Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.08.2019, Az. II R 18/19 (II R 62/14), II R 18/19, II R 62/14

2. Senat | REWIS RS 2019, 4236

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Gegenstand

(Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG)


Leitsatz

1. § 6a GrEStG gilt für alle Rechtsträger i.S. des GrEStG, die wirtschaftlich tätig sind .

2. Die Vorschrift erfasst auch den Fall, dass eine abhängige Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen verschmolzen wird .

3. Die in § 6a Satz 4 GrEStG genannten Fristen müssen nur insoweit eingehalten werden, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können .

4. Bei der Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf das herrschende Unternehmen muss das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor der Verschmelzung zu mindestens 95 % an der verschmolzenen abhängigen Gesellschaft ununterbrochen beteiligt gewesen sein (Vorbehaltensfrist). Die Frist von fünf Jahren nach dem Umwandlungsvorgang (Nachbehaltensfrist) muss in Bezug auf die verschmolzene abhängige Gesellschaft nicht eingehalten werden, weil sie aufgrund der Verschmelzung nicht eingehalten werden kann .

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 16.10.2014 - 4 K 1059/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine aktiv tätige AG, ist an einer Vielzahl von Gesellschaften als Alleingesellschafterin beteiligt. [X.]. war sie Alleingesellschafterin der B-GmbH, die in Bezirken verschiedener Finanzämter gelegenen Grundbesitz hielt. Die B-GmbH war ihrerseits Alleingesellschafterin einer weiteren GmbH.

2

Mit [X.] vom 01.08.2012 wurde die B-GmbH als übertragender Rechtsträger nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes ([X.]) auf die Klägerin als übernehmender Rechtsträger verschmolzen. Die Verschmelzung wurde am 24.09.2012 in das Handelsregister eingetragen. Die Beteiligung der Klägerin an der B-GmbH hatte zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehr als fünf Jahren in Höhe von 100 % bestanden. Mit der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister ging das Vermögen der B-GmbH auf die Klägerin über; die B-GmbH erlosch (§ 20 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 Satz 1 [X.]).

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) sah in dem Übergang der Grundstücke der B-GmbH auf die Klägerin einen steuerbaren Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes in der im Jahr 2012 geltenden Fassung ([X.]) und stellte zuletzt durch Änderungsbescheid vom 13.08.2013 die Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.] der Klägerin gegenüber fest. Dabei versagte das [X.] die Steuerbegünstigung nach § 6a [X.]. Der Einspruch blieb erfolglos.

4

Das Finanzgericht ([X.]) gab der auf Gewährung der Steuerbefreiung nach § 6a [X.] gerichteten Klage statt. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2015, 424 veröffentlicht.

5

Mit der Revision vertritt das [X.] unter Hinweis auf [X.]. 5 Abs. 1 und Beispiel 1 der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.06.2012 (BStBl I 2012, 662) die Ansicht, § 6a [X.] sei nicht anwendbar, da der "Verbund" der am [X.] beteiligten Rechtsträger aufgrund der Verschmelzung beendet worden sei.

6

Das [X.] beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Das [X.] ist dem Verfahren beigetreten. Es stellt keinen Antrag.

9

Der Senat hat mit Beschluss vom 30.05.2017 - II R 62/14 ([X.], 381, [X.], 916) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem [X.] ([X.]) die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Steuerbegünstigung nach § 6a [X.] eine nach Art. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]) verbotene Beihilfe ist. Der [X.] hat mit dem Urteil A-Brauerei vom 19.12.2018 - [X.]/17 ([X.]:[X.]) die Frage verneint.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass die Verschmelzung der [X.] auf die Klägerin der Steuerbegünstigung nach § 6a [X.] unterliegt.

1. Der durch die Verschmelzung bewirkte Übergang des Eigentums an den Grundstücken der [X.] auf die Klägerin unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 [X.] der Grunderwerbsteuer. Es handelt sich um gesetzliche Eigentumswechsel, bei denen kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen war und es auch keiner Auflassung bedurfte.

2. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 6a [X.] sind erfüllt.

a) Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 [X.] wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2a oder 3 [X.] steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S. des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 [X.] die Steuer nicht erhoben. § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] betrifft die Verschmelzung, § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.] die Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung und § 1 Abs. 1 Nr. 3 [X.] die Vermögensübertragung. Die Nichterhebung der Steuer setzt voraus, dass an dem [X.] ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en beteiligt sind (§ 6a Satz 3 [X.]). Im Sinne von Satz 3 abhängig ist eine [X.], an deren Kapital oder [X.]svermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist (§ 6a Satz 4 [X.]).

b) § 6a [X.] verstößt nicht gegen Unionsrecht. Die Regelung stellt keine Beihilfe i.S. des Art. 107 Abs. 1 A[X.]V dar ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]). Die Vorschrift wirkt zwar selektiv, weil sie bestimmte [X.]en im Hinblick auf die bei einem Rechtsträgerwechsel anfallende Grunderwerbsteuer begünstigt; dies ist jedoch durch die Natur und den Aufbau des Systems der Grunderwerbsteuer gerechtfertigt (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 44 ff.). Dies gilt unabhängig davon, ob durch die Anwendung des § 6a [X.] im Einzelfall eine doppelte Besteuerung innerhalb des Konzerns vermieden wird. Ausreichend ist vielmehr, dass die Vorschrift generell einer im System angelegten, möglichen übermäßigen Besteuerung bei [X.] innerhalb eines Konzerns entgegenwirkt.

Der [X.] hat die [X.] des § 6a [X.] als Beihilfe vor allem damit begründet, dass die Vermeidung einer Doppelbesteuerung und damit einer übermäßigen Besteuerung es rechtfertigen kann, dass die Steuerbefreiung auf [X.] zwischen [X.]en beschränkt wird, die während eines ununterbrochenen [X.] von fünf Jahren vor und fünf Jahren nach diesem Vorgang durch eine Beteiligung von mindestens 95 % miteinander verbunden sind ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 50; vgl. hierzu [X.], [X.], 75). Aus dieser Begründung ist jedoch nicht zu folgern, dass § 6a [X.] nur im Falle einer Doppelbesteuerung keine verbotene Beihilfe, also unionsrechtskonform ist und im Falle einer fehlenden Doppelbesteuerung dem Unionsrecht widerspricht. Eine solche Differenzierung ist in der Vorschrift nicht angelegt. Deshalb ist nach der Entscheidung des [X.] die Steuerbefreiung zu gewähren, wenn die Voraussetzungen des § 6a [X.] erfüllt sind; insoweit bedarf es keiner Feststellung einer Doppelbesteuerung im konkreten Einzelfall.

c) Der Anwendungsbereich des § 6a [X.] ist nicht auf Unternehmen i.S. des Umsatzsteuergesetzes beschränkt (Beschluss des [X.] --BFH-- vom 25.11.2015 - II R 63/14, [X.], 509, [X.], 170, Rz 12 ff., m.w.N.). Vielmehr gilt die Vorschrift mangels näherer gesetzlicher Eingrenzung für alle Rechtsträger i.S. des [X.], die wirtschaftlich tätig sind (vgl. [X.] in [X.], 381, [X.], 916, Rz 29).

d) § 6a [X.] setzt voraus, dass an dem [X.] eine oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en i.S. des § 6a Satz 3 i.V.m. Satz 4 [X.] beteiligt sind.

aa) § 6a Sätze 3 und 4 [X.] verlangen dem Wortlaut nach den Bestand des dort bestimmten [X.] innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor dem [X.] ([X.]) und fünf Jahren nach dem [X.] ([X.]).

bb) [X.], bei denen eine beteiligte [X.] erlischt oder neu entsteht, fallen nach dem Wortlaut des § 6a Sätze 3 und 4 [X.] nicht in den Anwendungsbereich des § 6a [X.]. Eine vor oder nach der Umwandlung nicht existente [X.] kann die in § 6a Satz 4 [X.] bestimmten zeitlichen Voraussetzungen der Abhängigkeit aus rechtlichen Gründen nicht erfüllen, mit der Folge, dass entgegen den Anforderungen des § 6a Satz 3 [X.] an dem [X.] auch (mindestens) eine [X.] beteiligt wäre, die mangels Einhaltung der [X.] (im Falle des Erlöschens) bzw. der [X.] (im Falle der Neugründung) nicht von dem herrschenden Unternehmen "abhängig" wäre.

