Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.08.2019, Az. II R 21/19 (II R 56/15), II R 21/19, II R 56/15

2. Senat | REWIS RS 2019, 4269

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Gegenstand

(Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG)


Leitsatz

1. § 6a GrEStG gilt für alle Rechtsträger i.S. des GrEStG, die wirtschaftlich tätig sind .

2. Die Vorschrift erfasst auch den Fall, dass eine abhängige Gesellschaft durch Abspaltung aus einer anderen abhängigen Gesellschaft neu entsteht .

3. Die in § 6a Satz 4 GrEStG genannten Fristen müssen nur insoweit eingehalten werden, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können .

4. Bei der Abspaltung zur Neugründung muss das herrschende Unternehmen fünf Jahre nach der Abspaltung zu mindestens 95 % an der abgespaltenen abhängigen Gesellschaft beteiligt bleiben (Nachbehaltensfrist). Die Vorbehaltensfrist muss in Bezug auf die neu gegründete, abhängige Gesellschaft nicht eingehalten werden, weil sie aufgrund der Abspaltung nicht eingehalten werden kann .

5. Führt die Umwandlung zu einem fiktiven Grundstückserwerb i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG, geht die Zuständigkeit für die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG als speziellere Regelung für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG der Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GrEStG vor .

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 04.11.2015 - 7 K 1553/15 GE wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Der Tenor des Urteils des [X.] vom 04.11.2015 - 7 K 1553/15 GE wird nach § 107 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung dahingehend berichtigt, dass nicht nur der Änderungsbescheid vom 07.09.2015, sondern zugleich der angefochtene Bescheid vom 05.12.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.04.2015 aufgehoben wird.

Tatbestand

I.

1

Bei der Klägerin und [X.] (Klägerin) handelt es sich um eine durch Abspaltung von der [X.] neugegründete Kapitalgesellschaft mit Sitz in [X.]. Sie wurde am 23.07.2014 in das [X.] Firmenbuch eingetragen. Sämtliche Anteile an der [X.] hielt seit mehr als fünf Jahren vor dem [X.] die ebenfalls in [X.] ansässige [X.]. Die Anteile an der Klägerin hält nach der Abspaltung ebenfalls zu 100 % die [X.]. Die [X.] hielt 100 % der Anteile an einer in der [X.] ([X.]) ansässigen GmbH (B-GmbH), die wiederum 100 % der Anteile an einer weiteren in [X.] ansässigen GmbH (C-GmbH) hielt. Sowohl die B-GmbH als auch die C-GmbH verfügen über Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte in verschiedenen Gemeinden in [X.]. Durch die Abspaltung sind die Anteile der [X.] an der B-GmbH auf die neugegründete Klägerin übergegangen.

2

Am 04.08.2014 zeigte die Klägerin einen steuerbaren Vorgang der Abspaltung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes ([X.]) bei dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) an und beantragte die Anwendung des § 6a [X.]. Das [X.] stellte mit Bescheid vom 05.12.2014 die Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gemäß § 17 Abs. 3, Abs. 3a [X.] gesondert fest, ohne die Steuerbegünstigung nach § 6a [X.] zu berücksichtigen. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das [X.] mit Einspruchsentscheidung vom 22.04.2015 als unbegründet zurück. Die Abspaltung nach [X.]m Recht entspreche zwar einer Abspaltung nach [X.] Umwandlungsgesetz ([X.]). Die Klägerin erfülle jedoch nicht die nach § 6a Satz 4 [X.] erforderliche Vorbehaltensfrist.

3

Die Klage hatte Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts ([X.]) ist die [X.] als herrschendes Unternehmen zwar nicht an der Abspaltung beteiligt gewesen. Ausreichend sei jedoch, dass daran ausschließlich von der [X.] abhängige Gesellschaften beteiligt gewesen seien. Die Nichteinhaltung der Vorbehaltensfrist in Bezug auf die neu gegründete Klägerin sei unerheblich. Aus dem Zweck des Gesetzes folge, dass bei einer Umwandlung durch Neugründung einer Gesellschaft die Vorschrift einschränkend ausgelegt werden müsse. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2016, 142 veröffentlicht.

4

Dagegen richtet sich die Revision des [X.]. Es rügt die Anwendung des § 6a [X.]. Umwandlungsvorgänge wie der im Streitfall, bei dem die abhängige Gesellschaft durch den [X.] neu entstehe, seien vom Zweck der Norm nicht erfasst.

