Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.2017, Az. 2 StR 495/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 3330

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VERFASSUNG STRAFRECHT BUNDESGERICHTSHOF (BGH) STRAFTATEN GRUNDGESETZ STRAFVERFAHREN BESTIMMTHEITSGRUNDSATZ DIEBSTAHL RECHTSPHILOSOPHIE

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Gegenstand

Strafurteil: Wahlfeststellung bei Verurteilung wegen gewerbsmäßig begangenem Diebstahl und gewerbsmäßiger Hehlerei


Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 30. Mai 2012 werden mit der Maßgabe verworfen, dass jeweils sechs Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt gelten.

Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

[X.]as [X.] hat den Angeklagten [X.]unter Freisprechung im Übrigen wegen [X.]iebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei in neunzehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. [X.]en Angeklagten E.    hat es unter Freisprechung im Übrigen wegen [X.]iebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei in fünfzehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen richten sich die Revisionen der Angeklagten mit der Sachrüge. Ihre Rechtsmittel sind unbegründet; sie führen lediglich zu einer Kompensationsentscheidung wegen überlanger [X.]auer des Revisionsverfahrens.

I.

2

1. Nach den Feststellungen des [X.]s stahlen oder hehlten die Angeklagten seit dem [X.] in erheblichem Umfang Gegenstände, vor allem Fahrzeuge und Fahrzeugteile sowie Werkzeuge und andere Hilfsmittel, die bei der Montage oder [X.]emontage von Fahrzeugen Verwendung finden konnten. Ob die Angeklagten in den abgeurteilten Fällen als Mittäter jeweils [X.]iebstähle begangen oder die später bei ihnen sichergestellten Gegenstände als Hehler erworben haben, konnte die [X.] nicht klären. Sie hat ausgeführt, es sei auch möglich, dass die Angeklagten in den einzelnen Fällen getrennt voneinander Beutestücke aus den [X.]iebstählen angekauft oder einer von beiden - neben [X.] - an den [X.]iebstählen beteiligt gewesen sei und danach Beutegegenstände an den jeweils anderen abgegeben habe.

3

[X.] an. [X.]ort reparierte er auch fremde Fahrzeuge, wozu bisweilen Fahrzeugteile aus der [X.] verwendet wurden. Ferner trieb er mit Fahrzeugteilen Handel. [X.]er Angeklagte [X.]verfügte im Tatzeitraum über ein Grundstück mit Garagen und einen Container, wo er auch Gegenstände, die aus [X.]iebstählen herrührten, lagerte und Fahrzeuge bearbeitete.

4

Nach einer anonymen Strafanzeige wurden die Räume der Angeklagten jeweils am 23. und 24. Juni 2009 durchsucht. [X.]abei wurden zahlreiche Gegenstände sichergestellt, die in dem für [X.] näher konkretisierten Tatzeitraum zwischen dem 26. März 2007 und dem 20. Juni 2009 gestohlen worden waren. [X.]abei handelte es sich um [X.]iebstähle, die „in vielen Fällen schon aufgrund der Menge des [X.]iebesgutes und der Schwere der einzelnen Gegenstände gar nicht allein hätten durchgeführt werden können.“ Auch war „bei allen Taten aufgrund des professionellen Vorgehens zu erwarten, dass zumindest ein Täter den [X.] abgesichert hat.“

5

[X.]as [X.] hat den Angeklagten nur entweder [X.]iebstahl oder gewerbsmäßige Hehlerei zugerechnet, soweit bei ihnen selbst Gegenstände aus solchen Taten aufgefunden wurden. Soweit bei dem jeweils anderen Angeklagten Beutestücke festgestellt wurden, hat es die Angeklagten freigesprochen.

6

Mit Ausnahme zweier Fälle (Fälle 6 und 11 bei dem Angeklagten [X.]) handelte es sich bei den [X.]iebstählen - von gewerbsmäßiger Tatbegehung gemäß § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB abgesehen - um Taten im Sinne von § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 StGB.

7

Bei den [X.]iebstählen war regelmäßig erheblicher Sachschaden verursacht und umfangreiche Beute erzielt worden, während die sichergestellten Gegenstände, deren Erlangung den Angeklagten zugerechnet wurde, Einzelstücke aus der [X.] darstellten.

