Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.10.2018, Az. 2 A 1/18

2. Senat | REWIS RS 2018, 2270

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Gegenstand

Sachliche Zuständigkeit für die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts


Leitsatz

1. Ist die sachliche Zuständigkeit für die auf § 48 VwVfG gestützte Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts gesetzlich nicht geregelt, ist diejenige Behörde für die Aufhebung sachlich zuständig, die zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung für den Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsakts sachlich zuständig wäre (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 1999 - 7 C 42.98 - BVerwGE 110, 226 <231>).

2. Die Zuständigkeitsregelung des § 45 Abs. 3 Satz 2 BeamtVG geht der allgemeinen Regelung des § 49 Abs. 1 BeamtVG und der darauf gestützten Beamtenversorgungszuständigkeitsanordnung vor.

3. Auch im Bereich der Beamtenversorgungszuständigkeitsanordnung ist für den Begriff der Versorgungsbezüge die gesetzliche Regelung des § 2 BeamtVG maßgeblich.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rücknahme von [X.] ([X.]) und des [X.] aus dem Bereich der [X.] durch eine andere Bundesbehörde.

2

Der 1961 geborene Kläger stand als [X.] (Besoldungsgruppe [X.]) im Dienst der Beklagten und wurde beim [X.] verwendet. In der [X.] von April 2008 bis Mitte Oktober 2009 war der Kläger im Rahmen einer dienstlichen Auslandsverwendung in [X.] tätig. Wegen dauernder Dienstunfähigkeit wurde er mit Ablauf des 30. September 2016 in den Ruhestand versetzt.

3

In seiner schriftlichen Unfallmeldung vom 30. Mai 2012 gab der Kläger gegenüber dem [X.] an, Ende Juli 2009 sei ein potentieller Selbstmordattentäter vom befreundeten afghanischen Dienst in der Nähe der von ihm bewohnten Unterkunft des [X.] festgenommen worden. Der Attentäter habe 60 Handgranaten in seinem Rucksack gehabt und sein Ziel sei die Unterkunft des [X.] gewesen. Diesem Anschlag sei er, der Kläger, nur knapp entronnen und er habe das Gefühl gehabt, dass "innerlich etwas in ihm gestorben" sei. Anschließend bat er um seine vorzeitige Ablösung aus dem Ausland. Im Inland wurde beim Kläger eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert.

4

Am 8. August 2013 entschied der [X.], die beim Kläger Mitte Juni 2010 diagnostizierte Posttraumatische Belastungsstörung, die auf die Ereignisse im Juli 2009 während der Auslandsverwendung des [X.] in [X.] zurückzuführen sei, als Einsatzunfall anzuerkennen.

5

Am 29. März 2016 gewährte das [X.] dem Kläger aufgrund des mit Bescheid des [X.] vom 8. August 2013 anerkannten [X.] für die [X.] ab dem 8. April 2010 [X.] mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 gemäß § 31 Abs. 1 [X.] sowie eine einmalige Unfallentschädigung in Höhe von 150 000 €.

6

Aufgrund der Versetzung des [X.] in den Ruhestand wurden auch die Akten des [X.] an die Generalzolldirektion, [X.], übersandt. Die Generalzolldirektion gelangte unmittelbar nach Eingang dieser Akten zu der Einschätzung, die Anerkennung des Ereignisses vom Juli 2009 als Einsatzunfall sei rechtswidrig, weil es nicht fristgerecht gemeldet worden sei. Der Kläger wurde hinsichtlich der beabsichtigten Rücknahme der Bescheide des [X.] und des [X.] angehört.

7

Ohne vorherige Rücksprache mit dem [X.] oder dem [X.] nahm die Generalzolldirektion mit Bescheid vom 12. Mai 2017 den Bescheid des [X.] vom 8. August 2013 sowie den Bescheid des [X.] vom 29. März 2016 mit Wirkung vom 1. Juni 2017 zurück (Ziff. 1), erkannte das Schadensereignis vom Juli 2009 nicht als Dienstunfall an (Ziff. 2) und entschied, dass ein Anspruch auf [X.] aus Mitteln der Unfallfürsorge nicht mehr besteht (Ziff. 3) und dass der Kläger ab dem 1. Juni 2017 keinen [X.] (Ziff. 4) und auch kein Unfallruhegehalt (Ziff. 5) mehr erhält. Die Rechtswidrigkeit der Bescheide des [X.] und des [X.] stützte die Generalzolldirektion insbesondere auf die Annahme, mit der erst am 30. Mai 2012 eingegangenen schriftlichen Unfallmeldung habe der Kläger die zweijährige Ausschlussfrist nicht gewahrt. Den Widerspruch des [X.] wies die Generalzolldirektion mit Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 2018 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Bevollmächtigten des [X.] am 9. Februar 2018 zugestellt.