Nach dem Wortlaut des § 6a Sätze 3 und 4 [X.] wären somit sämtliche Verschmelzungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2 ff. [X.]), die Aufspaltung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 1 [X.]), die Abspaltung zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 2 Nr. 2, §§ 124 ff. [X.]), die Ausgliederung zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 3 Nr. 2, §§ 124 ff. [X.]) sowie die Vermögensübertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, §§ 174 ff. [X.]), wenn sie zur Auflösung des übertragenden Rechtsträgers führt, nicht nach § 6a [X.] begünstigt. § 6a [X.] hätte einen sehr eng begrenzten Anwendungsbereich. [X.] wären im Wesentlichen die Abspaltung und die Ausgliederung von Vermögen zur Aufnahme durch Übertragung des abgespaltenen oder ausgegliederten [X.] oder der abgespaltenen oder ausgegliederten Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger (§ 123 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 [X.]).

cc) Die Finanzverwaltung versucht, den Widerspruch zwischen § 6a Satz 1 [X.] einerseits und den Sätzen 3 und 4 der Vorschrift andererseits mittels eines eigenen Verbundbegriffs zu lösen. Nach [X.]. 2.1 Abs. 2 der Erlasse in BStBl I 2012, 662 ist für den jeweiligen [X.] ein entsprechender "Verbund" aus dem herrschenden Unternehmen und der oder den am [X.] beteiligten abhängigen [X.](en) sowie den dieses Beteiligungsverhältnis vermittelnden abhängigen [X.]en zu bestimmen. [X.], durch die ein solcher "Verbund" begründet oder beendet wird, sind nach [X.]. 2.1 Abs. 3 Satz 1 der Erlasse in BStBl I 2012, 662, nicht nach § 6a [X.] begünstigt.

(1) Demgemäß sind nach [X.]. 2.1 Abs. 3 Sätze 2 und 3 der Erlasse in BStBl I 2012, 662 Abspaltungen oder Ausgliederungen zur Neugründung aus einem herrschenden Unternehmen sowie die Verschmelzung der letzten am [X.] beteiligten abhängigen [X.] auf das herrschende Unternehmen nicht begünstigt, da durch diese [X.] der Verbund erst begründet oder beendet wird. Die in [X.]. 5 Abs. 1 der gleich lautenden Ländererlasse vom 01.12.2010 (BStBl I 2010, 1321) noch enthaltene Regelung, wonach die Verschmelzung auf das herrschende Unternehmen zulässig sein sollte, hat die Finanzverwaltung in den Erlassen in BStBl I 2012, 662 nicht mehr aufgenommen, ohne dass dem eine Gesetzesänderung zugrunde lag.

(2) Begünstigt ist nach Auffassung der Finanzverwaltung die Verschmelzung einer Tochtergesellschaft auf eine andere Tochtergesellschaft (vgl. [X.]. 5 Abs. 1 Satz 3 und Beispiel 1 zu [X.]. 5 der Erlasse in BStBl I 2012, 662). In diesen Fällen sei nur erforderlich, dass die [X.] von fünf Jahren ([X.]. 4 der Erlasse in BStBl I 2012, 662) eingehalten war, die übernehmende abhängige [X.] fortbesteht und an ihr die Mindestbeteiligung von 95 % bestehen bleibt. Dass die übertragende [X.] bei der Umwandlung erlischt und somit nach dem [X.] nicht mehr die Anforderungen des § 6a Satz 4 [X.] an eine abhängige [X.] erfüllt, ist nach [X.]. 5 Abs. 1 Satz 3 der Erlasse in BStBl I 2012, 662 unschädlich.

dd) Die Literatur löst den inneren Widerspruch im Wortlaut des § 6a [X.] durch eine teleologische Reduktion des § 6a Satz 4 [X.].

So soll im Falle der Verschmelzung nur die übernehmende [X.] fortbestehen müssen; die [X.] müsse in Bezug auf die verschmolzene [X.] nicht eingehalten werden (vgl. [X.] in [X.], [X.], 19. Aufl., § 6a Rz 105; [X.], [X.], Kommentar, 6. Aufl., § 6a Rz 70; [X.], [X.], Kommentar, 11. Aufl., § 6a Rz 16; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 6a Rz 45; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 6a Rz 48; aus der [X.] vgl. z.B. [X.]/ Tyarks, Betriebs-Berater --BB-- 2010, 87, 91; [X.]/[X.], Der Betrieb 2010, 185, 188; [X.], [X.], 2149, 2015; Teiche, BB 2012, 2659, 2665; Jorde/Trinkaus, Die Unternehmensbesteuerung --[X.]-- 2012, 649, 654; Wischott/ Schönweiß/Graesser, [X.], 780, 790; Gsödl/[X.]/[X.], [X.] 2016, 208, 212; [X.], Zeitschrift für Immobilienrecht 2016, 197, 200). Dasselbe gilt nach verbreiteter Ansicht auch für die [X.] im Falle der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung ([X.] in [X.], a.a.[X.], § 6a Rz 112; [X.], a.a.[X.], § 6a Rz 65; [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 6a Rz 43; [X.], a.a.[X.], § 6a Rz 16; Jorde/Trinkaus, [X.] 2012, 649, 654; [X.], Umsatz- und [X.], 60).

