Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.09.2015, Az. 5 AZR 146/14

5. Senat | REWIS RS 2015, 5005

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Gegenstand

Annahmeverzug - Leistungsunfähigkeit - auflösende Bedingung


Leitsatz

1. Wird dem Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung unmöglich, bestimmt sich die Rechtsfolge für seinen Vergütungsanspruch nach § 615 BGB, wenn sich der Arbeitgeber bei Eintritt der Unmöglichkeit im Annahmeverzug befindet, ansonsten nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB.

2. Risiko des Arbeitsausfalls iSv. § 615 Satz 3 BGB meint das von der Rechtsprechung entwickelte Betriebsrisiko. Dies ist das Risiko des Arbeitgebers, seinen Betrieb betreiben zu können.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 9. Januar 2014 - 5 [X.]/12 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. Juli 2012 - 5 Ca 1559/11 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten als Sicherheitsmitarbeiter angestellt. Die Beklagte betreibt ein privates Wach- und Sicherheitsunternehmen, das mit dem Schutz von Liegenschaften der [X.] betraut ist.

3

Der Arbeitsvertrag des [X.] enthält [X.]. Folgendes:

        

„1. Allgemeines.

        

Die Firma … ist Mitglied des Bundesverbandes deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e. V. Auf diesen Arbeitsvertrag sind daher die zwischen dem o. g. Verband und der [X.] (…) abgeschlossenen Tarifverträge für das Bundesland [X.] ohne Einschränkung anwendbar.

        

Grundlage des Beschäftigungsverhältnisses ist der zwischen den US-Streitkräften und dieser Firma abgeschlossene Bewachungsvertrag …

        

…       

        

14. Einsatzgenehmigung.

        

Die Vertragsparteien sind dazu verpflichtet, die Bedingungen, Anforderungen und Standards der jeweiligen Kundenspezifikationen/[X.] (Performance Work Statements) einzuhalten bzw. zu erfüllen. Die Einsatzgenehmigung der US-Streitkräfte ist Grundlage des Vertrages. Wird die Einsatzgenehmigung wegen Nichteinhaltung der [X.], die für die Vertragsparteien verbindlich sind und von der [X.] Regierung vorgegeben sind, widerrufen, endet der Vertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf unter Anwendung der tarifvertraglichen Kündigungsfrist. …“

4

Die Performance Work Statements beinhalten [X.]. die Möglichkeit des Entzugs der Einsatzgenehmigung bei Missbrauch illegaler Drogen.

5

Am 1. Dezember 2011 wurde der Kläger von den [X.]n zu einem Drogentest ausgewählt. Der Kläger blieb dem Drogentest fern. Der Vorgesetzte des [X.] bat den zuständigen Mitarbeiter der [X.], mit dem Drogentest zu warten, und forderte den Kläger in einem Telefongespräch auf, sofort zum Urintest zu erscheinen. Der Kläger befolgte diese Aufforderung nicht.

6

Am 5. Dezember 2011 widerrief das U die Einsatzgenehmigung des [X.]. Mit Schreiben gleichen Datums informierte die Beklagte den Kläger, dass das Arbeitsverhältnis durch auflösende Bedingung unter Einhaltung der tariflichen Kündigungsfrist zum 29. Febr[X.]r 2012 ende. Der Kläger sei mit sofortiger Wirkung, unter Anrechnung von [X.] und Überstunden, vom Dienst freigestellt. Nach Beendigung des Urlaubs und bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sei er unbezahlt freigestellt. Eine andere Einsatzmöglichkeit bestand für den Kläger nicht.

7

Für die [X.] ab 5. Dezember 2011 leistete die Beklagte keine Vergütung. Der Kläger bezog im Jan[X.]r 2012 Arbeitslosengeld iHv. 407,28 [X.] und im Febr[X.]r 2012 iHv. 1.018,20 [X.].

