Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2016, Az. VI ZR 549/14

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 13199

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:120416[X.]VIZR549.14.0

[X.]UN[X.]SGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
VI ZR
549/14

vom

12. April 2016

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat am
12.
April 2016 durch den [X.] [X.], die [X.]in von [X.], den [X.] [X.] und die [X.]innen Dr. [X.] und Dr. Roloff

beschlossen:
Die Selbstablehnung der [X.]in M.

ist unbegründet.

Gründe:
I.
Die Ehegatten [X.]. [X.] GbR, deren einzige Gesellschafter die Klägerin und ihr Ehemann waren, erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom
21. April 2005 , den sie zunächst nur teilweise bezahlte.
Die [X.] zu 3 bis 5 sind von der [X.] zu 1 als Rechtsbeistand für einen Rechtsstreit mandatiert worden, in dem die Klägerin, ihr Ehemann und die Ehegatten [X.]. [X.] GbR vom Land-gericht M. schließlich verurteilt wurden, an die [X.]eklagte zu 1 den Restkaufpreis der [X.] zu 1 Vollstreckungsmaßnahmen für die [X.]eklagte zu 1 gegen die Klägerin, deren Ehemann und die Ehegatten [X.]. [X.] GbR betrieben. Grund-lagen der Vollstreckungsmaßnahmen waren insbesondere das genannte, für vorläufig vollstreckbar erklärte Urteil
des [X.] M.
sowie die notarielle [X.].
1
-
3
-

Die Klägerin hält die von der [X.] zu 1 veranlassten [X.] für rechtswidrig. Sie ist der Auffassung, das Urteil des [X.]
M.
sei durch wahrheitswidrigen Sachvortrag erschlichen worden. Die
Klägerin
sieht sich
beim Erwerb des Anwesens von der [X.] zu 1 arg-listig getäuscht, da
der [X.] der [X.] zu 1
im Rahmen der [X.] auf die Frage des Ehemanns der Klägerin nach den Mietflächen des Anwesens Flächenangaben übermittelt habe, die auch unvermietete Ge-schossflächen beinhaltet hätten. Mit ihrer Klage macht die Klägerin
aus eige-nem und abgetretenem Recht angebliche Schäden aufgrund der von der [X.] zu 1 veranlassten Vollstreckungsmaßnahmen geltend. Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.]erufungsgericht die von der Klägerin dagegen geführte [X.]erufung durch [X.]eschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Hiergegen führt die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde.
In einem Parallelrechtsstreit hatten die Klägerin und ihr Ehemann den [X.] der hiesigen [X.] zu 1 wegen der von ihm angeblich begangenen
arglistigen
Täuschung auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Auch hier war die Klage abgewiesen und die dagegen gerichtete [X.]erufung der Klägerin und ihres Ehemannes vom [X.] M. zurückgewiesen worden. Die dagegen geführte Nichtzulassungsbeschwerde hatte vor dem erkennenden [X.] keinen Erfolg.
Die geschäftsverteilungsplanmäßig zur Mitwirkung im vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren berufene [X.]in M.

hat gemäß §
48 ZPO angezeigt, an der [X.]erufungsentscheidung im Parallelverfahren als [X.]erichterstatterin mitgewirkt zu haben. Die Parteien wurden dazu
angehört. Die [X.]
haben mitgeteilt, eine [X.]efangenheit ergebe sich aus dem mitgeteilten
Sachverhalt nicht. Die Klägerin hat angeregt, die [X.]esorgnis der [X.]efangenheit für begründet zu erklären. Es liege eine "teilweise sogenannte atypische Vorbe-2
3
4
-
4
-

fassung"
vor, die vorliegend deshalb zur [X.]esorgnis der [X.]efangenheit der Rich-terin M.

führe, weil das [X.]erufungsurteil im Parallelverfahren, an dem sie mitgewirkt habe, erheblichen verfahrensrechtlichen Einwänden begegne.