8

2. [X.]ie [X.] hat die Angeklagten auf [X.] Grundlage wegen [X.]iebstahls gemäß §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB oder gewerbsmäßiger Hehlerei im Sinne der §§ 259 Abs. 1, 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt. [X.]ie Voraussetzungen einer Postpendenzfeststellung der gewerbsmäßigen Hehlerei hat es verneint, weil es eine zumindest einseitig sichere Feststellung der [X.] - hier hinsichtlich der Tatbegehung in Bezug auf eine „Sache, die ein anderer gestohlen ... hat“ - nicht treffen konnte. [X.]azu hat es ausgeführt: „Ob die Angeklagten bei den jeweiligen abgeurteilten Fällen gemeinschaftlich die [X.]iebstähle begangen oder Gegenstände angekauft haben, konnte nicht geklärt werden. So ist es auch möglich, dass in diesen Fällen beide getrennt voneinander von derselben Quelle gekauft haben oder einer der beiden den [X.]iebstahl begangen hat und an den anderen [X.]iebesgut abgegeben hat.“

9

3. Weil der Strafrahmen für gewerbsmäßige Hehlerei gemäß § 260 Abs. 1 StGB eine höhere als die in § 243 Abs. 1 StGB angedrohte Mindeststrafe vorsieht, ist das [X.] vom Strafrahmen des § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB ausgegangen. Bei der mit einheitlicher Begründung vorgenommenen Strafzumessung hat es den regelmäßig geringeren Schaden für die [X.]iebstahlsgeschädigten zu Grunde gelegt, der gegebenenfalls beim Erwerb einzelner Beutestücke durch Hehlerei verursacht wurde. Im Übrigen hat es auf allgemeine Strafzumessungsgesichtspunkte abgestellt.

II.

[X.]er [X.] hat durch Beschluss vom 28. Januar 2014 ([X.], 580 ff. mit [X.]. [X.], [X.], 475 ff.; Freund/[X.], [X.], 164 ff.; [X.], [X.], 584 ff.; [X.], [X.] 127 [2015], 334 ff.; [X.], [X.], 116 ff.; Schuhr, [X.], 437 ff.; [X.], [X.], 461 ff. und [X.], 714 ff.) gemäß § 132 Abs. 3 [X.] bei den anderen Strafsenaten angefragt, ob diese an der Rechtsprechung zur Zulässigkeit einer gesetzesalternativen Verurteilung festhalten. [X.]ie anderen Strafsenate haben dies bejaht ([X.], Beschluss vom 24. Juni 2014 - 1 [X.], [X.], 308 f.; Beschluss vom 30. September 2014 - 3 [X.], [X.], 39 f.; Beschluss vom 11. September 2014 - 4 ARs 12/14, [X.], 40 f.; Beschluss vom 16. Juli 2014 - 5 [X.], [X.], 307 f.; zum Ablauf [X.]/[X.], 9. Aufl., [X.]. zu § 55 Rn. 5 ff.).

Mit Beschluss vom 11. März 2015 ([X.], 212 ff. mit [X.]. [X.], [X.] 2016, 190 ff. und [X.], [X.] 128 [2016], 676 ff.) hat der [X.] erstmals dem [X.] die Frage vorgelegt, ob die Rechtsfigur der gesetzesalternativen Verurteilung mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar ist. [X.]er [X.] hat diese Vorlage am 9. August 2016 zur Klärung der ergänzenden Frage des Verhältnisses zwischen Geldwäsche und einer Wahlfeststellung von Katalogtaten zurückgenommen. Nachdem der 5. Strafsenat durch Urteil vom 16. August 2016 - 5 [X.] ([X.]St 61, 245 ff.) diese Frage dahin entschieden hat, dass die gesetzesalternative Verurteilung wegen gewerbsmäßig begangenen [X.]iebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei bei gleichzeitiger Verwirklichung des Tatbestands der Geldwäsche einen Schuldspruch wegen Geldwäsche ausschließe, hat der [X.] durch Beschluss vom 2. November 2016 gemäß § 132 Abs. 4 [X.] dem [X.] die Fragen vorgelegt, ob die gesetzesalternative Verurteilung wegen gewerbsmäßigen [X.]iebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei verfassungsgemäß ist, [X.], ob sie bei gleichzeitiger Erfüllung des Tatbestands der Geldwäsche ausgeschlossen ist.

