Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.09.2016, Az. 5 AZR 224/16

5. Senat | REWIS RS 2016, 4797

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Annahmeverzug - Hausverbot


Leitsatz

Nimmt der Arbeitgeber, ohne dass ihn betriebstechnische Umstände daran hindern, die vom Arbeitnehmer angebotene Arbeitsleistung nicht an, bestimmt sich die Rechtsfolge nach § 615 Satz 1 iVm. §§ 293 ff. BGB. Liegt ein Fall des Unvermögens des Arbeitnehmers iSd. § 297 BGB vor, regelt § 326 BGB, ob der Vergütungsanspruch entfällt (Abs. 1) oder aufrechterhalten bleibt (Abs. 2 Satz 1).

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] - [X.] - vom 12. Februar 2016 - 12 [X.]/15 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Kammer des [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs für die [X.] vom 6. [X.]ai 2011 bis zum 30. September 2014.

2

[X.]er 1966 geborene Kläger ist verheiratet und als schwerbehinderter [X.]ensch anerkannt. Er war seit dem 1. August 2008 bei der [X.], einem Unternehmen des [X.], als [X.] im Objekt [X.] beschäftigt. Bei einer vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 26 Stunden verdiente er 1.000,00 Euro brutto monatlich.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt der [X.] vom 3. Januar 2011, in dem es ua. heißt:

        

„1. Beginn, Ende und Inhalt des befristeten Arbeitsverhältnisses

        

1.1 [X.]er/die Arbeitnehmer/in wird ab dem 01.01.2011 (Vertragsbeginn) befristet bis zum 30.06.2011 (Vertragsende) als [X.] ausschließlich für eine Tätigkeit im Objekt [X.] eingestellt. Eine Versetzung in ein anderes Objekt ist ausgeschlossen. (…)

        

…       

        

9. Sonstige Bestimmungen

        

…       

        

9.3 Auf das Beschäftigungsverhältnis findet der [X.]ahmentarifvertrag für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung in der jeweiligen Fassung Anwendung. Im Übrigen gelten die Tarifverträge in der Gebäudereinigung nur und solange sie für allgemeinverbindlich erklärt sind.“

4

[X.]er [X.] teilte dem Kläger am 5. [X.]ai 2011 mündlich mit, die Beklagte werde das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen, er brauche am nächsten Tag nicht mehr zur Arbeit erscheinen. Gleichwohl trat der Kläger am frühen [X.]orgen des [X.] die Arbeit an, wobei es zu einer - im Einzelnen zwischen den Parteien streitig gebliebenen - lautstarken Auseinandersetzung zwischen dem Betriebsleiter der [X.] und dem Kläger kam. Im Verlaufe dieser Auseinandersetzung soll der Kläger den Betriebsleiter beleidigt und dieser dem Kläger ein Hausverbot erteilt haben. [X.]ieses soll noch am selben Tag von der [X.] schriftlich an den Kläger wie folgt gefasst worden sein:

        

„…    

        

[X.]

                 

Sehr geehrter Herr A,

                 

anlässlich des heutigen Vorfalls, sehen wir uns veranlasst, Ihnen mit sofortiger Wirkung ein Hausverbot bezogen auf sämtliche Gebäude sowie Gelände (inklusive Parkplätze) aller Standorte der [X.] zu erteilen.

                 

Bei Zuwiderhandlung behalten wir uns vor, ohne weitere Vorankündigung Strafantrag gemäß § 123 StGB (Hausfriedensbruch) zu stellen.

        

…“    

        

5

Ebenfalls am 6. [X.]ai 2011 erhielt der Kläger ein Kündigungsschreiben der [X.] vom 5. [X.]ai 2011, mit dem das Arbeitsverhältnis - mit Zustimmung des [X.] - fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin gekündigt wurde. Am 7. [X.]ai 2011 bot der Kläger im Objekt seine Arbeitsleistung an, wurde jedoch nicht beschäftigt.

6

Gegen die Kündigung erhob der Kläger erfolgreich Kündigungsschutz- und Befristungskontrollklage.

