Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.08.2009, Az. 1 StR 314/09

1. Strafsenat | REWIS RS 2009, 2052

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] vom 19. August 2009 in der Strafsache gegen wegen Steuerhehlerei u.a. - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 19. August 2009 beschlos-sen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 10. März 2009 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Steuerheh-lerei in zehn Fällen, jeweils in Tateinheit mit Steuerhinterziehung, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigespro-chen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner [X.], mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). 1 Ergänzend zu den Ausführungen des [X.] in seiner An-tragsschrift bemerkt der Senat zur Verurteilung des Angeklagten wegen ge-werbsmäßiger Steuerhehlerei gemäß § 374 [X.]: 2 - 3 - Zwar tragen die insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen den Schuldspruch. Jedoch hält die Bestimmung des Umfangs der bei der Einfuhr der verfahrensgegenständlichen Zigaretten in die [X.] verkürzten Einfuhrabgaben rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Senat schließt allerdings angesichts der Ausführungen der [X.] zur Strafzu-messung aus, dass das [X.] bei zutreffender Bestimmung der [X.] auf geringere Einzelstrafen oder eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte. 3 a) Das [X.] hat im Rahmen der Bestimmung der bei der Einfuhr der Zigaretten, die Gegenstand der von dem Angeklagten begangenen Steuer-hehlerei waren, in die [X.] hinterzogenen Einfuhrum-satzsteuer fälschlich die Hinterziehung [X.] Einfuhrumsatzsteuer [X.] gelegt. Es hat dabei nicht [X.]ücksichtigt, dass die nach den Feststellungen im Jahr 2007 aus der [X.] Exklave [X.] (Königs[X.]g) ü[X.] [X.] und [X.] nach [X.] verbrachten Zigaretten der Marke —[X.] be-reits in [X.] unter Verkürzung der Einfuhrabgaben in das Zollgebiet der [X.] eingeführt worden waren. Denn [X.] gehörte [X.] wie [X.] [X.]eits seit dem 1. Mai 2004 zur [X.]. Somit war die gemäß § 374 Abs. 2 [X.] aF maßgebliche Einfuhrumsatzsteuer nicht nach [X.], sondern nach litauischem Recht zu bestimmen (vgl. auch [X.] in [X.]/Gast/[X.], Steuerstrafrecht 7. Aufl. § 370 Rdn. 27, 28a, sowie [X.], Die Auswirkungen der Osterweiterung der [X.] auf das [X.] Steuerstrafrecht, in: Festschrift für [X.] zum [X.], 2009, [X.], 454 ff.). Damit betrug die Einfuhrumsatzsteuer gemäß Art. 2 Abs. 27 i.V.m. Art. 2 Abs. 7 und Art. 3 Abs. 2 des [X.] der Republik [X.] Nr. [X.] vom 5. März 2002 18 Prozent und somit 4 Prozentpunkte weniger als der vom [X.] zugrunde gelegte [X.] 4 - 4 - Steuersatz von 22 Prozent. Erst mit Wirkung vom 1. Januar 2009 wurde der Einfuhrumsatzsteuersatz auf 19 Prozent erhöht ([X.] vom 23. Dezem[X.] 2008). b) Rechtsfehlerhaft ist auch die Bestimmung der Bemessungsgrundlage der Einfuhrumsatzsteuer durch die [X.]. Zum einen hat sie in die Be-messungsgrundlage statt der [X.] die [X.] Tabaksteuer ein[X.]ech-net, die im Tatzeitraum höher war als die der Republik [X.]. Zum anderen hält die Bestimmung des [X.] der Zigaretten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 5 Zwar ist das [X.] im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass zur Steuerbemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer neben den auf-grund der Einfuhr geschuldeten Steuern (mit Ausnahme der zu erhebenden Mehrwertsteuer) der Betrag gehört, der durch die geltenden [X.]svor-schriften als Zollwert bestimmt ist (vgl. Art. 85, 86 der Richtlinie 2006/112/[X.] vom 28. Novem[X.] 2006 ü[X.] das gemeinsame Mehrwertsteuersys-tem; [X.] [X.] Nr. L 347 S. 1, [X.]. [X.] [X.] 2007 Nr. L 335 S. 60 - Mehrwertsteu-ersystemrichtlinie - sowie Art. 93 des [X.] der Republik [X.] Nr. [X.] vom 5. März 2002). Das [X.] hat jedoch den Zollwert nicht rechtsfehlerfrei nach den Vorschriften des [X.] ([X.]) festgestellt. Hierzu hat der [X.] zutreffend ausgeführt: 6 —Die Ermittlung des [X.] nach den Art. 29 ff. [X.] ist [X.], die der Tatrichter selbst vorzunehmen hat. Kommt bei geschmuggelter Ware, für die es im Rahmen der [X.] keinen legalen Markt gibt, zur Bestim-mung des [X.] nur die Schlussmethode nach Art. 31 [X.] in Betracht, muss der Tatrichter in den Urteilsgründen grundsätzlich zum Ausdruck bringen, ob und gegebenenfalls auf welcher Grundlage er eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen vor-genommen hat. Die Angaben der Finanzverwaltung darf er nur - 5 - ü[X.]nehmen, wenn er diese eigenverantwortlich nachgeprüft hat und von ihrer Richtigkeit auch unter