[X.]er Große [X.] für Strafsachen hat durch Beschluss vom 8. Mai 2017 - [X.] (NJW 2017, 2842 ff. mit [X.]. [X.], für [X.]St bestimmt) entschieden: „Eine gesetzesalternative Verurteilung wegen (gewerbsmäßig begangenen) [X.]iebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei ist entsprechend den zum Rechtsinstitut der Wahlfeststellung durch den [X.] entwickelten Grundsätzen weiterhin zulässig; sie schließt bei gleichzeitiger Verwirklichung eines Tatbestands der Geldwäsche einen Schuldspruch wegen Geldwäsche aus.“

III.

[X.]ie Revisionen der Angeklagten sind auf der Grundlage der vom [X.] mit bindender Wirkung bestätigten Rechtsprechung des [X.]s unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richten.

1. [X.]ie Beweiswürdigung des [X.]s ist rechtsfehlerfrei.

a) Soweit die Beschwerdeführer die Beweiswürdigung zur Frage der deliktischen Herkunft der Gegenstände und zur inneren Tatseite beanstanden, zeigen ihre Ausführungen keinen Rechtsfehler im Sinne einer widersprüchlichen, unklaren oder lückenhaften Würdigung der wesentlichen Gesichtspunkte oder eines Verstoßes gegen [X.]enkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze auf. [X.]ie Angriffe der Revisionen erschöpfen sich in einer eigenen Würdigung der Beweise.

b) [X.]as [X.] war auch nicht auf Grund des [X.] gehalten, von der Beschaffung der [X.]iebstahlsgegenstände durch eine einzige Hehlereihandlung der Angeklagten oder eine geringere Zahl von [X.] als der Zahl der [X.] auszugehen.

[X.]er Grundsatz „in dubio pro reo“ ist eine Entscheidungsregel, die das Gericht erst anzuwenden hat, wenn es nach abgeschlossener Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweise nicht die volle Überzeugung vom Vorliegen einer für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch unmittelbar entscheidungserheblichen Tatsache zu gewinnen vermag (vgl. [X.], Urteil vom 12. Oktober 2011 - 2 [X.], [X.], 171, 172). Er fordert nicht, dass auch dann zwingend von der einem Angeklagten günstigsten Fallgestaltung auszugehen ist, wenn hierfür keine konkreten [X.]altspunkte bestehen (vgl. [X.], Urteil vom 20. Mai 2009 - 2 StR 576/08, [X.], 630, 631).

[X.]eshalb gebietet es der [X.] hier nicht, von einer einheitlichen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit auszugehen, da sich keine hinreichenden [X.]altspunkte dafür ergeben, dass [X.] der Angeklagten zugleich mehrere Gegenstände betroffen haben, die aus verschiedenen [X.]iebstählen herrühren. Handlungen bei Erwerbs- oder Absatzgeschäften sind nicht schon deswegen zu einer Tateinheit zusammenzufassen, weil die nicht näher konkretisierte Möglichkeit besteht, dass Einzelobjekte aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren. Eine willkürliche Zusammenfassung zu einer Einheit oder zu mehreren Bewertungseinheiten ist nicht geboten (vgl. zum Betäubungsmittelhandel etwa [X.], Beschluss vom 26. September 2012 - 4 StR 345/12, [X.], 46 f.).

Nach diesen Grundsätzen erweist sich die Annahme von Tatmehrheit auch bei der Alternative der Hehlerei entsprechend der Zahl der insoweit zu Grunde liegenden [X.]iebstahlsvortaten als rechtsfehlerfrei. Konkrete [X.]altspunkte für einen oder mehrere zusammenfassende Erwerbsvorgänge sind nicht festgestellt worden. Besteht mithin lediglich eine theoretische, nicht konkretisierte Möglichkeit eines einheitlichen Erwerbsvorgangs, so zwingt der [X.] nicht dazu, einen solchen zu Gunsten der Angeklagten zu unterstellen. [X.]arauf, ob die Erwägungen des [X.]s gegen einen einheitlichen Erwerbsvorgang in vollem Umfang tragfähig sind, kommt es nicht entscheidend an.