7

[X.]it Schreiben vom 11. Oktober 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut fristlos. [X.]ie dagegen vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage war erfolgreich. Zugleich verurteilte das Arbeitsgericht die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des [X.] als [X.] im Objekt [X.]. [X.]er Versuch des [X.], den Weiterbeschäftigungstitel zu vollstrecken, blieb vor dem [X.] erfolglos. Ein Zwangsgeld könne nicht verhängt werden, weil die ausgeurteilte Beschäftigung nicht allein vom Willen der [X.] abhänge.

8

Wie schon zuvor erhielt der Kläger auch im Streitzeitraum in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] Unter dem 6. Februar 2015 schlossen der Kläger und das Jobcenter [X.] einen „[X.]ückübertragungs- und Abtretungsvertrag“, in dem es ua. heißt:

        

„§ 1   

        

Wegen der bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem [X.] ([X.]) sind die Lohnansprüche des Leistungsempfängers gegen Firma [X.], vertr. d. d. Alleingeschäftsführer [X.], auf die Leistungsträger in Höhe der bewilligten Leistungen gesetzlich übergegangen. [X.]ie Höhe der Leistungen ist den entsprechenden Leistungsbescheiden zu entnehmen. Hiermit werden ab 06.05.2011 bis 31.05.2015 übergegangene und noch eingehende Lohnansprüche zur gerichtlichen Geltendmachung einvernehmlich zurück übertragen (§ 33 Abs. 4 SGB II).

        

§ 2     

        

[X.]er Leistungsempfänger hat den Anspruch in eigenem Namen zu verfolgen. [X.]ie in dem [X.]echtsstreit erwirkten vollstreckbaren Titel sind sodann von ihm durchzusetzen. [X.]arauf geleistete Lohnzahlungen sind unverzüglich anzuzeigen.

        

§ 3     

        

[X.]ie aus dem [X.]echtsstreit erhaltenen Zahlungen außerhalb eines Zwangsvollstreckungsverfahrens sind in Höhe des nach § 1 rückübertragenen Anspruches an die Leistungsträger weiterzuleiten.

        

Lässt sich der Leistungsempfänger bei der Wahrnehmung seiner Interessen vertreten, hat er den Vertreter ([X.]echtsanwalt) zu bevollmächtigen, diese Zahlungen einzubehalten und unmittelbar an die Leistungsträger weiterzuleiten.

        

Betreibt der Leistungsempfänger die Zwangsvollstreckung, tritt er hiermit seinen Auszahlungsanspruch gegenüber dem Gerichtsvollzieher an die Leistungsträger ab.

        

…       

        

§ 5     

        

Für die gerichtliche Geltendmachung ist Prozesskostenhilfe zu beantragen. Kosten, mit denen der Leistungsempfänger durch die [X.]ückübertragung selbst belastet wird und die nicht durch Prozesskostenhilfe abgedeckt sind, werden von den Leistungsträgern übernommen.“

9

[X.]it mehreren Klageerweiterungen im Kündigungsschutzprozess hat der Kläger zuletzt Vergütung wegen Annahmeverzugs für die [X.] vom 6. [X.]ai 2011 bis zum 30. September 2014 verlangt. Er hat geltend gemacht, die Beklagte habe sich aufgrund ihrer unwirksamen Kündigungen im Annahmeverzug befunden. Ein Hausverbot sei ihm nicht erteilt worden.

[X.]er Kläger hat - nachdem er erstinstanzlich erfolgreich Zahlung an sich verlangt hatte - in der Berufungsverhandlung sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, 40.833,37 Euro brutto an das Jobcenter [X.] nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter Staffelung zu zahlen.

[X.]ie Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie habe sich nicht im Annahmeverzug befunden, weil der Kläger aufgrund des Hausverbots des Kunden die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht hätte erbringen können.