8

Am 9. März 2018 hat der Kläger beim [X.] Klage erhoben und vorgetragen: Ausgangs- und Widerspruchsbescheid seien bereits formell rechtswidrig, weil die Generalzolldirektion für die Rücknahme der Bescheide des [X.] und des [X.] sachlich nicht zuständig sei. Auch der [X.] und das [X.] bezweifelten die sachliche Zuständigkeit der Generalzolldirektion. Die Bescheide seien aber auch materiell rechtswidrig, weil die begünstigenden Verwaltungsakte des [X.] und des [X.] entgegen der Annahme der Generalzolldirektion nicht rechtswidrig seien. Die Frist zur Meldung des [X.] sei gewahrt.

9

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Generalzolldirektion vom 12. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Februar 2018 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Aufgrund des Eintritts des [X.] in den Ruhestand sei die Generalzolldirektion für dessen [X.] sachlich zuständig geworden. Im allgemeinen Sprachgebrauch von Behörden seien Versorgungsempfänger Beamte im Ruhestand, die Ruhestandsbezüge erhielten. Unter dem Begriff der Versorgung sei das Ruhegehalt zu verstehen. Die zurückgenommenen Bescheide seien auch rechtswidrig. Denn die Unfallmeldung des [X.] vom 30. Mai 2012 sei jedenfalls nicht fristgerecht bei seinem Dienstvorgesetzten eingegangen. Dementsprechend hätte das Ereignis nicht als Einsatzunfall anerkannt werden dürfen. Maßgeblich für den Beginn der Ausschlussfrist sei der Eintritt des Unfalls, unabhängig davon, ob der Beamte vor Ablauf der Ausschlussfrist den Zusammenhang eines Körperschadens mit einem Unfallereignis erkannt habe oder nicht bzw. einen solchen habe erkennen können. Der Eintritt der Erkrankung sei nicht maßgebend. Auf die Rückforderung der dem Kläger gezahlten einmaligen Unfallentschädigung habe man aus Gründen des Vertrauensschutzes verzichtet.

Der Vertreter des [X.] beteiligt sich nicht am Verfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, auf die dem Senat vorliegenden Akten des [X.] sowie auf die Unterlagen des [X.] zu den beiden Ausgangsverfahren verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, für die der Senat ungeachtet des Erlasses der Bescheide durch die Generalzolldirektion und nicht durch den [X.] nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO erst- und letztinstanzlich zuständig ist (BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2018 - 2 A 1.18 -), ist zulässig und begründet. Der Ausgangsbescheid der Generalzolldirektion in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Die Rücknahme des Bescheids des [X.] vom 8. August 2013 sowie des Bescheids des [X.] vom 29. März 2016 mit Wirkung vom 1. Juni 2017 (Ziff. 1) ist rechtswidrig, weil die Generalzolldirektion hierfür sachlich nicht zuständig ist (1.). Dies gilt auch für die Regelung in Ziff. 2 des [X.], dass das Schadensereignis vom Juli 2009 nicht als Dienstunfall anzuerkennen ist (2). Die weiteren Regelungen des [X.], dass ein Anspruch auf [X.] aus Mitteln der Unfallfürsorge nicht mehr besteht (Ziff. 3) und dass der Kläger ab dem 1. Juni 2017 keinen [X.] (Ziff. 4) sowie kein Unfallruhegehalt (Ziff. 5) mehr erhält, sind rechtswidrig, weil diese Regelungen auf den vorbezeichneten Regelungen in Ziff. 1 und 2 aufbauen und infolge der gerichtlichen Aufhebung dieser beiden Ziffern der angegriffenen Bescheide der Generalzolldirektion die beiden begünstigenden Bescheide des [X.] und des [X.] als Grundlage dieser Leistungen weiterhin wirksam sind (3.).

1. Weder für die auf § 48 VwVfG gestützte Rücknahme des Bescheids des [X.] vom 8. August 2013 (a) noch für die Rücknahme des Bescheids des [X.] vom 29. März 2017 (b) ist die Generalzolldirektion sachlich zuständig.

Ist, wie hier, die sachliche Zuständigkeit für die auf § 48 VwVfG gestützte Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, ist diejenige Behörde für die Aufhebung sachlich zuständig, die zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung für den Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsakts sachlich zuständig wäre (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 1999 - 7 C 42.98 - BVerwGE 110, 226 <231> und vom 26. Januar 2012 - 3 C 8.11 - [X.] 442.16 § 29 StVZO Nr. 1 Rn. 12).

Zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung - Mai 2017 - wäre für die Anerkennung des Ereignisses vom Juli 2009 in [X.] als Einsatzunfall gemäß § 31a [X.] der [X.] und nicht die Generalzolldirektion zuständig gewesen.

Der Ausgangsbescheid der Generalzolldirektion nimmt den begünstigenden Verwaltungsakt des [X.] vom 29. März 2016 in Bezug auf die Gewährung von [X.] nach § 35 Abs. 1 [X.] für den Zeitraum ab dem 1. Juni 2017 zurück. Auch insoweit ist der Bescheid der Generalzolldirektion mangels sachlicher Zuständigkeit für die Rücknahme rechtswidrig. Denn auch zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung am 12. Mai 2017 hätte die sachliche Zuständigkeit für die Gewährung von [X.] nach § 35 Abs. 1 [X.] beim [X.] gelegen.

Im gerichtlichen Verfahren hat die Generalzolldirektion die - ursprüngliche - sachliche Zuständigkeit von [X.] und [X.] zum Erlass der beiden begünstigenden Verwaltungsakte nicht in Zweifel gezogen. Die Generalzolldirektion begründet ihre sachliche Zuständigkeit für die Rücknahme dieser beiden Verwaltungsakte mit den generellen Annahmen, mit Eintritt des [X.] in den Ruhestand sei sie für die Bearbeitung - auch - sämtlicher Dienstunfallangelegenheiten des [X.] zuständig geworden und "Versorgungsempfänger" seien Beamte im Ruhestand. Diese Erwägungen stehen mit Wortlaut und Systematik des Beamtenversorgungsgesetzes nicht in Einklang.

Der Begriff der Versorgungsbezüge im Sinne des Beamtenversorgungsgesetzes wird in dessen § 2 definiert. Nach § 2 Nr. 4 [X.] gehören auch Leistungen der Unfallfürsorge zu den Versorgungsbezügen. Der Gegenstand der Unfallfürsorge im Sinne des Beamtenversorgungsgesetzes wird wiederum in § 30 Abs. 2 [X.] bestimmt. Danach sind "Versorgungsempfänger" sämtliche Personen, die Versorgungsbezüge erhalten. Zum Bereich der Unfallfürsorge gehören auch Leistungen nach den §§ 32 bis 35 [X.], die - auch - an aktive Beamte erbracht werden.

In § 49 Abs. 1 [X.] hat der Gesetzgeber eine generelle Regelung über die für den Vollzug des Gesetzes zuständige Behörde getroffen. Danach ist grundsätzlich die oberste Dienstbehörde zuständig; sie kann die in § 49 Abs. 1 Satz 1 [X.] genannten Befugnisse im Einvernehmen mit dem für das Versorgungsrecht zuständigen Ministerium auf andere Stellen übertragen. Von dieser Ermächtigung in § 49 Abs. 1 Satz 2 [X.] hat der [X.] durch die [X.] vom 15. Dezember 2015 ([X.] I S. 2358 - [X.]) Gebrauch gemacht. Diese Zuständigkeitsanordnung gilt, wie sich unmittelbar aus § 1 Nr. 1 und § 2 ergibt, auch für die [X.] ("einschließlich [X.]"), erfasst auch Leistungen an aktive Beamte und ist entsprechend der gesetzlichen Ermächtigung des § 49 Abs. 1 Satz 2 [X.] nach Maßgabe dieses Gesetzes auszulegen. Das Beamtenversorgungsgesetz kennt aber noch weitere Zuständigkeitsregelungen - § 6 Abs. 2 Satz 2, § 29 Abs. 1, § 44 Abs. 2 Satz 1 und § 45 Abs. 3 Satz 2 [X.] -, die der allgemeinen Bestimmung in § 49 Abs. 1 [X.] und der darauf gestützten Zuständigkeitsanordnung vorgehen.

a) Für die Entscheidung über die Anerkennung des Ereignisses in [X.] vom Juli 2009 als Einsatzunfall nach § 31a [X.] wäre aufgrund von § 45 Abs. 3 Satz 2 [X.] auch zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung vom Mai 2017 der [X.] und nicht die Generalzolldirektion sachlich zuständig gewesen.

Nach § 45 Abs. 3 Satz 2 [X.], der der allgemeinen Regelung des § 49 Abs. 1 [X.] und damit auch der Anwendung der auf § 49 Abs. 1 Satz 2 [X.] gestützten Zuständigkeitsanordnung vorgeht, entscheidet die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle, ob ein Dienstunfall vorliegt.