2. [X.]ie gesetzesalternative Verurteilung der Angeklagten auf [X.] Tatsachengrundlage wegen (gewerbsmäßig begangenen) [X.]iebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei ist rechtlich nicht zu beanstanden. [X.]afür ist nach der bindenden Entscheidung des Großen [X.]s für Strafsachen von den Maßstäben auszugehen, die bisher in der Rechtsprechung entwickelt wurden.

a) [X.]ie Voraussetzungen einer vorrangigen Verurteilung wegen Hehlerei im Wege einer Postpendenzfeststellung hat das [X.] zu Recht verneint.

aa) Eine Postpendenzfeststellung ist nur möglich, wenn feststeht, dass der Angeklagte faktisch alle Tatbestandsmerkmale der Hehlerei erfüllt, also auch, dass er das [X.] von einem anderen als Täter der Vortat erlangt hat, und nur offenbleibt, ob er selbst an der Vortat beteiligt war. Ist aber eine Begehung der Vortat durch die Angeklagten als Allein- oder Mittäter, gegebenenfalls neben [X.], nicht auszuschließen, kommt eine Postpendenzfeststellung nicht in Betracht (vgl. [X.], Beschluss vom 11. November 1987 - 2 StR 506/87, [X.]St 35, 86, 88 f.; Urteil vom 14. September 1989 - 4 StR 170/89, [X.]R StGB vor § 1/Wahlfeststellung Postpendenz 3; Urteil vom 29. März 1990 - 4 [X.], [X.]R StGB vor § 1/Wahlfeststellung Postpendenz 4; Beschluss vom 19. Januar 2000 - 3 StR 500/99, [X.]R StGB § 260 Wahlfeststellung 1; Beschluss vom 27. November 2012 - 5 StR 377/12; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 259 Rn. 85; [X.]/[X.], 3. Aufl., [X.]. zu § 1 Rn. 47; [X.]/[X.], 9. Aufl., [X.]. zu § 55 Rn. 55). In diesem Fall fehlt es an der für eine Verurteilung wegen Hehlerei erforderlichen Sicherheit, dass der Angeklagte die [X.] von einem anderen erlangt hat.

bb) [X.]aran gemessen hat das [X.] eine Postpendenzfeststellung zu Recht abgelehnt. Soweit es darauf abstellt, dass nicht ausgeschlossen werden könne, der jeweilige Angeklagte sei auch Mittäter der Vortat gewesen, ist dies allerdings ungenau. Entscheidend kommt es darauf an, ob feststeht, dass die Angeklagten die gestohlenen Gegenstände von einem Anderen - und sei es von dem jeweils anderen Angeklagten als Mittäter - erlangt haben. [X.]as [X.] hat aber nicht klären können, ob die Angeklagten die [X.] gemeinschaftlich begangen haben. [X.]amit kommt auch die Möglichkeit in Betracht, dass der jeweilige Angeklagte das [X.]iebesgut schon im Rahmen der gemeinschaftlichen Begehung der Vortat selbst unmittelbar durch [X.]iebstahl und damit nicht von einem anderen erlangt hat. Ist deshalb nicht sicher, dass alle Voraussetzungen der Hehlerei, einschließlich des Kriteriums der Erlangung der Sache von einem Anderen, erfüllt sind, scheidet eine eindeutige Verurteilung wegen (gewerbsmäßiger) Hehlerei aus.

b) [X.]ie tatsächlichen Voraussetzungen einer Verurteilung auf [X.] Grundlage sind gegeben (vgl. [X.], Beschluss vom 5. März 2013 - 1 [X.], [X.], 271).

[X.]as [X.] hat auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung festgestellt, dass die Angeklagten in den abgeurteilten Fällen fremde bewegliche Sachen auf strafbare Weise erlangt haben, und zwar entweder durch [X.] oder durch Hehlereihandlungen. [X.]ie Möglichkeit eines redlichen Erwerbs hat es sicher ausgeschlossen.

Soweit die Revision in diesem Zusammenhang Widersprüche in den Feststellungen zu den [X.] erkennt, liegt kein durchgreifender Rechtsfehler vor. [X.]ie vom [X.] in den Fällen 4, 11, 13, 17, 18 und 19 betreffend den Angeklagten [X.] und im Fall 3 betreffend den Angeklagten E.     für die jeweilige Hehlerei festgestellten Tatzeiträume liegen zwar mit ihrem jeweiligen Anfang vor der festgestellten Tatzeit des jeweiligen [X.]iebstahls, aus dem die Gegenstände herrühren. Jedoch handelt es sich hierbei ersichtlich um ein Fassungsversehen. In diesen Fällen wurde der Beginn des Tatzeitraums der Hehlerei im [X.] von der vorherigen Tat übernommen, ohne zu beachten, dass der festgestellte Zeitpunkt des vorausgegangenen [X.]iebstahls später liegt. [X.]er Bestand des Urteils wird durch dieses Fassungsversehen nicht in Frage gestellt. [X.]em Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist zu entnehmen, dass das [X.] jeweils den Zeitraum von der Begehung des [X.]iebstahls bis zur Auffindung der Gegenstände im Rahmen der [X.]urchsuchung als Tatzeit der Hehlerei zu Grunde legen wollte.

