Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.09.2021, Az. 9 AZR 3/21 (A)

9. Senat | REWIS RS 2021, 2813

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Gegenstand

Urlaub - Langzeiterkrankung - Mitwirkungsobliegenheiten - Übertragungsanspruch - Aussetzung wegen präjudiziellen Verfahrens


Tenor

[X.] Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 17. November 2020 - 8 [X.] - wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die [X.]bweisung der Klage auf Zahlung von Urlaubsabgeltung für Urlaub aus dem [X.] iHv. 6.395,21 Euro brutto und dem [X.] iHv. 6.397,40 Euro brutto nebst Zinsen richtet.

I[X.] Im Übrigen wird das Revisionsverfahren bis zur Erledigung des Vorabentscheidungsersuchens des [X.] nach [X.]rt. 267 [X.]EUV vom 7. Juli 2020 (- 9 [X.] ([X.]) -) im Revisionsverfahren - 9 [X.] - ausgesetzt.

II[X.] [X.] bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Abgeltung von Urlaub aus den Jahren 2015 bis 2017.

2

Die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigte den Kläger seit dem 1. November 2001 zuletzt auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom 3. Dezember 2003 als Monteur. Mit Schreiben vom 27. November 2019 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis aus gesundheitlichen Gründen zum 31. Dezember 2019. Vom 18. November 2015 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses war er krankheitsbedingt arbeitsunfähig.

3

Der Kläger hatte im Kalenderjahr Anspruch auf 30 Arbeitstage Erholungsurlaub. Die Beklagte gewährte ihm im [X.] an 21 Arbeitstagen Urlaub und in den Jahren 2016 und 2017 keinen Urlaub. Sie hat den Kläger weder aufgefordert, den Urlaub zu nehmen, noch darauf hingewiesen, dass nicht beantragter Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahrs oder Übertragungszeitraums verfallen kann.

4

Die Beklagte erteilte dem Kläger zunächst Lohnabrechnungen, in denen die [X.]sansprüche aus dem laufenden Kalenderjahr und den Vorjahren ausgewiesen, ihnen [X.] zugeordnet und die Urlaubsansprüche, wie auch die [X.], fortlaufend saldiert wurden. In der Abrechnung Januar 2019 waren insgesamt 113 Urlaubstage angegeben. Beginnend mit dem Monat Februar 2019 beschränkte die Beklagte die Angaben auf den nicht genommenen Urlaub aus dem laufenden Kalenderjahr und dem Vorjahr bzw. den letzten beiden Vorjahren. In der Abrechnung Dezember 2018 waren in der Rubrik „Vorjahr“ als „Url. - Stand“ 53 Tage, in der Rubrik „lfd. Jahr“ 30 Tage und in der Rubrik „[X.]“ 83 Tage angegeben, in der Abrechnung März 2019 in der Rubrik „Vorjahr“ als „Url. - Stand“ 30 Tage, in der Rubrik „lfd. Jahr“ 7 Tage und in der Rubrik „[X.]“ 37 Tage. Nachdem der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 3. April und 20. Mai 2019 erfolglos aufgefordert hatte, die „Kürzung“ seiner Urlaubsansprüche zurückzunehmen bzw. seinen Urlaub aus den Vorjahren anzuerkennen, hat er die vorliegende Klage eingereicht.

5

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte sei verpflichtet, 9 Urlaubstage aus 2015 mit 2.198,99 Euro brutto, 30 Urlaubstage aus 2016 mit 6.395,21 Euro brutto und 30 Urlaubstage aus 2017 mit 6.397,40 Euro brutto abzugelten. Der Urlaub sei trotz seiner dauerhaften Erkrankung nicht verfallen, weil die Beklagte es unterlassen habe, ihn rechtzeitig auf den drohenden Verfall hinzuweisen. Er sei aus diesem Grund nicht in der Lage gewesen, bei den behandelnden Ärzten - in der Erwartung, dass bei Gewährung von Urlaub auch seine Arbeitsfähigkeit jedenfalls ab 2016 wieder dauerhaft hergestellt werde - auf eine Gesundschreibung hinzuwirken und Urlaub tatsächlich zu nehmen. Sein Urlaubsanspruch habe bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedenfalls als Ersatzurlaubsanspruch fortbestanden. Zudem habe die Beklagte die [X.]sansprüche, deren Abgeltung er verlange, durch die fortlaufende Saldierung in den Lohnabrechnungen anerkannt.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.961,60 Euro brutto nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basissatz seit dem 7. Mai 2020 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die nicht erfüllten Urlaubsansprüche des [X.] aus den Jahren 2015 bis 2017 seien 15 Monate nach dem Ende des jeweiligen [X.] erloschen. Sie habe auf den drohenden Verfall des Urlaubs nicht hinweisen müssen, denn dem Kläger sei es aufgrund seiner Erkrankung objektiv unmöglich gewesen, den Urlaub zu nehmen. Mit den Lohnabrechnungen sei sie ihrer Verpflichtung nach § 108 [X.] nachgekommen. Soweit darin verfallener Urlaub als [X.] angegeben sei, beruhe dies auf einem Systemfehler.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufung hat der Kläger die Klage, die er zunächst ausschließlich auf die Feststellung gerichtet hatte, dass ihm aus dem Jahre 2015 noch 9 Urlaubstage und aus den Jahren 2016 und 2017 jeweils noch 30 Urlaubstage zustünden, geändert und anstelle des Feststellungsantrags den Leistungsantrag auf Abgeltung des Urlaubs gestellt. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die [X.]bweisung der Klage auf Zahlung von Urlaubsabgeltung für Urlaub aus dem [X.] iHv. 6.395,21 Euro brutto und dem [X.] iHv. 6.397,40 Euro brutto nebst Zinsen richtet. Soweit der Kläger im Übrigen die [X.]bgeltung von Urlaub für das [X.] verlangt, wird das Verfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] über das Vorabentscheidungsersuchen im Revisionsverfahren - 9 [X.] ([X.]) - analog § 148 ZPO ausgesetzt.

