Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.07.2014, Az. VI R 3/13

6. Senat | REWIS RS 2014, 3989

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Gegenstand

(Rückwirkende Anwendung des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG i.d.F. des JStG 2007; keine Anlaufhemmung bei Antragsveranlagung)


Leitsatz

1. NV: § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG i.d.F. des JStG 2007 ist auch auf Veranlagungszeiträume vor 2006 anzuwenden.

2. NV: Die in § 52 Abs. 55j Satz 1 EStG i.d.F. des StVereinfG 2011 geregelte rückwirkende Geltungsanordnung der Vorschrift verstößt nicht gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot (Anschluss an Senatsentscheidung vom 17. Januar 2013 VI R 32/12, BFHE 240, 131, BStBl II 2013, 439).

3. NV: Eine Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO kommt in den Fällen des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG i.d.F. des JStG 2008 nicht in Betracht (Anschluss an Senatsentscheidung vom 14. April 2011 VI R 53/10, BFHE 233, 311, BStBl II 2011, 746).

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob für den Veranlagungszeitraum 2003 (Streitjahr) noch eine Einkommensteuerveranlagung durchzuführen ist.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben erwirtschaftete er nach den Angaben in der Einkommensteuererklärung, die er und seine zwischenzeitlich verstorbene Ehefrau im Jahr 2009 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) abgaben, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 3.174 €. Mit Bescheid vom 26. August 2009 lehnte das [X.] die Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung ab, weil für das Streitjahr bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei.

3

Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage durch den Kläger und die Rechtsnachfolgerin seiner verstorbenen Ehefrau (Klägerin und Revisionsklägerin) hat das Finanzgericht abgewiesen.

4

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil und den Bescheid des [X.] vom 26. August 2009 und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und das [X.] zu verpflichten, für das [X.] eine Veranlagung durchzuführen.

5

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der [X.] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

7

1. Nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.[X.] ([X.]) 2007 ist die Amtsveranlagung nur durchzuführen, wenn, was hier nicht der Fall ist, die positive Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen waren, vermindert um die darauf entfallenden Beträge nach § 13 Abs. 3 und § 24a EStG, mehr als 410 € beträgt (zur früheren Rechtslage s. [X.]surteile vom 21. September 2006 VI R 47/05, [X.], 149, [X.], 47; VI R 52/04, [X.], 144, [X.], 45). § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG i.d.F. des [X.] 2007 ist gemäß § 52 Abs. 55j Satz 1 EStG i.d.[X.] ([X.]) 2011 (früher § 52 Abs. 55j EStG i.d.F. des [X.] 2007) auch auf Veranlagungszeiträume vor 2006 und damit das Streitjahr anzuwenden. Die rückwirkende Geltungsanordnung der Vorschrift verstößt nach Auffassung des [X.]s nicht gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot (Urteil vom 17. Januar 2013 VI R 32/12, [X.], 131, [X.], 439). Zudem ist der [X.] in dieser und anderen § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG i.d.F. des [X.] 2007 betreffenden Entscheidungen von der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift im Übrigen ausgegangen ([X.]/[X.], EStG, 33. Aufl., § 46 Rz 12). Der [X.] hält an seiner Auffassung fest.

8

2. Der Veranlagung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG i.d.F. des [X.] 2008 i.V.m. § 52 Abs. 55j Satz 4 EStG i.d.F. des [X.] 2011 (früher § 52 Abs. 55j Satz 2 EStG i.d.F. des [X.] 2008) steht der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen ([X.]sentscheidung vom 14. April 2011 VI R 53/10, [X.], 311, [X.], 746; s. dazu auch Nichtannahmebeschluss des [X.] vom 18. September 2013  1 BvR 924/12, [X.], 1157).

9

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Meta

VI R 3/13

17.07.2014

Bundesfinanzhof 6. Senat

Beschluss

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 18. Dezember 2012, Az: 10 K 3166/09, Urteil

§ 46 Abs 2 Nr 1 EStG 2002 vom 13.12.2006, § 46 Abs 2 Nr 8 EStG 2002 vom 20.12.2007, § 52 Abs 55j EStG 2009 vom 01.11.2011, § 169 Abs 2 Nr 2 AO, § 170 Abs 2 Nr 1 AO, Art 20 Abs 3 GG, Art 2 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.07.2014, Az. VI R 3/13 (REWIS RS 2014, 3989)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3989

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Keine Anlaufhemmung bei Antragsveranlagung


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