[X.]as Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. [X.]as [X.] hat die Berufung der [X.] - mit der vom Kläger beantragten [X.]aßgabe einer Zahlung an das Jobcenter [X.] - im Wesentlichen zurückgewiesen. [X.]it der vom [X.] zugelassenen [X.]evision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. [X.]er Kläger beantragt die Zurückweisung der [X.]evision mit der [X.]aßgabe, die ausgeurteilte Bruttovergütung an ihn zu zahlen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die bi[X.]erigen Feststellungen des [X.] tragen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Vergütung wegen Annahmeverzugs nicht. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), wobei der [X.] von der [X.]öglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht.

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. [X.] 23. [X.]ärz 2016 - 5 [X.] - Rn. 21). Streitgegenstand ist ein bestimmter Eurobetrag, den der Kläger als Bruttovergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für die [X.] vom 6. [X.]ai 2011 bis zum 30. September 2014 begehrt.

II. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Klage begründet ist, kann der [X.] aufgrund der bi[X.]erigen Feststellungen des [X.] nicht entscheiden.

1. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs nach § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 [X.] hat, wenn ihm - wie er behauptet - vom Kunden, bei dem er vor Ausspruch der Kündigungen eingesetzt war, ein Hausverbot nicht erteilt wurde.

a) Die Beklagte befand sich am 6. [X.]ai 2011 aufgrund der vom Vorarbeiter am Vortag erklärten Freistellung für diesen Tag, im übrigen Streitzeitraum in Folge ihrer unwirksamen Kündigungen vom 5. [X.]ai und 11. Oktober 2011 im Annahmeverzug, ohne dass es eines tatsächlichen Angebots der Arbeitsleistung bedurft hätte ([X.]., vgl. [X.] 21. Oktober 2015 - 5 [X.] 843/14 - Rn. 19, [X.]E 153, 85; 18. November 2015 - 5 [X.] 814/14 - Rn. 50, jeweils mwN). Darüber hinaus hat der Kläger nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] am 6. [X.]ai 2011 trotz Freistellung die Arbeit angetreten und am 7. [X.]ai 2011 seine Arbeitskraft tatsächlich angeboten.

b) Die Höhe der für den Streitzeitraum errechneten Vergütung wegen Annahmeverzugs hat die Beklagte außer Streit gestellt. Gegen die Annahmen des [X.], der Kläger habe mit den Kündigungsschutzklagen die in § 22 Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk ([X.]) vorgesehene Frist zur gerichtlichen Geltendmachung gewahrt ([X.]. [X.] 19. September 2012 - 5 [X.] 627/11 - Rn. 14 ff., [X.]E 143, 119, seither [X.].), und die Forderung sei nicht verjährt, hat die Revision ausdrücklich keine Angriffe erhoben.

2. Zu Unrecht hat das [X.] offengelassen, ob dem Kläger - wie von der Beklagten unter Beweisantritt vorgetragen - vom Kunden am 6. [X.]ai 2011 Hausverbot erteilt wurde und gemeint, in einem solchen Falle folge ein Anspruch des [X.] auf Vergütung wegen Annahmeverzugs aus der entsprechenden Anwendung des § 615 Satz 3 [X.].

a) Das Hausverbot eines Kunden ist keiner der Fälle, in denen der Arbeitgeber das Risiko des [X.] nach § 615 Satz 3 [X.] zu tragen hat. Die Norm meint das von der Rechtsprechung entwickelte [X.] ([X.]/Preis 16. Aufl. § 615 [X.] Rn. 122; [X.]/[X.] 7. Aufl. § 615 [X.] Rn. 115; [X.]/[X.] 6. Aufl. § 615 Rn. 90; [X.]. 14/6857 S. 48). Dies ist das Risiko des Arbeitgebers, seinen Betrieb betreiben zu können (dazu im Einzelnen [X.] 23. September 2015 - 5 [X.] 146/14 - Rn. 22, [X.]E 152, 327; 18. November 2015 - 5 [X.] 814/14 - Rn. 52, jeweils mwN). Kann ein Arbeitnehmer wegen des [X.] eines Kunden die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen, beruht dies nicht auf betriebstechnischen Umständen, wie etwa dem Ausfall von Produktionsmitteln oder einem von außen auf den Betrieb einwirkenden Geschehen („höhere Gewalt“), das die Beschäftigung der Belegschaft oder Teile davon unmöglich macht ([X.]Robrecht FS Löwisch S. 355, 363).

