Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.10.2015, Az. 5 AZR 843/14

5. Senat | REWIS RS 2015, 3616

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Gegenstand

Annahmeverzug - Unvermögen


Leitsatz

Ein vom Auftraggeber oder Kunden unter Berufung auf vertragliche Pflichten an den Arbeitgeber gerichtetes Verbot, einen bestimmten Arbeitnehmer einzusetzen, begründet grundsätzlich kein Unvermögen (§ 297 BGB) dieses Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung zu erbringen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 29. Oktober 2014 - 17 [X.]/14 - in seiner Ziff. [X.] aufgehoben und die Berufung des [X.] gegen das Teilurteil des [X.] vom 29. November 2013 - 31 [X.] - auch insoweit zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 29. Oktober 2014 - 17 [X.]/14 - zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die in Ziff. I.2. zugesprochenen Zinsen erst ab dem jeweils 16. der genannten Monate zu zahlen sind.

3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger zu 24 % und die Beklagte zu 76 %, die des Berufungsverfahrens der Kläger zu 9 % und die Beklagte zu 91 % sowie des Revisionsverfahrens der Kläger zu 2 % und die Beklagte zu 98 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs.

2

Der Kläger ist seit 2005 als Fluggastkontrolleur/[X.]icherheitsmitarbeiter bei der [X.] beschäftigt und wird auf dem [X.] eingesetzt. [X.]ein [X.] betrug zuletzt 11,88 [X.] bzw. - ab 1. Jan[X.]r 2013 - 12,25 [X.]. Bei seiner Tätigkeit nimmt der Kläger zugleich als Beliehener Aufgaben nach § 5 Abs. 1 bis Abs. 4 Luftsicherheitsgesetz vom 11. Jan[X.]r 2005 ([X.]) wahr (sog. Luftsicherheitsassistent).

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag vom 24. Jan[X.]r 2005, in dem es [X.]. heißt:

„§ 16 Beschäftigungsvoraussetzung

16.1 Der Mitarbeiter ist verpflichtet, Aufgaben gemäß § 29c des [X.] wahrzunehmen. Voraussetzung für die Erledigung dieser Tätigkeit ist eine Beleihung durch das [X.] bzw. die zuständige Fachbehörde. Der Mitarbeiter stimmt einer solchen Bestellung zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben ausdrücklich zu. Im Rahmen der Bestellung unterliegt er neben dem Weisungsrecht durch die Vorgesetzten auch der Aufsicht des [X.] bzw. der zuständigen Fachbehörde.

16.2 Dem Mitarbeiter ist bekannt, dass eine Beschäftigungsmöglichkeit besteht, so lange die Beleihung nicht zurückgenommen bzw. widerrufen ist. Die Beleihung kann durch das [X.] bzw. die zuständige Fachbehörde zurückgenommen oder widerrufen werden, wenn

- nachträglich Umstände bekannt werden, bei deren Kenntnis eine Bestellung nicht vorgenommen wäre,

- die geforderten Voraussetzungen für die Bestellung in der Person des Mitarbeiters weggefallen sind oder wegfallen,

- Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass der Mitarbeiter für die Aufgabenstellung ungeeignet ist.

16.3 Wird die Beleihung durch das [X.] bzw. die zuständige Fachbehörde zurückgenommen oder widerrufen, ist [X.] berechtigt, das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen.“

4

Nachdem der Kläger von einer Kollegin beschuldigt worden war, im Dienst [X.]traftaten begangen zu haben, wandte sich die Bundespolizeidirektion [X.] mit [X.]chreiben vom 29. Juni 2012 an die Beklagte und teilte ihr [X.]. mit:

„Unbeachtlich Ihrer eigenen arbeitsrechtlichen Maßnahmen ist [X.] mit sofortiger Wirkung gemäß § 9 Abs. 1 des geltenden Überbrückungsvertrags vom 12. März 2012 i.V.m. der Anlage 1 zum Leistungsverzeichnis (Richtlinien über die Anforderungen an LuftAss zum Vollzug des § 5 [X.] auf [X.] Flughäfen) bis auf Weiteres nicht mehr als LuftAss einzusetzen.“

5

Unter Verweis auf dieses [X.]chreiben und § 16 Arbeitsvertrag suspendierte die Beklagte den Kläger mit [X.]chreiben vom 29. Juni 2012 „bis auf Weiteres“ vom Dienst. Nach Gewährung von Urlaub stellte sie ab August 2012 die Gehaltszahlung ein.