5

Das [X.] beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

7

Das [X.] ist dem Verfahren beigetreten. Es stellt keinen Antrag.

8

Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 18.07.2017 - II R 56/15 im Hinblick auf das Vorabentscheidungsersuchen vom 30.05.2017 - II R 62/14 ([X.], 381, [X.], 916) ausgesetzt. Das Verfahren wird nach Ergehen des Urteils des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) im Verfahren A-Brauerei vom 19.12.2018 - [X.]/17 ([X.]:[X.]) fortgeführt.

Entscheidungsgründe

II.

9

Der Tenor der Vorentscheidung ist wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 107 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) dahingehend zu korrigieren, dass nicht nur der letzte Änderungsbescheid, sondern auch der angefochtene Bescheid aufgehoben wird. Durch die Aufhebung allein des Änderungsbescheids vom 07.09.2015 würde der ursprüngliche Bescheid aufleben. Dies war jedoch vom [X.] nicht beabsichtigt, wie den Entscheidungsgründen unzweifelhaft zu entnehmen ist. Der Tenor ist danach offenbar unrichtig i.S. des § 107 [X.]O. Die Berichtigung des Tenors im Revisionsverfahren ist möglich (vgl. z.B. Urteil des [X.] --BFH-- vom 08.03.2017 - II R 31/15, [X.], 353, [X.], 205, Rz 9, m.w.N.).

III.

Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass der Grundstückserwerb durch die aufgrund der Abspaltung neu gegründete Klägerin der Steuerbegünstigung nach § 6a [X.] unterliegt.

1. Der durch die Abspaltung bewirkte unmittelbare und mittelbare Übergang sämtlicher Anteile an den grundbesitzenden [X.]en B-GmbH und C-GmbH unterliegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 [X.] der Grunderwerbsteuer. Durch die Abspaltung sind die zuvor in der Hand der [X.] unmittelbar und mittelbar gehaltenen Anteile in Höhe von 100 % auf die Klägerin übergegangen, ohne dass ein den Anspruch auf Übereignung der Anteile begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen war.

2. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 6a [X.] i.d.F. für nach dem 06.06.2013 verwirklichte [X.] (vgl. § 23 Abs. 12 [X.]) sind erfüllt.

a) Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 [X.] wird u.a. für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a [X.] steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S. des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 [X.] die Steuer nicht erhoben. § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] betrifft die Verschmelzung, § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.] die Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung und § 1 Abs. 1 Nr. 3 [X.] die Vermögensübertragung. Die Nichterhebung der Steuer setzt voraus, dass an dem [X.] ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en beteiligt sind (§ 6a Satz 3 [X.]). Im Sinne von Satz 3 abhängig ist eine [X.], an deren Kapital oder [X.]svermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist (§ 6a Satz 4 [X.]).

b) § 6a [X.] verstößt nicht gegen Unionsrecht. Die Regelung stellt keine Beihilfe i.S. des Art. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] dar (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]). Die Vorschrift wirkt zwar selektiv, weil sie bestimmte [X.]en im Hinblick auf die bei einem Rechtsträgerwechsel anfallende Grunderwerbsteuer begünstigt; dies ist jedoch durch die Natur und den Aufbau des Systems der Grunderwerbsteuer gerechtfertigt (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 44 ff.). Dies gilt unabhängig davon, ob durch die Anwendung des § 6a [X.] im Einzelfall eine doppelte Besteuerung innerhalb des Konzerns vermieden wird. Ausreichend ist vielmehr, dass die Vorschrift generell einer im System angelegten, möglichen übermäßigen Besteuerung bei [X.] innerhalb eines Konzerns entgegenwirkt.

