Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.08.2019, Az. II R 17/19 (II R 58/14), II R 17/19, II R 58/14

2. Senat | REWIS RS 2019, 4225

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Gegenstand

(Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG)


Leitsatz

1. § 6a GrEStG gilt für alle Rechtsträger i.S. des GrEStG, die wirtschaftlich tätig sind .

2. Bei der Verschmelzung einer von einem herrschenden Unternehmen abhängigen Gesellschaft auf eine andere abhängige Gesellschaft muss das herrschende Unternehmen fünf Jahre vor der Verschmelzung zu mindestens 95 % an beiden abhängigen Gesellschaften ununterbrochen beteiligt gewesen sein (Vorbehaltensfrist) .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 22.10.2014 - 4 K 37/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Mit notariell beurkundetem [X.] vom [X.] wurde die [X.], deren Grundbesitz in den Bezirken mehrerer Finanzämter belegen war, als übertragende [X.] durch Aufnahme nach §§ 2 Nr. 1, 4 ff., 46 ff. des Umwandlungsgesetzes ([X.]) auf die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) als übernehmende [X.] verschmolzen. Die Verschmelzung wurde am 09.09.2010 in das Handelsregister eingetragen.

2

Zum Zeitpunkt der Verschmelzung waren die [X.] und die Klägerin jeweils 100 %ige Tochtergesellschaften der [X.] Diese war zum Verschmelzungszeitpunkt seit mehr als fünf Jahren Alleingesellschafterin der [X.] und seit Mai 2007 zu mindestens 95 % an der Klägerin beteiligt.

3

In dem Übergang des Eigentums an den Grundstücken der [X.] auf die Klägerin aufgrund des [X.]s vom [X.] sah der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes in der für 2010 geltenden Fassung ([X.]) als erfüllt an. Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 28.03.2011 stellte das [X.] nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.] die Besteuerungsgrundlagen für den Erwerbsvorgang der Klägerin gesondert fest. Dabei versagte es eine Steuervergünstigung nach § 6a [X.].

4

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts ([X.]) sind die Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung nach § 6a [X.] nicht erfüllt. Die [X.] sei nicht --wie erforderlich-- mehr als fünf Jahre vor dem [X.] zu mindestens 95 % an der Klägerin beteiligt gewesen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2015, 243 veröffentlicht.

5

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin. Ihrer Ansicht nach sind die Voraussetzungen für die Anwendung des § 6a [X.] im Streitfall erfüllt. Zwar sei die [X.] zum Zeitpunkt der Verschmelzung noch nicht fünf Jahre mit mindestens 95 % an ihr beteiligt gewesen. Sie --die [X.] sei jedoch seit mindestens fünf Jahren finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen der herrschenden [X.] eingegliedert gewesen. Entsprechend der Systematik der §§ 5 und 6 [X.] sei die in § 6a Satz 4 [X.] normierte [X.] grundstücksbezogen auszulegen. Aus diesem Grund sei die [X.] auf die Beteiligung am übertragenden, grundbesitzenden Rechtsträger zu beschränken und komme vorliegend nicht zur Anwendung, weil die Klägerin die die Grundstücke aufnehmende [X.] und deshalb vor der Verschmelzung nicht Zurechnungsobjekt der Grundstücke gewesen sei.

6

Es sei mit Art. 3 des Grundgesetzes (GG) nicht vereinbar, dass die fünfjährige Vorbehaltensfrist für abhängige [X.]en, die innerhalb der [X.] durch einen [X.] im Verbund entstanden seien --nach nunmehr herrschender Meinung in Literatur und Verwaltung--, nicht gelten würde, hingegen im Streitfall einzuhalten sei. Die Begünstigungswirkungen des § 6a [X.] würden damit von Zufälligkeiten abhängen und willkürlich eintreten.

7

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 28.03.2011 sowie die Einspruchsentscheidung vom 07.12.2011 aufzuheben.

8

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

9

Das [X.] ist dem Verfahren beigetreten. Es stellt keinen Antrag.

Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 18.07.2017 - II R 58/14 im Hinblick auf das Vorabentscheidungsersuchen vom 30.05.2017 - II R 62/14 ([X.], 381, BStBl II 2017, 916) ausgesetzt. Das Verfahren wird nach Ergehen des Urteils des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) im Verfahren A-Brauerei vom 19.12.2018 - [X.]/17 ([X.]:[X.]) fortgeführt.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass die Verschmelzung der [X.] auf die Klägerin nicht nach § 6a [X.] begünstigt ist.

1. Der durch die Verschmelzung bewirkte Übergang des Eigentums an den Grundstücken der [X.] auf die Klägerin unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 [X.] der Grunderwerbsteuer. Es handelt sich um gesetzliche Eigentumswechsel, bei denen kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen war und es auch keiner Auflassung bedurfte.

2. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 6a [X.] sind nicht erfüllt.

a) Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 [X.] wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2a oder 3 [X.] steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S. des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 [X.] die Steuer nicht erhoben. § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] betrifft die Verschmelzung, § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.] die Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung und § 1 Abs. 1 Nr. 3 [X.] die Vermögensübertragung. Die Nichterhebung der Steuer setzt voraus, dass an dem [X.] ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en beteiligt sind (§ 6a Satz 3 [X.]). Im Sinne von Satz 3 abhängig ist eine [X.], an deren Kapital oder [X.]svermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist (§ 6a Satz 4 [X.]).

b) § 6a [X.] verstößt nicht gegen Unionsrecht. Die Regelung stellt keine Beihilfe i.S. des Art. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] dar (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]). Die Vorschrift wirkt zwar selektiv, weil sie bestimmte [X.]en im Hinblick auf die bei einem Rechtsträgerwechsel anfallende Grunderwerbsteuer begünstigt; dies ist jedoch durch die Natur und den Aufbau des Systems der Grunderwerbsteuer gerechtfertigt (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 44 ff.). Dies gilt unabhängig davon, ob durch die Anwendung des § 6a [X.] im Einzelfall eine doppelte Besteuerung innerhalb des Konzerns vermieden wird. Ausreichend ist vielmehr, dass die Vorschrift generell einer im System angelegten, möglichen übermäßigen Besteuerung bei [X.] innerhalb eines Konzerns entgegenwirkt.

Der [X.] hat die [X.] des § 6a [X.] als Beihilfe vor allem damit begründet, dass die Vermeidung einer Doppelbesteuerung und damit einer übermäßigen Besteuerung es rechtfertigen kann, dass die Steuerbefreiung auf [X.] zwischen [X.]en beschränkt wird, die während eines ununterbrochenen [X.] von fünf Jahren vor und fünf Jahren nach diesem Vorgang durch eine Beteiligung von mindestens 95 % miteinander verbunden sind ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 50; vgl. hierzu [X.], [X.], 75). Aus dieser Begründung ist jedoch nicht zu folgern, dass § 6a [X.] nur im Falle einer Doppelbesteuerung keine verbotene Beihilfe, also unionsrechtskonform ist und im Falle einer fehlenden Doppelbesteuerung dem Unionsrecht widerspricht. Eine solche Differenzierung ist in der Vorschrift nicht angelegt. Deshalb ist nach der Entscheidung des [X.] die Steuerbefreiung zu gewähren, wenn die Voraussetzungen des § 6a [X.] erfüllt sind; insoweit bedarf es keiner Feststellung einer Doppelbesteuerung im konkreten Einzelfall.

c) Der Anwendungsbereich des § 6a [X.] ist nicht auf Unternehmen i.S. des Umsatzsteuergesetzes beschränkt (Beschluss des [X.] --BFH-- vom 25.11.2015 - II R 63/14, [X.], 509, BStBl II 2016, 170, Rz 12 ff., m.w.N.). Vielmehr gilt die Vorschrift mangels näherer gesetzlicher Eingrenzung für alle Rechtsträger i.S. des [X.], die wirtschaftlich tätig sind (vgl. [X.] in [X.], 381, BStBl II 2017, 916, Rz 29).

d) § 6a [X.] setzt voraus, dass an dem [X.] eine oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en i.S. des § 6a Satz 3 i.V.m. Satz 4 [X.] beteiligt sind.

