Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2003, Az. I ZR 185/00

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2947

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:22. Mai 2003WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.] : [X.]: jaFoto-AktionUWG § 1Zur Frage des wettbewerbswidrigen Anlockens von Kunden durch [X.] Abgabe von [X.] in der Größe 9 x 13 cm zum Preis [X.] einschließlich Entwicklung.[X.], [X.]. v. 22. Mai 2003 - [X.]/00 - [X.] -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 22. Mai 2003 durch [X.] v. [X.], Prof.[X.], [X.], [X.] und Dr. Schaffertfür Recht erkannt:Auf die Rechtsmittel der Klägerin wird das [X.]eil des [X.] vom 27. Juni 2000 aufgehobenund das [X.]eil des [X.] - 2. Kammer für [X.] - vom 29. Dezember 1999 abgeändert.Die Widerklage wird abgewiesen.Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin betreibt in [X.]den Einzelhandel mit [X.] und Elektrogeräten. Im Nebensortiment bietet sie auch Uhren, Fo-toartikel, optische Geräte sowie Möbel- und Einrichtungsgegenstände an.- 3 -In der am 31. August/1. September 1999 erschienenen Ausgabe des"[X.] Wochenblatts", eines kostenlos verteilten Anzeigenblatts, warb dieKlägerin wie nachfolgend wiedergegeben für die Fertigung von Abzügen vomKleinbild-Farb-Negativ-Film:- 4 -Der beklagte [X.] hat diese Werbung als [X.] beanstandet. Nachdem die Klägerin gegen ihn deswegen negative Fest-stellungsklage erhoben hatte, hat er die Klägerin widerklagend auf Unterlas-sung und Zahlung von 290 [X.] in Anspruch genom-men. Im Hinblick darauf haben die Parteien nachfolgend die Klage überein-stimmend für erledigt erklärt.Das [X.] hat die Klägerin entsprechend dem Widerklageantragunter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlas-sen,auf Werbeträgern wie Zeitungsanzeigen im geschäftlichen Verkehrzu Zwecken des [X.] die Entwicklung von [X.] in der Größe 9 x 13 inklusive Entwicklung mit der [X.] DM je Bild" zu bewerben und/oder im geschäftlichen Verkehrzu [X.]zwecken Farbbild-Abzüge in der Größe 9 x 13 in-klusive Entwicklung für 0,01 DM pro Abzug zu verkaufen,sowie weiter verurteilt, an den Beklagten 290 DM nebst Zinsen zu zahlen.Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.Mit der Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, [X.] Klägerin ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage [X.] 5 -Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat den Beklagten als nach § 13 Abs. 2 Nr. 2UWG zur Erhebung der Widerklage befugt angesehen und seinen Unterlas-sungsantrag unter dem Gesichtspunkt der unlauteren Wertreklame für begrün-det erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:Der angebotene Preis von 1 Pfennig pro Farbbild-Abzug sei unstreitigschon für sich konkurrenzlos günstig. Hinzu komme, daß in ihm auch die Ko-sten der Erstentwicklung enthalten gewesen seien. Der bei einem einzigen Filmbereits [X.] ausmachende Spareffekt vervielfältige sich, wenn mehre-re Filme zu entwickeln seien. Eine solche Situation trete gerade nach denSommerferien vielfach und insbesondere dann auf, wenn das Angebot nicht aufwenige Tage befristet sei. Jeder durchschnittliche Fotoamateur könne ohneweiteres erkennen, daß die Fotoarbeiten nahezu unentgeltlich angeboten [X.]