c) [X.]ie Annahme, dass [X.]iebstahl und Hehlerei rechtsethisch und psychologisch vergleichbar sind und deshalb Gegenstand einer gesetzesalternativen Verurteilung auf [X.] Tatsachengrundlage sein können, ist in der Rechtsprechung des [X.]s anerkannt. [X.]anach ist auch eine Wahlfeststellung zwischen gewerbsmäßig begangenem [X.]iebstahl nach §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB und gewerbsmäßiger Hehlerei nach §§ 259 Abs. 1, 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB zulässig (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Januar 2000 - 3 StR 500/99, [X.]R StGB § 260 Wahlfeststellung 1; Beschluss vom 27. November 2012 - 5 StR 377/12).

An diesem Ergebnis ändert auch nichts, dass das [X.] meist - außer in den Fällen 6 und 11 betreffend den Angeklagten [X.] - zusätzlich die Verwirklichung des Regelbeispiels des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 StGB angenommen hat. [X.]enn das [X.] hat bei seiner rechtlichen Würdigung eine Wahlfeststellung nur zwischen gewerbsmäßigem [X.]iebstahl und gewerbsmäßiger Hehlerei vorgenommen; dies ist nicht zu beanstanden. In Fällen, in denen die in Betracht kommenden Alternativen nicht in vollem Umfang den Voraussetzungen einer Verurteilung auf [X.] Grundlage genügen, ist es ausreichend, die Würdigung auf das rechtsethisch und psychologisch Vergleichbare zu beschränken (vgl. [X.], Urteil vom 7. [X.]ezember 1960 - 2 StR 508/60, [X.]St 15, 266, 267; Urteil vom 15. Mai 1973 - 4 [X.], [X.]St 25, 182, 184 f.; Beschluss vom 19. Januar 2000 - 3 StR 500/99, [X.]R StGB § 260 Wahlfeststellung 1; Beschluss vom 27. November 2011 - 5 StR 377/12; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 259 Rn. 194). [X.]as zusätzliche Vorliegen einer Verhaltensweise, welche die Voraussetzungen eines weiteren Regelbeispiels des § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB erfüllt, dem bei der Hehlerei kein rechtsethisch und psychologisch vergleichbares Merkmal gegenübersteht, steht einer gesetzesalternativen Verurteilung mit Blick auf die vergleichbaren [X.] nicht im Wege (vgl. für Wohnungseinbruchsdiebstahl oder Hehlerei [X.], Urteil vom 8. Mai 2008 - 3 StR 53/08, [X.], 646).

3. [X.]er [X.] stellt klar, dass sich der Teilfreispruch auch auf die jeweils nicht begründete Alternative der Anklagevorwürfe erstreckt. Wenn verschiedene Taten im prozessualen Sinn zum Gegenstand zweier Anklagen gemacht werden, wovon nur eine begründet, aber die jeweils andere unbegründet ist, wird nämlich auch zur Klarstellung der Reichweite des Strafklageverbrauchs ein Teilfreispruch hinsichtlich des überschießenden Teils erforderlich (vgl. [X.], Beschluss vom 12. [X.]ezember 1991 - 4 StR 506/91, [X.]St 38, 172, 173; Beschluss vom 14. Juli 1998 - 4 [X.], [X.], 635 f.; [X.]/[X.], 5. Aufl., [X.]. zu § 2 Rn. 103; SSW-StGB/[X.], 3. Aufl., § 1 Rn. 96; [X.]/[X.], [X.]. zu § 1 Rn. 66; [X.]/[X.], [X.]. zu § 55 Rn. 98).

IV.