Der [X.] hat die [X.] des § 6a [X.] als Beihilfe vor allem damit begründet, dass die Vermeidung einer Doppelbesteuerung und damit einer übermäßigen Besteuerung es rechtfertigen kann, dass die Steuerbefreiung auf [X.] zwischen [X.]en beschränkt wird, die während eines ununterbrochenen [X.] von fünf Jahren vor und fünf Jahren nach diesem Vorgang durch eine Beteiligung von mindestens 95 % miteinander verbunden sind ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 50; vgl. hierzu [X.], [X.], 75). Aus dieser Begründung ist jedoch nicht zu folgern, dass § 6a [X.] nur im Falle einer Doppelbesteuerung keine verbotene Beihilfe, also unionsrechtskonform ist und im Falle einer fehlenden Doppelbesteuerung dem Unionsrecht widerspricht. Eine solche Differenzierung ist in der Vorschrift nicht angelegt. Deshalb ist nach der Entscheidung des [X.] die Steuerbefreiung zu gewähren, wenn die Voraussetzungen des § 6a [X.] erfüllt sind; insoweit bedarf es keiner Feststellung einer Doppelbesteuerung im konkreten Einzelfall.

c) Der Anwendungsbereich des § 6a [X.] ist nicht auf Unternehmen i.S. des Umsatzsteuergesetzes beschränkt ([X.] vom 25.11.2015 - II R 63/14, [X.], 509, [X.], 170, Rz 12 ff., m.w.N.). Vielmehr gilt die Vorschrift mangels näherer gesetzlicher Eingrenzung für alle Rechtsträger i.S. des [X.], die wirtschaftlich tätig sind (vgl. [X.] in [X.], 381, [X.], 916, Rz 29).

d) § 6a [X.] setzt voraus, dass an dem [X.] eine oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en i.S. des § 6a Satz 3 i.V.m. Satz 4 [X.] beteiligt sind.

aa) § 6a Sätze 3 und 4 [X.] verlangen dem Wortlaut nach den Bestand des dort bestimmten [X.] innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor dem [X.] ([X.]) und fünf Jahren nach dem [X.] ([X.]).

bb) [X.], bei denen eine beteiligte [X.] erlischt oder neu entsteht, fallen nach dem Wortlaut des § 6a Sätze 3 und 4 [X.] nicht in den Anwendungsbereich des § 6a [X.]. Eine vor oder nach der Umwandlung nicht existente [X.] kann die in § 6a Satz 4 [X.] bestimmten zeitlichen Voraussetzungen der Abhängigkeit aus rechtlichen Gründen nicht erfüllen, mit der Folge, dass entgegen den Anforderungen des § 6a Satz 3 [X.] an dem [X.] auch (mindestens) eine [X.] beteiligt wäre, die mangels Einhaltung der [X.] (im Falle des Erlöschens) bzw. der [X.] (im Falle der Neugründung) nicht von dem herrschenden Unternehmen "abhängig" wäre.

Nach dem Wortlaut des § 6a Sätze 3 und 4 [X.] wären somit sämtliche Verschmelzungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2 ff. [X.]), die Aufspaltung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 1 [X.]), die Abspaltung zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 2 Nr. 2, §§ 124 ff. [X.]), die Ausgliederung zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 3 Nr. 2, §§ 124 ff. [X.]) sowie die Vermögensübertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, §§ 174 ff. [X.]), wenn sie zur Auflösung des übertragenden Rechtsträgers führt, nicht nach § 6a [X.] begünstigt. § 6a [X.] hätte einen sehr eng begrenzten Anwendungsbereich. [X.] wären im Wesentlichen die Abspaltung und die Ausgliederung von Vermögen zur Aufnahme durch Übertragung des abgespaltenen oder ausgegliederten [X.] oder der abgespaltenen oder ausgegliederten Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger (§ 123 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 [X.]).

cc) Die Finanzverwaltung versucht, den Widerspruch zwischen § 6a Satz 1 [X.] einerseits und den Sätzen 3 und 4 der Vorschrift andererseits mittels eines eigenen Verbundbegriffs zu lösen. Nach [X.]. 2.1 Abs. 2 der Erlasse in BStBl I 2012, 662 ist für den jeweiligen [X.] ein entsprechender "Verbund" aus dem herrschenden Unternehmen und der oder den am [X.] beteiligten abhängigen [X.](en) sowie den dieses Beteiligungsverhältnis vermittelnden abhängigen [X.]en zu bestimmen. [X.], durch die ein solcher "Verbund" begründet oder beendet wird, sind nach [X.]. 2.1 Abs. 3 Satz 1 der Erlasse in BStBl I 2012, 662, nicht nach § 6a [X.] begünstigt.