6

Die Gemeinsame Obere Luftfahrtbehörde [X.]-Brandenburg ordnete, sofort vollziehbar, mit Bescheid vom 2. Juli 2012 eine Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 [X.] an und versagte dem Kläger den Zugang zu den nicht allgemein zugänglichen Bereichen der [X.]er Verkehrsflughäfen. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Auf seinen Antrag stellte das [X.] mit Beschluss vom 6. August 2012 (- VG 10 L 377/12 -) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wieder her. Dies teilte der Kläger noch am selben Tag der [X.] mit und forderte sie auf, ihn wieder zu beschäftigen. Das lehnte die Beklagte ab.

7

Die gegen den Kläger geführten strafrechtlichen Ermittlungen stellte die [X.]taatsanwaltschaft gemäß § 170 Abs. 2 [X.]tPO ein. Die Bundespolizeidirektion [X.] hob mit [X.]chreiben an die Beklagte vom 26. Juli 2013 „den angeordneten [X.] als LuftAss“ mit sofortiger Wirkung auf. [X.]eit dem 10. August 2013 wird der Kläger wieder an seinem alten Arbeitsplatz beschäftigt.

8

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung mit [X.]chreiben vom 30. November 2012 hat der Kläger mit der am 27. März 2013 eingereichten Klage - soweit für die Revision von Belang - Vergütung wegen Annahmeverzugs für die [X.] vom 7. August 2012 bis zum 31. Juli 2013 verlangt. Die Beklagte habe sich im Annahmeverzug befunden. Nach Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Gemeinsamen Oberen Luftfahrtbehörde [X.]-Brandenburg habe er die geschuldete Tätigkeit wieder ausüben dürfen und können. Das Verlangen der Bundespolizeidirektion [X.] gegenüber der [X.], ihn nicht als Luftsicherheitsassistenten einzusetzen, sei kein Beschäftigungsverbot und führe nicht zu einem Unvermögen i[X.]v. § 297 BGB. Zumindest habe die Beklagte es pflichtwidrig unterlassen, nach der Entscheidung des [X.] bei der Bundespolizeidirektion eine Aufhebung der Anordnung zu erwirken. Für den Annahmeverzugszeitraum schulde die Beklagte Vergütung entsprechend den von ihr für den Kläger geplanten Einsätzen, eine Gratifikation von monatlich 100,00 [X.] brutto und [X.]gutschriften auf dem Arbeitszeitkonto, das nach dem (Haus-)Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung vom 10. Febr[X.]r 2012 (im Folgenden TV B[X.]) für ihn geführt werde.

9

Der Kläger hat zuletzt - soweit für die Revision von Belang - sinngemäß beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn [X.] [X.] brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter [X.]taffelung zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.300,00 [X.] brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter [X.]taffelung zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, seinem Arbeitszeitkonto 48 [X.]tunden gutzuschreiben.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie habe sich nicht im Annahmeverzug befunden, weil der Kläger aufgrund der Anweisung der Bundespolizeidirektion nicht als Luftsicherheitsassistent habe eingesetzt werden dürfen. Das Risiko eines solchen Verbots müsse sie nicht tragen. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit habe nicht bestanden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - durch Teilurteil abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.]n ist im Wesentlichen unbegründet. Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass sich die [X.] im Streitzeitraum 7. August 2012 bis 31. Juli 2013 im Annahmeverzug befunden hat. Doch ist die Klage auf Zeitgutschrift unzulässig.

[X.] Die Klage auf Zeitgutschrift ist mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig.

