum von Ende 2018 bis Ende August 2020 gemeinsam arbeitsteilig den unerlaubten Aufenthalt [X.] Frauen in der [X.], indem sie diese als Prostituierte in ihrem Prostitutionsbetrieb beschäftigten und ihnen jeweils die Hälfte der erwirtschafteten Umsätze als Lohn auszahlten. Der Umstand, dass die [X.] Frauen keinen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im [X.] berechtigenden Aufenthaltstitel besaßen, war den Angeklagten bewusst. Sie verwendeten den selbst vereinnahmten Anteil der Prostitutionserlöse teilweise für ihren Lebensunterhalt und transferierten einen weiteren nicht unerheblichen Anteil der Erlöse sowie weitere Beträge unbekannter Herkunft und Höhe monatlich nach [X.]. Bei diesen Taten handelten die Angeklagten in der Absicht, sich eine fortlaufende, nicht unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen. Im Einzelnen hat die [X.] hierzu, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, Folgendes festgestellt:

3

a) Im Fall II.2.4. der Urteilsgründe organisierte die Angeklagte [X.]   die wegen eines Einreise- und Aufenthaltsverbots sowie einer Ausreiseverfügung unerlaubte Einreise der gesondert Verfolgten [X.]  am 7. Dezember 2019 aus [X.] in das [X.]; der Angeklagte [X.]   holte      [X.]   und die ebenfalls an diesem Tag mit einem von der Angeklagten [X.]   beschafften Flugticket in das [X.] eingereiste gesondert Verfolgte [X.].   vom [X.] ab.       [X.].   besaß lediglich einen [X.] Aufenthaltstitel, der nicht zur Arbeitsaufnahme in der [X.] berechtigte. In der Folgezeit ermöglichten die Angeklagten im gemeinschaftlichen Zusammenwirken in Kenntnis der fehlenden Aufenthaltstitel von        [X.]  und       [X.].   deren weiteren Aufenthalt im [X.], indem sie diese als Prostituierte für sich arbeiten ließen (Fall II.2.5. der Urteilsgründe).

4

b) Umsatzsteuererklärungen über die vereinnahmten Prostitutionserlöse gaben die Angeklagten für die [X.], 2019 und das erste Quartal 2020 nicht ab, obwohl sie wussten, dass sie hierzu als Inhaber des [X.] innerhalb der gesetzlichen Fristen verpflichtet waren. Aufgrund einer Schätzung der Betriebseinnahmen der Angeklagten hat das [X.] angenommen, dass die Umsatzsteuer im [X.] 2018 in Höhe von 13.765,50 €, im [X.] 2019 in Höhe von 64.239 € und im ersten Quartal 2020 in Höhe von 9.177 € verkürzt wurde (Fälle [X.] bis [X.] der Urteilsgründe).

5

2. Im November 2019 beziehungsweise im September 2020 beschafften die Angeklagten in gemeinschaftlichem Zusammenwirken gefälschte [X.] Ausweispapiere für die gesondert Verfolgten [X.]  und [X.]. Sie händigten diesen die Papiere aus, um ihnen hierdurch die Möglichkeit zu verschaffen, sie im Rechtsverkehr zu gebrauchen; hierfür erhielten die Angeklagten einen Betrag in Höhe von 5.000 € von [X.]  und 2.650 € von    [X.](Fälle [X.] und [X.] der Urteilsgründe).

II.

6

1. Den Verfahrensrügen bleibt aus den vom [X.] in seiner Antragsschrift genannten Gründen der Erfolg versagt.

7

2. Der auf die Sachrüge gebotenen sachlich-rechtlichen Überprüfung hält das Urteil nur teilweise stand.

8

a) Die Beurteilung der Konkurrenzen in den Fällen II.2.4. und II.2.5. der Urteilsgründe ist rechtsfehlerhaft.