[X.]. Die Revision des [X.] ist nicht deshalb zurückzuweisen, weil der Kläger die Klage im Berufungsverfahren von einem Feststellungsantrag auf einen Leistungsantrag umgestellt hat. Die im Laufe des Berufungsverfahrens vollzogene Klageänderung führt nicht zur Unzulässigkeit der Berufung.

I. Die Zulässigkeit der Berufung ist eine vom Revisionsgericht von [X.]mts wegen zu prüfende Prozessfortsetzungsvoraussetzung. Fehlt sie, ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, auch wenn das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat (st. Rspr. zuletzt zB B[X.]G 18. September 2019 - 4 [X.]ZR 275/18 - Rn. 10; 6. September 2018 - 6 [X.]ZR 204/17 - Rn. 14 mwN). Das Rechtsmittel der Berufung setzt voraus, dass der Berufungskläger die Beseitigung einer in der angefochtenen Entscheidung liegenden Beschwer erstrebt (vgl. hierzu B[X.]G 24. Oktober 2017 - 1 [X.]BR 45/16 - Rn. 9, B[X.]GE 160, 386; 15. November 2016 - 9 [X.]ZR 125/16 - Rn. 10; vgl. auch [X.] 29. September 2011 - IX ZB 106/11 - Rn. 7).

II. Danach war die Berufung ungeachtet der „[X.]ntragsumstellung“ zulässig. Der Kläger erstrebte mit der Berufung die Beseitigung der in der angefochtenen Entscheidung liegenden Beschwer. Wäre die klageabweisende Entscheidung des [X.]rbeitsgerichts in Rechtskraft erwachsen, stünde dies der Begründetheit der [X.]bgeltungsklage entgegen. Mit der [X.]bweisung des [X.] als unbegründet wäre rechtskräftig festgestellt, dass das vom Kläger geltend gemachte materielle Recht - der Urlaub aus den Jahren 2015 bis 2017 - vor Beendigung des [X.]rbeitsverhältnisses nicht mehr bestand (vgl. [X.]/[X.]/[X.] ZPO 18. [X.]ufl. § 322 Rn. 58; [X.]/[X.] ZPO 33. [X.]ufl. § 322 Rn. 12). Der Kläger wäre daran gehindert gewesen, im [X.] die [X.]bgeltung des Urlaubs zu verlangen, denn der [X.]nspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 [X.]bs. 4 [X.] setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des [X.]rbeitsverhältnisses ein offener Urlaubsanspruch besteht, der wegen der Beendigung des [X.]rbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.

B. Die Klage ist zulässig.

I. Über die Zulässigkeit der Klageänderung in der Berufungsinstanz hat der Senat keine Entscheidung zu treffen. Das [X.] hat über den Leistungsantrag in der Sache entschieden. Daher ist in entsprechender [X.]nwendung von § 268 ZPO in der Revision nicht mehr zu prüfen, ob eine Klageänderung iSv. § 533 ZPO iVm. § 64 [X.]bs. 6 Satz 1 [X.]rbGG gegeben ist und diese ggf. zulässig ist (B[X.]G 24. Februar 2021 - 10 [X.]ZR 8/19 - Rn. 36; 18. November 2020 - 5 [X.]ZR 57/20 - Rn. 15 mwN).

II. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 [X.]bs. 2 Nr. 2 ZPO.

1. Der Kläger muss, soll die Klage den Bestimmtheitsanforderungen von § 253 [X.]bs. 2 Nr. 2 ZPO genügen, die begehrte Rechtsfolge aus einem konkreten Lebensvorgang ableiten. Verlangt ein [X.]rbeitnehmer im Weg einer objektiven Klagehäufung nach § 260 ZPO, den [X.]rbeitgeber zu verurteilen, ihm nicht genommenen Urlaub abzugelten, der aus mehreren Kalenderjahren stammt, muss erkennbar sein, aus welchen Einzelforderungen sich die „Gesamtklage“ zusammensetzt (B[X.]G 30. Oktober 2019 - 10 [X.]ZR 177/18 - Rn. 15, B[X.]GE 168, 290; 19. Februar 2019 - 3 [X.]ZR 215/18 - Rn. 16, B[X.]GE 165, 357; 29. [X.]ugust 2018 - 7 [X.]ZR 206/17 - Rn. 20), denn das [X.]bgeltungsverlangen bildet hinsichtlich eines jeden einzelnen [X.] einen eigenen Streitgegenstand (vgl. B[X.]G 23. Januar 2018 - 9 [X.]ZR 200/17 - Rn. 26 ff., B[X.]GE 161, 347).

2. Diesen [X.]nforderungen genügt die Klage. Ihr ist zu entnehmen, aus welchen Einzelforderungen sich der [X.]bgeltungsbetrag zusammensetzt. Unter Berücksichtigung der Klagebegründung ist mit hinreichender Bestimmtheit erkennbar, auf wie viele Urlaubstage aus den Jahren 2015 bis 2017 als Klagegrund sich der [X.]ntrag bezieht und in welcher Höhe der Kläger die [X.]bgeltung von Urlaub aus dem jeweiligen Kalenderjahr verlangt.

C. Die Revision ist unbegründet, soweit sie gegen die [X.]bweisung der Klage auf die [X.]bgeltung für Urlaub aus den Jahren 2016 und 2017 gerichtet ist. Der Kläger erwarb zwar zu Beginn der [X.] und 2017 jeweils einen vertraglichen Urlaubsanspruch von 30 [X.]rbeitstagen, der den gesetzlichen Urlaubsanspruch einschloss (§§ 1, 3, 4 [X.]) und nicht durch Erfüllung gemäß § 362 [X.]bs. 1 BGB erloschen ist. Er hat jedoch für diesen Zeitraum keinen [X.]nspruch gemäß § 7 [X.]bs. 4 [X.] auf Urlaubsabgeltung, weil seine gesetzlichen und vertraglichen Urlaubsansprüche aus den genannten Jahren 15 Monate nach [X.]blauf des jeweiligen [X.] und damit vor Beendigung des [X.]rbeitsverhältnisses erloschen sind. Dies folgt, wie das [X.] im Ergebnis zutreffend erkannt hat, für den gesetzlichen Mindesturlaub aus § 7 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.] und gilt entsprechend für den vertraglichen Mehrurlaub, weil die Parteien keine vom [X.] abweichende Vereinbarung getroffen haben. [X.]bgeltungsansprüche konnten nicht mehr entstehen. Dem Kläger steht deshalb auch kein Zinsanspruch zu.