II.
Die Selbstablehnung ist unbegründet.
Der angezeigte Umstand ist nicht geeignet, die Ablehnung der [X.]in zu rechtfertigen (§ 48 ZPO).
1. Gemäß § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen [X.]esorgnis der [X.]efangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des [X.]s zu rechtfertigen.
Entscheidend ist, ob ein [X.] bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des [X.]s zu zweifeln (Senatsbeschlüsse vom 2.
Juni 2010 -
VI [X.] Rn. 4, juris; vom 11. Dezember 2002 -
VI [X.] 8/02, NJW-RR 2003, 281; [X.], [X.]eschluss vom 13. Januar 2016 -
VII ZR 36/14, [X.], 1022 Rn. 9; jeweils mwN). Als Umstände in diesem Sinne kommen dabei nur objektive Gründe in [X.]etracht, die vom Standpunkt der betroffenen Partei aus bei vernünftiger [X.]etrachtung die [X.]efürchtung wecken können, der [X.] stehe
der Sache nicht unvoreingenommen und damit parteiisch gegenüber ([X.], [X.]eschluss vom 13. Januar 2016 -
VII ZR 36/14, aaO).
2.
Ein solcher Grund liegt im Streitfall nicht vor.
a)
So kann die [X.]esorgnis der [X.]efangenheit der [X.]in M.

zunächst nicht allein dem Umstand entnommen werden, dass sie mit dem dem Streitfall zugrundeliegenden Lebenssachverhalt bereits im Parallelverfahren beim [X.] befasst war. Ob und inwieweit sich die vom erkennenden [X.] im vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu beurteilenden 5
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7
8
-
5
-

Fragen mit den vom [X.]erufungsgericht im Parallelverfahren beantworteten [X.] decken und damit überhaupt von einer Vorbefassung im eigentlichen Sinne ausgegangen werden kann, kann dabei offen bleiben. Denn auch dem vorbe-fassten [X.] ist grundsätzlich zuzutrauen, dass er den neuen Fall aus-schließlich nach sachlichen Kriterien
beurteilt, weshalb eine Vorbefassung, die -
wie hier
-
nicht zu einem Ausschluss des [X.]s gemäß § 41 Nr. 4 bis Nr. 8 ZPO führt, in der Regel nicht geeignet ist, die [X.]esorgnis der [X.]efangenheit zu begründen (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 18. Dezember 2014 -
IX [X.], [X.], 1315 Rn. 12; vom 27. Dezember 2011 -
V [X.], [X.], 363 Rn. 2; vom 21. Februar 2011 -
II Z[X.] 2/10, NJW 2011, 1358 Rn. 24; vom 10.
Dezember 2007 -
[X.]([X.]) 64/06, [X.]([X.]) 73/06, [X.]([X.]) 79/06 Rn. 14, juris; [X.], 23. Aufl., § 42 Rn. 12; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 4.
Aufl., § 42 Rn. 27 f.).
Dies gilt sowohl für den Fall der typischen als auch für den Fall der atypischen Vorbefassung
als [X.]
(vgl. [X.], [X.]eschluss vom 18.
Dezember 2014 -
IX [X.], aaO).
b)
[X.]esondere Umstände, aufgrund derer sich im Streitfall anderes erge-ben könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ergeben sich solche Umstände weder
aus den
von der Klägerin in [X.]ezug auf die [X.]erufungsentscheidung im Parallelverfahren behaupteten Gehörsverstößen noch aus ihrer [X.]ehauptung, im Parallelverfahren habe das [X.]erufungsgericht ihren Anspruch auf ein willkürfrei-es Verfahren verletzt.
Denn eine
vermeintlich oder tatsächlich rechtsfehlerhafte vorangegangene Entscheidung rechtfertigt die [X.]esorgnis der [X.]efangenheit grundsätzlich nicht ([X.], [X.]eschluss vom 10. Dezember 2007 -
[X.]([X.]) 64/06, [X.]([X.]) 73/06, [X.]([X.]) 79/06, juris Rn. 15).
Dass
das prozessuale Vorgehen des [X.]erufungsgerichts im Parallelverfahren einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und sich so sehr von dem normalerweise geübten Verfah-ren entfernt hätte, dass sich für die betroffene Partei der Eindruck einer sach-widrigen,
auf Voreingenommenheit beruhenden [X.]enachteiligung aufgedrängt 9
-
6
-

hätte (vgl. hierzu [X.]/Vollkommer, 31. Aufl., § 42 Rn. 24), kann offensichtlich nicht angenommen werden.
Galke
von [X.]
[X.]

[X.]
Roloff

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.11.2013 -
34 O 2251/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 29.10.2014 -
23 [X.] -

Meta

VI ZR 549/14

12.04.2016

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2016, Az. VI ZR 549/14 (REWIS RS 2016, 13199)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13199

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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8 W 3317/22 (OLG Nürnberg)

Ablehnung einer Richterin wegen Äußerungen zu Kenntnissen aus atypischer Vorbefassung


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VII ZR 36/14

IX ZB 65/13

V ZB 175/11

II ZB 2/10

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