b) § 615 Satz 3 [X.] ist eine gesetzlich angeordnete Analogie, mit der - abweichend von §§ 275, 326 Abs. 1 [X.] - bei einem Umstand, der dem [X.] unterfällt, § 615 Satz 1 und Satz 2 [X.] entsprechende Anwendung finden. Für die vom [X.] vorgenommene weitere entsprechende Anwendung der Norm fehlt es an einer Regelungslücke. Nimmt der Arbeitgeber, ohne dass ihn betriebstechnische Umstände daran hindern, die vom Arbeitnehmer angebotene Arbeitsleistung nicht an, bestimmt sich die Rechtsfolge nach § 615 Satz 1 iVm. §§ 293 ff. [X.]. Liegt ein Fall des Unvermögens des Arbeitnehmers iSd. § 297 [X.] vor, regelt § 326 [X.], ob der Vergütungsanspruch entfällt (Abs. 1) oder aufrechterhalten bleibt (Abs. 2 Satz 1).

3. Annahmeverzug der Beklagten scheidet aus, wenn der Kunde, bei dem der Kläger eingesetzt war (und bei dem er nach Ziff. 1.1 Arbeitsvertrag allein eingesetzt werden durfte) am 6. [X.]ai 2011 dem Kläger für das Einsatzobjekt ein durch sein Verhalten veranlasstes Hausverbot erteilt hat.

a) Unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen kommt der Arbeitgeber nach § 297 [X.] nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die Leistungsfähigkeit ist - neben dem Leistungswillen - eine vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten [X.] vorliegen muss. Unerheblich ist dabei die Ursache für die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Das Unvermögen kann auf tatsächlichen Umständen (wie zB Arbeitsunfähigkeit) beruhen oder ihre Ursache im Rechtlichen haben, etwa wenn ein gesetzliches Beschäftigungsverbot besteht oder eine erforderliche Erlaubnis für das Ausüben der geschuldeten Tätigkeit fehlt ([X.]., vgl. nur [X.] 21. Oktober 2015 - 5 [X.] 843/14 - Rn. 27 f. mwN, [X.]E 153, 85).

Kann dagegen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur de[X.]alb nicht einsetzen, weil er dem Kunden vertraglich ein [X.]itspracherecht bei der Auswahl der Arbeitnehmer eingeräumt hat, und widersetzt sich der Kunde dem Einsatz eines bestimmten Arbeitnehmers, begründet das grundsätzlich kein Unvermögen dieses Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Bei einem solchen „Einsatzverbot“ scheidet Annahmeverzug des Arbeitgebers erst aus, wenn ihm nach [X.] und Glauben unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Arbeitslebens die Annahme der Arbeitsleistung unzumutbar ist ([X.] 21. Oktober 2015 - 5 [X.] 843/14 - Rn. 33 f., [X.]E 153, 85).

b) Nach diesen Grundsätzen bedingte ein an den Kläger gerichtetes, aus seiner Sphäre resultierendes Hausverbot des Kunden Unvermögen iSd. § 297 [X.] (vgl. [X.] 18. September 2008 - 2 [X.] 1060/06 - Rn. 18; [X.]/[X.] 7. Aufl. § 615 [X.] Rn. 55; [X.]/[X.] ArbR-Hdb 16. Aufl. § 95 Rn. 44). Ein solches wäre nicht lediglich eine Aufforderung an die Beklagte, den Kläger nicht mehr wie bi[X.]er einzusetzen. Ein Hausverbot bringt vielmehr den einem Betreten des geschützten Raums entgegenstehenden Willen des Hausrechtsinhabers zum Ausdruck [X.] StGB 63. Aufl. § 123 Rn. 19 f.). Damit wäre der Kläger, wollte er sich nicht strafbar machen (zur strafrechtlichen Beachtlichkeit auch des mit Rechtsmitteln angegriffenen [X.] [X.]. [X.] 8. Oktober 1981 - 3 [X.] -, - 3 [X.] - zu II 4 a aa der Gründe; [X.]. 21 mwN), aufgrund des ihm erteilten [X.] wenn nicht tatsächlich, so doch rechtlich gehindert, an die Arbeitsstelle zu gelangen und die dort geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Weil nach § 294 [X.] die Leistung so angeboten werden muss, wie sie zu bewirken ist, also am rechten Ort, zur rechten [X.] und in der rechten Art und Weise entsprechend dem Inhalt des Schuldverhältnisses ([X.] 24. September 2014 - 5 [X.] 611/12 - Rn. 37, [X.]E 149, 144), liegt Unvermögen iSd. § 297 [X.] auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer an sich arbeitsfähig ist, aber nicht an den Arbeitsplatz gelangen kann.