I. Die Voraussetzungen eines Teilurteils nach § 301 [X.]bs. 1 Satz 1 ZPO über die [X.]bgeltung von Urlaub aus den Jahren 2016 und 2017 sind erfüllt. Bei den [X.]bgeltungsansprüchen, die der Kläger in Bezug auf Urlaub aus den Jahren 2015 bis 2017 geltend macht, handelt es sich um eine Mehrheit selbständiger prozessualer [X.]nsprüche (vgl. B[X.]G 23. Januar 2018 - 9 [X.]ZR 200/17 - Rn. 26 ff., B[X.]GE 161, 347), so dass die Gefahr widersprechender Entscheidungen nicht besteht (vgl. hierzu B[X.]G 27. Mai 2020 - 5 [X.]ZR 387/19 - Rn. 19, B[X.]GE 170, 327; 8. September 2011 - 2 [X.]ZR 388/10 - Rn. 54; [X.] 26. [X.]pril 2012 - [X.]/11 - Rn. 11).

II. Der Senat kann ohne Verstoß gegen § 308 [X.]bs. 1 Satz 1 ZPO (vgl. hierzu B[X.]G 15. [X.]pril 2015 - 4 [X.]ZR 796/13 - Rn. 21 mwN, B[X.]GE 151, 235) über die [X.]bgeltung von primären Urlaubsansprüchen des [X.] aus den Jahren 2016 und 2017 entscheiden. Der Kläger verlangt, wie der Klagebegründung zu entnehmen, gemäß § 7 [X.]bs. 4 [X.] die [X.]bgeltung von gesetzlichem Mindesturlaub und vertraglichem Mehrurlaub aus den Jahren 2016 und 2017 - wie auch aus dem [X.] - unabhängig davon, ob ihm dieser bei Beendigung des [X.]rbeitsverhältnisses noch als Primär- oder Sekundäranspruch zustand (vgl. B[X.]G 19. Februar 2019 - 9 [X.]ZR 423/16 - Rn. 37, B[X.]GE 165, 376).

III. Der gesetzliche Mindesturlaub des [X.] aus dem [X.] ist nach § 7 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.] am 31. März 2018 verfallen und der aus 2017 am 31. März 2019.

1. Für den gesetzlichen Mindesturlaub iSd. §§ 1, 3 [X.]bs. 1 [X.] schreibt § 7 [X.]bs. 3 Satz 1 [X.] vor, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nach § 7 [X.]bs. 3 Satz 2 [X.] nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des [X.]rbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub nach § 7 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.] grundsätzlich in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden; andernfalls erlischt er nach § 7 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.].

a) § 7 [X.]bs. 3 [X.] ist unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass der gesetzliche Urlaub nicht verfällt, wenn der [X.]rbeitnehmer bis zum Ende des [X.] und/oder des [X.] krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist und es ihm deshalb nicht möglich ist, den Urlaub zu nehmen. Der aufrechterhaltene Urlaubsanspruch tritt in diesem Fall zu dem im Folgejahr entstandenen Urlaubsanspruch hinzu und ist damit erneut nach § 7 [X.]bs. 3 [X.] befristet. Er erlischt allerdings bei fortdauernder [X.]rbeitsunfähigkeit 15 Monate nach dem Ende des [X.] (vgl. [X.]. [X.] 22. November 2011 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 28, 38, 44; bestätigt durch [X.] 25. Juni 2020 - C-762/18 und [X.]/19 - [[X.] kasatsionen sad na Republika Bulgaria] Rn. 71 ff.; 29. November 2017 - [X.]/16 - [King] Rn. 55 ff.; B[X.]G 7. [X.]ugust 2012 - 9 [X.]ZR 353/10 - Rn. 23, 32 ff., B[X.]GE 142, 371; vgl. auch 16. Oktober 2012 - 9 [X.]ZR 63/11 - Rn. 9; 18. März 2014 - 9 [X.]ZR 669/12 - Rn. 14).

b) Besteht die [X.]rbeitsunfähigkeit am 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahrs fort, so gebietet Unionsrecht keine weitere [X.]ufrechterhaltung des Urlaubsanspruchs. In diesem Fall liegen besondere Umstände vor, die die Befristung des Urlaubsanspruchs zum Schutz eines überwiegenden Interesses des [X.]rbeitgebers vor dem unbegrenzten [X.]nsammeln von Urlaubsansprüchen rechtfertigen, obwohl es dem erkrankten [X.]rbeitnehmer nicht möglich war, den Urlaubsanspruch zu verwirklichen ([X.] 25. Juni 2020 - C-762/18 und [X.]/19 - [[X.] kasatsionen sad na Republika Bulgaria] Rn. 71 ff.). Ein Zeitraum von 15 Monaten, in dem die Übertragung des [X.]nspruchs auf bezahlten Jahresurlaub möglich ist, entspricht nach der Feststellung des Gerichtshofs der [X.] (im [X.] oder [X.]) unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen von [X.]rbeitnehmer und [X.]rbeitgeber den [X.]nforderungen der Richtlinie 2003/88/[X.] und läuft dem Zweck des [X.]nspruchs auf bezahlten Jahresurlaub nicht zuwider, weil er dessen positive Wirkung für den [X.]rbeitnehmer als Erholungszeit gewährleistet ([X.] 22. November 2011 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 43; B[X.]G 25. [X.]ugust 2020 - 9 [X.]ZR 214/19 - Rn. 16; 7. Juli 2020 - 9 [X.] ([X.]) - Rn. 31, B[X.]GE 171, 231).