8

Der Kläger hat zunächst Bedingungskontrollklage erhoben. Sodann hat er die Klage um Vergütungsansprüche für die [X.] 5. Dezember 2011 bis 29. Febr[X.]r 2012 nebst Zinsen abzüglich erhaltenen Arbeitslosengelds erweitert. Die Parteien haben sich erstinstanzlich in einem gerichtlichen Teilvergleich auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 29. Febr[X.]r 2012 gegen Zahlung einer Abfindung verständigt. Die Vergütungsansprüche sind streitig geblieben.

9

Der Kläger meint, die Beklagte schulde Vergütung für die [X.] nach Entzug der Einsatzgenehmigung wegen Annahmeverzugs. Der Zweck der Arbeitnehmerschutzvorschrift des § 15 Abs. 2 TzBfG werde nur verwirklicht, wenn in der Auslauffrist auch Lohn zu zahlen sei.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.305,68 [X.] brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.839,04 [X.] seit 1. Jan[X.]r 2012, aus 2.233,32 [X.] seit 1. Febr[X.]r 2012 abzüglich übergegangener Ansprüche iHv. 407,28 [X.] netto sowie aus 2.233,32 [X.] seit 1. März 2012 abzüglich übergegangener Ansprüche iHv. 1.018,20 [X.] netto zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Ein Vergütungsanspruch wegen Annahmeverzugs bestehe nicht, weil der Kläger für die vertraglich vereinbarte Tätigkeit nicht leistungsfähig gewesen sei. Ein Vergütungsanspruch könne auch nicht aus § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB hergeleitet werden. Die Beklagte habe die Leistungsunfähigkeit des [X.] nicht zu verantworten.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihr verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht für den Streitzeitraum weder Vergütung wegen Annahmeverzugs nach § 615 Satz 1 [X.] oder wegen [X.] nach § 615 Satz 3 [X.] noch gemäß § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] zu.

I. Der Vergütungsanspruch folgt nicht aus Annahmeverzug. Das [X.] hat einen solchen Anspruch, gestützt auf § 611 Abs. 1, § 615 Satz 1 [X.], zu Unrecht bejaht.

1. Nach § 615 Satz 1 [X.] kann der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug kommt. Der Arbeitnehmer muss die infolge des Annahmeverzugs ausgefallene Arbeit nicht nachleisten. Der Gläubiger kommt aber nach § 297 [X.] nicht in Verzug, wenn der Schuldner außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Ob es sich dabei um gesundheitliche, rechtliche oder andere Gründe handelt, ist nicht maßgebend. Das Unvermögen kann etwa auf einem gesetzlichen Beschäftigungsverbot oder auf dem Fehlen einer erforderlichen Erlaubnis beruhen ([X.] 18. März 2009 - 5 [X.]/08 - Rn. 13, [X.]E 130, 29).

2. Der Kläger war im Streitzeitraum für die vertraglich vorgesehene Tätigkeit als Sicherheitsmitarbeiter nicht mehr leistungsfähig. Ihm wurde die für eine Tätigkeit bei den [X.] erforderliche Einsatzgenehmigung entzogen.

a) Die Beklagte kann bei der Bewachung von militärischen Einrichtungen der [X.] über das eingesetzte Personal nicht frei entscheiden, sondern darf nur solche Arbeitnehmer einsetzen, die über eine Einsatzgenehmigung des Auftraggebers verfügen, auf deren Erteilung und Entzug die Beklagte keinen Einfluss hat. Auf die den [X.] [X.] eingeräumte Rechtsposition müssen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einlassen. Sie folgt aus den Besonderheiten bei der Bewachung von militärischen Einrichtungen und entspricht den Befugnissen der [X.] gegenüber zivilen Wachpersonen (vgl. § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der [X.] und verbündeter [X.] sowie ziviler Wachpersonen; vgl. hierzu [X.] 19. März 2008 - 7 [X.] 1033/06 - Rn. 12). Mit dem Entzug der Einsatzgenehmigung nehmen die [X.] eine hoheitliche Maßnahme vor, die kraft Völkergewohnheitsrechts Immunität von der Jurisdiktion der [X.] genießt (vgl. [X.] 14. Juli 1988 - 11 TG 1736/85 -).