(1) Demgemäß sind nach [X.]. 2.1 Abs. 3 Sätze 2 und 3 der Erlasse in BStBl I 2012, 662 Abspaltungen oder Ausgliederungen zur Neugründung aus einem herrschenden Unternehmen sowie die Verschmelzung der letzten am [X.] beteiligten abhängigen [X.] auf das herrschende Unternehmen nicht begünstigt, da durch diese [X.] der Verbund erst begründet oder beendet wird. Die in [X.]. 5 Abs. 1 der gleich lautenden Ländererlasse vom 01.12.2010 (BStBl I 2010, 1321) noch enthaltene Regelung, wonach die Verschmelzung auf das herrschende Unternehmen zulässig sein sollte, hat die Finanzverwaltung in den Erlassen in BStBl I 2012, 662 nicht mehr aufgenommen, ohne dass dem eine Gesetzesänderung zugrunde lag.

(2) Begünstigt ist nach Auffassung der Finanzverwaltung die Verschmelzung einer Tochtergesellschaft auf eine andere Tochtergesellschaft (vgl. [X.]. 5 Abs. 1 Satz 3 und Beispiel 1 zu [X.]. 5 der Erlasse in BStBl I 2012, 662). In diesen Fällen sei nur erforderlich, dass die [X.] von fünf Jahren ([X.]. 4 der Erlasse in BStBl I 2012, 662) eingehalten war, die übernehmende abhängige [X.] fortbesteht und an ihr die Mindestbeteiligung von 95 % bestehen bleibt. Dass die übertragende [X.] bei der Umwandlung erlischt und somit nach dem [X.] nicht mehr die Anforderungen des § 6a Satz 4 [X.] an eine abhängige [X.] erfüllt, ist nach [X.]. 5 Abs. 1 Satz 3 der Erlasse in BStBl I 2012, 662 unschädlich.

dd) Die Literatur löst den inneren Widerspruch im Wortlaut des § 6a [X.] durch eine teleologische Reduktion des § 6a Satz 4 [X.].

So soll im Falle der Verschmelzung nur die übernehmende [X.] fortbestehen müssen; die [X.] müsse in Bezug auf die verschmolzene [X.] nicht eingehalten werden (vgl. [X.] in [X.], [X.], 19. Aufl., § 6a Rz 105; [X.], [X.], Kommentar, 6. Aufl., § 6a Rz 70; [X.], [X.], Kommentar, 11. Aufl., § 6a Rz 16; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 6a Rz 45; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 6a Rz 48; aus der [X.] vgl. z.B. [X.]/Tyarks, Betriebs-Berater --BB-- 2010, 87, 91; [X.]/[X.], Der Betrieb 2010, 185, 188; [X.], [X.], 2149, 2015; Teiche, BB 2012, 2659, 2665; Jorde/Trinkaus, Die Unternehmensbesteuerung --[X.]-- 2012, 649, 654; Wischott/ Schönweiß/Graesser, [X.], 780, 790; Gsödl/[X.]/[X.], [X.] 2016, 208, 212; [X.], Zeitschrift für Immobilienrecht 2016, 197, 200). Dasselbe gilt nach verbreiteter Ansicht auch für die [X.] im Falle der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung ([X.] in [X.], a.a.[X.], § 6a Rz 112; [X.], a.a.[X.], § 6a Rz 65; [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 6a Rz 43; [X.], a.a.[X.], § 6a Rz 16; Jorde/Trinkaus, [X.] 2012, 649, 654; [X.], Umsatz- und [X.], 60).

ee) Nach Ansicht des Senats ist § 6a Satz 4 [X.] dahingehend auszulegen, dass die dort genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als sie aufgrund eines begünstigten [X.]s auch eingehalten werden können.

(1) Bei [X.] zwischen einer abhängigen [X.] und einem herrschenden Unternehmen muss in Fällen der Verschmelzung nur die [X.] und in Fällen der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nur die [X.] eingehalten werden. Das gilt bei der Verschmelzung sowohl für die Verschmelzung auf die abhängige [X.] als auch für die Verschmelzung auf das herrschende Unternehmen. Die [X.] muss bei der Verschmelzung und die [X.] bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nicht eingehalten werden, um die Steuerbegünstigung zu erlangen.

(2) Entsprechendes gilt, wenn mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige [X.]en an dem [X.] beteiligt sind. In diesem Fall muss bei der Verschmelzung die [X.] nur in Bezug auf die aufnehmende [X.] und die [X.] in Bezug auf die beiden abhängigen [X.]en eingehalten werden. Bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung muss die [X.] nur in Bezug auf die abgebende [X.] und die [X.] in Bezug auf beide abhängigen [X.]en eingehalten werden.