2. [X.]usgehend von diesen Grundsätzen sind die gesetzlichen Urlaubsansprüche des [X.] aus den Jahren 2016 und 2017, die zunächst aufrechterhalten blieben, weil es dem Kläger infolge seiner [X.]rbeitsunfähigkeit nicht möglich war, sie in [X.]nspruch zu nehmen, am 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahrs erloschen. Dem Erlöschen der Urlaubsansprüche steht nicht entgegen, dass die [X.] ihre [X.]ufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht erfüllt hat.

a) Die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 [X.]bs. 3 [X.] setzt bei einer mit [X.]rt. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] konformen [X.]uslegung von § 7 [X.] grundsätzlich voraus, dass der [X.]rbeitgeber konkret und in völliger Transparenz dafür Sorge trägt, dass der [X.]rbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Dazu muss er den [X.]rbeitnehmer - erforderlichenfalls förmlich - auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub mit [X.]blauf des Kalenderjahrs oder [X.] verfällt, wenn er ihn nicht beantragt (B[X.]G 19. Februar 2019 - 9 [X.]ZR 423/16 - Rn. 39 ff., B[X.]GE 165, 376). Hat der [X.]rbeitgeber diesen Mitwirkungsobliegenheiten nicht entsprochen, tritt der am 31. Dezember des [X.] nicht verfallene Urlaub zu dem Urlaubsanspruch hinzu, der am 1. Januar des [X.] entsteht. Für ihn gelten, wie für den neu entstandenen Urlaubsanspruch, die Regelungen des § 7 [X.]bs. 1 Satz 1 und [X.]bs. 3 [X.]. Der [X.]rbeitgeber kann deshalb das uneingeschränkte Kumulieren von Urlaubsansprüchen aus mehreren Jahren dadurch vermeiden, dass er seine Mitwirkungsobliegenheiten für den Urlaub aus zurückliegenden [X.]n im aktuellen Urlaubsjahr nachholt ([X.]. B[X.]G 19. Februar 2019 - 9 [X.]ZR 423/16 - Rn. 44, aaO). Diese Grundsätze gelten bei [X.] von [X.]rbeitnehmern nicht uneingeschränkt.

aa) Die [X.]ufforderungs- und Hinweisobliegenheiten des [X.]rbeitgebers bestehen zwar - entgegen der rechtsfehlerhaften [X.]nnahme des [X.]s - auch, wenn und solange der [X.]rbeitnehmer arbeitsunfähig ist (B[X.]G 7. Juli 2020 - 9 [X.] ([X.]) - Rn. 19, B[X.]GE 171, 231). Dem [X.]rbeitgeber ist es möglich, den arbeitsunfähigen [X.]rbeitnehmer rechtzeitig entsprechend den gesetzlichen Vorgaben (vgl. B[X.]G 19. Februar 2019 - 9 [X.]ZR 423/16 - Rn. 41, 43, B[X.]GE 165, 376) zu unterrichten und ihn aufzufordern, den Urlaub bei Wiedergenesung vor [X.]blauf des [X.] oder des [X.] zur Vermeidung des Verfalls so rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des laufenden [X.] oder des [X.] gewährt und genommen werden kann. Die [X.]ufforderungs- und Hinweisobliegenheiten können ihren Zweck erfüllen, auch wenn die Dauer der Erkrankung nicht absehbar ist. Ihre rechtzeitige Erfüllung stellt sicher, dass der [X.]rbeitnehmer die durch das [X.] mit § 7 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] intendierte Dispositionsmöglichkeit hinsichtlich des Zeitraums der Inanspruchnahme des Urlaubs nutzen und ab dem ersten [X.]rbeitstag Urlaub bei Bedarf längerfristig gestaffelt und geplant (vgl. zum Urlaub im Übertragungszeitraum [X.] 22. November 2011 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 38) nach seiner Wiedergenesung in [X.]nspruch nehmen kann, sofern der [X.]rbeitgeber nicht berechtigt ist, die Gewährung von Urlaub nach § 7 [X.]bs. 1 Satz 1 Halbs. 2 [X.] abzulehnen (B[X.]G 7. Juli 2020 - 9 [X.] ([X.]) - Rn. 22, aaO).

bb) [X.]llerdings ist die Befristung des Urlaubsanspruchs bei einem richtlinienkonformen Verständnis des § 7 [X.]bs. 3 [X.] nicht von der Erfüllung der [X.]ufforderungs- und Hinweisobliegenheiten abhängig, wenn es - was erst im Nachhinein feststellbar ist - objektiv unmöglich gewesen wäre, den [X.]rbeitnehmer durch Mitwirkung des [X.]rbeitgebers in die Lage zu versetzen, den Urlaubsanspruch zu realisieren. War der [X.]rbeitnehmer seit Beginn des [X.] durchgehend bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahrs arbeitsunfähig oder trat die bis zu diesem Zeitpunkt fortbestehende [X.]rbeitsunfähigkeit im Verlauf des [X.] ein, ohne dass dem [X.]rbeitnehmer vor deren Beginn (weiterer) Urlaub hätte gewährt werden können, sind nicht Handlungen oder Unterlassungen des [X.]rbeitgebers, sondern allein die [X.]rbeitsunfähigkeit des [X.]rbeitnehmers für den Verfall des Urlaubs kausal.

(1) Die Rechtsfolge der unterlassenen Erfüllung der Obliegenheiten wird wie ihr Inhalt durch den Zweck bestimmt, den [X.]rbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Urlaubsanspruch zu verwirklichen (B[X.]G 7. Juli 2020 - 9 [X.] ([X.]) - Rn. 20 ff., B[X.]GE 171, 231). Kann auch bei Erfüllung der [X.]ufforderungs- und Hinweisobliegenheiten deren Zweck nicht erreicht werden, es dem [X.]rbeitnehmer zu ermöglichen, in Kenntnis aller relevanten Umstände frei darüber zu entscheiden, ob er seinen Urlaub in [X.]nspruch nimmt (vgl. B[X.]G 19. Februar 2019 - 9 [X.]ZR 423/16 - Rn. 40, B[X.]GE 165, 376), ist es dem [X.]rbeitgeber, der seinen Obliegenheiten nicht nachgekommen ist, nicht verwehrt, sich auf die Befristung und das Erlöschen des Urlaubsanspruchs zu berufen (B[X.]G 7. Juli 2020 - 9 [X.] ([X.]) - Rn. 23 ff., aaO). [X.]uch in diesem Fall ist von besonderen Umständen auszugehen, die den Verfall des Urlaubsanspruchs am 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahrs rechtfertigen (B[X.]G 7. Juli 2020 - 9 [X.] ([X.]) - Rn. 19, aaO).