1. Der Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“, ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können, und das Leistungsbegehren konkretisiert, an welcher Stelle des [X.] die Gutschrift erfolgen soll ([X.] 19. März 2014 - 5 [X.] - Rn. 10 mwN).

2. Diesen Anforderungen genügt der Klageantrag zu 3. nicht. Das Vorbringen des [X.] lässt nicht erkennen, wie das Arbeitszeitkonto gestaltet ist und an welcher Buchungsstelle die Gutschrift vorgenommen werden soll.

Soweit der Kläger auf den rechtlichen Hinweis des Senats mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2015 vorbringt, das von der [X.]n für den Kläger geführte Arbeitszeitkonto weise „keine Differenzierungen hinsichtlich etwaiger Buchungsspalten“ auf, handelt es sich um neuen Sachvortrag in der Revisionsinstanz, der nach § 559 Abs. 1 ZPO nicht berücksichtigt werden kann. Zudem muss ein „Konto“ per definitionem mindestens zwei Spalten haben, in denen Soll und Haben festgehalten werden.

3. Der Senat braucht deshalb nicht zu entscheiden, ob es eine in der Revisionsinstanz nach § 559 Abs. 1 ZPO grundsätzlich unzulässige Klageänderung (vgl. hierzu [X.] 22. Oktober 2014 - 5 [X.] 731/12 - Rn. 36 mwN, [X.]E 149, 343) ist, wenn der Kläger sich nunmehr erstmals auf ein Arbeitszeitkonto nach einer Betriebsvereinbarung vom 26. Februar 2014 ([X.]) beruft, während er in den Vorinstanzen den Antrag auf Zeitgutschrift auf ein Arbeitszeitkonto nach dem [X.] gestützt hat. Ebenso kann offenbleiben, ob „Gutstunden“ aus dem Annahmeverzugszeitraum noch auf dem jetzigen Arbeitszeitkonto gebucht werden könnten, obwohl § 2 Nr. 5 [X.] eine Auszahlung des Zeitguthabens am Jahresende vorsieht.

I[X.] Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet. Der Kläger hat nach § 615 Satz 1 BGB iVm. § 611 Abs. 1 BGB Anspruch auf die Vergütung, die er erhalten hätte, wenn die [X.] im Streitzeitraum seine Arbeitsleistung angenommen hätte. Denn die [X.] befand sich im Annahmeverzug.

1. Der Arbeitgeber kommt gemäß § 293 BGB in Annahmeverzug, wenn er im erfüllbaren Arbeitsverhältnis (zum rückwirkend begründeten vgl. [X.] 19. August 2015 - 5 [X.] 975/13 - Rn. 22 f.) die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung tatsächlich anbieten, § 294 BGB ([X.] 25. Februar 2015 - 1 [X.] 642/13 - Rn. 41; 25. Februar 2015 - 5 [X.] 886/12 - Rn. 41). Ein wörtliches Angebot (§ 295 BGB) genügt, wenn der Arbeitgeber ihm erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen ([X.] 25. Februar 2015 - 1 [X.] 642/13 - Rn. 41; 25. Februar 2015 - 5 [X.] 886/12 - Rn. 41). Streiten die Parteien über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses, genügt ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers. Dieses kann darin liegen, dass der Arbeitnehmer gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses protestiert und/oder eine Bestandsschutzklage einreicht ([X.] 15. Mai 2013 - 5 [X.] 130/12 - Rn. 22). Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung ist die Rechtsprechung des [X.] davon ausgegangen, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 BGB entbehrlich ([X.] 22. Februar 2012 - 5 [X.] 249/11 - Rn. 14, [X.]E 141, 34; 19. September 2012 - 5 [X.] 627/11 - Rn. 28, [X.]E 143, 119; 15. Mai 2013 - 5 [X.] 130/12 - Rn. 22). Zudem kann ein Angebot der Arbeitsleistung ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn offenkundig ist, dass der Arbeitgeber auf seiner Weigerung, die geschuldete Leistung anzunehmen, beharrt ([X.] 16. April 2013 - 9 [X.] 554/11 - Rn. 17; 24. September 2014 - 5 [X.] 611/12 - Rn. 22 mwN, [X.]E 149, 144; BGH 9. Oktober 2000 - II [X.] - zu 1 der Gründe), insbesondere er durch einseitige Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit auf das Angebot der Arbeitsleistung verzichtet hat ([X.] 15. Mai 2013 - 5 [X.] 130/12 - Rn. 25; 26. Juni 2013 - 5 [X.] 432/12 - Rn. 18).