aa) § 6a Sätze 3 und 4 [X.] verlangen dem Wortlaut nach den Bestand des dort bestimmten [X.] innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor dem [X.] ([X.]) und fünf Jahren nach dem [X.] ([X.]).

bb) [X.], bei denen eine beteiligte [X.] erlischt oder neu entsteht, fallen nach dem Wortlaut des § 6a Sätze 3 und 4 [X.] nicht in den Anwendungsbereich des § 6a [X.]. Eine vor oder nach der Umwandlung nicht existente [X.] kann die in § 6a Satz 4 [X.] bestimmten zeitlichen Voraussetzungen der Abhängigkeit aus rechtlichen Gründen nicht erfüllen, mit der Folge, dass entgegen den Anforderungen des § 6a Satz 3 [X.] an dem [X.] auch (mindestens) eine [X.] beteiligt wäre, die mangels Einhaltung der [X.] (im Falle des Erlöschens) bzw. der [X.] (im Falle der Neugründung) nicht von dem herrschenden Unternehmen "abhängig" wäre.

Nach dem Wortlaut des § 6a Sätze 3 und 4 [X.] wären somit sämtliche Verschmelzungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2 ff. [X.]), die Aufspaltung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 1 [X.]), die Abspaltung zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 2 Nr. 2, §§ 124 ff. [X.]), die Ausgliederung zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 3 Nr. 2, §§ 124 ff. [X.]) sowie die Vermögensübertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, §§ 174 ff. [X.]), wenn sie zur Auflösung des übertragenden Rechtsträgers führt, nicht nach § 6a [X.] begünstigt. § 6a [X.] hätte einen sehr eng begrenzten Anwendungsbereich. [X.] wären im Wesentlichen die Abspaltung und die Ausgliederung von Vermögen zur Aufnahme durch Übertragung des abgespaltenen oder ausgegliederten [X.] oder der abgespaltenen oder ausgegliederten Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger (§ 123 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 [X.]).

cc) Die Finanzverwaltung versucht, den Widerspruch zwischen § 6a Satz 1 [X.] einerseits und den Sätzen 3 und 4 der Vorschrift andererseits mittels eines eigenen Verbundbegriffs zu lösen. Nach [X.]. 2.1 Abs. 2 der Erlasse in BStBl I 2012, 662 ist für den jeweiligen [X.] ein entsprechender "Verbund" aus dem herrschenden Unternehmen und der oder den am [X.] beteiligten abhängigen [X.](en) sowie den dieses Beteiligungsverhältnis vermittelnden abhängigen [X.]en zu bestimmen. [X.], durch die ein solcher "Verbund" begründet oder beendet wird, sind nach [X.]. 2.1 Abs. 3 Satz 1 der Erlasse in BStBl I 2012, 662 nicht nach § 6a [X.] begünstigt.

(1) Demgemäß sind nach [X.]. 2.1 Abs. 3 Sätze 2 und 3 der Erlasse in BStBl I 2012, 662 Abspaltungen oder Ausgliederungen zur Neugründung aus einem herrschenden Unternehmen sowie die Verschmelzung der letzten am [X.] beteiligten abhängigen [X.] auf das herrschende Unternehmen nicht begünstigt, da durch diese [X.] der Verbund erst begründet oder beendet wird. Die in [X.]. 5 Abs. 1 der gleich lautenden Ländererlasse vom 01.12.2010 (BStBl I 2010, 1321) noch enthaltene Regelung, wonach die Verschmelzung auf das herrschende Unternehmen zulässig sein sollte, hat die Finanzverwaltung in den Erlassen in BStBl I 2012, 662 nicht mehr aufgenommen, ohne dass dem eine Gesetzesänderung zugrunde lag.