[X.]ie Strafzumessung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist bei der Ermittlung des mildesten Gesetzes in der Wahlfeststellungssituation kein abstrakter Strafrahmenvergleich vorzunehmen. Vielmehr hat der Tatrichter auf der Grundlage der Sachverhaltsalternativen jeweils zu erörtern, welche Strafe er für angemessen gehalten hätte, wenn zweifelsfrei die eine oder die andere Handlung nachgewiesen wäre, um hiernach die niedrigere der hypothetisch in Frage kommenden Strafen zu verhängen (vgl. [X.], Urteil vom 24. September 1936 - 1 [X.] 671/35, [X.]St 69, 369, 374 f.; [X.], Urteil vom 29. Oktober 1958 - 2 StR 375/58, [X.]St 13, 70, 72; [X.], Beschluss vom 11. September 2014 - 4 ARs 12/14, [X.], 40, 41; Beschluss vom 16. Juli 2014 - 5 [X.], [X.], 307, 308; [X.]/[X.], [X.], [X.]. zu § 2 Rn. 73; [X.] in Festschrift für [X.], 2017, S. 811, 812; BeckOK-StGB/von [X.], [X.]., § 1 Rn. 52; [X.]/[X.], [X.], [X.]. zu § 55 Rn. 84).

[X.]as [X.] hat diese Vorgabe zwar nicht beachtet. Nachdem es aber bei seiner einheitlich begründeten [X.] die jeweils günstigsten Faktoren aus beiden Alternativen herangezogen hat, ist auszuschließen, dass der Strafausspruch darauf zum Nachteil der Angeklagten beruht.

V.

[X.]ie zu einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung führende Verletzung des [X.] gebietet eine Kompensation nach dem Vollstreckungsmodell der Rechtsprechung (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Januar 2008 - [X.], [X.]St 52, 124, 135 ff.). Eine [X.] und Zurückverweisung der Sache an das [X.] scheidet aus, weil weder das landgerichtliche Verfahren noch dessen Urteil an einem Rechtsfehler leidet.

1. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] fordert eine Erledigung des Strafverfahrens in angemessener Zeit; wird das hieraus folgende Beschleunigungsgebot verletzt, ist eine Kompensation angezeigt.

Nicht jede im Strafprozess vorkommende Verzögerung führt zu einer derartigen Verletzung des Beschleunigungsgebots. [X.]ies gilt auch für besondere Verfahrensvorgänge, die das Gesetz vorsieht, wie das Verfahren zum [X.]ivergenzausgleich gemäß § 132 [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 15. März 2011 - 1 [X.], [X.], 407 f.). [X.]emnach sind hier die Zeiträume für das Anfrageverfahren und die Vorlageverfahren für sich genommen kein Grund für eine Kompensation. Etwas anderes gilt bei einer überlangen Verfahrensdauer, die das Maß des Angemessenen überschreitet. Ob ein solcher Fall vorliegt, ist durch eine auf die Verhältnisse des konkreten Einzelfalles bezogene Gesamtwürdigung zu prüfen. [X.]abei sind vor allem die durch Verhalten der [X.] eingetretenen Verzögerungen, aber auch die Gesamtdauer des Verfahrens, die Schwere des [X.], der Umfang und die Schwierigkeit des Prozessstoffs sowie das Ausmaß der mit dem Andauern des Verfahrens für den Betroffenen verbundenen Belastungen zu berücksichtigen ([X.] [X.], [X.]St 52, 124, 147).