Der Kläger hat der [X.]n nach der Entscheidung des [X.] seine Arbeitsleistung wörtlich angeboten.

2. Der Annahmeverzug der [X.]n ist nicht gemäß § 297 BGB ausgeschlossen.

a) Nach dieser Vorschrift kommt der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die Leistungsfähigkeit ist - neben dem Leistungswillen - eine vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten [X.] vorliegen muss ([X.] 22. Februar 2012 - 5 [X.] 249/11 - Rn. 16, [X.]E 141, 34; 24. September 2014 - 5 [X.] 611/12 - Rn. 17, [X.]E 149, 144). Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht freigestellt worden ist. Deren Aufhebung bedeutet zwar einen Verzicht des Arbeitgebers auf das Angebot der Arbeitsleistung. Jedoch muss der Arbeitnehmer zur Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung fähig sein, ein Absehen von den Erfordernissen des § 297 BGB bedarf der ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien ([X.] 15. Mai 2013 - 5 [X.] 130/12 - Rn. 26 mwN).

Unerheblich ist die Ursache für die Leistungsunfähigkeit des Arbeitsnehmers. Das Unvermögen kann auf tatsächlichen Umständen (wie zB Arbeitsunfähigkeit) beruhen oder ihre Ursache im Rechtlichen haben, etwa wenn ein gesetzliches Beschäftigungsverbot besteht (zu den Anforderungen hierfür [X.] 18. März 2009 - 5 [X.] 192/08 - Rn. 15, [X.]E 130, 29) oder eine erforderliche Erlaubnis für das Ausüben der geschuldeten Tätigkeit fehlt ([X.] 6. März 1974 - 5 [X.] 313/73 - zu I 1 der Gründe - Wegfall der Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs; 18. Dezember 1986 - 2 [X.] 34/86 - zu [X.] 2 der Gründe - Entzug der Fahrerlaubnis eines als Auslieferungsfahrer beschäftigten Arbeitnehmers; 15. Juni 2004 - 9 [X.] 483/03 - zu I 2 der Gründe, [X.]E 111, 97 - fehlende bergrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung; 10. April 2014 - 2 [X.] 812/12 - Rn. 27 ff. - Entzug der [X.] einer Gemeindereferentin; 27. Mai 2015 - 5 [X.] 88/14 - Rn. 17 - Entzug der Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen nach [X.]; 23. September 2015 - 5 [X.] 146/14 - Rn. 15 ff. - Entzug der für eine Tätigkeit bei den [X.] erforderlichen Einsatzgenehmigung; siehe auch die Beispiele bei [X.]/[X.] 6. Aufl. § 615 Rn. 30; [X.]/[X.] 6. Aufl. § 615 BGB Rn. 55).

b) Nach diesen Grundsätzen war dem Kläger die Erbringung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit als [X.]ur/Sicherheitsmitarbeiter weder tatsächlich noch rechtlich unmöglich.

aa) Im Tatsächlichen setzt die Ausübung der Tätigkeit in der [X.] voraus, dass der Kläger die sicherheitsrelevanten Bereiche des [X.] im Streitzeitraum betreten durfte, um an seinen Arbeitsplatz zu gelangen. Das war nach der Entscheidung des [X.] vom 6. August 2012, mit der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des [X.] gegen den Bescheid der [X.] vom 2. Juli 2012 wiederhergestellt wurde, der Fall.

bb) In rechtlicher Hinsicht erfordert die Ausübung der vom Kläger geschuldeten (und damit iSv. § 294 BGB zu bewirkenden) Arbeitsleistung - wie in § 16 Arbeitsvertrag festgehalten - eine Beleihung als Luftsicherheitsassistent. Auch daran fehlte es im Streitzeitraum nicht. Weder die [X.] noch die [X.] haben von der Möglichkeit des Widerrufs der Beleihung nach § 5 Abs. 5 Satz 2 LuftSiG Gebrauch gemacht.