(2) Begünstigt ist nach Auffassung der Finanzverwaltung die Verschmelzung einer Tochtergesellschaft auf eine andere Tochtergesellschaft (vgl. [X.]. 5 Abs. 1 Satz 3 und Beispiel 1 zu [X.]. 5 der Erlasse in BStBl I 2012, 662). In diesen Fällen sei nur erforderlich, dass die [X.] von fünf Jahren ([X.]. 4 der Erlasse in BStBl I 2012, 662) eingehalten war, die übernehmende abhängige [X.] fortbesteht und an ihr die Mindestbeteiligung von 95 % bestehen bleibt. Dass die übertragende [X.] bei der Umwandlung erlischt und somit nach dem [X.] nicht mehr die Anforderungen des § 6a Satz 4 [X.] an eine abhängige [X.] erfüllt, ist nach [X.]. 5 Abs. 1 Satz 3 der Erlasse in BStBl I 2012, 662 unschädlich.

dd) Die Literatur löst den inneren Widerspruch im Wortlaut des § 6a [X.] durch eine teleologische Reduktion des § 6a Satz 4 [X.].

So soll im Falle der Verschmelzung nur die übernehmende [X.] fortbestehen müssen; die [X.] müsse in Bezug auf die verschmolzene [X.] nicht eingehalten werden (vgl. [X.] in [X.], [X.], 19. Aufl., § 6a Rz 105; [X.], [X.], Kommentar, 6. Aufl., § 6a Rz 70; [X.], [X.], Kommentar, 11. Aufl., § 6a Rz 16; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 6a Rz 45; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 6a Rz 48; aus der [X.] vgl. z.B. [X.]/ Tyarks, Betriebs-Berater --BB-- 2010, 87, 91; [X.]/ [X.], Der Betrieb 2010, 185, 188; [X.], [X.], 2149, 2015; Teiche, BB 2012, 2659, 2665; Jorde/Trinkaus, Die Unternehmensbesteuerung --[X.]-- 2012, 649, 654; Wischott/ Schönweiß/Graesser, [X.], 780, 790; Gsödl/[X.]/[X.], [X.] 2016, 208, 212; [X.], Zeitschrift für Immobilienrecht 2016, 197, 200). Dasselbe gilt nach verbreiteter Ansicht auch für die [X.] im Falle der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung ([X.] in [X.], a.a.[X.], § 6a Rz 112; [X.], a.a.[X.], § 6a Rz 65; [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 6a Rz 43; [X.], a.a.[X.], § 6a Rz 16; Jorde/Trinkaus, [X.] 2012, 649, 654; [X.], Umsatz- und [X.], 60).

ee) Nach Ansicht des Senats ist § 6a Satz 4 [X.] dahingehend auszulegen, dass die dort genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als sie aufgrund eines begünstigten [X.]s auch eingehalten werden können.

(1) Bei [X.] zwischen einer abhängigen [X.] und einem herrschenden Unternehmen muss in Fällen der Verschmelzung nur die [X.] und in Fällen der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nur die [X.] eingehalten werden. Das gilt bei der Verschmelzung sowohl für die Verschmelzung auf die abhängige [X.] als auch für die Verschmelzung auf das herrschende Unternehmen. Die [X.] muss bei der Verschmelzung und die [X.] bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nicht eingehalten werden, um die Steuerbegünstigung zu erlangen.

(2) Entsprechendes gilt, wenn mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en an dem [X.] beteiligt sind. In diesem Fall muss bei der Verschmelzung die [X.] nur in Bezug auf die aufnehmende [X.] und die [X.] in Bezug auf die beiden abhängigen [X.]en eingehalten werden. Bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung muss die [X.] nur in Bezug auf die abgebende [X.] und die [X.] in Bezug auf beide abhängigen [X.]en eingehalten werden.

