Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.10.2019, Az. 2 AZR 102/18

2. Senat | REWIS RS 2019, 2250

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Gegenstand

Tarifvertrag - verkürzte Kündigungsfrist - Sozialplan - Technischer Angestellter in den Stückgut-Kaibetrieben - Nachteilsausgleich


Tenor

1. Die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des [X.] vom 11. Januar 2018 - 7 [X.]/17 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 11. Januar 2018 - 7 [X.]/17 - aufgehoben, soweit es das Urteil des [X.] vom 18. Mai 2017 - 15 [X.]/16 - teilweise abgeändert und der Klage stattgegeben hat.

3. In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten zuletzt nur noch über den Zeitpunkt der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses und einen [X.].

2

Der bei Klageerhebung 61 Jahre alte Kläger war bei der [X.] bzw. ihren [X.] seit 1987 als technischer Angestellter in der Schiffsabfertigung beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand nach den Angaben im Berufungsurteil der Rahmentarifvertrag für die technischen Angestellten in den [X.] (im Folgenden [X.] Angestellte) und die dazu jeweils abgeschlossenen Sonderbestimmungen Anwendung.

3

Im [X.] Angestellte, gültig ab 1. Mai 1992 idF vom 6. Mai 2003, abgeschlossen zwischen dem Unternehmensverband Hafen Hamburg e.V. und [X.] - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, [X.] heißt es ua.:

        

„§ 15 Kündigung

        

1. Für die Kündigung gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen.

        

Bei 15jährigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses beträgt die beiderseitige Kündigungsfrist neun Monate zum Ende eines Kalenderhalbjahres, wenn der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr vollendet hat.

        

Soweit Sozialpläne abgeschlossen wurden, beträgt die Kündigungsfrist einen Monat zum Monatsende.

        

…       

                 
        

§ 18 Soziale Regelungen bei betrieblichen Veränderungen

        

1. In Betrieben mit in der Regel mehr als 20 Beschäftigten, in denen grundlegende arbeitsorganisatorische Maßnahmen oder grundlegende Veränderungen der Arbeitstechnik zu nicht unerheblichen Nachteilen für wesentliche Teile der Belegschaft führen können, sind Maßnahmen nach Maßgabe der folgenden Ziffern zu ergreifen.

        

…       

        

5. Endet das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Maßnahme gemäß Ziff. 1, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Abfindung, deren Höhe zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung zu vereinbaren ist.

        

Die Beträge aus diesen Abfindungen können auf Abfindungssummen aus Sozialplänen bzw. zugesprochenen Abfindungen aus arbeitsgerichtlichen Urteilen, die im Zusammenhang mit dem Verlust des Arbeitsverhältnisses stehen, angerechnet werden.

        

6. Vereinbarungen, die bei Abschluss dieses Tarifvertrages günstigere Regelungen zum Inhalt haben, gelten weiterhin fort.

        

Unbeschadet der oben genannten Regelungen bleiben die Rechte der Betriebsräte aus dem [X.] unberührt, insbesondere sind weitergehende sowie positivere Regelungen in Betriebsvereinbarungen weiterhin zulässig.“

4

Die Beklagte legte den Terminalbetrieb zum 31. Dezember 2016 still und kündigte allen beschäftigten Arbeitnehmern - auch dem Kläger - mit Schreiben vom 24. November 2016 betriebsbedingt zu diesem Termin. Zuvor hatte im September 2016 die Einigungsstelle einen Sozialplan beschlossen, nachdem in sechs Sitzungen keine Einigung über einen Interessenausgleich erzielt werden konnte. Ein auf die Feststellung der Unwirksamkeit des [X.] gerichteter Antrag des Betriebsrats ist erfolglos geblieben (vgl. [X.] 7. Mai 2019 - 1 ABR 54/17 -).

5

Der Kläger hat die Regelung über die verkürzte Kündigungsfrist in § 15 Ziff. 1 Abs. 3 [X.] Angestellte für unwirksam gehalten. Daher gelte die verlängerte Kündigungsfrist des § 15 Ziff. 1 Abs. 2 [X.] Angestellte zum 31. Dezember 2017. Die Beklagte habe nicht den Abschluss eines Interessenausgleichs versucht, da die Einigungsstelle die Frage der Kündigungsfrist ausgeklammert habe. Deshalb stehe ihm ein [X.] zu.