Zugrundelegung strafrechtli-cher Verfahrensgrundsätze ü[X.]zeugt ist (st. Rspr., vgl. nur [X.], 348; [X.], 346). Gemessen daran ge-nügt der Verweis der [X.] auf eine Dienstvorschrift des [X.] ([X.]) den Anforderungen nicht. Dies gilt umso mehr, als die [X.] den Zollwert bei der Berech-nung der [X.]n Einfuhrumsatzsteuer anders veranschlagt als bei der Berechnung der hinterzogenen Zölle ([X.]), was mit einem einheitlichen Außenzoll für das gesamte [X.] nicht zu vereinbaren ist.fi Rechtsfehlerhaft ist insbesondere die Würdigung der [X.], ein als Zeuge gehörter erfahrener Zollbeamter habe —glaubhaft, weil in sich schlüssig und plausibel, bekundet, der sog. Zollwert sei vorgegeben und folge aus einer Dienstvorschrift des [X.] ([X.]). Hieraus ergibt sich, dass dem [X.] nicht bewusst war, dass es im Wege der Rechtsanwendung den Zollwert nach den Vorschriften der Art. 29 ff. [X.] selbst ermitteln und, wenn er-forderlich, eigenverantwortlich schätzen muss. Die bloße Wiedergabe von [X.], die Finanzbeamte zur Behandlung steuerlicher Fragen gemacht haben, macht die eigene Rechtsanwendung des Tatgerichts nicht entbehrlich (vgl. [X.], 308, 309; 2003, 266, 269; zur Stellung des Finanzbeamten im Steuerstrafverfahren vgl. auch [X.] in [X.] für [X.], 2002, [X.] ff.). 7 Den Urteilsgründen kann hier zwar noch entnommen werden, dass eine Zollwertbestimmung nach Art. 29 [X.] und Art. 30 [X.] nicht in Betracht kam. [X.] war der Transaktionswert der Zigaretten, d.h. der Schwarzmarktim-portpreis, nicht bekannt, was einer Anwendung des Art. 29 [X.] entgegenstand. Dies erlaubte jedoch nicht die ungeprüfte Ü[X.]nahme von —als vorgegebenfi be-zeichneten Werten der Zollverwaltung. Vielmehr hatte das Tatgericht den Zoll-wert gemäß Art. 31 Abs. 1 [X.] nach der Schlussmethode auf der Grundlage von 8 - 6 - in der [X.] verfügbaren Daten zu bestimmen (vgl. dazu [X.] 453). Insoweit können Preislisten und Preisangebote für Lieferun-gen in das Zollgebiet der [X.] geeignete Bewertungsgrundlagen sein, um den Zollwert nach Maßgabe des Art. 31 [X.] zu ermitteln (vgl. [X.], Zollkodex 5. Aufl. Art. 31 Rdn. 4). Sind für die eingeführten Zigaretten solche Bewertungsgrundlagen nicht vorhanden, kann die vorzunehmende Schätzung am üblichen Importpreis für Markenzigaretten des unteren Preissegments an-setzen (zum Kleinverkaufspreis bei der Tabaksteuer[X.]echnung vgl. Senat, [X.]. vom 20. Novem[X.] 2008 - 1 StR 546/08 - Rdn. 11). Anknüpfungspunkte für die Schätzung können bei Fehlen besserer Erkenntnisse auch die vom [X.] festgesetzten —[X.] sein (vgl. [X.], 348; siehe auch [X.] in Dorsch, Zollrecht, Stand 118. Lfg. Januar 2009, Art. 31 [X.] Rdn. 6). Auch solche Wertansätze der Finanzverwaltung, bei denen abgestuft nach der Menge der eingeführten Zigaretten feste Zollwerte zugrunde gelegt werden, dürfen, wenn - wie hier - der tatsächlich für die [X.] gezahlte Preis nicht nachgewiesen werden kann, a[X.] nur dann in das Strafverfahren ü[X.]nommen werden, wenn das Tatgericht von ihrer Richtigkeit auch bei Zugrundelegung der strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze unter Be-rücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ü[X.]zeugt ist (st. Rspr., vgl. nur [X.], 308, 309 m.w.N.). 9 c) Der Senat kann trotz der aufgezeigten Rechtsfehler - in Ü[X.]einstim-mung mit der Wertung des [X.] - im Hinblick auf die zutref-fende Feststellung des Umfangs der Hinterziehung [X.]r Tabaksteuer, der in allen Fällen die weitaus größte Schadensposition bildet, des vom [X.] vorgenommenen —[X.] und der von der [X.] [X.] gelegten Maßstäbe bei der Strafzumessung ([X.]) ausschließen, dass das [X.] bei fehlerfreier Bestimmung der Einfuhrabgaben für das als - 7 - tateinheitlich begangen ausgeurteilte Delikt der gewerbsmäßigen Steuerhinter-ziehung auf niedrigere Einzelstrafen oder eine geringere Gesamtstrafe erkannt hätte. RiBGH Hebenstreit und RiBGH Dr. Graf befinden sich in Urlaub und sind deshalb an der Unterschrift verhindert. [X.]Wahl [X.] [X.]

Meta

1 StR 314/09

19.08.2009

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.08.2009, Az. 1 StR 314/09 (REWIS RS 2009, 2052)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2052

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 StR 461/06 (Bundesgerichtshof)


5 StR 549/06 (Bundesgerichtshof)


5 StR 372/06 (Bundesgerichtshof)


1 StR 530/15 (Bundesgerichtshof)

Steuerstrafrecht: Konkurrenzverhältnis zwischen Steuerhinterziehung und Steuerhehlerei bei der Einfuhr von Tabakwaren aus dem europäischen Ausland; …


1 StR 282/17 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.