c) Ob Unvermögen ausscheidet, wenn es dem Arbeitgeber möglich und zumutbar ist, den Arbeitnehmer auf einem anderen zur Verfügung stehenden Arbeitsplatz einzusetzen (so [X.] 18. September 2008 - 2 [X.] 1060/06 - Rn. 18 mwN) oder in einem solchen Falle nur ein Schadensersatzanspruch in Betracht käme, wenn der Arbeitgeber schuldhaft sein Direktionsrecht nicht neu ausübt (vgl. [X.] 19. [X.]ai 2010 - 5 [X.] 162/09 - Rn. 25 ff., [X.]E 134, 296), braucht der [X.] nicht zu entscheiden. Denn eine andere Tätigkeit als im Objekt [X.] ist arbeitsvertraglich nicht vereinbart, noch hat sich der Kläger auf eine andere Beschäftigungsmöglichkeit berufen.

d) Das durch ein Hausverbot begründete Unvermögen des betroffenen Arbeitnehmers entsteht unabhängig davon, ob der Kunde dabei vertragliche Rücksichtnahmepflichten verletzt.

aa) Nach § 241 Abs. 2 [X.] ist jeder Teil eines Schuldverhältnisses zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks ([X.] 10. September 2009 - 2 [X.] 257/08 - Rn. 20, [X.]E 132, 72). De[X.]alb kann eine Pflicht zu leistungssichernden [X.]aßnahmen bestehen, insbesondere wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht (vgl. [X.] 19. [X.]ai 2010 - 5 [X.] 162/09 - Rn. 26 mwN, [X.]E 134, 296). Dabei können die Pflichten aus § 241 Abs. 2 [X.] gemäß § 311 Abs. 3 Satz 1 [X.] auch Personen treffen, die nicht selbst Vertragspartei sind.

bb) Daraus folgt:

Ein Unternehmer, der in seinem Betrieb anfallende Arbeiten an einen Dritten vergibt, hat - wie dies für die Leiharbeit ausdrücklich in § 11 Abs. 6 [X.] geregelt ist - nicht nur dafür Sorge zu tragen, dass die zu ihm entsandten Arbeitnehmer den Vorschriften des [X.] entsprechende Bedingungen vorfinden (vgl. dazu [X.]/[X.] 6. Aufl. § 618 Rn. 25; [X.]/[X.] 7. Aufl. § 618 [X.] Rn. 9 mwN). Er muss, behält er sich kein [X.]itspracherecht über die Auswahl der bei ihm eingesetzten Beschäftigten vor, deren Anwesenheit im Betrieb dulden und darf ihnen nicht ohne triftigen Grund durch [X.]aßnahmen des Hausrechts die Erledigung der zugewiesenen Arbeiten unmöglich machen. Dabei wird ein Hausverbot die Rücksichtnahmepflicht regelmäßig nicht verletzen, wenn sich ein Arbeitnehmer gegenüber dem Kunden in einer Art und Weise fehl verhält, bei der im Arbeitsverhältnis ein verständiger Arbeitgeber ernsthaft eine Kündigung in Erwägung ziehen dürfte.