(3) Eine solche (weite) Auslegung des § 6a [X.] findet ihren Anknüpfungspunkt in der Systematik der Vorschrift. Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 [X.] wird ausdrücklich für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2a oder 3 [X.] steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S. des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 [X.] die Steuer nicht erhoben. Der Verweis auf § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 [X.] schließt die Verschmelzung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2 ff. [X.]), die Aufspaltung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 1 [X.]), die Abspaltung und die Ausgliederung von Vermögen zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, §§ 124 ff. [X.]) sowie die Vermögensübertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, §§ 174 ff. [X.]) ausdrücklich und ohne Vorbehalt auf bestimmte Umwandlungsfälle in die Begünstigung ein. § 6a Satz 1 [X.] differenziert nicht danach, in welcher Richtung, horizontal auf eine Schwestergesellschaft oder vertikal auf die Muttergesellschaft, eine [X.] verschmolzen wird, sondern begünstigt alle dort genannten [X.] gleichermaßen, auch wenn nur ein herrschendes Unternehmen und eine abhängige [X.] an dem [X.] beteiligt sind. Hätte der Anwendungsbereich des § 6a [X.] nur auf solche [X.] beschränkt sein sollen, bei denen bereits ein Verbund aus mehreren Unternehmen besteht und nach dem [X.] auch weiter besteht, hätte dies in § 6a Satz 1 [X.] seinen Niederschlag finden müssen.

(4) Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck des § 6a [X.]. Der Gesetzgeber wollte mittels der Steuerbegünstigung nach § 6a [X.] Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen erleichtern, damit Unternehmen flexibel auf Veränderungen der Marktverhältnisse reagieren können (BTDrucks 17/147, 10). Das schließt auch solche [X.] ein, durch die ein Konzern beendet oder neu begründet wird. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, nur bestimmte [X.], z.B. Verschmelzungen auf Schwestergesellschaften, zu begünstigen, zumal die Begünstigungswirkungen des § 6a [X.] nach der Vorstellung des Gesetzgebers allen Begünstigungsadressaten möglichst gleichmäßig zugutekommen und die Erfassung aller [X.] einer gleichmäßigen Wirkung der Begünstigung dienen sollten (BTDrucks 17/147, 10). Der [X.] würde verfehlt, schlösse man diejenigen [X.], die in der Praxis sehr häufig vorkommen, nämlich die vertikale Verschmelzung und die Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung, von vornherein aus dem Anwendungsbereich des § 6a [X.] aus.

(5) Die Auslegung steht schließlich nicht im Widerspruch zu dem durch § 6a Sätze 3 und 4 [X.] verfolgten Zweck, ungewollte Mitnahmeeffekte zu vermeiden (vgl. BTDrucks 17/147, 10). In [X.] muss nach § 6a Sätze 3 und 4 [X.] die [X.] gewahrt sein, d.h. das qualifizierte Abhängigkeitsverhältnis muss vor dem [X.] fünf Jahre Bestand gehabt haben. In den Fällen der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung muss die [X.] gewahrt bleiben, d.h. das durch den [X.] begründete Abhängigkeitsverhältnis muss nach dem Vorgang mindestens fünf Jahre bestehen. Kurzfristige Gestaltungen, wie sie § 6a Sätze 3 und 4 [X.] in Anlehnung an §§ 5 und 6 [X.] verhindern will (vgl. BTDrucks 17/147, 10), sind folglich auch in [X.], Abspaltungs- oder Ausgliederungsfällen ausgeschlossen.

(6) Die gegenteilige Auffassung der Finanzverwaltung findet weder im Wortlaut oder in der Systematik des § 6a [X.] noch in den Gesetzesmaterialien eine Stütze. Die Vorstellung des "[X.]" ist dort weder begrifflich noch konzeptionell angelegt. Es ist kein gesetzesimmanenter sachlicher Grund dafür ersichtlich, z.B. die Verschmelzung auf eine [X.] der [X.] durch die aufnehmende [X.] zu begünstigen, die Abspaltung oder Ausgliederung auf eine neu gegründete [X.] der [X.] durch die abgebende [X.] hingegen nicht. Beide [X.] sind lediglich das wirtschaftliche und rechtliche Spiegelbild des jeweils anderen [X.]s und finden innerhalb des Konzerns ohne Beteiligung Dritter statt. Dasselbe gilt für die (vertikale) Verschmelzung einer Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft oder einer [X.] auf die Tochtergesellschaft und --spiegelbildlich-- die Abspaltung oder Ausgliederung auf solche [X.]en. Es ist kein Grund erkennbar, weshalb diese [X.] nicht unter § 6a Sätze 3 und 4 [X.] fallen sollten, wenn man --wie die [X.] einzelne [X.] auf [X.] zulässt.

