Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.12.2011, Az. 27 W (pat) 94/11

27. Senat | REWIS RS 2011, 768

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Frauenherzen" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 015 186.5

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] durch [X.] [X.], [X.] und die Richterin [X.] am 6. Dezember 2011

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

1

I.    

2

Die Markenstelle für [X.] des [X.] hat die Anmeldung der Wortmarke

3

Frauenherzen

4

mit Beschluss vom 22. April 2010 vollständig und mit Erinnerungsbeschluss vom 21. Juni 2011 teilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen der

5

Klasse 9: belichtete Filme, auch kinematografische Filme; optische und magnetische Aufzeichnungs- und Datenträger, Schallplatten, [X.], DVDs, Disketten, Tonträger, Video- und Audiobänder und -kassetten, Videospielkassetten; Videospiele als Zusatzgeräte für externen Bildschirm oder Monitor; Computerspiele, insbesondere mit filmbegleitenden Themen; auf Datenträgern gespeicherte musikalische Werke, Spielfilme und Tonaufnahmen; musikalische Werke, Spielfilme, Tonaufnahmen (herunterladbar);

6

Klasse 16: [X.], insbesondere Bücher, [X.], [X.], Prospekte, Rundschreiben. Zeitschriften und Zeitungen; Photographien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);

7

Klasse 35: Sammeln und Zusammenstellen von themenbezogenen Presseartikeln;

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[X.]: Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Musikdarbietungen und Theateraufführungen; Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen und Wettbewerben im Unterhaltungsbereich, auch zur Aufzeichnung oder als Livesendung im [X.]; Durchführung von Live-Unterhaltungsveranstaltungen; Erstellen von Bildreportagen; Fernseh- und Rundfunkunterhaltung; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Workshops; Organisation und Durchführung von Show-, Quiz- und Musikveranstaltungen sowie Veranstaltung von Wettbewerben im Unterhaltungs- und Sportbereich, auch zur Aufzeichnung oder als Live-Sendung im [X.],

9

nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke insoweit die erforderliche Unterscheidungskraft fehle und der Eintragung ein Freihaltungsbedürfnis entgegenstehe.

„Frauenherzen“ sei im Zusammenhang mit den weiterhin zurückzuweisenden Waren und Dienstleistungen im medizinisch-anatomischen Sinn die Bezeichnung für Organe und werde darüber hinaus in der Werbung im übertragenen Sinn als schlagwortartige Bestimmungsangabe verwendet, um darauf hinzuweisen, dass Waren- und Dienstleistungsangebote besonders Frauen ansprächen. Diese Bezeichnung sei daher sachbezogen und kein Hinweis auf die Herkunft der so gekennzeichneten Erzeugnisse aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb.

Bezüglich der Waren bzw. Dienstleistungen im Bereich Datenträger bzw. der Produktion / Herausgabe von Medien und Filmen sowie Unterhaltung und Kultur beschreibe „Frauenherzen" eine Eigenschaft der Veranstaltungen und Sendungen, nämlich dass sie sich mit dem Thema „Frauen/Gefühlswelt von Frauen / Gesundheit von Frauen“ befassten.

Insoweit handle es sich daher um eine Inhaltsangabe.

Der Erinnerungsbeschluss ist der Anmelderin am 24. Juni 2011 zugestellt worden.

Dagegen wendet sie sich mit ihrer Beschwerde vom 21. Juli 2011.

Sie ist der Auffassung, bei dem angemeldeten Zeichen handle es sich weder um ein Wort, das einen für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt aufweise, noch handle es sich um eine Angabe, die einen eng beschreibenden Bezug zu den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen herstellen könnte.

Die angemeldete Bezeichnung „Frauenherzen“ sei phantasievoll und besitze eine begriffliche Unschärfe, so dass sie keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt habe.

„Frauenherzen“ sei mehrdeutig und könne auch im übertragenen Sinn verstanden werden. Der Begriff könne, wie auch die Markenstelle bestätige, sowohl medizinisch-anatomisch (medizinisches Organ) als auch metaphorisch (als Bestandteil von Redewendungen wie „höher schlagen lassen“ oder „erobern“) verstanden werden. Bereits aus diesem Grund liege nach allgemeiner Lebenserfahrung die Annahme fern, das angesprochene Publikum würde der Bezeichnung „Frauenherzen“ einen „im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt“ zuordnen und diesen „stets nur als solchen und nicht als Unterscheidungsmittel“ verstehen.

Darüber hinaus rechtfertige die Eintragung der Marke „Männerherzen“ auch die Eintragung des angemeldeten Begriffs.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für [X.] vom 22. April 2010 und vom 21. Juni 2011 insoweit aufzuheben als sie dem angemeldeten Zeichen den Schutz versagt haben.

II.     

Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 [X.], § 26 Abs. 1 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Anmelderin keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt hat und der [X.] diese auch nicht für erforderlich hält, § 69 [X.].

2.

Zu Recht und mit eingehender sowie zutreffender Begründung, der sich der [X.] zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die weitere Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] versagt.

Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.

Dem angemeldete Zeichen „Frauenherzen“ fehlt für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft.

a)

Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen, von denjenigen anderer zu unterscheiden sowie deren Ursprungsidentität zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 1027, 1029 - Das Prinzip der Bequemlichkeit; [X.], 949, Rn. 28 - My World).

Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen, zum anderen im Hinblick auf das beteiligte Publikum zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 943 - SAT.2).

Es kommt dabei nicht darauf an, welche Bedeutung die einzelnen Wortbestandteile haben und ob die Kombination lexikalisch nachweisbar ist oder es sich um eine Wortneuschöpfung handelt oder der Begriff bereits häufig verwendet wird, sondern wie das angemeldete Zeichen seinem Sinn nach in seiner Gesamtheit verstanden wird und ob die angesprochenen Verbraucher dem einen Herkunftshinweis entnehmen.

b)

Ausgehend hiervon fehlt der Wortkombination „Frauenherzen“ jegliche Unterscheidungseignung und Unterscheidungskraft, weil ihr das angesprochenen Publikum für die noch strittigen Waren und Dienstleistungen lediglich eine sachliche Aussage entnehmen und sie nicht als Unterscheidungsmittel verstehen wird.

Wie die Markenstelle eingehend ausgeführt und belegt hat, worauf der [X.] auch zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, wird der Begriff im wörtlichen und im übertragenen Sinn mit Waren und Dienstleitungen in Zusammenhang gebracht, die aufgrund ihrer Beschaffenheit, Ausführung etc. besonders für Frauen geeignet sind, Frauen als Zielgruppe haben und / oder deren Gefühle ansprechen sollen.

Die noch beanspruchten Waren der Klassen 9, 16 und 30 (belichtete Filme, auch kinematografische Filme; optische und magnetische Aufzeichnungs- und Datenträger, Schallplatten, [X.], [X.], Disketten, Tonträger, Video- und Audiobänder und -kassetten, Videospielkassetten; Videospiele als Zusatzgeräte für externen Bildschirm oder Monitor; Computerspiele, insbesondere mit filmbegleitenden Themen; auf Datenträgern gespeicherte musikalische Werke, Spielfilme und Tonaufnahmen; musikalische Werke, Spielfilme, Tonaufnahmen (herunterladbar); [X.], insbesondere Bücher, [X.], [X.], Prospekte, Rundschreiben, Zeitschriften und Zeitungen; Photographien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)) können Informationen zu Frauenherzen bereitstellen, bspw. im medizinisch-anatomischen Sinn über die Besonderheiten von Frauenherzen berichten.

Im Bereich von Medien und Filmen sowie Unterhaltung und Kultur und den strittigen Dienstleitungen der Klassen 35 und 41 (Sammeln und Zusammenstellen von themenbezogenen Presseartikeln; Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Musikdarbietungen und Theateraufführungen; Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen und Wettbewerben im Unterhaltungsbereich, auch zur Aufzeichnung oder als Livesendung im [X.]; Durchführung von Live-Unterhaltungsveranstaltungen; Erstellen von Bildreportagen; Fernseh- und Rundfunkunterhaltung; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Workshops; Organisation und Durchführung von Show-, Quiz- und Musikveranstaltungen sowie Veranstaltung von Wettbewerben im Unterhaltungs- und Sportbereich, auch zur Aufzeichnung oder als Live-Sendung im [X.]) wird mit Frauenherzen der Gegenstand von Veranstaltungen oder Sendungen beschrieben, nämlich dass sie sich mit dem Thema Frauen / Gefühlswelt von Frauen / Gesundheit von Frauen befassen. Insoweit handelt es sich daher um eine Inhaltsangabe.

Auch dass die Bezeichnung „Frauenherzen“ sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinn verstanden werden kann, macht sie entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht eintragungsfähig; denn auch verschiedene gleichwertige Bedeutungen eines Begriffs sprechen nicht für dessen Unterscheidungskraft, wenn sich in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen alle Deutungsmöglichkeiten als sachbezogen oder sonst als zur Erfüllung der Herkunftsfunktion ungeeignet erweisen ([X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.], 778, 779 - Urlaub Direkt), was in Bezug auf die angemeldete Wortkombination bei beiden vorgenannten [X.] der Fall ist.

„Frauenherzen“ fehlt daher für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft.

3.

Ob an der angemeldeten Bezeichnung auch ein Freihaltungsbedürfnis besteht, so dass der angemeldeten Marke auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegenstünde, kann demnach dahingestellt bleiben.

4.

Soweit die Anmelderin auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen wie etwa „Männerherzen“ verweist, vermag sie hieraus keinen Anspruch auf Eintragung der vorliegenden Markenanmeldung herzuleiten.

Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des [X.], die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen.

Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige [X.] als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (B[X.], Beschluss vom 10. Januar 2007, [X.].: 29 W (pat) 43/04, BeckRS 2007, 12252 - [X.]). Allein aus - wie hier - einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen lässt sich jedoch noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann.

Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen ([X.] GRUR 2009, 667, 668 Rn. 18 - Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und Schwabenpost).

5.

Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 [X.]) besteht kein Anlass.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 83 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 574 ZPO) sieht der [X.] keinen Anlass. Der Fall wirft keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, die einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen. Der [X.] weicht mit dieser Entscheidung nicht von Entscheidungen anderer [X.]e oder Gerichte ab. Die Entscheidung erschöpft sich vielmehr in einer einzelfallbezogenen Anwendung höchstrichterlich geklärter Beurteilungsgrundsätze.

Meta

27 W (pat) 94/11

06.12.2011

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.12.2011, Az. 27 W (pat) 94/11 (REWIS RS 2011, 768)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 768

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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