Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2007, Az. 5 StR 549/06

5. Strafsenat | REWIS RS 2007, 4223

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5 [X.][X.] vom 19. April 2007 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen [X.] u. a. - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 19. April 2007 beschlossen: 1. Der Angeklagten [X.]

wird auf ihre Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die [X.] der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 28. Juni 2006 gewährt. 2. Auf Antrag des [X.] wird das Verfahren hinsichtlich der Fälle II. 6 Buchstabe a bis g der Gründe des vorgenannten Urteils gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Insoweit trägt die St[X.]tskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten. 3. Auf die Revisionen der Angeklagten [X.]und [X.] wird das vorbezeichnete Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO a) im Schuldspruch dahin geändert, dass [X.]) der Angeklagte [X.]des unerlaubten

Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht

geringer Menge in vier Fällen, davon in drei [X.]

len in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Be-

täubungsmitteln in nicht geringer Menge, und der

[X.], [X.]) die Angeklagte [X.] der Beihilfe

zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäu- - 3 - bungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei

Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit

Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäu-

bungsmitteln in nicht geringer Menge, und der

Beihilfe zur [X.] schuldig sind, sowie b) auf Antrag des [X.] gemäß § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO in den [X.] dahin abgeändert, dass [X.]) die gegen den Angeklagten [X.]

verhängte Gesamtfreiheitsstrafe auf fünf Jahre

und zehn Monate, [X.]) die gegen die Angeklagte [X.]

verhängte Gesamtfreiheitsstrafe auf drei Jahre

herabgesetzt werden. 4. Die weitergehenden Revisionen werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. 5. Die Angeklagten tragen die weiteren Kosten ihrer Revisionen, jedoch wird die Gebühr jeweils um ein Fünftel ermäßigt. Jeweils ein Fünftel der im Revisions-verfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen und notwendigen Auslagen der Angeklagten trägt die St[X.]tskasse. - 4 - [X.]n d e
Das [X.] hat den Angeklagten [X.] wegen [X.] Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen [X.] in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und vier Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagte [X.] hat es wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen Beihilfe zur [X.] in zwei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verhängt. Die Revisionen der Angeklagten führen [X.] nach [X.] des Verfahrens [X.] zu der aus dem Beschlusstenor ersichtli-chen Herabsetzung der [X.]. Im Übrigen sind sie aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] vom 8. Februar 2007 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 1. Soweit das [X.] im [X.] 6 der Urteilsgründe den Angeklagten [X.] wegen [X.] in sieben Fällen und die Angeklagte [X.]wegen Beihilfe zur [X.] verurteilt hat, stellt der [X.] das Verfahren auf Antrag des [X.] gemäß § 154 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO ein, denn die Urteilsfeststellun-gen enthalten keine ausreichende Grundlage für eine revisionsgerichtliche Nachprüfung der bei der Einfuhr der verfahrensgegenständlichen Zigaretten in die [X.] entstandenen Einfuhrabgaben. Eine Auf-hebung des Urteils in diesen Fällen und Zurückverweisung der Sache an das [X.], um dem Tatrichter neue, tragfähige Feststellungen zu ermögli-chen, ist angesichts der seit den Taten im Jahr 2002 verstrichenen [X.] nicht angezeigt. Die insoweit verhängten Einzelstrafen fallen neben der Höhe der verbleibenden und von dem Rechtsfehler nicht betroffenen Einzelstrafen nicht beträchtlich ins Gewicht. 2 - 5 - a) Nach den Urteilsfeststellungen hatte sich der Angeklagte [X.] gegenüber [X.] Auftraggebern bereit erklärt, in [X.] in das Zollgebiet der [X.] verbrachte [X.] und unversteuerte Zigaretten, die zur Tarnung in mit Papier umwickelten Wachs-zylindern eingegossen waren, mit Fahrzeugen der von ihm betriebenen [X.]und [X.]GmbH von [X.] nach [X.] zu bringen. Für jede Fahrt sollte er einen Betrag von 12.000 Euro erhalten, der sich aus einem Euro pro geschmuggelter Stange Zigaretten errechnete. In Ausführung dieser Vereinbarung ließ der Angeklagte im [X.]raum von Mai bis August 2002 jeweils 2,4 Millionen, im [X.] Urteilsgründe 2.478.000 [X.] und unversteuerte Zigaretten der Marke —[X.] von [X.] nach [X.] bringen. Im Fall II. 6 Buchstabe d der Ur-teilsgründe wurde der Angeklagte [X.] von der Angeklagten [X.]