ee) Nach Ansicht des Senats ist § 6a Satz 4 [X.] dahingehend auszulegen, dass die dort genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als sie aufgrund eines begünstigten [X.]s auch eingehalten werden können.

(1) Bei [X.] zwischen einer abhängigen [X.] und einem herrschenden Unternehmen muss in Fällen der Verschmelzung nur die [X.] und in Fällen der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nur die [X.] eingehalten werden. Das gilt bei der Verschmelzung sowohl für die Verschmelzung auf die abhängige [X.] als auch für die Verschmelzung auf das herrschende Unternehmen. Die [X.] muss bei der Verschmelzung und die [X.] bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nicht eingehalten werden, um die Steuerbegünstigung zu erlangen.

(2) Entsprechendes gilt, wenn mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en an dem [X.] beteiligt sind. In diesem Fall muss bei der Verschmelzung die [X.] nur in Bezug auf die aufnehmende [X.] und die [X.] in Bezug auf die beiden abhängigen [X.]en eingehalten werden. Bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung muss die [X.] nur in Bezug auf die abgebende [X.] und die [X.] in Bezug auf beide abhängigen [X.]en eingehalten werden.

(3) Eine solche (weite) Auslegung des § 6a [X.] findet ihren Anknüpfungspunkt in der Systematik der Vorschrift. Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 [X.] wird ausdrücklich für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2a oder 3 [X.] steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S. des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 [X.] die Steuer nicht erhoben. Der Verweis auf § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 [X.] schließt die Verschmelzung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2 ff. [X.]), die Aufspaltung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 1 [X.]), die Abspaltung und die Ausgliederung von Vermögen zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, §§ 124 ff. [X.]) sowie die Vermögensübertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, §§ 174 ff. [X.]) ausdrücklich und ohne Vorbehalt auf bestimmte Umwandlungsfälle in die Begünstigung ein. § 6a Satz 1 [X.] differenziert nicht danach, in welcher Richtung, horizontal auf eine Schwestergesellschaft oder vertikal auf die Muttergesellschaft, eine [X.] verschmolzen wird, sondern begünstigt alle dort genannten [X.] gleichermaßen, auch wenn nur ein herrschendes Unternehmen und eine abhängige [X.] an dem [X.] beteiligt sind. Hätte der Anwendungsbereich des § 6a [X.] nur auf solche [X.] beschränkt sein sollen, bei denen bereits ein Verbund aus mehreren Unternehmen besteht und nach dem [X.] auch weiter besteht, hätte dies in § 6a Satz 1 [X.] seinen Niederschlag finden müssen.

(4) Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck des § 6a [X.]. Der Gesetzgeber wollte mittels der Steuerbegünstigung nach § 6a [X.] Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen erleichtern, damit Unternehmen flexibel auf Veränderungen der Marktverhältnisse reagieren können (BTDrucks 17/147, 10). Das schließt auch solche [X.] ein, durch die ein Konzern beendet oder neu begründet wird. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, nur bestimmte [X.], z.B. Verschmelzungen auf Schwestergesellschaften, zu begünstigen, zumal die Begünstigungswirkungen des § 6a [X.] nach der Vorstellung des Gesetzgebers allen Begünstigungsadressaten möglichst gleichmäßig zugutekommen und die Erfassung aller [X.] einer gleichmäßigen Wirkung der Begünstigung dienen sollten (BTDrucks 17/147, 10). Der [X.] würde verfehlt, schlösse man diejenigen [X.], die in der Praxis sehr häufig vorkommen, nämlich die vertikale Verschmelzung und die Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung, von vornherein aus dem Anwendungsbereich des § 6a [X.] aus.