Verletzt der Kunde durch ein Hausverbot die ihm gegenüber einem in seinen Betrieb eingesetzten Arbeitnehmer des beauftragten [X.] obliegende Rücksichtnahmepflicht schuldhaft, hat dieser nach § 280 Abs. 1 [X.] einen auf die entgangene Vergütung (§ 252 [X.]) gerichteten Schadensersatzanspruch, der - gegebenenfalls hilfsweise - mit der Inanspruchnahme des Arbeitgebers gemäß § 2 Abs. 3 ArbGG bei den Gerichten für Arbeitssachen anhängig gemacht werden kann.

4. Die bi[X.]erigen Feststellungen des [X.] rechtfertigen nicht die Annahme, bei einem Hausverbot des Kunden hätte der Kläger den Vergütungsanspruch jedenfalls nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] behalten.

a) Fehlt es an den Voraussetzungen des Annahmeverzugs, weil ein Fall des § 297 [X.] gegeben war, steht § 615 [X.] der Anwendung von § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] nicht entgegen ([X.] 23. September 2015 - 5 [X.] 146/14 - Rn. 26, [X.]E 152, 327). Danach bleibt der Vergütungsanspruch erhalten, wenn der Arbeitgeber für die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers allein oder weit überwiegend verantwortlich ist, sie also iSd. §§ 276, 278 [X.] allein oder weit überwiegend zu vertreten hat ([X.] 19. August 2015 - 5 [X.] 975/13 - Rn. 29, [X.]E 152, 213; 23. September 2015 - 5 [X.] 146/14 - Rn. 28, aaO).

b) Für die Annahme, die Beklagte könne für ein Unvermögen des [X.] begründendes Hausverbot des Kunden allein oder weit überwiegend verantwortlich sein, hat der Kläger nichts vorgetragen.

Soweit das [X.] in diesem Zusammenhang annimmt, die Beklagte habe mit dem Abschluss des Arbeitsvertrags das Risiko übernommen, „dass die Auftraggeberin die Arbeitsleistung des [X.] nicht zulässt“, fehlen dafür ausreichende Anhaltspunkte. Eine vertragliche Übernahme des bei subjektiven Leistung[X.]indernissen an sich den Arbeitnehmer treffenden [X.] durch den Arbeitgeber ist zwar möglich und besonders dann naheliegend, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer trotz Kenntnis des Leistung[X.]indernisses einstellt ([X.] 23. September 2015 - 5 [X.] 146/14 - Rn. 32, [X.]E 152, 327). Der Umstand, dass der Arbeitnehmer (nur) für eine bestimmte Tätigkeit in einem bestimmten Objekt an einem bestimmten Ort eingestellt wurde, kann vielfältige Gründe haben und auch im Interesse des Arbeitnehmers liegen. Er rechtfertigt allein nicht die Annahme, der Arbeitgeber wolle damit vertraglich das [X.] übernehmen für den Fall, dass der Kunde dem Arbeitnehmer ein aus dessen Sphäre resultierendes Hausverbot erteilt.

5. Auch für die Erwägung, bei einem Hausverbot könne die eingeklagte Vergütung dem Kläger unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zustehen, fehlt jeder Anhaltspunkt.

Zwar ist nach § 241 Abs. 2 [X.] jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet, wozu auch leistungssichernde [X.]aßnahmen gehören können (vgl. oben Rn. 28). Erteilt ein Kunde einem Arbeitnehmer Hausverbot, kann es im Rahmen der [X.]itwirkungspflicht geboten sein, dass der Arbeitgeber auf den Kunden einwirkt und - im Rahmen des im Einzelfall Zumutbaren - versucht, eine Aufhebung der [X.]aßnahme zu erwirken. Dass die Beklagte eine solche Pflicht verletzt hätte, ergibt sich jedoch weder aus den Feststellungen des [X.] noch dem Vorbringen des [X.].

III. Kommt das [X.] im erneuten Berufungsverfahren zu dem Ergebnis, der Kläger könne für den streitgegenständlichen [X.]raum Vergütung wegen Annahmeverzugs beanspruchen, wird es der Frage nachgehen müssen, in welcher Höhe der Kläger für die streitgegenständliche Forderung aktivlegitimiert ist.

