Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.07.2021, Az. VIII R 21/18

8. Senat | REWIS RS 2021, 3980

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Gegenstand

Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für das Revisionsverfahren


Leitsatz

1. NV: Die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Beigeladenen für das Klage- und das Revisionsverfahren kann unterschiedlich zu beurteilen sein.

2. NV: Die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Beigeladenen für das Revisionsverfahren nach billigem Ermessen kommt auch in Betracht, wenn der Beigeladene das Revisionsverfahren bis zur Erledigung der Hauptsache wesentlich fördert, indem er zur Sache vorträgt, gegen die geänderte Feststellung der streitigen Besteuerungsgrundlagen in den dem klägerischen Begehren abhelfenden Gewinnfeststellungsbescheiden --auch zu seinen Lasten-- keine Einwendungen erhebt und zum Ausdruck bringt, sich an die zwischen den Hauptbeteiligten vereinbarte Einigung gebunden zu fühlen.

Tenor

Nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache werden die bis zum 29.09.2016 entstandenen Kosten des Klageverfahrens dem Kläger zu 40 % und dem Beklagten zu 60 % und für die [X.] ab dem 30.09.2016 dem Beklagten allein auferlegt.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für das Klageverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für das Revisionsverfahren sind erstattungsfähig und vom Beklagten zu tragen.

Das Urteil des [X.] vom 26.04.2018 - 11 K 789/14 F ist gegenstandslos.

Gründe

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) haben im Nachgang zur Entscheidung des Senats über die Aussetzung der Vollziehung (Beschluss des [X.] --BFH-- vom 13.11.2019 - VIII S 37/18, [X.], 196) das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt. Das [X.] hat zugesagt, die [X.] für die Streitjahre in der zwischen dem Kläger und dem [X.] inhaltlich abgestimmten Weise zu ändern.

2

1. Hierdurch ist das Urteil des Finanzgerichts ([X.]) [X.] vom 26.04.2018 - 11 K 789/14 F (Entscheidungen der Finanzgerichte 2018, 1176) gegenstandslos geworden (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.] vom 11.04.2008 - VIII R 43/07, juris).

3

2. Über die Kostentragung für das Klage- und Revisionsverfahren ist nach folgender Maßgabe zu entscheiden.

4

a) Dem Umstand, dass sowohl während des Klageverfahrens als auch im Verhältnis vom Klage- zum Revisionsverfahren Streitwertänderungen eingetreten sind, ist dadurch Rechnung zu tragen, dass getrennte Kostenentscheidungen für das Klage- und das Revisionsverfahren zu treffen sind (vgl. dazu [X.] vom 11.05.2009 - VIII R 81/05, [X.], 1447, unter II.2.).

5

b) Der Kläger obsiegt im Klageverfahren auf Grundlage der zwischen den Beteiligten abgestimmten und noch zu erlassenden abhelfenden [X.], soweit er eine Minderung des Gesamthandsgewinns in Höhe seiner in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] gestellten Klageanträge begehrt hat. Er unterliegt im Klageverfahren, soweit er bis zum Erörterungstermin am 29.09.2016 beim [X.] eine weiter gehende Minderung des Gesamthandsgewinns begehrt hat. Bezogen auf sein bis zum 29.09.2016 verfolgtes umfangreicheres Klagebegehren obsiegt der Kläger im Klageverfahren nach Maßgabe der angekündigten [X.] zu 60 %. Er hat danach die Kosten des Klageverfahrens, soweit diese bis zum 29.09.2016 entstanden sind, zu 40 % zu tragen. Im Übrigen (zu 60 %) trägt das [X.] die bis zum 29.09.2016 entstandenen Kosten des Klageverfahrens (vgl. § 138 Abs. 2 i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

6

Kostentragung bis zur Einschränkung des Klagebegehrens am 29.09.2016

  

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

  

DM 

DM 

 

 

 

 

 