6

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bis zum 31. Dezember 2017 fortbestand,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 68.353,18 Euro brutto Abfindung zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, § 15 Ziff. 1 Abs. 3 [X.] Angestellte verstoße nicht gegen höherrangiges Recht.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat dem Feststellungsantrag entsprochen und den [X.] abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Beklagte weiterhin eine vollständige Klageabweisung. Im Wege der [X.] verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Mit der gegebenen Begründung durfte das [X.] der Berufung des [X.] gegen das die Klage abweisende erstinstanzliche Urteil nicht hinsichtlich einer bis 31. Dezember 2017 währenden Kündigungsfrist stattgeben. Ob das Arbeitsverhältnis der [X.]en bis zum 31. Dezember 2017 oder jedenfalls bis zum 30. Juni 2017 bestanden hat, kann der [X.] nicht selbst entscheiden. Das führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dagegen ist die Anschlussrevision des [X.] unbegründet.

I. Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Annahme des [X.]s, das Arbeitsverhältnis der [X.]en sei erst mit der verlängerten Kündigungsfrist des § 15 Ziff. 1 Abs. 2 [X.] Angestellte beendet worden, wird von seinen tatsächlichen Feststellungen nicht getragen und erweist sich deshalb als rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat zum Geltungsgrund des [X.] Angestellte weder eigene Feststellungen getroffen noch diesbezüglichen Vortrag der [X.]en im Tatbestand seines Urteils wiedergegeben. Vielmehr ist es begründungslos von seiner Anwendbarkeit auf das Arbeitsverhältnis der [X.]en ausgegangen.

II. [X.] ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), da der [X.] nicht selbst entscheiden kann (vgl. § 563 Abs. 3 ZPO). Zwar hat die Beklagte im Revisionsverfahren unter Bezugnahme auf den schriftlichen Arbeitsvertrag des [X.] behauptet, der [X.] Angestellte finde auf das Arbeitsverhältnis der [X.]en kraft einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Darüber hinaus sei im Kündigungszeitpunkt eine beiderseitige Tarifbindung nach § 3 [X.] „denkbar“. Dieser neue Sachvortrag kann aber im Revisionsverfahren keine Berücksichtigung finden.

1. Nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des [X.] nur dasjenige [X.]vorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die Vorschrift des § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist zwar einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die erst während des Revisionsverfahrens oder nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz eingetreten sind, in die Urteilsfindung einfließen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen (vgl. [X.] 24. Januar 2006 - 3 [X.] - Rn. 24; [X.] 23. September 2014 - VI ZR 358/13 - Rn. 21, [X.]Z 202, 242). Tatsachen, die bereits vor Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz entstanden sind und von einer [X.] erst während des Revisionsverfahrens vorgetragen werden, können vom Revisionsgericht jedoch nicht berücksichtigt werden (vgl. [X.] 14. August 2019 - IV ZR 279/17 - Rn. 34; 2. März 2017 - I ZR 273/14 - Rn. 44; zu einer Revisionsbegründung, die ausschließlich auf neue Tatsachen gestützt wird, die nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht entstanden sind [X.] 16. April 2015 - 6 [X.] - Rn. 15 f.).

2. Der [X.] muss nicht darüber befinden, ob neues Vorbringen bereits zuvor bestehender Tatsachen in der Revision dann Berücksichtigung finden kann, wenn es unstreitig oder seine Richtigkeit offenkundig ist (vgl. zuletzt [X.] 7. Dezember 2016 - 4 [X.] - Rn. 32; 15. April 2014 - 3 [X.] - Rn. 51; für das Rechtsbeschwerdeverfahren vgl. [X.] 26. April 2005 - 1 [X.] - zu [X.] b der Gründe, [X.]E 114, 272). Die [X.]en haben in der Revisionsinstanz die Geltung des [X.] Angestellte für ihr Arbeitsverhältnis nicht unstreitig gestellt.

a) Die Beklagte hat im Revisionsverfahren zwar behauptet, dass durch den Arbeitsvertrag vom 23. April 2013 der [X.] Angestellte in Bezug genommen worden sei, wobei § 2 Abs. 2 des Vertrags allerdings auf [X.] mehrerer unterschiedlicher Tarifvertragsparteien verweist (zur Problematik der Bezugnahme auf mehrere tarifvertragliche Regelungswerke vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 30 mwN, [X.]E 144, 306). Ferner hat die Beklagte ebenfalls erstmalig im Revisionsverfahren eine beiderseitige Tarifbindung der [X.]en nach § 3 [X.] im Kündigungszeitpunkt als „denkbar“ bezeichnet.

b) Diesbezüglich und auch zur Frage, ob der [X.] Angestellte der für das Arbeitsverhältnis „einschlägige“ Tarifvertrag ist, handelt es sich durchweg um neuen Vortrag, dem kein Vortrag des [X.] entspricht, der ein Unstreitigstellen dieser Tatsachen nahelegen würde. Der Kläger hat sich hierzu nicht geäußert.