Oberste Dienstbehörde für den Geschäftsbereich des [X.] ist das [X.]. Dieses hat seine Zuständigkeit für die Entscheidung über das Vorliegen eines Dienstunfalls in Ausübung der gesetzlichen Ermächtigung des § 45 Abs. 3 Satz 2 [X.] auf den Präsidenten des [X.] übertragen (Ziff. 1e der Anordnung des Chefs des [X.] vom 11. November 2009).

Die Regelung des § 45 Abs. 3 Satz 2 [X.] und die Anordnung des Chefs des [X.] erfassen auch die Entscheidung über die Anerkennung eines Ereignisses als Einsatzunfall gemäß § 31a [X.].

Mit der Schaffung des [X.] durch das Einsatzversorgungsgesetz vom 21. Dezember 2004 ([X.] I S. 3592 - EinsatzVG) sollten die Versorgung von Soldaten und Beamten bei besonderen Auslandsverwendungen verbessert und im Interesse der Rechtssicherheit die Voraussetzungen für die einzelnen Versorgungsleistungen eindeutig und möglichst einheitlich definiert werden (Gesetzentwurf der [X.]esregierung, [X.]. 15/3416 [X.]). § 31a Abs. 1 Satz 1 [X.] macht deutlich, dass jenseits der speziell für die Einsatzversorgung geltenden Bestimmungen - z.B. § 37 Abs. 3, § 43 Abs. 5 bis 7 und § 43a [X.] - generell die Vorschriften der [X.] anzuwenden sind ([X.]. 15/3416 S. 13 f.). Dies gilt auch für die Zuständigkeitsregelung des § 45 Abs. 3 Satz 2 [X.].

b) Für die Gewährung von [X.] nach § 35 Abs. 1 [X.] im Hinblick auf das Ereignis vom Juli 2009 wäre auch im Mai 2017 ungeachtet des Eintritts des [X.] in den Ruhestand mit Ablauf des 30. September 2016 nicht die Generalzolldirektion, sondern das [X.] zuständig gewesen. Dementsprechend ist dieses auch für die Entscheidung über die auf § 48 VwVfG gestützte Rücknahme dieses begünstigenden Verwaltungsakts zuständig. Dies folgt aus § 49 Abs. 1 Satz 2 [X.] i.V.m. § 1 Nr. 1, § 2, § 16 Abs. 2 und der Anlage 1 zu § 2 [X.].

Für die Bewilligung von [X.] besteht keine dem § 45 Abs. 3 Satz 2 [X.] vergleichbare spezielle Zuständigkeitsregelung, sodass die generelle Bestimmung des § 49 Abs. 1 [X.] und damit auch die Zuständigkeitsanordnung maßgeblich ist. In § 1 Nr. 1 und § 2 [X.] wird jeweils deutlich gemacht, dass unter "Festsetzung der Versorgungsbezüge" auch die Ansprüche aus dem Bereich der [X.] zu verstehen sind ("einschließlich [X.]"). Für das generelle Verständnis der Generalzolldirektion, Versorgungsempfänger seien nur Beamte im Ruhestand und mit Eintritt eines Beamten in den Ruhestand sei sie für sämtliche [X.] dieses Ruhestandsbeamten zuständig, findet sich auch in der [X.] kein Anhaltspunkt.

§ 2 [X.] verweist hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit für die Festsetzung der Versorgungsbezüge grundsätzlich auf die Anlage 1 zu dieser Zuständigkeitsanordnung. Eine abweichende Regelung [X.]. § 2 [X.] findet sich für den Geschäftsbereich des [X.] in § 16 Abs. 2 [X.]. In § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist für die Angehörigen des [X.] bestimmt, dass dem [X.] die erste Festsetzung der Versorgungsbezüge vorbehalten bleibt. Unter "Versorgungsbezüge" versteht die Zuständigkeitsanordnung - entsprechend § 2 Nr. 4 und § 30 Abs. 2 [X.] -, wie sich aus § 1 und § 2 Nr. 1 der Anordnung ergibt, auch die Leistungen der [X.].