[X.] laut angefochtenen Feststellungsbescheiden

   702.997   

   948.113   

   558.767   

   611.537   

   610.612   

   533.623   

   121.959   

[X.] laut Begehren bis zum 29.09.2016

659.184

816.440

466.203

498.048

489.075

442.061

114.980

[X.] laut Erledigung der Hauptsache

695.731

860.867

505.140

537.962

536.005

479.263

114.980

Unterliegen bezogen auf den Antrag bis zum 29.09.2016

36.547

44.427

38.937

39.914

46.930

37.202

Gesamtbegehren bezogen auf den Antrag vom 29.09.2016

43.813

131.673

92.564

113.489

121.537

91.562

6.979 

Unterliegen des Klägers bis zum 29.09.2016

[X.] %   

7

Mit seinem nach dem 29.09.2016 verfolgten Klagebegehren obsiegt der Kläger hingegen vollständig. Insoweit trägt das [X.] die Kosten des Klageverfahrens allein (vgl. § 138 Abs. 2 i.V.m. § 135 Abs. 1 [X.]O).

8

c) Der Beigeladenen sind für das Klageverfahren keine Kosten aufzuerlegen, weil sie keinen Antrag i.S. des § 135 Abs. 3 [X.]O gestellt, sondern wie das [X.] bis zum Erörterungstermin am 29.09.2016 und danach die Abweisung der Klage beantragt hat. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für das Klageverfahren sind aus diesem Grund auch nicht gemäß § 139 Abs. 4 [X.]O erstattungsfähig (vgl. BFH-Urteile vom 23.01.1985 - II R 2/83, [X.], 119, [X.] 1985, 368 [Rz 22 f.]; vom 11.11.2010 - IV R 17/08, [X.], 28, [X.] 2011, 716, Rz 26).

9

d) Im Revisionsverfahren hat der Kläger sein in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] konkretisiertes Begehren weiterverfolgt, soweit das [X.] die Klage abgewiesen hatte. Er obsiegt insoweit im Rahmen der Erledigung der Hauptsache vollständig. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind nach billigem Ermessen gemäß § 138 Abs. 2 i.V.m. § 135 Abs. 1 [X.]O dem [X.] allein aufzuerlegen.

e) Der Beigeladenen sind für das Revisionsverfahren keine Kosten aufzuerlegen, da sie keine [X.] gestellt hat (vgl. § 135 Abs. 3 [X.]O). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für das Revisionsverfahren sind gleichwohl gemäß § 139 Abs. 4 [X.]O erstattungsfähig und nach billigem Ermessen dem [X.] aufzuerlegen (vgl. auch BFH-Urteil vom 18.05.2017 - III R 11/15, [X.], 78, [X.] 2017, 1199, Rz 15, zur unterschiedlichen Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten gemäß § 139 Abs. 4 [X.]O im Klage- und im Revisionsverfahren).

Die Beigeladene, die im Revisionsverfahren zwar keinen Antrag i.S. des § 135 Abs. 3 [X.]O gestellt und damit kein Kostenrisiko getragen hat, hat das Revisionsverfahren bis zur Erledigung der Hauptsache wesentlich gefördert. Sie hat zur Sache vorgetragen und gegen die geänderte Feststellung der streitigen Besteuerungsgrundlagen in den angekündigten [X.]n, soweit diese für sie --auch zu ihren [X.] festzustellen sind, keine Einwendungen erhoben. Sie hat zudem zum Ausdruck gebracht, sich trotz der außergerichtlichen Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache an die Änderung der Besteuerungsgrundlagen in den abhelfenden [X.]n gebunden zu fühlen. Dies ist einer Förderung des Verfahrens durch einen Beigeladenen vergleichbar, bei der dieser zur Sache vorträgt und auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet (vgl. zur Kostenerstattung in diesem Fall BFH-Urteil vom 15.06.2016 - II R 24/15, [X.], 60, [X.] 2017, 128, Rz 21).

Meta

VIII R 21/18

20.07.2021

Bundesfinanzhof 8. Senat

Beschluss

vorgehend FG Düsseldorf, 26. April 2018, Az: 11 K 789/14 F, Urteil

§ 135 Abs 3 FGO, § 138 Abs 2 FGO, § 139 Abs 4 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.07.2021, Az. VIII R 21/18 (REWIS RS 2021, 3980)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 3980

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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