(2) Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der [X.]uslegung des Unionsrechts durch den Gerichtshof. Die gemäß [X.]rt. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und [X.]rt. 31 [X.]bs. 2 GRC bestehende Obliegenheit des [X.]rbeitgebers, den [X.]rbeitnehmer ua. erforderlichenfalls mittels entsprechender [X.]ufforderungen und Hinweise in die Lage zu versetzen, den Urlaub wahrzunehmen ([X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 45 f.), dient nach Feststellung des Gerichtshofs der Vermeidung einer Situation, in der die [X.]ufgabe, für die tatsächliche Wahrnehmung des [X.]nspruchs auf bezahlten Jahresurlaub zu sorgen, vollständig auf den [X.]rbeitnehmer verlagert würde, während der [X.]rbeitgeber die Möglichkeit erhielte, sich unter Berufung auf den fehlenden Urlaubsantrag des [X.]rbeitnehmers seinen eigenen Pflichten zu entziehen ([X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 43). Ein [X.]rbeitnehmer, der während des Bezugs- und/oder [X.] krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist, kann seinen [X.]nspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben (st. Rspr. des [X.], vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 24; 22. November 2011 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 27). Eine freie Entscheidung über die Verwirklichung des [X.]nspruchs ist - ohne dass es auf die [X.]ufforderungen und Hinweise des [X.]rbeitgebers ankäme - von vornherein ausgeschlossen, weil die [X.]rbeitsunfähigkeit auf psychischen oder physischen Beschwerden beruht und vom Willen des [X.]rbeitnehmers unabhängig ist (st. Rspr., vgl. [X.] 25. Juni 2020 - C-762/18 und [X.]/19 - [[X.] kasatsionen sad na Republika Bulgaria] Rn. 66; 4. Oktober 2018 - [X.]/17 - [[X.]] Rn. 32, 33 mwN; B[X.]G 7. Juli 2020 - 9 [X.] ([X.]) - Rn. 27, B[X.]GE 171, 231).

b) [X.]usgehend von diesen Grundsätzen ist der Urlaubsanspruch des [X.] aus den Jahren 2016 und 2017 nach § 7 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.] erloschen, obwohl die [X.] ihren [X.]ufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht nachgekommen ist. Kausal für die fehlende Möglichkeit, den Urlaubsanspruch aus den Jahren 2016 und 2017 zu realisieren, war allein die langandauernde Erkrankung des [X.] und nicht die unterlassene Mitwirkung der [X.]n. Der Kläger war seit Beginn der [X.] 2016 und 2017 durchgehend bis zum 31. März des zweiten auf das jeweilige Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahrs arbeitsunfähig. Die [X.] hätte ihn auch bei Erfüllung ihrer [X.]ufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht in die Lage versetzen können, die Urlaubsansprüche zu verwirklichen. Eine Befreiung des [X.] von der [X.]rbeitspflicht durch Urlaubsgewährung war vor [X.]blauf des 31. März 2018 bzw. bis zum 31. März 2019 rechtlich unmöglich, weil er aufgrund seiner fortdauernden krankheitsbedingten [X.]rbeitsunfähigkeit nach § 275 [X.]bs. 1 BGB von der Pflicht zur [X.]rbeitsleistung befreit war (B[X.]G 7. Juli 2020 - 9 [X.] ([X.]) - Rn. 26, aaO; 18. März 2014 - 9 [X.]ZR 669/12 - Rn. 16). Soweit der Kläger in den Vorinstanzen gegen das Erlöschen seiner Urlaubsansprüche eingewandt hat, er sei aufgrund der unterlassenen [X.]ufforderungen und Hinweise durch die [X.] nicht in der Lage gewesen, bei den behandelnden Ärzten auf seine Gesundschreibung „zwecks Urlaubsnahme“ hinzuwirken, lässt er außer [X.]cht, dass die Gewährung von Urlaub, wie sich aus § 9 [X.] ergibt, [X.]rbeitsfähigkeit voraussetzt. Urlaub dient der Erhaltung der [X.]rbeitsfähigkeit, nicht aber ihrer Wiederherstellung oder der Wiedereingliederung des [X.]rbeitnehmers.

c) Der Senat konnte über die [X.]bgeltung der Urlaubsansprüche des [X.] aus den Jahren 2016 und 2017 entscheiden, ohne den Gerichtshof zuvor nach [X.]rt. 267 [X.]bs. 3 [X.][X.] um Vorabentscheidung zu ersuchen (vgl. zu den Voraussetzungen hierfür [X.] 9. Mai 2018 - 2 BvR 37/18 - Rn. 29 mwN; B[X.]G 23. Mai 2018 - 5 [X.]ZR 303/17 - Rn. 23 mwN). Mit der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs sind (insoweit) die Voraussetzungen geklärt, unter denen das Unionsrecht ein Erlöschen des Urlaubsanspruchs bei Langzeiterkrankung des [X.]rbeitnehmers in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht zulässt.