D. unterstützt, die vom Büro der Firma aus dem Fahrer des Lkw telefonisch Anweisungen zur Durchführung des Transports übermittelte. 3 4 Als Hinterziehungsschaden hat das [X.] jeweils eine aus Zoll, [X.] Tabaksteuer und [X.] Einfuhrumsatzsteuer zusammenge-setzte Summe von 221.064,42 Euro errechnet, im [X.] Urteilsgründe von 228.765,26 Euro. Es hat dabei neben der Stückzahl und dem Zollsatz der Zigaretten jeweils auch deren Zollwert sowie den [X.] und die Höhe der [X.] Einfuhrumsatzsteuer angegeben. Den Zollwert hat die [X.] durch Multiplikation der [X.] zu je 20 Zigaretten mit einem Faktor von 0,3038798 berechnet; zu dessen Höhe hat das [X.] auf eine nicht näher bezeichnete, im Urteil nicht enthaltene Tabelle Bezug genommen. Die Höhe der [X.] Tabaksteuer hat die [X.] ohne Nennung spa-nischer Steuernormen unter bloßem Hinweis darauf, dass es sich um einen —[X.] handele, mit einem Betrag von 161.164,00 Euro pro Fall angegeben, im [X.] Urteilsgründe von 166.918,08 Euro. Dass die Angeklagten die Richtigkeit der Höhe der [X.] hätten, ist nicht mitgeteilt. - 6 - b) Aufgrund dieser Feststellungen ist es für den [X.] nicht nachprüf-bar, ob das [X.] von zutreffenden Besteuerungsgrundlagen [X.] ist und den [X.] aufgrund eigener Feststellungen zutref-fend ermittelt hat (vgl. [X.]R [X.] § 370 Abs. 1 Berechnungsdarstellung 9; [X.] NStZ 2005, 552, 560 und [X.], 477, 479 ff. m.w.N.). 5 [X.]) Es begegnet bereits erheblichen Bedenken, dass das [X.] die der Berechnung der verkürzten Einfuhrabgaben zugrundeliegenden Nor-men des [X.] und der [X.] Steuergesetze im Urteil nicht [X.] hat. Denn schon dies lässt hier besorgen, das [X.] habe die Anwendung steuerrechtlicher Vorschriften auf den festgestellten Sachverhalt nicht selbst vorgenommen, sondern lediglich Berechnungen der Finanzver-waltung ungeprüft übernommen. Solches wäre aber rechtsfehlerhaft (st. Rspr.; vgl. nur [X.], 302; [X.]R [X.] § 370 Abs. 1 Berechnungs-darstellung 10). Steuerstrafrecht ist Blankettstrafrecht. Der Unterschied zu anderen Straftatbeständen liegt darin, dass erst das Blankettstrafgesetz und die blankettausfüllenden Normen zusammen die maßgebliche Strafvorschrift bilden. Deshalb muss sich der im Steuerstrafverfahren tätige [X.] selbst mit den blankettausfüllenden Normen des materiellen Steuerrechts befassen und diese auf den Einzelfall anwenden (vgl. [X.] [X.], 477 m.w.N.). Werden Blankettstraftatbestände [X.] wie in den Fällen des § 370 Abs. 6 [X.] und des § 374 Abs. 2 [X.] [X.] nicht nur durch [X.] Steuergesetze und die Vorschriften des [X.], sondern auch durch Verbrauchsteuergesetze anderer Mitgliedst[X.]ten der [X.]en ausgefüllt (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 1. Februar 2007 [X.] 5 [X.], zur Veröffentli-chung in [X.]R bestimmt; [X.] wistra 2001, 62, 63), gilt nichts anderes. Hier hat die [X.] indes offen gelassen, welche [X.] Steuernormen sie angewandt hat. Hinsichtlich der von ihr der Verurteilung zugrunde [X.] hat sie lediglich auf einen nicht näher bezeichneten —[X.] nach [X.] Recht verwiesen. 