(3) Eine solche (weite) Auslegung des § 6a [X.] findet ihren Anknüpfungspunkt in der Systematik der Vorschrift. Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 [X.] wird ausdrücklich für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a [X.] steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S. des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 [X.] die Steuer nicht erhoben. Der Verweis auf § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 [X.] schließt die Verschmelzung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2 ff. [X.]), die Aufspaltung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 1 [X.]), die Abspaltung und die Ausgliederung von Vermögen zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, §§ 124 ff. [X.]) sowie die Vermögensübertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, §§ 174 ff. [X.]) ausdrücklich und ohne Vorbehalt auf bestimmte Umwandlungsfälle in die Begünstigung ein. § 6a Satz 1 [X.] differenziert nicht danach, in welcher Richtung, horizontal auf eine Schwestergesellschaft oder vertikal auf die Muttergesellschaft, eine [X.] verschmolzen wird, sondern begünstigt alle dort genannten [X.] gleichermaßen, auch wenn nur ein herrschendes Unternehmen und eine abhängige [X.] an dem [X.] beteiligt sind. Hätte der Anwendungsbereich des § 6a [X.] nur auf solche [X.] beschränkt sein sollen, bei denen bereits ein Verbund aus mehreren Unternehmen besteht und nach dem [X.] auch weiter besteht, hätte dies in § 6a Satz 1 [X.] seinen Niederschlag finden müssen.

(4) Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck des § 6a [X.]. Der Gesetzgeber wollte mittels der Steuerbegünstigung nach § 6a [X.] Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen erleichtern, damit Unternehmen flexibel auf Veränderungen der Marktverhältnisse reagieren können (BTDrucks 17/147, 10). Das schließt auch solche [X.] ein, durch die ein Konzern beendet oder neu begründet wird. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, nur bestimmte [X.], z.B. Verschmelzungen auf Schwestergesellschaften, zu begünstigen, zumal die Begünstigungswirkungen des § 6a [X.] nach der Vorstellung des Gesetzgebers allen Begünstigungsadressaten möglichst gleichmäßig zugute kommen und die Erfassung aller [X.] einer gleichmäßigen Wirkung der Begünstigung dienen sollten (BTDrucks 17/147, 10). Der [X.] würde verfehlt, schlösse man diejenigen [X.], die in der Praxis sehr häufig vorkommen, nämlich die vertikale Verschmelzung und die Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung, von vornherein aus dem Anwendungsbereich des § 6a [X.] aus.

(5) Die Auslegung steht schließlich nicht im Widerspruch zu dem durch § 6a Sätze 3 und 4 [X.] verfolgten Zweck, ungewollte Mitnahmeeffekte zu vermeiden (vgl. BTDrucks 17/147, 10). In [X.] muss nach § 6a Sätze 3 und 4 [X.] die [X.] gewahrt sein, d.h. das qualifizierte Abhängigkeitsverhältnis muss vor dem [X.] fünf Jahre Bestand gehabt haben. In den Fällen der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung muss die [X.] gewahrt bleiben, d.h. das durch den [X.] begründete Abhängigkeitsverhältnis muss nach dem Vorgang mindestens fünf Jahre bestehen. Kurzfristige Gestaltungen, wie sie § 6a Sätze 3 und 4 [X.] in Anlehnung an §§ 5 und 6 [X.] verhindern will (vgl. BTDrucks 17/147, 10), sind folglich auch in [X.], Abspaltungs- oder Ausgliederungsfällen ausgeschlossen.

(6) Die gegenteilige Auffassung der Finanzverwaltung findet weder im Wortlaut oder in der Systematik des § 6a [X.] noch in den Gesetzesmaterialien eine Stütze. Die Vorstellung des "[X.]" ist dort weder begrifflich noch konzeptionell angelegt. Es ist kein gesetzesimmanenter sachlicher Grund dafür ersichtlich, z.B. die Verschmelzung auf eine [X.] der [X.] durch die aufnehmende [X.] zu begünstigen, die Abspaltung oder Ausgliederung auf eine neu gegründete [X.] der [X.] durch die abgebende [X.] hingegen nicht. Beide [X.] sind lediglich das wirtschaftliche und rechtliche Spiegelbild des jeweils anderen [X.]s und finden innerhalb des Konzerns ohne Beteiligung Dritter statt. Dasselbe gilt für die (vertikale) Verschmelzung einer Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft oder einer [X.] auf die Tochtergesellschaft und --spiegelbildlich-- die Abspaltung oder Ausgliederung auf solche [X.]en. Es ist kein Grund erkennbar, weshalb diese [X.] nicht unter § 6a Sätze 3 und 4 [X.] fallen sollten, wenn man --wie die [X.] einzelne [X.] auf der horizontalen Ebene zulässt.

