Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.02.2023, Az. 2 StR 377/22

2. Strafsenat | REWIS RS 2023, 2184

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Gegenstand

Bandendiebstahl und Bandenhehlerei: Vorrang einer Verurteilung aufgrund Postpendenzfeststellung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 1. Juni 2022 im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte unter Freispruch im Übrigen der gewerbsmäßigen Bandenhehlerei in drei Fällen schuldig ist.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen „gewerbsmäßiger Bandenhehlerei oder schweren Bandendiebstahls“ in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen sowie eines sichergestellten Mobiltelefons angeordnet. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

3

2. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils führt zur Änderung des Schuldspruchs. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Revision keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

4

a) Die Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei oder schwerem Bandendiebstahl im Wege der ungleichartigen (gesetzesalternativen) Wahlfeststellung hat keinen Bestand.

5

Der [X.] hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt:

„Nach den Ausführungen der [X.] konnte eine Beteiligung des Angeklagten an den Diebstählen nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Dabei ergibt sich jedoch aus der Gesamtheit der Feststellungen, dass der Angeklagte, sollte er an den vorangegangenen Diebstählen beteiligt gewesen sein, jedenfalls nicht als Alleintäter in Betracht kommt, sondern lediglich, dass er neben unbekannten weiteren Tatbeteiligten als Mittäter oder Gehilfe beteiligt gewesen sein könnte. Damit steht die mögliche Beteiligung des Angeklagten an den Vortaten einer – eindeutigen – Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei aber nicht entgegen. Denn der Angeklagte hat in jedem Fall für die (Mit-)Täter des Diebstahls Absatzhilfe geleistet und damit faktisch alle Tatbestandsmerkmale der Hehlerei erfüllt. Es steht daher ein Sachverhalt fest, der die Verurteilung wegen einer auf den Diebstahl folgenden „[X.]“ rechtfertigt. Ungewiss ist lediglich, ob der Angeklagte (auch) an den jeweiligen Vortaten beteiligt war. In derartigen Fällen geht eine Verurteilung auf eindeutiger Grundlage im Wege der Postpendenz unter Anwendung des Zweifelssatzes einer gesetzesalternativen Wahlfeststellung vor (vgl. Senat, Beschluss vom 9. November 2017 – 2 [X.], NStZ-RR 2018, 49 […]).“

6

Dem schließt sich der Senat an.

7

b) Da dem Angeklagten in der – unverändert zugelassenen – Anklage zur Last gelegt wurde, sich jeweils gewerbsmäßig als Mitglied einer Bande alternativ an den Diebstählen der entwendeten Gegenstände beteiligt oder diese anschließend weiterverkauft zu haben, ihm eine Beteiligung an den [X.] aber nicht nachgewiesen werden konnte, ist er insoweit freizusprechen (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Juli 1998 – 4 [X.], [X.], 635).

8

c) Der Rechtsfolgenausspruch kann trotz der Änderung des Schuldspruchs bestehen bleiben. Angesichts des identischen Strafrahmens des § 260a Abs. 1 StGB und des § 244a Abs. 1 StGB und der [X.] Verneinung eines minder schweren Falls sowohl nach § 260a Abs. 2 StGB als auch nach § 244a Abs. 2 StGB kann der Senat ausschließen, dass die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe niedriger ausgefallen wären, wenn das [X.] den Angeklagten im Wege der Postpendenzfeststellung (nur) wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei verurteilt hätte.

Franke     

  

Eschelbach     

  

Zeng

  

Meyberg     

  

Schmidt     

  

Meta

2 StR 377/22

28.02.2023

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Aachen, 1. Juni 2022, Az: 69 KLs 2/22

§ 242 StGB, § 244 StGB, § 259 StGB, § 261 StPO, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.02.2023, Az. 2 StR 377/22 (REWIS RS 2023, 2184)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2184

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