6 - 7 - [X.]) Jedenfalls ist es für die Feststellung der Bemessungsgrundlagen nicht ausreichend, dass sich das [X.] bei der Berechnung der [X.] mit der pauschalen Angabe begnügt hat, der für die Bestimmung des [X.] maßgebende —Faktor aus dem [X.] Steuerrechtfi betrage —laut [X.] 0,3038798 pro Schachtel Zigaretten ([X.] f.). Denn der Zollwert von Zigaretten ist nach Maßgabe der Art. 29 ff. Zollkodex [X.] regelmäßig auf der Grundlage des von den Umständen des Einzelfalls ab-hängigen Transaktionswerts [X.] vom Tatrichter selbst zu ermitteln. Selbst wenn dieser Wert einem Erlass [X.] Finanzbehörden entnommen worden sein sollte, darf er nicht ungeprüft in das Steuerstrafverfahren über-nommen werden. Insoweit gilt bei der [X.] nichts anderes als für die entsprechenden Erlasse des Bundesministers der Finanzen in der [X.] (vgl. [X.]R [X.] § 370 Abs. 1 Berechnungsdar-stellung 10; [X.] wistra 2004, 348, 349). Wenn die Besteuerungsgrundlagen nicht ermittelt werden können, sind sie unter Beachtung der vom [X.] abweichenden strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze (§ 261 StPO) vom Tatrichter selbst zu schätzen. Daher muss das Tatgericht in den Urteilsgründen zum Ausdruck bringen, ob und gegebenenfalls auf welcher Grundlage es eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen vorgenommen hat. Die Übernahme einer Schätzung der Finanzbehörden kommt nur in [X.], wenn der Tatrichter diese eigenverantwortlich nachgeprüft hat und von ihrer Richtigkeit auch bei Zugrundelegung der strafrechtlichen Verfah-rensgrundsätze überzeugt ist (st. Rspr.; vgl. nur [X.]R [X.] § 370 Abs. 1 Be-rechnungsdarstellung 10). 7 2. Der Wegfall der Einzelstrafen im [X.] 6 der Urteilsgründe erfordert hier die Aufhebung der [X.] und eine angemes-sene Herabsetzung der vom [X.] verhängten Gesamtfreiheitsstrafen. Der [X.] kann die vom [X.] festgesetzten Gesamtstrafen analog § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO durch Beschluss selbst herabsetzen (vgl. [X.]R StPO § 354 Abs. 1a Verfahren 3). Denn Sinn dieser Regelung ist auch die Beschleunigung des Verfahrens (vgl. [X.]R StPO § 354 Abs. 1a Satz 2 [X.] - 8 - absetzung 1 und § 354 Abs. 1a Verfahren 3), zumal wenn [X.] wie hier [X.] die Taten bereits länger zurückliegen. Gemäß dem Antrag des Generalbundes-anwalts vom 23. März 2007 reduziert der [X.] die vom [X.] ver-hängten Gesamtfreiheitsstrafen auf fünf Jahre und zehn Monate ([X.] ) und auf drei Jahre ([X.]

D. ). Der Umfang der Herabset-zung trägt sowohl den durch die Einstellung weggefallenen Tatvorwürfen als auch der Verfahrensdauer und dem [X.]ablauf seit Tatbegehung angemes-sen Rechnung. Eine weitergehende Herabsetzung der Gesamtfreiheitsstra-fen kommt im Hinblick auf die von der [X.] nicht betroffenen Ein-zelstrafen, darunter die gewichtigen Einsatzstrafen von vier Jahren ([X.] ) bzw. zwei Jahren und sechs Monaten ([X.] D. ) bei [X.] einer weiteren Einzelfreiheitsstrafe in gleicher Höhe, nicht in Betracht. [X.] Raum [X.]

Meta

5 StR 549/06

19.04.2007

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2007, Az. 5 StR 549/06 (REWIS RS 2007, 4223)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4223

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