b) Mangels Einsatzgenehmigung war der Kläger nach dem 5. Dezember 2011 leistungsunfähig für die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit. Nach Entzug der Einsatzgenehmigung war er - ähnlich wie im Fall eines gesetzlichen Beschäftigungsverbots - außerstande, die vertraglich vereinbarte Leistung zu bewirken (vgl. [X.] 31. August 1988 - 7 [X.] 525/87 - zu 1 der Gründe bei fehlender Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde; 15. Juni 2004 - 9 [X.] 483/03 - zu I 2 der Gründe, [X.]E 111, 97, bei fehlender bergrechtlicher Unbedenklichkeitsbescheinigung; 27. Mai 2015 - 5 [X.] 88/14 - Rn. 17 bei Entzug der Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen nach [X.]; [X.] 31. August 2006 - 11 [X.] - Rn. 35 bei fehlender Flugtauglichkeitsbescheinigung). Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bestand unstreitig nicht.

3. Diesem Ergebnis steht der Normzweck des § 15 Abs. 2 [X.] nicht entgegen, der nach § 21 [X.] auf einen Arbeitsvertrag unter auflösender Bedingung entsprechende Anwendung findet. Die Regelung des § 15 Abs. 2 [X.] dient dem Arbeitnehmerschutz, indem die Beendigung eines zweckbefristeten bzw. auflösend bedingten Arbeitsverhältnisses mit einer Auslauffrist verbunden wird. Dies verhindert die Umgehung des Schutzzwecks der gesetzlichen Kündigungsfristen. Das Arbeitsverhältnis besteht in der [X.] mit allen beiderseitigen Rechten und Pflichten fort. § 15 Abs. 2 [X.] hält aber lediglich das Arbeitsverhältnis aufrecht. Der Wortlaut der Norm besagt nicht, dass auch der Vergütungsanspruch unabhängig von der Erfüllung seiner jeweiligen Voraussetzungen aufrechterhalten werde. Dieser kann nur aus einer den Entgeltanspruch aufrechterhaltenden Norm (wie § 615 Satz 1 [X.]) folgen. Das gilt für die gesetzliche Mindestauslauffrist von zwei Wochen ebenso wie für eine individual- oder tarifvertraglich vereinbarte längere Auslauffrist. Auch die Gesetzesbegründung liefert keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Arbeitnehmer ohne Erfüllung jeglicher weiterer Voraussetzungen in jedem Fall Vergütung während der Auslauffrist erhalten soll ([X.]. 14/4374 S. 20). § 15 Abs. 2 [X.] verfolgt einen den Regelungen des § 622 [X.] vergleichbaren Zweck. Im Rahmen des zeitlichen Bestandsschutzes soll die Beendigungswirkung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden (hierzu [X.] 18. April 1985 - 2 [X.] 197/84 - zu II 1 a der Gründe; 12. Juli 2007 - 2 [X.] 699/05 - Rn. 40). Doch auch während des Laufs der Kündigungsfrist nach Ausspruch einer Kündigung ist der Vergütungsanspruch nicht ohne Erfüllung seiner gesetz- oder vertraglichen Voraussetzungen gegeben. Nimmt der Arbeitgeber die angebotene Arbeitsleistung während der Kündigungsfrist nicht an, besteht ein Vergütungsanspruch wegen Annahmeverzugs nur, wenn der Arbeitnehmer für die vertraglich geschuldete Tätigkeit leistungsfähig ist.

II. Der Vergütungsanspruch folgt nicht aus § 611 Abs. 1, § 615 Satz 3 [X.] wegen [X.].

1. Nach § 615 Satz 3 [X.] kann ein Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung auch dann verlangen, wenn eine Pflicht zur Arbeitsleistung besteht und die Arbeit infolge von Umständen ausfällt, für die der Arbeitgeber das Risiko trägt ([X.] 9. Juli 2008 - 5 [X.] 810/07 - Rn. 13, [X.]E 127, 119).