9

aa) Der [X.] hat hierzu in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt:

„Durch die Strafvorschrift des § 96 Abs. 1 [X.] werden nach den allgemeinen Regeln (§ 26, § 27 StGB) strafbare Teilnahmehandlungen an den in § 96 Abs. 1 [X.] in Bezug genommenen Taten nach § 95 [X.] zu selbständigen, in Täterschaft (§ 25 StGB) begangenen Straftaten heraufgestuft, wenn der Teilnehmer zugleich eines der in § 96 Abs. 1 [X.] geregelten Schleusermerkmale erfüllt. Trotz dieser tatbestandlichen Verselbständigung zur Täterschaft gelten für die Tathandlungen des § 96 Abs. 1 [X.] die allgemeinen Regeln der Teilnahme, einschließlich des Grundsatzes der limitierten Akzessorietät (Senat, Beschluss vom 23. September 2021 - 1 [X.] -, Rn. 9 m. w. N.). Ob bei der akzessorischen Beihilfe Tateinheit oder Tatmehrheit anzunehmen ist, hängt sowohl von der Anzahl der Beihilfehandlungen als auch von der Zahl der vom Gehilfen geförderten [X.] ab. Beziehen sich mehrere Unterstützungshandlungen auf dieselbe Haupttat, liegt Tateinheit vor (Senat, Beschluss vom 22. August 2019 - 1 StR 267/19 -, Rn. 9 m. w. N.). Das gilt auch, wenn es sich bei der Haupttat um mehrere Taten handelt, die in Tateinheit stehen ([X.], Beschluss vom 14. Mai 2019 - 3 StR 65/19 -, Rn. 13; Beschluss vom 14. Januar 2015 - 4 StR 440/14 -, Rn. 8).

Reist ein Ausländer unerlaubt ins [X.] ein und hält sich im [X.] dort auf, stehen die unerlaubte Einreise und der unerlaubte Aufenthalt in [X.] (Senat, Urteil vom 17. Oktober 2000 - 1 StR 118/00 -; siehe auch Urteil vom 26. Januar 2021 - 1 StR 289/20 -, Rn. 31). Dient die durch § 96 Abs. 1 [X.] tatbestandlich verselbständigte Beihilfe daher sowohl der Förderung der unerlaubten Einreise als auch des anschließenden unerlaubten Aufenthalts eines Ausländers, ist nur eine Tat gegeben. Da bei der Tenorierung der Strafbarkeit des Schleusers nicht zwischen unerlaubter Einreise und unerlaubtem Aufenthalt unterschieden wird, handelt es sich um ein (einheitliches) Einschleusen von Ausländern (vgl. Senat, Urteil vom 26. Januar 2021 - 1 StR 289/20 -, Rn. 31).“

bb) Der Schuldspruch ist daher insoweit von Tatmehrheit (§ 53 StGB) auf Tateinheit (§ 52 StGB) abzuändern. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, da auszuschließen ist, dass sich die Angeklagten hiergegen effektiver als geschehen hätten verteidigen können. Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung beider Einzelstrafen nach sich. Das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht darf bei Festsetzung der neuen Einzelstrafe die Summe der beiden bisherigen Einzelstrafen nicht überschreiten ([X.], Beschluss vom 5. April 2022 – 1 [X.] Rn. 9).

b) Der Strafausspruch hat auch in den in den Fällen [X.] bis [X.] der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen keinen Bestand. Zur fehlerhaften Bemessung des Schuldumfangs hat der [X.] in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt:

„Die Schätzung der Umsätze, für die Umsatzsteuer hinterzogen wurde ([X.]), begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Das Tatgericht ist gehalten, eine Schätzungsmethode zu wählen, die dem Ziel, der Wirklichkeit durch Wahrscheinlichkeitsrechnung möglichst nahe zu kommen, am besten gerecht wird. Bei der Auswahl kommt ihm ein Beurteilungsspielraum zu. Die revisionsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob das Tatgericht nachvollziehbar dargelegt hat, warum es sich der gewählten Schätzungsmethode bedient hat und weshalb diese dafür geeignet ist ([X.], Beschluss vom 25. November 2021 - 5 [X.] -, Rn. 14 m. w. N.).

Es ist nicht zu beanstanden, dass die [X.] auf Grundlage der Einlassung der Angeklagten ([X.] f.) von mindestens fünf Prostituierten ausgeht, die für die Angeklagte und den Mitangeklagten zeitgleich tätig waren, dass eine Prostituierte an 230 Arbeitstagen im Jahr zur Verfügung stand, am Tag mindestens vier Freier bediente und hierfür im Durchschnitt zumindest 60 Euro erhielt. Wird das Produkt aus diesen Faktoren durch 12 geteilt, erhält man nach zutreffender Auffassung der [X.] mit 23.000 Euro einen annähernden Wert für die Umsätze in einem Monat.