(5) Die Auslegung steht schließlich nicht im Widerspruch zu dem durch § 6a Sätze 3 und 4 [X.] verfolgten Zweck, ungewollte Mitnahmeeffekte zu vermeiden (vgl. BTDrucks 17/147, 10). In [X.] muss nach § 6a Sätze 3 und 4 [X.] die [X.] gewahrt sein, d.h. das qualifizierte Abhängigkeitsverhältnis muss vor dem [X.] fünf Jahre Bestand gehabt haben. In den Fällen der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung muss die [X.] gewahrt bleiben, d.h. das durch den [X.] begründete Abhängigkeitsverhältnis muss nach dem Vorgang mindestens fünf Jahre bestehen. Kurzfristige Gestaltungen, wie sie § 6a Sätze 3 und 4 [X.] in Anlehnung an §§ 5 und 6 [X.] verhindern will (vgl. BTDrucks 17/147, 10), sind folglich auch in [X.], Abspaltungs- oder Ausgliederungsfällen ausgeschlossen.

(6) Die gegenteilige Auffassung der Finanzverwaltung findet weder im Wortlaut oder in der Systematik des § 6a [X.] noch in den Gesetzesmaterialien eine Stütze. Die Vorstellung des "[X.]" ist dort weder begrifflich noch konzeptionell angelegt. Es ist kein gesetzesimmanenter sachlicher Grund dafür ersichtlich, z.B. die Verschmelzung auf eine [X.] der [X.] durch die aufnehmende [X.] zu begünstigen, die Abspaltung oder Ausgliederung auf eine neu gegründete [X.] der [X.] durch die abgebende [X.] hingegen nicht. Beide [X.] sind lediglich das wirtschaftliche und rechtliche Spiegelbild des jeweils anderen [X.]s und finden innerhalb des Konzerns ohne Beteiligung Dritter statt. Dasselbe gilt für die (vertikale) Verschmelzung einer Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft oder einer [X.] auf die Tochtergesellschaft und --spiegelbildlich-- die Abspaltung oder Ausgliederung auf solche [X.]en. Es ist kein Grund erkennbar, weshalb diese [X.] nicht unter § 6a Sätze 3 und 4 [X.] fallen sollten, wenn man --wie die [X.] einzelne [X.] auf der horizontalen Ebene zulässt.

e) Da § 6a [X.] nicht darauf abstellt, dass der abgebende Rechtsträger das Grundstück innerhalb von fünf Jahren vor dem [X.] erworben hat und der übernehmende Rechtsträger das Grundstück fünf Jahre nach dem [X.] behält, stehen im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem [X.] verwirklichte andere Erwerbsvorgänge der Anwendung des § 6a [X.] nicht entgegen.

f) Nach diesen Grundsätzen ist Grunderwerbsteuer im Streitfall nach § 6a [X.] nicht zu erheben. Die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung sind erfüllt.

aa) An dem [X.] sind --wie § 6a Satz 3 [X.] voraussetzt-- ausschließlich die Klägerin als herrschendes und die [X.] als abhängiges Unternehmen beteiligt. § 6a Satz 4 [X.] schließt die Steuerbegünstigung nicht aus. Die Klägerin war vor dem [X.] mehr als fünf Jahre zu 100 % an der [X.] beteiligt. Unerheblich ist, dass die Klägerin nach dem [X.] nicht weitere fünf Jahre an der [X.] beteiligt blieb. Das war umwandlungsbedingt nicht möglich, weil die [X.] aufgrund der Verschmelzung erloschen ist.

bb) Ebenso unerheblich für die Anwendung des § 6a [X.] ist der Umstand, dass durch den [X.] der "Verbund" zwischen der Klägerin und der [X.] beendet wurde. Eine Einschränkung dahingehend, dass solche [X.] aus dem Anwendungsbereich des § 6a [X.] herausfallen, lässt sich --wie ausgeführt-- weder dem Wortlaut noch dem Zweck der Norm entnehmen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II R 18/19 (II R 62/14), II R 18/19, II R 62/14

22.08.2019

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Nürnberg, 16. Oktober 2014, Az: 4 K 1059/13, Urteil

§ 6a GrEStG 1997 vom 22.06.2011, § 1 Abs 1 Nr 3 GrEStG 1997, § 1 Abs 1 Nr 1 UmwG, § 2 Nr 1 UmwG, § 20 Abs 1 Nr 1 UmwG, § 20 Abs 1 Nr 2 S 1 UmwG, § 1 Abs 1 Nr 2 UmwG, § 1 Abs 1 Nr 3 UmwG, Art 107 Abs 1 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.08.2019, Az. II R 18/19 (II R 62/14), II R 18/19, II R 62/14 (REWIS RS 2019, 4236)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4236

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