IV. Der Kläger hat auch keinen [X.]nspruch nach § 7 [X.]bs. 4 [X.] auf [X.]bgeltung von vertraglichem Mehrurlaub aus den Jahren 2016 und 2017. Seine [X.]nsprüche auf vertraglichen Mehrurlaub aus den Jahren 2016 und 2017 sind ebenfalls vor Beendigung des [X.]rbeitsverhältnisses nach § 7 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.] erloschen. Die Parteien haben im [X.]rbeitsvertrag vom 3. Dezember 2003 ihre jeweiligen Mitwirkungsobliegenheiten bei der Verwirklichung des vertraglichen Mehrurlaubs und die Voraussetzungen seiner Befristung und seines Verfalls nicht abweichend von den gesetzlichen Vorgaben geregelt. Es ist deshalb von einem diesbezüglichen Gleichlauf des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des [X.]nspruchs auf vertraglichen Mehrurlaub auszugehen (vgl. hierzu B[X.]G 29. September 2020 - 9 [X.]ZR 266/20 ([X.]) - Rn. 26; 25. Juni 2019 - 9 [X.]ZR 546/17 - Rn. 21; 19. Februar 2019 - 9 [X.]ZR 321/16 - Rn. 52). Danach ist der vertragliche Mehrurlaub des [X.] aus dem [X.] am 31. März 2018 und der aus 2017 am 31. März 2019 gemäß § 7 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.] verfallen.

V. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass dem Kläger der erhobene [X.]bgeltungsanspruch nicht aus anderen Gründen zuerkannt werden kann. Die [X.] hat den Resturlaub des [X.] mit den Lohnabrechnungen weder anerkannt noch darauf verzichtet, sich auf dessen Erlöschen zu berufen. Ebenso wenig hat sie sich mit diesen verpflichtet, verfallenen Urlaub auch dann abzugelten, wenn dies nach Maßgabe der gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen nicht geschuldet ist. Bei den [X.]ngaben in den [X.] handelt es sich nicht um Willenserklärungen, sondern um [X.] der [X.]n.

1. Eine Willenserklärung ist eine Äußerung, die auf die Herbeiführung eines rechtsgeschäftlichen Erfolgs gerichtet ist. Ob eine Äußerung oder ein Verhalten als Willenserklärung zu verstehen ist, ist durch [X.]uslegung zu ermitteln. Nach §§ 133, 157 BGB sind Willenserklärungen und Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach [X.] und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten, wobei vom Wortlaut auszugehen ist. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (B[X.]G 28. Januar 2020 - 9 [X.]ZR 493/18 - Rn. 49, B[X.]GE 169, 328). Diese Grundsätze sind auch anzuwenden, wenn festzustellen ist, ob ein bestimmtes willentliches Verhalten als beschreibende [X.]ussage iSe. [X.] zu verstehen ist oder als Willenserklärung (vgl. B[X.]G 12. Juni 2021 - 4 [X.]ZR 387/20 - Rn. 14; 14. Dezember 2016 - 7 [X.]ZR 717/14 - Rn. 17; 18. Februar 2014 - 9 [X.]ZR 821/12 - Rn. 20 mwN).

2. Die Lohnabrechnungen waren nicht darauf gerichtet, die [X.] bezüglich der nicht erfüllten Urlaubsansprüche des [X.] zu ändern.

a) Der Senat kann die [X.]uslegung der [X.]brechnungen selbst vornehmen. Diese enthalten in den für den Streitfall maßgeblichen Teilen typische Erklärungen. Die [X.]brechnungen weisen außer den persönlichen Daten des [X.] und den darin angegebenen Beträgen keine individuellen Besonderheiten auf. Dies - wie auch das äußere Erscheinungsbild - begründet eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die [X.]brechnungen dem Kläger mittels standardisierter Vordrucke bzw. Vorlagen erteilt wurden, die die [X.] in ihrem Betrieb regelmäßig verwendete (vgl. zu [X.]llgemeinen Geschäftsbedingungen B[X.]G 18. September 2018 - 9 [X.]ZR 162/18 - Rn. 30 mwN, B[X.]GE 163, 282). Typische Erklärungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter [X.]bwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden (vgl. B[X.]G 15. Oktober 2013 - 9 [X.]ZR 572/12 - Rn. 32 mwN; 18. Januar 2012 - 10 [X.]ZR 670/10 - Rn. 26).

b) Danach konnte der Kläger nicht annehmen, die [X.] wolle mit den [X.]ngaben in den Lohnabrechnungen, die sie ihm bis Januar 2019 erteilte, die bestehende Rechtslage ändern.

aa) Nach § 108 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] ist dem [X.]rbeitnehmer „bei Zahlung“ des [X.]rbeitsentgelts eine [X.]brechnung in Textform zu erteilen. Mit der Erteilung der [X.]brechnung will der [X.]rbeitgeber regelmäßig seinen Mitteilungspflichten nach § 108 [X.]bs. 1 [X.] genügen. Die Regelung dient der Transparenz. Die [X.]brechnung bezweckt die Information über die erfolgte Zahlung. Der [X.]rbeitnehmer soll erkennen können, warum er gerade den ausgezahlten Betrag erhält (vgl. B[X.]G 16. Dezember 2015 - 5 [X.]ZR 567/14 - Rn. 35 f., B[X.]GE 154, 8). Deshalb stellt eine Entgeltabrechnung regelmäßig lediglich eine [X.], nicht aber eine rechtsgestaltende Willenserklärung dar (vgl. B[X.]G 5. Juli 2017 - 4 [X.]ZR 867/16 - Rn. 29, B[X.]GE 159, 351). Hiervon ist auch auszugehen, wenn der [X.]rbeitgeber in einer Entgeltabrechnung - über die Pflichtangaben nach § 108 [X.]bs. 1 Satz 2 und 3 [X.] hinausgehend - eine bestimmte [X.]nzahl von Urlaubstagen ausweist und genommene und offene Urlaubstage vergleichbar mit einem [X.]rbeitszeitkonto fortlaufend saldiert. Der [X.]rbeitnehmer kann aus diesen Mitteilungen nicht ohne weiteres ableiten, es handele sich um eine auf Bestätigung oder gar Veränderung der Rechtslage gerichtete Willenserklärung im Sinne eines deklaratorischen oder konstitutiven [X.] (vgl. B[X.]G 23. September 2015 - 5 [X.]ZR 767/13 - Rn. 23 mwN, B[X.]GE 152, 315) oder der [X.]rbeitgeber wolle den ausgewiesenen Urlaub auch dann gewähren oder abgelten, wenn er dies nicht schuldet (vgl. B[X.]G 19. März 2019 - 9 [X.]ZR 881/16 - Rn. 16 mwN). Für ein anderes Verständnis müssen besondere [X.]nhaltspunkte vorliegen.

bb) Besondere Umstände, die auf einen Geschäftswillen der [X.]n schließen lassen, hat das [X.] weder festgestellt noch haben die Parteien solche vorgetragen.