Die weiteren Rechenoperationen der [X.], nämlich die Multiplikation dieses Ergebnisses mit dem Faktor 21 sowie - abhängig vom jeweiligen [X.] - den Faktoren 0,15, 0,7 und 0,1 sind jedoch nicht nachzuvollziehen und erschließen sich auch aus den sonstigen Urteilsgründen nicht ausreichend.

Dass die [X.] nur diejenigen Monate ihrer Berechnung zu Grunde legen will, bei denen auf Grund von Geldüberweisungen nach [X.], die durch [X.] belegt sind (vgl. [X.] ff., 29), von erzielten Umsätzen auszugehen ist, begegnet keinen Bedenken. Nach den Urteilsfeststellungen ist es jedoch in den urteilsgegenständlichen Besteuerungszeiträumen nicht in 21, sondern nur in 15 Monaten zu Überweisungen nach [X.] gekommen. Nimmt man die in der Anklage enthaltene und gemäß § 154 StPO von der Verfolgung ausgenommene Umsatzsteuerhinterziehung bezüglich des dritten Quartals 2020 hinzu, handelt es sich um 18 Monate. Dies gilt jeweils unabhängig davon, ob die in einem bestimmten Monat erfolgten Überweisungen sich auf Umsätze aus dem Vormonat beziehen, wie die [X.] meint, oder nicht.

Die Faktoren von 0,15 für das [X.], von 0,7 für das [X.] und von 0,1 für das erste Quartal 2020 (sowie von 0,05 für das dritte Quartal 2020) sollen das Verhältnis der in den Besteuerungszeiträumen erzielten Umsätze zueinander abbilden, das die [X.] an Hand der Höhe der durchgeführten Überweisungen bestimmt. Damit knüpft sie an eine Geldverkehrsrechnung an (die eine zulässige Schätzungsmethode ist, vgl. Senat, Beschluss vom 10. Februar 2022 - 1 StR 484/21 -, Rn. 7 m. w. N.), lässt jedoch außer [X.], dass ein Nachweis nicht verbuchter Einnahmen durch eine Geldverkehrsrechnung nicht erbracht wird, wenn die ermittelten Beträge aus anderen Quellen stammen können (vgl. [X.], Urteil vom 8. September 1994 - [X.] -, Juris Rn. 25). Nach den Urteilsgründen enthielten die Überweisungsbeträge auch treuhänderisch nach [X.] weitergeleitete Einnahmen einzelner Prostituierter und Einnahmen Dritter aus Gastronomiebetrieben. In Anbetracht der starken, offensichtlich jahreszeitlich bedingten Schwankungen der Überweisungen kann auch nicht ohne Weiteres von einem stetig gleichbleibenden Anteil der Umsätze des eigenen Unternehmens an den Überweisungsbeträgen ausgegangen werden, der die Ableitung eines wirklichkeitsnahen Verhältnisses zwischen den Umsätzen in den unterschiedlichen Besteuerungszeiträumen ermöglichen würde. Dies hätte zumindest einer näheren Begründung bedürft.

Abgesehen davon sind die Faktoren nicht mit dem Verhältnis der Überweisungsbeträge, die auf einen [X.] entfallen, in Einklang zu bringen. Unter Berücksichtigung der Verschiebung der Umsätze auf den Folgemonat entfällt auf das Kalenderjahr 2018 die Summe von 111.400 Euro, auf das Kalenderjahr 2019 die Summe von 444.744 Euro, auf das erste Quartal 2020 die Summe von 33.205 Euro und auf das dritte Quartal 2020 die Summe von 59.000 Euro. Dies entspricht Anteilen von rund 0,17 (2018), 0,69 (2019), 0,05 (I/2020) und 0,09 ([X.]/2020) an der Gesamtsumme. Ohne Berücksichtigung der Verschiebung ergeben sich im [X.] die Summe von 87.000 Euro (0,14), im [X.] die Summe von 405.644 Euro (0,66), im ersten Quartal 2020 die Summe von 96.705 Euro (0,16) und im dritten Quartal 2020 die Summe von 20.900 Euro (0,03). In beiden Varianten sind die Anteile somit zum Teil höher, zum Teil aber auch merklich niedriger als die von der [X.] zu Grunde gelegten Faktoren.

Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil. Eine alternative Berechnung an Hand der nicht zu beanstandenden Grundannahmen der [X.] und einem sich daraus ergebenden monatlichen Umsatz von 23.000 Euro in allen Monaten von September 2018 bis März 2020 würde zwar für das [X.] und das erste Quartal 2020 zu einem höheren Hinterziehungsbetrag als von der [X.] festgestellt führen, aber für das [X.] zu einem erheblich niedrigeren Hinterziehungsbetrag.

Die in den Fällen 18, 19 und 20 verhängten Einzelstrafen können daher keinen Bestand haben.“

c) Die Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen II.2.4. und II.2.5. sowie – insoweit mit den zugehörigen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) – in den Fällen [X.] bis [X.] der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafen nach sich.

d) Die Einziehungsentscheidung erweist sich als rechtsfehlerhaft, soweit das [X.] die Einziehung des Wertes von [X.]n in Höhe von mehr als 7.650 € angeordnet hat.

aa) Ungeachtet der vom [X.] zurecht beanstandeten Schätzung der [X.] und damit der durch die Taten in den Fällen [X.] bis [X.] der Urteilsgründe bewirkten Steuerersparnis kann die Einziehungsentscheidung hinsichtlich des Wertes der [X.] in diesen Fällen schon deshalb keinen Bestand haben, weil das [X.] nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, dass die Angeklagten überhaupt eine Steuerersparnis hatten. Die Angeklagten hatten sich – dies hat die [X.] verkannt – zu einer offenen Handelsgesellschaft mit dem Zweck eines gemeinsamen Prostitutionsbetriebs zusammengeschlossen. Diese war Steuerschuldnerin (§ 13a Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) und nicht etwa die beiden Angeklagten als deren Gesellschafter. Eine Einziehungsanordnung wäre daher in den Fällen [X.] bis [X.] der Urteilsgründe gegen die Gesellschaft als Dritteinziehungsbeteiligte (§ 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB) zu richten gewesen (vgl. [X.], Beschluss vom 16. September 2020 – 1 [X.] Rn. 23; Urteil vom 10. Juli 2019 – 1 [X.] Rn. 56). Die Einziehung hat daher insoweit aus Rechtsgründen zu entfallen (§ 354 Abs. 1 StPO entsprechend).

bb) Demgegenüber hat das [X.] den Wert der von den Angeklagten in den Fällen [X.] und [X.] der Urteilsgründe für die Beschaffung von falschen Ausweispapieren vereinnahmten Beträge von insgesamt 7.650 € zurecht gemäß § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB bei diesen eingezogen. Diese Beträge sind den Angeklagten nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe unmittelbar persönlich zugeflossen (vgl. im Übrigen [X.], Beschluss vom 10. August 2021 – 1 StR 399/20 Rn. 38 und Urteil vom 28. November 2019 – 3 [X.], [X.]St 64, 234, Rn. 26 ff.).

cc) Die Einziehungsentscheidung ist, soweit sie Bestand hat, dahin zu ergänzen, dass die Angeklagten für den Einziehungsbetrag als Gesamtschuldner haften.

3. [X.] beruht auf § 473 Abs. 4, § 465 Abs. 2 StPO analog (vgl. [X.], Beschlüsse vom 25. Februar 2021 – 1 [X.] Rn. 6 ff. und vom 6. Oktober 2021 – 1 [X.] Rn. 9 ff.).

Jäger     

      

Bär     

      

Hohoff

      

Leplow     

      

Pernice     

      

Meta

1 StR 106/22

27.07.2022

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hanau, 6. Oktober 2021, Az: 5 KLs - 3330 Js 16618/19

§ 96 Abs 1 AufenthG, § 52 StGB, § 53 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.07.2022, Az. 1 StR 106/22 (REWIS RS 2022, 5542)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5542

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