III. Die Frage der Anwendbarkeit des [X.] Angestellte im Arbeitsverhältnis der [X.]en kann nicht dahinstehen. Falls dieser Tarifvertrag zwischen den [X.]en gölte, hätte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aufgrund der Regelung in § 15 Ziff. 1 Abs. 3 [X.] Angestellte mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende kündigen können. Auch insoweit erweist sich das Berufungsurteil als rechtsfehlerhaft. Die Voraussetzungen des § 15 Ziff. 1 Abs. 3 [X.] Angestellte liegen vor. Die Regelung ist auch wirksam und verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG oder §§ 1, 7 AGG. Dies hat der [X.] in seiner am selben Tag ergangenen Entscheidung im Einzelnen begründet (- 2 [X.] - Rn. 17 bis Rn. 58), worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Ziff. 1 Abs. 3 [X.] Angestellte sind erfüllt. Der nach § 112 Abs. 4 Satz 1 [X.] durch [X.] vom 14. September 2016 zustande gekommene Sozialplan ist wirksam ([X.] 7. Mai 2019 - 1 [X.] - Rn. 13 ff.). Der Kläger unterliegt dessen persönlichem Geltungsbereich nach § 1 Abs. 1 des Sozialplans. Er stand bei Abschluss des Sozialplans in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten und ist von der Betriebsstilllegung betroffen. Die Regelung in § 1 Abs. 2 des Sozialplans schränkt nicht dessen Geltungsbereich ein, sondern schließt Leistungen für bestimmte Arbeitnehmer aus, die dem Geltungsbereich unterfallen.

2. Sollte der [X.] Angestellte auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sein, erwiese sich der Antrag des [X.] als unbegründet, mit dem er die Einhaltung der verlängerten tarifvertraglichen Kündigungsfrist nach § 15 Ziff. 1 Abs. 2 [X.] Angestellte begehrt. Insoweit ist die Regelung in § 15 Ziff. 1 Abs. 3 [X.] Angestellte wirksam und verkürzt die tarifliche Kündigungsfrist auf einen Monat zum Monatsende. Es läge auch eine wirksame abweichende Regelung iSv. § 622 Abs. 4 BGB vor.

IV. Die Anschlussrevision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass ihm kein Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs nach § 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 [X.] zusteht.

1. Nach § 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 [X.] kann ein Arbeitnehmer vom Unternehmer die Zahlung einer Abfindung verlangen, wenn dieser eine Betriebsänderung durchführt, ohne über sie zuvor einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und der Arbeitnehmer infolge der Maßnahme entlassen wird oder andere wirtschaftliche Nachteile erleidet. Der Anspruch aus § 113 Abs. 3 [X.] dient vornehmlich der Sicherung des sich aus § 111 Satz 1 [X.] ergebenden Verhandlungsanspruchs des Betriebsrats und schützt dabei mittelbar die Interessen der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer. Er entsteht, sobald der Unternehmer mit der Durchführung der Betriebsänderung begonnen hat, ohne bis dahin einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben ([X.] 14. April 2015 - 1 [X.] 794/13 - Rn. 12). Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend unterrichten und mit ihm mit dem ernsthaften Willen zu einer Verständigung über die geplante Betriebsstillegung beraten. Dazu muss er sich mit den vom Betriebsrat vorgeschlagenen Alternativen zu der geplanten Betriebsänderung befassen und argumentativ auseinandersetzen. Können sich die Betriebsparteien nicht auf einen Interessenausgleich verständigen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Einigungsstelle anzurufen. Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich besteht nicht, wenn die Betriebsparteien vor Beginn der Betriebsänderung einen Interessenausgleich vereinbaren oder der Verhandlungsanspruch des Betriebsrats in dem Einigungsstellenverfahren erfüllt wird. Letzteres setzt nicht voraus, dass die Einigungsstelle das Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen durch einen förmlichen Beschluss feststellt ([X.] 22. September 2016 - 2 [X.] 276/16 - Rn. 74, [X.]E 157, 1).

2. Danach besteht vorliegend kein Anspruch auf Nachteilsausgleich. Der Kläger behauptet nicht, dass die Beklagte mit der Betriebsstilllegung zum 31. Dezember 2016 begonnen habe, ohne überhaupt bis dahin einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben. Er wirft der Beklagten allein vor, den Verhandlungsanspruch des Betriebsrats nicht erfüllt zu haben, indem sie mit ihm nicht über die maßgebende Kündigungsfrist verhandelt habe. Diese Rüge hat jedoch keinen Erfolg.

