Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2015, Az. VIII ZB 49/14

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 12762

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 49/14

vom

14. April 2015

in dem Rechtsstreit

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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 14. April 2015
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, [X.]
Achilles und Dr.
Schneider, die Richterin Dr.
Fetzer und den Richter Kosziol

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Kläger gegen den Beschluss der
10. Zivilkammer des [X.] vom 5.
Juni 2014 wird als unzulässig verworfen.
Die Kläger haben die Kosten der Rechtsbeschwerde zu tragen.
[X.]: 2.010,88

Gründe:
I.
Die Kläger waren von März 2008 bis April 2013 Mieter einer Wohnung des Beklagten in [X.]. Im vorliegenden Verfahren nehmen die Kläger den [X.] auf Rückzahlung der Mietkaution und auf Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hat
mit Schriftsatz vom 22. April 2014
(Dienstag nach [X.]), beim [X.] [X.] per Fax eingegangen am 23. April 2014, 9.39 Uhr, für die Klä-ger Berufung gegen das ihr
am 21. März 2014 zugestellte Urteil eingelegt.
Mit Verfügung vom 2. Mai 2014 teilte der Vorsitzende der Berufungs-kammer der Prozessbevollmächtigten der Kläger mit, dass
beabsichtigt sei, die 1
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Berufung wegen Versäumung der Frist zur Einlegung
des Rechtsmittels zu verwerfen.
Mit am 7. Mai 2014 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz ih-rer Prozessbevollmächtigten haben die Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungseinlegungsfrist beantragt und zugleich erneut Berufung eingelegt.
Zur Begründung des
[X.] tragen sie vor, ihrer Prozessbevollmächtigten sei am 22. April 2014 vormittags
die Handakte in dieser
Sache vorgelegt worden. Dort seien
der Ablauf der Beru-fungseinlegungsfrist für den 22. April 2014 und der Ablauf der Berufungsbe-gründungsfrist für den 22. Mai 2014 notiert gewesen. Da zunächst nur fristwah-rend Berufung habe eingelegt werden sollen, habe die
Prozessbevollmächtigte bereits am Nachmittag des 21. April
2014 ihre
Bürovorsteherin, Frau
R.

[X.]

, angewiesen, eine an das [X.] [X.] zu adressierende Berufungs-schrift zu fertigen und zur Unterschrift vorzulegen. Am 22. April 2014 habe sich die Berufungsschrift auch in der am Vormittag vorgelegten Unterschriftenmappe befunden.
Die
Prozessbevollmächtigte habe allerdings erst "kurz nach Unterzeich-nung"
des Schriftsatzes bemerkt,
dass diese
irrtümlich an das unzuständige [X.] [X.] adressiert worden sei. Sie habe nach Bemerken
des Fehlers Frau [X.]

mündlich die Weisung erteilt, den an das [X.] gerichteten Schriftsatz "zu schreddern"
und einen neu zu erstellenden,
an das [X.] [X.] gerichteten Schriftsatz zur Unterschrift vorzulegen
und sodann an
das [X.] per Fax zu übermitteln. Es sei auch ein neuer,
zutreffend an das [X.] gerichteter
Schriftsatz erstellt und unterschrieben worden. Von der ansonsten zuverlässigen Frau [X.]

sei jedoch versehentlich der an das [X.] [X.] adressierte Schriftsatz an das [X.] gefaxt worden, was sich aus dem beigefügten Sendebericht vom 22. April 2014,
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15.26 Uhr, ergebe. Den korrekt an das [X.] adressierten und am 22.
April 2014 unterschriebenen [X.] habe Frau [X.]

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eben-falls versehentlich -
vernichtet.
Mit Beschluss vom 5. Juni 2014 hat das Berufungsgericht den [X.] zurückgewiesen und die Berufung der Kläger wegen [X.] der Einlegungsfrist als unzulässig verworfen. Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
Die form-
und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2, Satz 1
ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, weil weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung eine Entscheidung des [X.] erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO).
Zwar trägt
die vom [X.] gegebene Begründung eine Zurückwei-sung des von den Klägern
gestellten [X.] nicht; die Ent-scheidung des [X.]s stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar, so dass die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg hat
(§ 577 Abs. 3 ZPO).
1. Zutreffend hat das [X.] angenommen, dass die am 23. April 2014 bei ihm per Telefax eingegangene Berufungsschrift der Kläger vom 22.
April 2014 die Frist zur Einlegung der Berufung nicht gewahrt hat. Da das Urteil des Amtsgerichts, das mit der Berufung angefochten werden sollte, der Prozessbevollmächtigten der Kläger am Montag, den 21. März 2014, zugestellt worden war, endete die Berufungseinlegungsfrist des § 517 ZPO gemäß § 222 6
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Abs. 2 BGB
am Dienstag, dem
22. April 2014, da der Tag zuvor
ein Feiertag ([X.]) war. Diese Wertung nimmt auch die Rechtsbeschwerde hin.
2. Das am 7. Mai 2014 beim [X.] eingegangene Wiedereinset-zungsgesuch der Kläger hat das [X.] allerdings lediglich im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
a) Das [X.] hat seine Entscheidung damit begründet, dass das nach § 85 Abs. 2 ZPO den Klägern zurechenbare Verschulden (§ 233 Satz 1 ZPO) ihrer
Prozessbevollmächtigten bezüglich der Versäumung der Berufungs-einlegungsfrist darin zu sehen sei, dass in der
Anwaltskanzlei keine wirksame Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze eingerichtet gewesen sei. In dem Wiedereinsetzungsgesuch sei nicht dargelegt worden, dass in der Kanzlei eine Anweisung an die Angestellten bestehe, eine notierte Frist im [X.] erst dann zu streichen, wenn nach einer Übermittlung per Telefax anhand des [X.] überprüft worden sei, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt sei.
Auf diese
Begründung kann -
was die Rechtsbeschwerde zurecht gel-tend macht -
die Zurückweisung des [X.]
bereits des-halb nicht gestützt werden, weil weder dargetan noch ersichtlich ist, warum eine funktionierende Ausgangskontrolle im vorliegenden Fall die irrtümliche [X.] der Berufungsschrift an das unzuständige [X.] [X.] verhin-dert und eine fristwahrende Übermittlung an das zuständige [X.] ge-währleistet hätte. Eine Ausgangskontrolle der versehentlich an das für die Beru-fung unzuständige [X.] gerichteten Berufungsschrift hätte [X.] nur erbracht, dass der Schriftsatz innerhalb offener Frist am 22. April 2014, 15.26 Uhr, an eben das Gericht ([X.] [X.]) gefaxt worden ist, an das es nach der Adressierung auch
übermittelt werden sollte.
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b) Die Zurückweisung des [X.] erweist sich indes aus anderen Gründen als richtig (§ 577 Abs. 3 ZPO).
Nach dem Vortrag in dem Wiedereinsetzungsgesuch, das durch die ei-desstattliche Versicherung der Bürovorsteherin in der Kanzlei der [X.] der Kläger, Frau R.