Des Weiteren darf ein als Beliehener eingesetzter Arbeitnehmer seine Tätigkeit nur mit einer abgeschlossenen Zuverlässigkeitsprüfung, bei der keine Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen verblieben sind, aufnehmen, § 7 Abs. 6 LuftSiG. Diese Voraussetzung erfüllte der Kläger. Die von der [X.] im Bescheid vom 2. Juli 2012 angeordnete Einleitung einer Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 Abs. 1 Satz 2 [X.] ([X.]) war lediglich eine Verfahrenshandlung, die zu einer neuen Sachentscheidung hätte führen können (vgl. [X.] 6. August 2012 - [X.] 377/12 -). Dass die Überprüfung - noch dazu im Streitzeitraum - mit der Aufhebung der Feststellung der Zuverlässigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 [X.]) endete, hat die [X.] nicht behauptet. Davon ist auch nicht auszugehen, nachdem die [X.] den Kläger seit dem 10. August 2013 wieder an seinem alten Arbeitsplatz beschäftigt.

3. Das Schreiben der [X.]direktion [X.] vom 29. Juni 2012 war nicht geeignet, Unvermögen des [X.] iSv. § 297 BGB zu begründen.

a) Unbeschadet der Frage, ob die [X.] nach § 4 Gesetz über die [X.] ([X.]) überhaupt die Kompetenz dazu hätte, Beliehenen ohne Widerruf der Beleihung generell oder zumindest nach § 7 Abs. 2 [X.] für die Dauer einer Zuverlässigkeitsüberprüfung den Zugang zu den nicht allgemein zugänglichen Bereichen eines Flughafens zu versagen, enthält das Schreiben vom 29. Juni 2012 kein derartiges Verbot und hinderte den Kläger im Streitzeitraum nicht, an seinen Arbeitsplatz zu gelangen.

b) Auch ein zum rechtlichen Unvermögen des [X.] führendes Beschäftigungsverbot enthält die Maßnahme der [X.]direktion [X.] nicht.

aa) Ebenso wie das gesetzliche Beschäftigungsverbot (hierzu [X.] 18. März 2009 - 5 [X.] 192/08 - Rn. 15, [X.]E 130, 29) muss ein rechtliches Unvermögen begründendes behördliches Beschäftigungsverbot diese Rechtsfolge klar und deutlich zum Ausdruck bringen. Es muss sich zudem um eine hoheitliche Maßnahme handeln, die dem betroffenen Arbeitnehmer förmlich bekannt gegeben wird (vgl. § 41 Abs. 1 VwVfG) und ihm die von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verbürgte Möglichkeit einräumt, gegen das Beschäftigungsverbot den Rechtsweg zu beschreiten, sofern nicht Völkerrecht entgegensteht (vgl. [X.] 23. September 2015 - 5 [X.] 146/14 - Rn. 17).

bb) Dem genügt das nur an die [X.] gerichtete „Einsatzverbot“ der [X.]direktion [X.] nicht. Es verbietet nicht dem Kläger die Ausübung der Tätigkeit eines Luftsicherheitsassistenten, sondern der [X.]n den Einsatz des [X.] als solchen. Die Behörde trifft keine Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (§ 35 Satz 1 VwVfG), sondern beruft sich als Auftraggeberin auf vertragliche Grundlagen, die sie und die [X.] verbinden. Dementsprechend richtet sich die Maßnahme nicht unmittelbar gegen den Kläger und eröffnet ihm nicht den Rechtsweg.

c) Ein vom Auftraggeber oder Kunden unter Berufung auf vertragliche Pflichten an den Arbeitgeber gerichtetes Verbot, einen bestimmten Arbeitnehmer einzusetzen, begründet grundsätzlich kein Unvermögen (§ 297 BGB) dieses Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Kann in einem solchen Falle der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht weiterhin mit der zugewiesenen Tätigkeit beschäftigen und hat auch keine andere Einsatzmöglichkeit für ihn, schließt dies Annahmeverzug nur unter der Voraussetzung der Unzumutbarkeit der Annahme der Arbeitsleistung aus.