a) Gegenstand eines Interessenausgleichs ist die Frage, ob, wann und in welcher Form eine Betriebsänderung durchgeführt wird ([X.] 18. September 2003 - 2 [X.] 79/02 - zu [X.] 1 b der Gründe, [X.]E 107, 318). Der Betriebsrat soll die Möglichkeit haben, im Interesse der Arbeitnehmer auf Modalitäten der Betriebsänderung Einfluss zu nehmen. Dabei geht es auch und gerade um die Frage, ob die Betriebsänderung gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern in einer Weise durchgeführt werden kann, dass diesen möglichst keine oder doch nur geringe wirtschaftliche Nachteile entstehen. Der Interessenausgleich vermittelt grundsätzlich keine normative Wirkung für die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, er hat keine unmittelbare und zwingende Wirkung auf die Einzelarbeitsverhältnisse ([X.] 14. Juni 2017 - 10 [X.] 308/15 - Rn. 24).

b) Danach können Arbeitgeber und Betriebsrat in einem Interessenausgleich nicht die maßgebende Kündigungsfrist für die von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitsverhältnisse regeln. In diesem sind keine von den einschlägigen gesetzlichen, tarifvertraglichen und/oder vertraglichen Regelungen abweichenden Kündigungsfristen mit normativer Wirkung für diese Arbeitsverhältnisse möglich. Gegenstand eines Interessenausgleichs können nur Veränderungen der geplanten Betriebsänderung in zeitlicher, qualitativer oder quantitativer Hinsicht sein (vgl. [X.] 29. Aufl. §§ 112, 112a Rn. 19), also zB der Entlassungstermin (vgl. [X.] 18. Dezember 1984 - 1 [X.] 176/82 - zu I 3 c der Gründe, [X.]E 47, 329) oder Kündigungsverbote (vgl. [X.] 17. September 1991 - 1 [X.] - zu [X.] 1 der Gründe, [X.]E 68, 277). Über solche Veränderungen hat die Beklagte ausweislich der von ihr vorgelegten Entwürfe für einen Interessenausgleich verhandelt. Dass diese Entwürfe nicht Gegenstand der Verhandlungen zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat waren, behauptet der Kläger nicht.

V. Für das weitere Verfahren wird das Berufungsgericht Folgendes zu beachten haben:

1. Das [X.] hat Feststellungen zur Anwendbarkeit des [X.] Angestellte im Arbeitsverhältnis der [X.]en zu treffen. Das insoweit neue Vorbringen der Beklagten hierzu ist vom Berufungsgericht zu berücksichtigen, da die [X.]en nach dessen Rechtsauffassung keinen Anlass hatten, bestimmte Tatsachen vorzutragen, auf die es aber nach der Rechtsansicht des [X.] ankommt (vgl. [X.] 29. Januar 2014 - 6 [X.] 345/12 - Rn. 66, [X.]E 147, 172). Zu dem ergänzenden Vorbringen ist den [X.]en durch die Zurückverweisung der Sache Gelegenheit zu geben (GMP/Müller-Glöge 9. Aufl. § 74 Rn. 121). Dabei wird das [X.] zu berücksichtigen haben, dass - soweit dies als Geltungsgrund des [X.] Angestellte von der Beklagten benannt werden sollte - der [X.] nicht allein auf den [X.] Angestellte, sondern auf die [X.] mehrerer unterschiedlicher Tarifvertragsparteien Bezug nimmt. Dabei ist zu prüfen, ob im Wege der Auslegung bestimmt werden kann, welcher Tarifvertrag bzw. welche Fassung des Tarifvertrags damit in Bezug genommen wurde. Schließlich ist den [X.]en Gelegenheit zu geben, zu einer Tarifbindung gemäß § 3 [X.] vorzutragen.

2. Sollte das Berufungsgericht annehmen, der [X.] Angestellte sei wirksam in das Arbeitsverhältnis der [X.]en einbezogen worden, wird es weiter zu berücksichtigen haben, dass § 15 Ziff. 1 Abs. 3 [X.] Angestellte wirksam ist und insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG bzw. §§ 7, 1 AGG verstößt.

3. Außerdem wird das [X.] festzustellen haben, ob dem Kläger das Kündigungsschreiben vom 24. November 2016 noch im selben Monat zugegangen ist, was es bislang unterlassen hat.

        

    Koch    

        

    Niemann    

        

    Schlünder    

        

        

        

    [X.]    

        

    Prinz    

                 

Meta

2 AZR 102/18

24.10.2019

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 18. Mai 2017, Az: 15 Ca 571/16, Urteil

§ 1 TVG, Art 3 Abs 1 GG, § 3 Abs 1 AGG, § 3 Abs 2 AGG, § 7 Abs 2 AGG, § 622 Abs 4 S 1 BGB, § 112 Abs 1 S 2 BetrVG, § 112 Abs 4 BetrVG, § 559 Abs 1 S 1 ZPO, § 111 BetrVG, Art 9 Abs 3 GG, Art 12 Abs 1 GG, § 113 Abs 1 BetrVG, § 113 Abs 3 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.10.2019, Az. 2 AZR 102/18 (REWIS RS 2019, 2250)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2250

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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