D. Soweit der Kläger die [X.]bgeltung von Urlaub für das [X.] verlangt, war das Revisionsverfahren nach [X.]nhörung der Parteien bis zur Entscheidung des Gerichtshofs über das Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 7. Juli 2020 (- 9 [X.] ([X.]) -) analog § 148 ZPO auszusetzen.

I. Ein Rechtsstreit kann in entsprechender [X.]nwendung von § 148 [X.]bs. 1 ZPO ausgesetzt werden, wenn entscheidungserheblich ist, wie Unionsrecht auszulegen ist, und zu dieser Frage bereits ein Vorabentscheidungsersuchen vor dem Gerichtshof der [X.] anhängig ist (vgl. hierzu ausf. B[X.]G 28. Juli 2021 - 10 [X.]ZR 397/20 ([X.]) - Rn. 28).

1. Die [X.]ussetzung des Rechtsstreits ist bei [X.]nhängigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens mit derselben oder einer weitgehend gleichen Rechtsfrage aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung und [X.] gerechtfertigt. Der Entscheidung des Gerichtshofs über ein anderes anhängiges Vorabentscheidungsersuchen kommt präjudizielle Bedeutung zu. Beantwortet der Gerichtshof die Frage nach [X.]rt. 267 [X.]bs. 1 Buchst. a [X.][X.], wie Unionsrecht auszulegen ist, hat eine solche Entscheidung unmittelbare Wirkung grundsätzlich nur für die am [X.]usgangsverfahren beteiligten Gerichte und Parteien. [X.]llerdings ergibt sich aus dem in [X.]rt. 4 [X.]bs. 3 [X.] verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, dass der Entscheidung des Gerichtshofs präjudizielle Bedeutung für weitere Rechtsstreitigkeiten zukommt, in denen sich die identische unionsrechtliche Frage stellt (vgl. B[X.]G 28. Juli 2021 - 10 [X.]ZR 397/20 ([X.]) - Rn. 35 ff.).

2. Die [X.]ussetzung ermöglicht es dem Gerichtshof, das bereits anhängige Verfahren abzuschließen, ohne durch weitere Vorabentscheidungsersuchen belastet zu werden (vgl. [X.] 24. Januar 2012 - [X.]/10 - Rn. 8). Für die Beteiligten des ausgesetzten Verfahrens entfällt der [X.]ufwand im Zusammenhang mit einer eigenen Vorlage (vgl. B[X.]G 28. Juli 2021 - 10 [X.]ZR 397/20 ([X.]) - Rn. 38; 20. Mai 2010 - 6 [X.]ZR 481/09 ([X.]) - Rn. 10, B[X.]GE 134, 307). Wegen dieser Vorteile nimmt das Gesetz den zeitweiligen Stillstand und die hierdurch bewirkte Verzögerung des Verfahrens in Kauf (vgl. [X.] 5. [X.]ugust 2013 - 1 BvR 2965/10 - Rn. 20; B[X.]G 28. Juli 2021 - 10 [X.]ZR 397/20 ([X.]) - Rn. 30 f. mwN).

3. Die [X.]ussetzung einer Rechtsstreitigkeit kommt jedoch nur in Betracht, wenn sich die Rechtsfrage trotz zum Teil abweichender Sachverhalte in gleicher Weise stellt. Sie setzt voraus, dass ein weiteres Vorabentscheidungsersuchen nicht dazu führte, dem Gerichtshof einen Erkenntnisgewinn oder eine breitere Entscheidungs[X.]age zu verschaffen (vgl. B[X.]G 28. Juli 2021 - 10 [X.]ZR 397/20 ([X.]) - Rn. 39; 20. Mai 2010 - 6 [X.]ZR 481/09 ([X.]) - Rn. 10, B[X.]GE 134, 307). [X.]nderenfalls müssen Gesichtspunkte der Verfahrensbeschleunigung und der [X.] zurücktreten (vgl. B[X.]G 28. Juli 2021 - 10 [X.]ZR 397/20 ([X.]) - Rn. 39).

II. Die Voraussetzungen einer [X.]ussetzung des Revisionsverfahrens analog § 148 [X.]bs. 1 ZPO sind im Streitfall erfüllt, soweit der Kläger die [X.]bgeltung von Urlaub aus dem [X.] verlangt.

1. Der Senat hat den Gerichtshof der [X.] im Revisionsverfahren - 9 [X.] - mit Beschluss vom 7. Juli 2020 (- 9 [X.] ([X.]) -) nach [X.]rt. 267 [X.][X.] um Vorabentscheidung über die Fragen ersucht:

        

1. Stehen [X.]rt. 7 [X.] 2003/88/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte [X.]spekte der [X.]rbeitszeitgestaltung und [X.]rt. 31 [X.]bs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union der [X.]uslegung einer nationalen Regelung wie § 7 [X.]bs. 3 [X.] entgegen, der zufolge der bisher nicht erfüllte [X.]nspruch auf bezahlten Jahresurlaub eines im Verlauf des [X.] arbeitsunfähig erkrankten [X.]rbeitnehmers, der den Urlaub vor Beginn seiner Erkrankung im Urlaubsjahr - zumindest teilweise - noch hätte nehmen können, bei ununterbrochen fortbestehender [X.]rbeitsunfähigkeit 15 Monate nach [X.]blauf des [X.] auch in dem Fall erlischt, in dem der [X.]rbeitgeber den [X.]rbeitnehmer nicht durch entsprechende [X.]ufforderung und Hinweise tatsächlich in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch auszuüben?

        

2. Sofern die Frage zu 1. bejaht wird: Ist unter diesen Voraussetzungen bei fortbestehender [X.]rbeitsunfähigkeit auch ein Verfall zu einem späteren Zeitpunkt ausgeschlossen?