. Die Kunden in dem räumlich verhältnismäßig eng begrenzten Verbrei-tungsgebiet des "[X.] Wochenblatts" würden durch die Werbung einer sostarken Anlockwirkung ausgesetzt, daß sie davon abgehalten würden, sich mitdem Angebot der Mitbewerber, die vergleichbare Fotoarbeiten durchführten,überhaupt zu befassen. Der Klägerin sei es mit ihrem völlig aus dem Rahmenfallenden, außergewöhnlich günstigen Angebot darauf angekommen, die Kun-den zu veranlassen, zum Zweck der Abgabe belichteter Filme und der Abho-lung der entwickelten Filme und Farbbild-Abzüge ihren TV-, Hifi- und Elektroni-keinzelhandelsmarkt aufzusuchen, um sie dort mit dem übrigen, normal [X.] Warenangebot zu konfrontieren. Die Durchführung der beworbenen [X.] sei ebenfalls [X.] 6 -Der Anspruch auf Zahlung einer Abmahnkostenpauschale sei unter [X.] der Geschäftsführung ohne Auftrag begründet.I[X.] Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie füh-ren zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Widerklage.1. Das Berufungsgericht hat die Prozeßführungsbefugnis des Beklagtenzu Recht bejaht (vgl. dazu [X.], [X.]. v. 16.1.2003 - [X.], [X.] 2003,454, 455 = [X.], 514 - Sammelmitgliedschaft, m.w.N.). Nähere Ausfüh-rungen dazu erübrigen sich, weil die Prozeßführungsbefugnis nach § 13 Abs. 2Nr. 2 UWG eine Sachurteilsvoraussetzung ist, bei der die grundsätzlich ([X.]) vorrangige Prüfung aus Gründen der Verfahrensökonomie unterblei-ben kann, wenn die Klage - wie hier - unbegründet ist ([X.], [X.]. v. 20.5.1999- I ZR 31/97, [X.] 1999, 1119, 1120 = [X.], 1159 - [X.]!, m.w.[X.] Das angegriffene [X.]verhalten ist nicht gemäß § 1 UWG alsunlautere Wertreklame zu untersagen. Das Berufungsgericht hat bei seiner ab-weichenden Beurteilung die Gesamtumstände nicht hinreichend gewürdigt.a) Die beanstandete Werbemaßnahme ist dem Bereich der Wertreklamezuzurechnen. Das Berufungsgericht hat zutreffend und von der Revision auchunbeanstandet festgestellt, daß die Anfertigung von [X.] der [X.] 9 x 13 cm zu einem Preis von 0,01 DM einschließlich der Entwicklungsko-sten eine nahezu unentgeltliche Dienstleistung [X.] -Das Berufungsgericht hat ferner nicht verkannt, daß eine Wertreklamenicht schlechthin i.S. des § 1 UWG unlauter ist. Dies gilt auch für eine (fast) un-entgeltliche Abgabe von Waren oder Dienstleistungen. Es müssen vielmehr [X.] weitere Umstände hinzutreten, damit die Gewährung der Vergünsti-gung als wettbewerbswidrig zu beurteilen ist. Erforderlich ist dabei eine Ge-samtwürdigung aller wesentlichen Umstände des jeweiligen Einzelfalles, bei derinsbesondere Anlaß und Wert der Zuwendung, die Art des Vertriebs sowie diebegleitende Werbung zu berücksichtigen sind (vgl. [X.], [X.]. v. 26.3.1998- I ZR 231/95, [X.] 1998, 1037, 1038 = [X.], 727 - Schmuck-Set; [X.]. [X.] - I ZR 45/00, [X.] 2002, 1000, 1002 = [X.], 1133 - [X.]) Die angegriffene Werbemaßnahme ist nach den gesamten [X.] entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts jedoch nicht als unlauteri.S. des § 1 UWG anzusehen.aa) Eine mit den guten Sitten im Wettbewerb nicht zu [X.] kann anzunehmen sein, wenn die Werbung geeignet ist, den um-worbenen Verbraucher dazu zu verleiten, seine Kaufentscheidung statt nachPreiswürdigkeit und Qualität des angebotenen Produkts allein danach zu tref-fen, ob ihm beim Erwerb besondere zusätzliche Vergünstigungen gewährt wer-den (vgl. [X.]Z 151, 84, 89 - [X.]; [X.] [X.] 1998, 1037,1038 - Schmuck-Set; [X.] 2002, 1000, 1001 f. - Testbestellung). Ein solcherFall liegt hier indes nicht vor, weil