2. Es liegt kein Fall vor, in dem die Beklagte das Risiko des [X.] zu tragen hat. § 615 Satz 3 [X.] meint das von der Rechtsprechung entwickelte [X.] ([X.]/Preis 15. Aufl. § 615 [X.] Rn. 122; MüKo[X.]/[X.] 6. Aufl. § 615 Rn. 90; [X.]. 14/6857 S. 48). Dies ist das Risiko des Arbeitgebers, seinen Betrieb betreiben zu können. Die Arbeitsleistung des [X.] unterblieb nicht wegen Ausfalls von Betriebsstoffen oder anderer für den Betriebsablauf notwendiger Betriebsmittel, einer Betriebsstilllegung aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften/Anordnungen (vgl. [X.] 30. Mai 1963 - 5 [X.] 282/62 - zu 2 b der Gründe) oder eines Geschehens, das von außen auf typische Betriebsmittel einwirkt und sich als höhere Gewalt darstellt, wie zB die Überschwemmung eines Fabrikgebäudes aufgrund einer Naturkatastrophe (vgl. [X.]/Krause 5. Aufl. § 615 [X.] Rn. 116; ferner [X.] 9. März 1983 - 4 [X.] 301/80 - [X.]E 42, 94 zum Ausfall einer Ölheizung im Betrieb wegen plötzlichen Kälteeinbruchs). Entscheidender Umstand war vielmehr der Entzug der dem Kläger persönlich erteilten Einsatzgenehmigung. Dieser gehört nicht zum [X.] des Arbeitgebers.

III. Der Vergütungsanspruch wurde nicht nach § 611 Abs. 1, § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] aufrechterhalten.

1. Das [X.] hat - aus seiner Sicht konsequent - diese Anspruchsgrundlage nicht geprüft. Aufgrund der im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen kann der Senat aber in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

2. Nach § 275 Abs. 1 [X.] führt die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung zum Ausschluss des Leistungsanspruchs des Arbeitgebers. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf die Gegenleistung entfällt nach § 326 Abs. 1 [X.], bleibt aber gemäß § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] erhalten, wenn der Gläubiger für den Umstand allein oder weit überwiegend verantwortlich ist, aufgrund dessen der Schuldner nicht zu leisten braucht. Der Anwendungsbereich von § 326 Abs. 2 [X.] umfasst sämtliche gegenseitigen Verträge und findet auch auf Arbeitsverhältnisse Anwendung ([X.] 24. November 1960 - 5 [X.] 545/59 - zu 4 der Gründe, [X.]E 10, 202 zur Vorgängerregelung des § 324 Abs. 1 [X.] aF). Der Arbeitnehmer behält den Lohnanspruch, wenn der Arbeitgeber die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung allein oder weit überwiegend zu verantworten hat ([X.] 13. Juni 2007 - 5 [X.] 564/06 - Rn. 40, [X.]E 123, 98; 19. August 2015 - 5 [X.] 975/13 - Rn. 26).

3. Der Anwendung von § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] im Arbeitsrecht steht § 615 [X.] nicht entgegen. Die dienstvertraglichen Regeln des Annahmeverzugs verdrängen § 326 [X.] nicht. Vielmehr ergänzen sich beide. Wird dem Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung unmöglich, bestimmt sich die Rechtsfolge für seinen Vergütungsanspruch nach § 615 [X.], wenn sich der Arbeitgeber bei Eintritt der Unmöglichkeit im Annahmeverzug befindet, ansonsten nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.]. Beruht die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung aufgrund ihres [X.] allein auf dem Zeitablauf, wird der Vergütungsanspruch - unabhängig vom Verschulden des Arbeitgebers - nach § 615 [X.] aufrechterhalten, wenn die Voraussetzungen des Annahmeverzugs zur [X.] vorlagen. Fehlt es hieran, zB weil ein Fall des § 297 [X.] gegeben war, kann der Vergütungsanspruch nach § 326 Abs. 2 [X.] aufrechterhalten werden, wenn dessen Voraussetzungen (insbesondere die Verantwortlichkeit des Arbeitgebers) erfüllt sind.