[X.]

, unterlegt ist, hat die Prozessbe-vollmächtigte der Kläger,
kurz nachdem sie
bemerkt hatte, dass sie den fälsch-lich an das [X.] adressierten Schriftsatz unterschrieben hatte, Frau [X.]

am Vormittag des 22. April 2014 mündlich angewiesen, den an das [X.] gerichteten Schriftsatz "zu schreddern"
und eine neue an das zuständige [X.]
adressierte Berufungsschrift zu fertigen, zur Unter-schrift vorzulegen
und an das [X.] per Fax zu versenden.
Zwar sei ein korrekt an das [X.] adressierter Schriftsatz vorgelegt und auch unter-schrieben worden; allerdings habe Frau [X.]

sodann versehentlich diesen Schriftsatz vernichtet und den an das [X.]
adressierten
Schrift-satz
am
Nachmittag
des
22. April 2014 dorthin gefaxt.
Bei diesem geschilderten Geschehen trifft die Prozessbevollmächtigte der Kläger ein diesen über § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden an der Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung. Zwar war die [X.] der Prozessbevollmächtigten an sich
geeignet, eine fristgerechte Ver-sendung an das zuständige [X.] zu gewährleisten. Wird
die [X.] eines Rechtsanwalts aber -
wie hier -
nur mündlich erteilt, müssen aus-reichende Vorkehrungen dagegen
getroffen werden, dass die Erledigung nicht in Vergessenheit gerät.
Hierzu genügt meist die klare und präzise Anweisung, die Erledigung sofort vorzunehmen
([X.], Beschlüsse vom 5. Juni 2013
-
XII ZB 47/10, NJW-RR 2013, 1393 Rn. 12; vom 8. Februar 2012 -
XII [X.]/11 -
FamRZ 2012, 623 Rn. 31; jeweils mwN). Daran fehlt es hier.
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Die Kläger
haben
mit dem Wiedereinsetzungsgesuch weder vorgetragen, noch glaubhaft gemacht, dass ihre Prozessbevollmächtigte Frau [X.]

ange-wiesen habe, den an das [X.] gerichteten Schriftsatz sofort zu vernichten und den an das [X.] gerichteten Schriftsatz nach Unterschrift sofort dorthin zu übermitteln. Die Ausführungen im Wiedereinsetzungsgesuch beschränken sich vielmehr auf die Schilderung, Frau [X.]

sei am Vormittag des 22. April 2014 angewiesen worden, den an das [X.] gerichte-ten Schriftsatz "zu schreddern"
und den an das [X.] gerichteten Schrift-satz zu versenden. Gerade weil eine an das unzuständige Gericht adressierte und unterschriebene
Berufungsschrift vorlag
und damit die Gefahr einer (späte-ren) Verwechslung der Schriftstücke gegeben war, hätte die Anweisung mit dem Zusatz versehen werden müssen, den Auftrag sofort auszuführen.
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Die Fristversäumung beruht auch auf dem Verschulden der [X.] der Kläger; denn es
kann nicht ausgeschlossen werden, dass Frau [X.]

, die erst um 15.26 Uhr tätig geworden ist,
bei ordnungsgemäßer Anweisung noch im Gedächtnis geblieben wäre, welchen Schriftsatz sie ver-nichten und welchen Schriftsatz sie versenden sollte.
Dr. Milger
Dr. Achilles
Dr. Schneider

Dr. Fetzer
Kosziol
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 12.03.2014 -
214 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 05.06.2014 -
10 [X.]/14 -

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Meta

VIII ZB 49/14

14.04.2015

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2015, Az. VIII ZB 49/14 (REWIS RS 2015, 12762)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12762

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Zurückgewiesener Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand


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