das beworbene Angebot von Fotoarbeitennicht mit anderen Angeboten gekoppelt [X.] -bb) Die von dem Beklagten mit der Widerklage beanstandete Verhal-tensweise ist auch nicht deshalb als unlauter i.S. des § 1 UWG zu beurteilen,weil die Klägerin mit ihrem Angebot die an diesem interessierten Personen [X.] veranlaßt, ihre Verkaufsräume zum Abgeben der belichteten Filme und dannnochmals zum Abholen der entwickelten Filme und der gefertigten [X.] betreten und dabei jeweils ihr weiteres, nicht entsprechend im Preis redu-ziertes Angebot zur Kenntnis zu nehmen. Eine solche Werbewirkung ist für sichgesehen nicht unlauter.Eine abweichende Beurteilung ist bei der Anlockung von Kunden mit un-gewöhnlich günstigen Angeboten allerdings etwa dann geboten, wenn in [X.] eine Irreführung über die Preisbemessung des übrigen Sortiments zuerblicken ist oder wenn ein besonders beworbener Gegenstand nicht vorrätig istund die durch das Angebot angelockten Kunden dann immerhin ersatzweiseandere Waren einkaufen könnten (vgl. [X.]Z 52, 302, 305 ff. - Lockvogel; [X.],[X.]. [X.] - I ZR 107/94, [X.] 1996, 800, 802 = [X.], 899 - EDV-Geräte; [X.]. v. 17.2.2000 - I ZR 254/97, [X.] 2000, 911, 914 = [X.],1248 - Computerwerbung). Entsprechendes gilt, wenn der Kunde durch eineunentgeltliche oder annähernd unentgeltliche Zuwendung im Geschäftslokal ineine Situation gebracht wird, in der er den Eindruck gewinnen kann, er könneeinem an sich nicht beabsichtigten [X.] nicht ausweichen, weiler, wenn er allein die Vergünstigung in Anspruch nehme, die ihm als Kaufinter-essenten entgegengebrachte Wertschätzung verlieren würde (vgl. [X.], [X.]. v.4.12.1986 - [X.], [X.] 1987, 243, 244 = [X.], 320 - [X.]. v. 29.6.1989 - I ZR 180/87, [X.] 1989, 757 = [X.], 799 - [X.]. v. 17.2.2000 - I ZR 239/97, [X.] 2000, 820, 821 f. = [X.], 724 - [X.]). Im Streitfall liegen solche Umstände jedoch nicht- 9 -vor. Es ist nicht vorgetragen, daß ein Kunde, der die angebotenen Fotoarbeitenin Anspruch nimmt, nach den Umständen im Geschäft der Klägerin in eine Lageversetzt wird, in der er nicht umhin kommt, bei der Abgabe oder Abholung [X.] anstandshalber den Erwerb anderer Produkte aus dem sonstigen,nicht entsprechend im Preis reduzierten Sortiment der Klägerin zu erwägen.cc) Eine wettbewerbswidrige Behinderung von Mitbewerbern, die Fotoar-beiten anbieten, durch das nahezu unentgeltliche Angebot solcher Leistungenim Sinne einer sog. allgemeinen Marktverstopfung (vgl. dazu [X.]Z 114, 82, 84- [X.]; [X.], [X.]. v. 27.10.1988 - I ZR 29/87, [X.] 1990,371, 372 = [X.], 468 - Preiskampf; [X.]. v. 29.6.2000 - I ZR 128/98,[X.] 2001, 80, 81 = [X.], 1394 - ad-hoc-Meldung) hat der Beklagtenicht [X.]) Der Beklagte hat auch keine Umstände dargelegt, aus denen sich er-geben könnte, daß der mit der Widerklage geltend gemachte Unterlassungsan-spruch aus § 33 GWB i.V. mit § 20 Abs. 4 GWB wegen [X.] der Wettbewerber begründet ist.II[X.] Danach war das angefochtene [X.]eil aufzuheben und die [X.] Abänderung des ihr stattgebenden [X.]eils des [X.]s abzuweisen.- 10 -Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 91a Abs. 1 ZPO.v. [X.] Bornkamm [X.]Büscher Schaffert

Meta

I ZR 185/00

22.05.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2003, Az. I ZR 185/00 (REWIS RS 2003, 2947)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2947

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