4. Die Beklagte war für die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung des [X.] nicht verantwortlich iSv. § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.].

a) Verantwortlich nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] meint [X.] iSd. §§ 276, 278 [X.], dh. mindestens fahrlässiges Handeln ([X.] 19. August 2015 - 5 [X.] 975/13 - Rn. 29). Anders als in der Vorgängerregelung des § 324 Abs. 1 [X.] aF findet sich in § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] nicht, dass der Gläubiger den Umstand „zu vertreten“ habe. Doch kann für die Bestimmung des Begriffs „verantwortlich“ auf die amtlichen Überschriften der §§ 276, 278 [X.] zurückgegriffen werden, die „Verantwortlichkeit des Schuldners“ bzw. „Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte“ lauten. Damit ist vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln gemeint. Die Gesetzesbegründung zu § 326 Abs. 2 [X.] zeigt schließlich, dass der Gesetzgeber an die Vorgängerregelung anknüpfen wollte, weil die Norm den „bisherigen § 324 mit leichten [X.] übernimmt“ ([X.]. 14/6040 [X.]). Das Verschuldensprinzip ist auch bei der Nachfolgeregelung zugrunde zu legen.

b) Die Beklagte hat im Hinblick auf den Entzug der Einsatzgenehmigung weder durch ihre Organe noch durch ihre Erfüllungsgehilfen verantwortlich in diesem Sinne gehandelt. Der Entzug der Einsatzgenehmigung wurde ausschließlich veranlasst durch die Nichtteilnahme des [X.] an dem durch die [X.] festgesetzten Drogentest. Dieser Drogentest beruht auf den Performance Work Statements der [X.] und damit auf Vertragsbedingungen, die vom Kläger mit Abschluss seines Arbeitsvertrags akzeptiert wurden. Der Kläger ließ überdies die Möglichkeit, den Drogentest nach Anruf seines Vorgesetzten nachzuholen, ungenutzt verstreichen. Somit lag die Verantwortung für den Entzug der Einsatzgenehmigung und die daraus folgende Unmöglichkeit der Arbeitsleistung beim Kläger.

5. Die Beklagte hat in Nr. 14 des Arbeitsvertrags nicht das vertragliche Risiko übernommen, die Vergütung auch dann zahlen zu müssen, wenn der Kläger die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung zu verantworten hat.

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. [X.]. Das [X.] hat hierzu zwar keine Feststellungen getroffen. Für das Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen begründet jedoch das äußere Erscheinungsbild des Vertrags eine tatsächliche Vermutung (vgl. [X.] 25. Juni 2015 - 6 [X.] 383/14 - Rn. 23). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die [X.] des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind ([X.] 25. März 2015 - 5 [X.] 874/12 - Rn. 22).

b) Ein Anhaltspunkt für die Übernahme des [X.] durch die Beklagte findet sich in Nr. 14 des Arbeitsvertrags nicht. Eine vertragliche Übernahme des bei subjektiven Leistungshindernissen an sich den Arbeitnehmer treffenden [X.] durch den Arbeitgeber ist zwar möglich und besonders dann naheliegend, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer trotz Kenntnis des [X.] einstellt ([X.] 31. August 1988 - 7 [X.] 525/87 - zu 2 e der Gründe). Im Fall des [X.] bestand das Leistungshindernis bei Vertragsschluss noch nicht, vielmehr machten die Parteien die Einsatzgenehmigung ausdrücklich zur Geschäftsgrundlage ihrer Vertragsbeziehung. Dies gibt keinen Hinweis auf eine Übernahme des Risikos der Vergütung ohne Arbeitsleistung durch die Beklagte.

IV. [X.] beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber    

        

    Volk    

        

        

        

    Dombrowsky    

        

    Zorn    

                 

Meta

5 AZR 146/14

23.09.2015

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Weiden, 24. Juli 2012, Az: 5 Ca 1559/11, Urteil

§ 615 S 1 BGB, § 615 S 3 BGB, § 326 Abs 2 S 1 Alt 1 BGB, § 611 Abs 1 BGB, § 275 Abs 1 BGB, § 15 Abs 2 TzBfG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.09.2015, Az. 5 AZR 146/14 (REWIS RS 2015, 5005)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 1608 REWIS RS 2015, 5005

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