e) Da § 6a [X.] nicht darauf abstellt, dass der abgebende Rechtsträger das Grundstück innerhalb von fünf Jahren vor dem [X.] erworben hat und der übernehmende Rechtsträger das Grundstück fünf Jahre nach dem [X.] behält, stehen im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem [X.] verwirklichte andere [X.] der Anwendung des § 6a [X.] nicht entgegen.

f) Nach diesen Grundsätzen ist Grunderwerbsteuer im Streitfall nach § 6a [X.] nicht zu erheben. Die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung sind erfüllt.

aa) Die Umwandlung nach [X.] Recht entspricht nach den unstreitigen Feststellungen des [X.], die sich das [X.] durch Bejahung des Anwendungsbereichs des § 6a [X.] zu eigen gemacht hat, einer Umwandlung nach § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 [X.]. An dem [X.] sind --wie § 6a Satz 3 [X.] voraussetzt-- die Klägerin und die [X.] als von der [X.] abhängige [X.]en beteiligt. Unerheblich für die Anwendung des § 6a [X.] ist der Umstand, dass das Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der [X.] erst durch den [X.] begründet wurde. Eine Einschränkung dahingehend, dass solche [X.] aus dem Anwendungsbereich des § 6a [X.] herausfallen, lässt sich --wie ausgeführt-- weder dem Wortlaut noch dem Zweck der Norm entnehmen.

bb) § 6a Satz 4 [X.] schließt die Steuerbegünstigung nicht aus. Die [X.] war zwar vor dem [X.] nicht an der Klägerin beteiligt. Dies ist jedoch unerheblich, weil die Klägerin erst im Zuge des begünstigten [X.]s gegründet wurde und die Nichteinhaltung der [X.] daher auf umwandlungsbedingten Gründen beruht.

cc) Das [X.], in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der B-GmbH befindet, war für den Erlass des Feststellungsbescheids zuständig.

Die Besteuerungsgrundlagen werden bei [X.] durch Umwandlungen aufgrund eines Bundes- oder Landesgesetzes durch das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung des Erwerbers befindet (§ 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]), und in den Fällen des § 1 Abs. 2a, 3 und 3a durch das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der [X.] befindet (§ 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]), gesondert festgestellt, wenn ein außerhalb des Bezirks dieser Finanzämter liegendes Grundstück oder ein auf das Gebiet eines anderen Landes sich erstreckender Teil eines im Bezirk dieser Finanzämter liegenden Grundstücks betroffen wird. Im Streitfall führt die Umwandlung zu einem Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 [X.] und damit zu einem fiktiven Grundstückserwerb aufgrund einer Umwandlung. In diesem Fall geht § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.] als speziellere Regelung für [X.] nach § 1 Abs. 2a, 3 und 3a [X.] der Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.] vor. Für den Erlass des Feststellungsbescheids ist in einem solchen Fall folglich das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der grundbesitzenden [X.] befindet. Dies war im Streitfall die B-GmbH, deren Anteile durch die Abspaltung auf die neugegründete Klägerin übergegangen sind.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II R 21/19 (II R 56/15), II R 21/19, II R 56/15

21.08.2019

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 4. November 2015, Az: 7 K 1553/15 GE, Urteil

§ 6a GrEStG 1997 vom 25.07.2014, § 1 Abs 3 Nr 4 GrEStG 1997, § 17 Abs 3 GrEStG 1997, § 1 Abs 1 Nr 1 UmwG, § 1 Abs 1 Nr 2 UmwG, § 1 Abs 1 Nr 3 UmwG, § 17 Abs 3 S 1 Nr 1 GrEStG 1997, § 17 Abs 3 S 1 Nr 2 GrEStG 1997, Art 107 Abs 1 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.08.2019, Az. II R 21/19 (II R 56/15), II R 21/19, II R 56/15 (REWIS RS 2019, 4269)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4269

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