1. Der Kläger hat im Streitzeitraum - wie auch zuvor - in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] erhalten. Nach § 115 [X.], der gemäß § 33 Abs. 5 [X.] der Regelung des Übergangs von Ansprüchen nach § 33 Abs. 1 [X.] vorgeht, hat ein Anspruchsübergang auf das Jobcenter [X.] stattgefunden, soweit dieses wegen der Nichterfüllung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt (zum Erfordernis der Kausalität, vgl. [X.] 29. April 2015 - 5 [X.] 756/13 - Rn. 8 ff., [X.]E 151, 281) Grundsicherungsleistungen an die Bedarfsgemeinschaft (zum Anspruchsübergang nach § 115 SGB X bei Bedarfsgemeinschaften, vgl. [X.] 21. [X.]ärz 2012 - 5 [X.] 61/11 - [X.]E 141, 95) erbracht hat. Es ist zwar bislang nicht ausdrücklich festgestellt, aber anzunehmen, dass sich infolge des Wegfalls des Arbeitseinkommens des [X.] die Grundsicherungsleistungen an die Bedarfsgemeinschaft im Streitzeitraum erhöhten.

Aufgrund des Rückübertragungs- und Abtretungsvertrags vom 6. Februar 2015, den der Kläger und das Jobcenter [X.] gemäß § 33 Abs. 4 [X.] geschlossen haben, sind die übergegangenen Ansprüche im Wege einer privatrechtlichen Abtretung nach § 398 [X.] auf den Kläger zurückübertragen worden, so dass er insoweit wieder Inhaber der streitgegenständlichen Forderung ist.

2. Der Kläger hat aber, wie sich aus den im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen und seiner Einlassung im Revisionsverfahren ergibt, nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte und Ablauf einer Sperrzeit auch Arbeitslosengeld I bezogen mit der Folge, dass in Höhe der bezogenen Leistung ein Anspruchsübergang nach § 115 SGB X auf die [X.] erfolgt und der Kläger insoweit nicht aktivlegitimiert ist.

3. Sofern sich die Klage im erneuten Berufungsverfahren als begründet erweisen sollte, stehen dem Kläger auf den [X.] Zinsen zu, § 288 Abs. 1 iVm. § 286 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Soweit der Kläger zum Anspruchsübergang nach § 115 SGB X führende öffentlich-rechtliche Leistungen erhalten hat, sind diese ab dem [X.]punkt des tatsächlichen Zuflusses auszunehmen ([X.] 19. [X.]ärz 2008 - 5 [X.] 429/07 - Rn. 16, [X.]E 126, 198; 29. April 2015 - 5 [X.] 756/13 - Rn. 19, [X.]E 151, 281).

        

    [X.]üller-Glöge    

        

    Biebl     

        

    Volk     

        

        

        

    Buschmann     

        

    [X.]    

                 

Meta

5 AZR 224/16

28.09.2016

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Mannheim, 25. November 2014, Az: 7 Ca 195/11, Urteil

§ 615 S 1 BGB, § 293 BGB, § 297 BGB, § 326 Abs 1 BGB, § 326 Abs 2 S 1 BGB, § 611 BGB, § 615 S 3 BGB, § 294 BGB, § 241 Abs 2 BGB, § 275 BGB, § 615 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.09.2016, Az. 5 AZR 224/16 (REWIS RS 2016, 4797)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4797

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 AZR 154/22 (Bundesarbeitsgericht)

Annahmeverzugsvergütung - Reiserückkehrer aus Risikogebiet


5 AZR 146/14 (Bundesarbeitsgericht)

Annahmeverzug - Leistungsunfähigkeit - auflösende Bedingung


5 AZR 407/21 (Bundesarbeitsgericht)

Beschäftigungsanspruch - rechtliche Unmöglichkeit - widersprüchliches Verhalten


5 AZR 843/14 (Bundesarbeitsgericht)

Annahmeverzug - Unvermögen


5 AZR 162/09 (Bundesarbeitsgericht)

Annahmeverzug - Leistungsfähigkeit - leidensgerechter Arbeitsplatz - Rücksichtnahmepflicht - Schadensersatz


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.