e) Da § 6a [X.] nicht darauf abstellt, dass der abgebende Rechtsträger das Grundstück innerhalb von fünf Jahren vor dem [X.] erworben hat und der übernehmende Rechtsträger das Grundstück fünf Jahre nach dem [X.] behält, stehen im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem [X.] verwirklichte andere Erwerbsvorgänge der Anwendung des § 6a [X.] nicht entgegen.

f) Nach diesen Grundsätzen ist § 6a [X.] im Streitfall nicht anzuwenden. Die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung sind nicht erfüllt.

aa) An dem [X.] sind --entgegen § 6a Satz 3 [X.]-- nicht ausschließlich mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en beteiligt. Die Muttergesellschaft der Klägerin --die [X.] war vor dem [X.] zwar zu 100 % an der Klägerin beteiligt. Sie hielt diese Beteiligung zum Zeitpunkt der Verschmelzung jedoch noch nicht fünf Jahre. Unerheblich ist, dass die [X.] länger als fünf Jahre zu 100 % an der auf die Klägerin verschmolzenen [X.] beteiligt war und die Grundstücke der [X.] damit bereits länger als fünf Jahre dem Konzern zugehörten. § 6a [X.] stellt zur Abgrenzung des Tatbestands ausdrücklich nicht auf den Verbleib der durch den [X.] übergehenden Grundstücke, sondern allein auf die Beteiligungsverhältnisse ab. Aus demselben Grund ist es für die Anwendung des § 6a [X.] unerheblich, ob die Klägerin bereits vor dem Erreichen der 95 %-Beteiligung wirtschaftlich und organisatorisch in den Konzern eingebunden war.

bb) Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liegt nicht vor. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass --wie ausgeführt-- bei einer Abspaltung zur Neugründung nur die [X.], nicht aber die [X.] in Bezug auf die neu gegründete [X.] eingehalten werden muss, während --wie im [X.] bei der Verschmelzung mehrerer von einem herrschenden Unternehmen abhängiger [X.]en die [X.] nur in Bezug auf die aufnehmende [X.] und die [X.] in Bezug auf beide abhängigen [X.]en eingehalten werden muss. Darin liegt jedoch keine Ungleichbehandlung desselben Sachverhalts, sondern die unterschiedliche Behandlung unterschiedlicher Sachverhalte. Im ersten Fall kann die [X.] aus Rechtsgründen nicht eingehalten werden, weil die neu gegründete abhängige [X.] erst durch den [X.] entsteht. In den mit dem Streitfall vergleichbaren Fällen, in denen eine abhängige [X.] auf eine andere verschmolzen wird, bestehen die beteiligten [X.]en bereits vor dem [X.]. Die vom Gesetz geforderte [X.] kann bei beiden abhängigen [X.]en eingehalten werden. Anders als in den Fällen, in denen die Frist aus Rechtsgründen nicht eingehalten werden kann, besteht keine Veranlassung, abweichend vom Wortlaut auf Einhaltung der Frist zu verzichten.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II R 17/19 (II R 58/14), II R 17/19, II R 58/14

22.08.2019

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 22. Oktober 2014, Az: 4 K 37/12, Urteil

§ 6a GrEStG 1997 vom 22.06.2011, § 1 Abs 1 Nr 3 GrEStG 1997, § 1 Abs 1 Nr 1 UmwG, § 2 Nr 1 UmwG, § 4 UmwG, § 4ff UmwG, § 46 UmwG, §§ 46ff UmwG, § 1 Abs 1 Nr 2 UmwG, § 1 Abs 1 Nr 3 UmwG, Art 107 Abs 1 AEUV, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.08.2019, Az. II R 17/19 (II R 58/14), II R 17/19, II R 58/14 (REWIS RS 2019, 4225)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4225


Verfahrensgang

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Az. II R 17/19 (II R 58/14), II R 17/19, II R 58/14

Bundesfinanzhof, II R 17/19 (II R 58/14), II R 17/19, II R 58/14, 22.08.2019.


Az. 4 K 37/12

FG München, 4 K 37/12, 26.10.2022.


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