Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.03.2023, Az. 5 StR 28/23

5. Strafsenat | REWIS RS 2023, 1784

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Gegenstand

Auslegung des Hauptverhandlungsprotokolls


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 9. März 2022 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend zur Antragsschrift des [X.] bemerkt der Senat:

Die Rüge, unter Verstoß gegen § 261 StPO seien im „[X.]“ eingeführte Urkunden im Urteil verwertet worden, ohne dass dieses Selbstleseverfahren ordnungsgemäß abgeschlossen und der Urkundeninhalt damit zum Inbegriff der Hauptverhandlung geworden sei, ist unbegründet.

1. Folgender Verfahrensgang liegt zugrunde:

a) Der Vorsitzende des Schwurgerichts ordnete in der Hauptverhandlung vom 5. Oktober 2021 an, dass drei näher bezeichnete Urkunden unter dem Begriff „[X.]“ im Wege des [X.] in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Zugleich kündigte er an, dass dieses Selbstleseverfahren bis zum 28. Oktober 2021 abgeschlossen werden soll. Nach Zurückweisung eines Verteidigerwiderspruchs wurde am 2. November 2021 der Abschluss des bis dahin durchgeführten [X.] gemäß § 249 Abs. 2 StPO ordnungsgemäß festgestellt. Im Protokoll heißt es dazu: „Der Vorsitzende stellte fest, dass alle [X.] und Schöffen vom Wortlaut der Urkunden und Schriftstücke des [X.] Kenntnis genommen haben und die übrigen Beteiligten hierzu in der angeordneten Weise Gelegenheit hatten. Der Vorsitzende gab bekannt, dass von der Verlesung der Urkunden und Schriftstücke aus den Gründen der Anordnung des [X.] abgesehen werde.“

b) Am nächsten [X.], dem 4. November 2021, gab der Vorsitzende den Verfahrensbeteiligten eine „Liste der für das zweite Selbstleseverfahren vorgesehenen Urkunden“ zur Kenntnis- und Stellungnahme. Zwei Verhandlungstage später, am 11. November 2021, ordnete der Vorsitzende die Durchführung des [X.] für die in der Auflistung „[X.]“ bezeichneten neun Urkunden an. In der folgenden Hauptverhandlung vom 16. November 2021 kündigte er an, „dass am 25. November 2021 der Abschluss des [X.] II festgestellt werden soll.“ Im Protokoll der Hauptverhandlung vom 25. November 2021 heißt es sodann: „Der Vorsitzende stellte fest, dass alle [X.] und Schöffen vom Wortlaut der Urkunden und Schriftstücke des [X.] I Kenntnis genommen haben und die übrigen Beteiligten hierzu in der angeordneten Weise Gelegenheit hatten. Der Vorsitzende ordnete an, dass von der Verlesung der Urkunden und Schriftstücke aus den Gründen der Anordnung des [X.] I vom 5. Oktober 2021 abgesehen werde.“

c) Am 16. Dezember 2021 wurde schließlich in Bezug auf weitere Urkunden das „[X.]I“ angeordnet, das in der Hauptverhandlung vom 6. Januar 2022 wie folgt abgeschlossen wurde: „Der Vorsitzende stellte fest, dass alle [X.] und Schöffen vom Wortlaut der Urkunden und Schriftstücke des [X.] III Kenntnis genommen haben und die übrigen Beteiligten hierzu in der angeordneten Weise Gelegenheit hatten. Der Vorsitzende ordnete an, dass von der Verlesung der Urkunden und Schriftstücke aus den Gründen der Anordnung des [X.] III vom 25. November 2021 abgesehen werde.“

2. Schon die Auslegung des Protokolls (vgl. hierzu etwa [X.], Urteil vom 9. Januar 2013 – 5 [X.], [X.], 255, 256 mwN) ergibt, dass die Feststellung der Kenntnisnahme vom Wortlaut der Urkunden und der Gelegenheit dazu in der Hauptverhandlung am 25. November 2021 die Urkunden des „[X.] II“ betraf. Hierbei kommt es nicht alleine auf den Wortlaut, sondern vor allem auf den erkennbar gemeinten Sinn der Formulierung an ([X.], aaO). Der systematische Zusammenhang der Protokollierung der verschiedenen Selbstleseverfahren zeigt für alle Verfahrensbeteiligten eindeutig, dass sich die Feststellung am 25. November 2021 auf die Urkunden des „[X.] II“ und nicht auf diejenigen des „[X.] I“ bezog. Denn das „[X.]“ war bereits mehrere [X.]e zuvor vollständig abgeschlossen und der Abschluss des zuvor angeordneten „[X.] II“ genau für den 25. November 2021 angekündigt gewesen, während das nächste Selbstleseverfahren noch nicht Verfahrensgegenstand war.

3. Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob die nach Eingang der Revisionsbegründung vorgenommene Protokollberichtigung wirksam ist (vgl. zu den Voraussetzungen [X.], Beschluss vom 23. April 2007 – [X.], [X.]St 51, 298), kommt es deshalb nicht an.

[X.]     

  

     Mosbacher     

  

Köhler

  

Ri[X.] von Häfen ist
im Urlaub und kann
nicht unterschreiben.

[X.]

  

Werner     

  

Meta

5 StR 28/23

14.03.2023

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 9. März 2022, Az: 529 Ks 4/21

§ 249 Abs 2 StPO, § 261 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.03.2023, Az. 5 StR 28/23 (REWIS RS 2023, 1784)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 1784

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