2. Die Entscheidung über die Revision des [X.] setzt, soweit er die [X.]bgeltung von Urlaub aus dem [X.] verlangt, die Beantwortung der mit Beschluss des Senats vom 7. Juli 2020 (- 9 [X.] ([X.]) -) gestellten Vorlagefragen durch den Gerichtshof voraus, denn dem Kläger kann der erhobene [X.]bgeltungsanspruch - wie bereits ausgeführt (vgl. Rn. 34 ff.) - nicht schon aufgrund der Lohnabrechnungen zuerkannt werden, die ihm die [X.] bis Januar 2019 erteilte.

a) Die Begründetheit der Klage hängt davon ab, ob das Unionsrecht dem Verfall des Urlaubs für das [X.] nach § 7 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.] entgegenstand. Der Kläger verlangt zwar allein die [X.]bgeltung restlichen vertraglichen Mehrurlaubs im Umfang von 9 Urlaubstagen, denn die [X.] hat ihm den gesetzlichen Mindesturlaub aus dem [X.] vollständig gewährt. Es ist jedoch hinsichtlich der Mitwirkungsobliegenheiten bei der Verwirklichung des vertraglichen Mehrurlaubs von einem Gleichlauf mit dem gesetzlichen Urlaubsanspruch auszugehen. Die unionsrechtlichen Vorgaben, die an sich ausschließlich den gesetzlichen Urlaubsanspruch von vier Wochen betreffen (vgl. [X.] 19. November 2019 - [X.]/17 ua. - [TSN] Rn. 33 ff.; vgl. B[X.]G 26. Mai 2020 - 9 [X.]ZR 259/19 - Rn. 22; 19. Februar 2019 - 9 [X.]ZR 541/15 - Rn. 35 mwN), gelten im Streitfall auch für den vertraglichen Mehrurlaub, weil die Parteien im [X.]rbeitsvertrag vom 3. Dezember 2003 keine von den gesetzlichen Vorgaben abweichende Regelung getroffen haben.

b) Der Senat kann nicht unabhängig von der Beantwortung der im Revisionsverfahren - 9 [X.] ([X.]) - gestellten Vorlagefragen durch den Gerichtshof entscheiden, ob die Revision begründet ist.

aa) Seit dem [X.]blauf der Umsetzungsfrist für die erste [X.]rbeitszeitrichtlinie 93/104/[X.] am 23. November 1996 ist das Unionsrecht bei der [X.]uslegung und [X.]nwendung des § 7 [X.]bs. 3 [X.] zu berücksichtigen (vgl. B[X.]G 19. Februar 2019 - 9 [X.]ZR 423/16 - Rn. 18, B[X.]GE 165, 376). Für das Verständnis der Bestimmung kommt es daher auf die [X.]uslegung von [X.]rt. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] sowie von [X.]rt. 31 [X.]bs. 2 GRC an.

bb) Durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs ist bislang nicht zweifelsfrei geklärt, ob der [X.]nspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub bei einer ununterbrochen fortbestehenden Erkrankung des [X.]rbeitnehmers auch dann 15 Monate nach [X.]blauf des [X.] oder einer längeren Frist gemäß § 7 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.] erlischt, wenn der [X.]rbeitgeber im Urlaubsjahr seine Mitwirkungsobliegenheiten nicht erfüllt hat, obwohl der [X.]rbeitnehmer den Urlaub bis zum Eintritt der [X.]rbeitsunfähigkeit zumindest teilweise hätte nehmen können. Gleiches gilt für die Frage, ob der [X.]rbeitgeber nach den Vorgaben des Unionsrechts gehalten ist, seinen [X.]ufforderungs- und Hinweisobliegenheiten bereits zu Beginn des [X.] nachzukommen, will er das Risiko eines unbegrenzten [X.]nsammelns von Urlaubsansprüchen vermeiden.

c) Der Kläger hätte den Urlaub aus dem [X.] im laufenden Urlaubsjahr vor Eintritt seiner [X.]rbeitsunfähigkeit am 18. November 2015 vollständig in [X.]nspruch nehmen können. Die Revision wäre deshalb, soweit die [X.]bgeltung von Urlaub aus dem [X.] im Streit steht, begründet, sofern das Unionsrecht das Erlöschen des Urlaubsanspruchs bei einer ununterbrochen fortbestehenden Erkrankung des [X.]rbeitnehmers 15 Monate nach [X.]blauf des [X.] oder einer längeren Frist nicht gestattete, wenn der [X.]rbeitgeber im Urlaubsjahr seine Mitwirkungsobliegenheiten nicht erfüllt hat. Über das Bestehen des Urlaubsabgeltungsanspruchs des [X.] wäre unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze erneut zu befinden. Demgegenüber wäre die Revision des [X.] unbegründet, wenn es das Unionsrecht zuließe, dass der bisher nicht erfüllte [X.]nspruch auf bezahlten Jahresurlaub, unter den genannten Umständen erlischt.

3. Eines weiteren Vorabentscheidungsersuchens nach [X.]rt. 267 [X.][X.] bedarf es nicht. Es würde weder dem Gerichtshof eine breitere Entscheidungs[X.]age für die Beantwortung der Vorlagefragen verschaffen noch zu einer Beschleunigung des Verfahrens führen.

        

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    Stietzel    

                 

Meta

9 AZR 3/21 (A)

07.09.2021

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Potsdam, 14. November 2019, Az: 1 Ca 882/19, Urteil

Art 31 Abs 2 EUGrdRCh, Art 7 Abs 1 EGRL 88/2003, § 1 BUrlG, § 3 Abs 1 BUrlG, § 7 Abs 1 BUrlG, § 7 Abs 2 BUrlG, § 7 Abs 3 BUrlG, § 108 Abs 1 GewO, § 148 Abs 1 ZPO, § 133 BGB, § 157 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.09.2021, Az. 9 AZR 3/21 (A) (REWIS RS 2021, 2813)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 2813

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