2. Nach diesem Maßstab war das Revisionsverfahren überlang.

a) [X.]as angefochtene Urteil ist am 30. Mai 2012 ergangen. Zugleich wurde der Haftbefehl gegen die Angeklagten aufgehoben, so dass sie sich während des Revisionsverfahrens in Freiheit befanden. [X.]ie Sache ist am 7. November 2012 mit dem Antrag des [X.] beim [X.] eingegangen. Hiernach haben die Beschwerdeführer am 28. November und am 7. [X.]ezember 2012 weitere Ausführungen zur Begründung der Sachrüge eingereicht. [X.]ie Zuteilung der Sache an den Berichterstatter ist am 20. Januar 2013 erfolgt. Nach einer ersten Beratung wurde die Sache zur Revisionshauptverhandlung am 4. [X.]ezember 2013 terminiert. An diesem Tag wurde eine Fortsetzung der Revisionshauptverhandlung auf den 11. [X.]ezember 2013 bestimmt, die später auf den 22. Januar 2014 verlegt wurde. Sodann erging der [X.] des [X.]s vom 28. Januar 2014, der nach [X.] am 4. Juni 2014 an die Verfahrensbeteiligten abgesandt wurde. [X.]ie Antworten der anderen [X.]e gingen am 24. Juni, 16. Juli, 11. und am 30. September 2014 beim [X.] ein. [X.]arauf erging am 11. März 2015 der erste Vorlagebeschluss des [X.]s, der nach [X.] am 17. [X.]ezember 2015 an die Verfahrensbeteiligten versandt wurde. [X.]ie Beratung des Großen [X.]s für Strafsachen wurde am 17. Februar 2016 auf den 13. Juni 2016 verfügt. Am 1. April 2016 ging die Stellungnahme des [X.] beim [X.] ein. Nach der ersten Beratung des Großen [X.]s für Strafsachen nahm der [X.] seine Vorlage mit Beschluss vom 9. August 2016 zur Prüfung einer ergänzenden Frage zurück. Am 18. Oktober 2016 wurde die Fortsetzung der Revisionshauptverhandlung auf den 2. November 2016 bestimmt. [X.]ort wurde erneut eine Vorlage der Sache an den [X.] mit erweiterter Fragestellung beschlossen. Am 27. Februar 2017 ging die Stellungnahme des [X.] hierzu ein. [X.]ie Beratung des Großen [X.]s für Strafsachen wurde am 1. Februar 2017 auf den 8. Mai 2017 verfügt. [X.]er sodann ergangene Beschluss wurde am 1. August 2017 an die Verfahrensbeteiligten versandt. [X.]ie neue Revisionshauptverhandlung des [X.]s wurde hiernach auf den 25. Oktober 2017 bestimmt.

b) Bei diesen Abläufen war zunächst der Zeitraum von einem Jahr zwischen dem Eingang der Sache beim [X.] und der [X.]urchführung der ersten Revisionshauptverhandlung überdurchschnittlich lang; insoweit ist von einer Verzögerung des Verfahrens von vier Monaten auszugehen. Ferner ist die Zeitspanne von rund neun Monaten zwischen Beschlussfassung und Absendung des ersten Vorlagebeschlusses unbeschadet zwischenzeitlich erfolgter Besetzungsänderungen im [X.] als überlang zu bezeichnen; insoweit ist die Verzögerung auf sechs Monate zu veranschlagen. [X.]arüber hinaus ist bei der Prüfung einer qualifizierten Überlänge auch die Gesamtdauer des Revisionsverfahrens von rund fünf Jahren und vier Monaten in den Blick zu nehmen, selbst wenn im Übrigen einzelne Verfahrensschritte jeweils für sich genommen nicht zu beanstanden sind. [X.]araus ergibt sich im Ganzen eine überlange [X.]auer des Revisionsverfahrens.

3. Nach der Rechtsprechung des [X.]s ist der Umfang der zur Kompensation erforderlichen Vollstreckungsanrechnung nicht mit dem Umfang der Verfahrensverzögerung gleichzusetzen, sondern sie hat nach den Umständen des Einzelfalles grundsätzlich einen eher geringen Bruchteil der verhängten (Gesamt-) Strafe zu betragen (vgl. [X.], [X.], [X.]St 52, 124, 147). Um jede Benachteiligung auszuschließen erklärt der [X.] unter Berücksichtigung aller Umstände jeweils sechs Monate der gegen die Angeklagten verhängten Gesamtfreiheitsstrafen als bereits vollstreckt.

Appl      

        

Eschelbach      

        

Zeng   

        

Bartel      

        

Grube      

        

Meta

2 StR 495/12

25.10.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 2. November 2016, Az: 2 StR 495/12, Vorlagebeschluss

§ 25 Abs 2 StGB, § 242 Abs 1 StGB, § 243 Abs 1 S 2 Nr 3 StGB, § 259 Abs 1 StGB, § 260 Abs 1 Nr 1 StGB, § 261 StPO, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.2017, Az. 2 StR 495/12 (REWIS RS 2017, 3330)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3330


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 BvR 167/18

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 167/18, 05.07.2019.


Az. 2 StR 495/12

Bundesgerichtshof, 2 StR 495/12, 25.10.2017.

Bundesgerichtshof, 2 StR 495/12, 02.11.2016.

Bundesgerichtshof, 2 StR 495/12, 11.03.2015.

Bundesgerichtshof, 2 StR 495/12, 28.01.2014.


Az. 5 ARs 39/14

Bundesgerichtshof, 5 ARs 39/14, 16.07.2014.


Az. 1 ARs 14/14

Bundesgerichtshof, 1 ARs 14/14, 24.06.2014.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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