Der Arbeitgeber kommt trotz Nichtannahme der Arbeitsleistung nicht in Annahmeverzug, wenn ihm nach [X.] und Glauben unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Arbeitslebens die Annahme der Arbeitsleistung unzumutbar ist (st. Rspr. seit [X.] [X.] 26. April 1956 - [X.] 1/56 - [X.]E 3, 66; zuletzt [X.] 16. April 2014 - 5 [X.] 739/11 - Rn. 17 mwN).

Der [X.]n war im Streitzeitraum die Annahme der Arbeitsleistung nicht unzumutbar. Der Kläger war Opfer einer Denunziation. Ein ungewöhnlich schwerer Verstoß gegen allgemeine Verhaltenspflichten (zu einem solchen Fall [X.] 16. April 2014 - 5 [X.] 739/11 - Rn. 19) kann ihm nicht zur Last gelegt werden. Die vertraglichen Grundlagen, auf die sich das „Einsatzverbot“ stützt, hat die [X.] nicht offengelegt, so dass nicht überprüft werden kann, ob sie überhaupt in der von ihr reklamierten Weise gebunden war. Sie hat auch nicht dargelegt, welche Folgen sie befürchten musste, hätte sie sich dem Verlangen der [X.]direktion widersetzt. Außerdem hat die [X.] nicht einmal versucht, ihren Auftraggeber umzustimmen, was zumindest auf die Mitteilung des [X.] vom 6. August 2012 hin veranlasst gewesen wäre.

4. Weil die [X.] sich im Annahmeverzug befand, bedarf es keiner erneuten Entscheidung des Senats zu § 615 Satz 3 BGB (vgl. [X.] 23. September 2015 - 5 [X.] 146/14 - Rn. 20 ff. mwN).

5. Rechtsfolge des Annahmeverzugs nach § 615 Satz 1 BGB ist die Aufrechterhaltung des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs (st. Rspr., zuletzt [X.] 19. August 2015 - 5 [X.] 975/13 - Rn. 22 mwN), der Arbeitnehmer hat trotz Nichtleistung der Arbeit Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Deren Höhe ist nach den Feststellungen des [X.]s für die Monate September 2012 bis Juli 2013 zwischen den Parteien nicht streitig. Gegen die Höhe der vom [X.] dem Kläger für August 2012 zugesprochenen Vergütung führt die [X.] keine Revisionsangriffe.

6. Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 BGB, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB stehen dem Kläger ab dem Tag nach Eintritt der Fälligkeit zu (vgl. [X.] 8. Oktober 2008 - 5 [X.] 715/07 - Rn. 27 mwN). Weil (auch) die Gratifikation nach § 10 Abs. 1 Satz 2, § 4 Abs. 5 [X.] am 15. des Folgemonats fällig wird, ist die Zinsentscheidung des [X.]s in Ziff. [X.] 2. des Berufungsurteils entsprechend zu korrigieren.

II[X.] [X.] beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Sie umfasst die Kosten, die durch die vom Kläger zurückgenommene Berufung gegen das erstinstanzliche Schlussurteil entstanden sind.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Feldmeier    

        

    R. Rehwald    

                 

Meta

5 AZR 843/14

21.10.2015

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 29. November 2013, Az: 31 Ca 4554/13, Teilurteil

§ 615 S 1 BGB, § 297 BGB, § 611 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.10.2015, Az. 5 AZR 843/14 (REWIS RS 2015, 3616)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 1977 REWIS RS 2015, 3616

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4 Sa 104/22 (Landesarbeitsgericht Köln)


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