Zwar ist der Generalzolldirektion einzuräumen, dass in der für den [X.] geltenden Vorschrift - § 16 Abs. 2 [X.] - im Gegensatz zur speziellen Regelung für den Geschäftsbereich des [X.]esministeriums der Verteidigung - § 16 Abs. 3 Nr. 3 bis 8 [X.] - Aspekte der Unfallfürsorge nach §§ 30 bis 46 [X.] nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Die in § 2 [X.] genannte Anlage 1 regelt aber unter 5.1 für den Bereich des [X.], dass das [X.] für die erste Festsetzung der Versorgungsbezüge zuständig ist. Der Fußnote 1 zu dieser Anlage ist zu entnehmen, dass damit nicht lediglich die Festsetzung der Ruhestandsbezüge eines Beamten gemeint ist, sondern auch die Festsetzung der übrigen Versorgungsbezüge [X.]. § 2 [X.]. Die Zuständigkeitsregelungen sind dahingehend auszulegen, dass die Entscheidung über die Bewilligung von Versorgungsbezügen im umfassenden Sinne des § 2 [X.] an einen derzeit oder früher beim [X.] verwendeten Beamten des [X.]es dem [X.] obliegt und die Generalzolldirektion für die verwaltungstechnische Umsetzung dieser Bewilligungsentscheidungen zuständig ist. Dementsprechend ist es auch Sache des [X.] zu entscheiden, ob ein begünstigender Verwaltungsakt aufgrund von § 48 VwVfG zurückgenommen wird.

Nähme man die Zuständigkeit der Generalzolldirektion für die aufgrund von § 48 VwVfG verfügte Rücknahme an, liefen die - teilweise gesetzlichen - Regelungen über die Zuständigkeit anderer Behörden für den Erlass des jeweiligen [X.] faktisch leer. Die Generalzolldirektion könnte den Erlass der begünstigenden Bescheide - hier durch den [X.] und das [X.] - schlicht abwarten, unter Berufung auf den Übergang der Zuständigkeit auf sich für die weiteren Entscheidungen infolge des Eintritts in den Ruhestand die Rücknahme aufgrund von § 48 VwVfG verfügen und damit ihre - von der Ausgangsbehörde abweichende - Auffassung zur Frage der Rechtmäßigkeit des ursprünglichen [X.] letztendlich durchsetzen.

Grundlage der Ansprüche des [X.] im Hinblick auf das Ereignis vom Juli 2009 ist das zwischen ihm und der Beklagten bestehende Beamtenverhältnis. Hinsichtlich der hier zwischen den verschiedenen Behörden der Beklagten umstrittenen Fragen - einerseits die Einhaltung der Fristen des § 45 [X.] für die Meldung eines Einsatzunfalls und andererseits die Frage der Zuständigkeit für die Rücknahme von begünstigenden Bescheiden aus dem Bereich der [X.] - kann es nur eine einheitliche Auffassung der Beklagten geben. Streitigkeiten zwischen verschiedenen Behörden einer Körperschaft um die zutreffende rechtliche Einordnung eines Sachverhalts sind zwischen den Behörden intern - ggf. durch die Befassung der übergeordneten Verwaltungsebene - zu klären und nicht auf den Betroffenen abzuwälzen. Setzt eine der Behörden ihre Rechtsauffassung schlicht durch Erlass eines Rücknahmebescheids um, ohne zuvor die verwaltungsinterne Klärung der Streitfragen herbeizuführen, ist der betroffene Beamte gezwungen, die zwischen den Behörden umstrittenen Fragen durch die Erhebung von Widerspruch und Anfechtungsklage auf sein Risiko und seine Kosten zu klären. Eine solche Situation ist zu vermeiden.

2. Die Entscheidung der Generalzolldirektion in Ziff. 2 des [X.], das Schadensereignis vom Juli 2009 nicht als Dienstunfall - richtigerweise Einsatzunfall - anzuerkennen, ist rechtswidrig, weil hierfür nach § 45 Abs. 3 Satz 2 [X.] und der Anordnung des Chefs des [X.] vom 11. November 2009 der [X.] sachlich zuständig ist.

3. Ziff. 3 bis 5 des [X.] sind rechtswidrig, weil die beiden begünstigenden Verwaltungsakte des [X.] und des [X.] durch die gerichtliche Aufhebung der Ziff. 1 und 2 der belastenden Bescheide der Generalzolldirektion weiterhin wirksam sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Meta

2 A 1/18

30.10.2018

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: A

§ 49 BeamtVG, § 2 BeamtVG, § 30 BeamtVG, § 31a BeamtVG, § 35 BeamtVG, § 44 Abs 2 S 1 BeamtVG, § 45 BeamtVG, § 45 Abs 3 S 2 BeamtVG, § 16 BeamtVZustAnO 2016, § 1 BeamtVZustAnO 2016, § 2 BeamtVZustAnO 2016, § 48 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.10.2018, Az. 2 A 1/18 (REWIS RS 2018, 2270)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 2270

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Vorläufiger Rechtsschutz, Dienstunfallfolge, Zeckenstich, Ursachenzusammenhang, Ruhestandsversetzung, Beweislast, zurückgenommener Verwaltungsakt


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