Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2009, Az. I ZR 128/07

I. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 483

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 19. November 2009 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja Film-Einzelbilder [X.] § 91 (gültig bis [X.]) Die Nutzung der bei Herstellung eines [X.] entstandenen Lichtbilder ist [X.] dann keine filmische Verwertung im Sinne des § 91 [X.], wenn die [X.] weder im Rahmen der Auswertung des [X.] noch in Form eines Films genutzt werden. [X.], [X.]eil vom 19. November 2009 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 19. November 2009 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Schaffert und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 5. Juli 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.]. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin nimmt die [X.] aus eigenem Recht und aus abgetrete-nem Recht der B.

-Gesellschaft mbH (nach-folgend: [X.]) wegen der Verwertung von einzelnen Bildern aus Filmen auf Schadensersatz in Anspruch. 1 Die Klägerin und die [X.] sind Filmhersteller. Zu ihren Produktionen gehören die Filme —[X.], —[X.] und —[X.] - [X.] - 3 - [X.] (Klägerin) sowie —[X.], —Das fliegende [X.] und —[X.] ([X.]). 3 Die [X.] unterhält im [X.] unter der Bezeichnung —[X.] Fernsehdienstfi ein Online-Archiv, in das sie etwa 400.000 Einzelbilder aus Fil-men eingestellt hat. Interessenten können sich Verkleinerungen dieser Bilder (sogenannte thumbnails) ansehen und die gewünschten Fotos gegen [X.] herunterladen. Die [X.] hat in ihr Archiv 593 einzelne Bilder aus den oben genannten Filmen der Klägerin und der [X.] ohne deren Zustimmung aufgenommen. Die Klägerin sieht darin eine Verletzung der urheberrechtlichen Leis-tungsschutzrechte an den Lichtbildern (§§ 72, 91 [X.]) und den Filmträgern (§ 94 Abs. 1 Satz 1, § 95 [X.]). Sie nimmt die [X.] auf Zahlung von [X.] in Höhe von 71.160 • in Anspruch. 4 Das [X.] hat den [X.] dem Grunde nach für gerecht-fertigt erklärt. Auf die Berufung der [X.]n hat das Berufungsgericht die [X.] abgewiesen ([X.] GRUR-RR 2008, 228). Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.] [X.], erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen [X.]eils. 5 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne einen Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 1 [X.] weder aus einer Verletzung des Rechts an den Lichtbildern aus § 91 [X.] oder § 72 [X.] noch aus einem 6 - 4 - Eingriff in das Recht an den Filmträgern aus § 94 Abs. 1 Satz 1, § 95 [X.] [X.]. 7 Die Klägerin könne den Schadensersatzanspruch nicht auf das Recht des [X.] aus § 91 [X.] zur filmischen Verwertung der bei Herstel-lung eines [X.] entstehenden Lichtbilder stützen. Der Begriff der filmi-schen Verwertung sei eng auszulegen und auf das zu begrenzen, was der Filmhersteller konkret zur Verwertung eines von ihm hergestellten Films benöti-ge. Danach habe die [X.] weder selbst eine filmische Verwertung vorge-nommen noch an einer unbefugten filmischen Verwertung durch [X.]. Die Klägerin habe keine Beispiele für Eingriffe in das Recht zur filmi-schen Verwertung der Lichtbilder vorgetragen. Allein auf die Möglichkeit, dass die [X.] oder die Archivnutzer dieses Recht beeinträchtigt haben könnten, könne ein Schadensersatzanspruch nicht gestützt werden. Die Klägerin könne ihren Schadensersatzanspruch auch nicht mit einer Verletzung des Rechts der Lichtbildner an den Lichtbildern aus § 72 i.V. mit § 2 Abs. 1 Nr. 5 [X.] begründen. Die Rechte, die die [X.] zur Bereitstellung der Einzelbilder in ihrem Archiv benötige, stünden den [X.] zu. Die Klägerin habe nicht ausreichend zu ihrer pauschalen und bestrittenen Behaup-tung vorgetragen, die Lichtbildner hätten diese Rechte den Filmherstellern ein-geräumt. Sie habe in der Berufungsverhandlung zwar um Gelegenheit gebeten, die entsprechenden Verträge vorlegen zu können. Diese Gelegenheit habe ihr aber nicht mehr gegeben werden können. Der ergänzende Sachvortrag wäre gemäß §§ 530, 521 Abs. 2, § 296 Abs. 1, § 282 Abs. 1 ZPO verspätet gewesen. Eine Schriftsatzfrist habe daher nicht gewährt werden können. 8 - 5 - Der Klägerin stehe auch kein Schadensersatzanspruch wegen eines Eingriffs in das Recht des [X.] am Filmträger aus § 94 Abs. 1 Satz 1, § 95 [X.] zu. Es sei schon nicht ersichtlich, dass es sich bei den Fotos im Ar-chiv der [X.]n um Kopien aus den geschützten Filmträgern handele. 9 10 I[X.] Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass der Klägerin kein Schadensersatzanspruch we-gen einer Verletzung des Rechts zur filmischen Verwertung der Lichtbilder aus § 91 [X.] zusteht (dazu 1). Ein Schadensersatzanspruch wegen einer Verlet-zung des Rechts an den Lichtbildern aus § 72 [X.] kann dagegen mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden (dazu 2). Unter diesen Umständen ist über den nur hilfsweise geltend gemachten [X.] wegen einer Verletzung des Rechts am Filmträger aus § 94 Abs. 1 Satz 1, § 95 [X.] nicht zu entscheiden (dazu 3). 1. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Klägerin den Schadensersatzanspruch nicht auf das Recht des [X.] aus § 91 [X.] zur filmischen Verwertung der bei Herstellung eines [X.] entste-henden Lichtbilder stützen kann. 11 a) Das Berufungsgericht ist zutreffend und von der Revision [X.] davon ausgegangen, dass im Streitfall die bis zum 30. Juni 2002 gel-tende Vorschrift des § 91 [X.] und nicht die seit dem 1. Juli 2002 geltende Be-stimmung des § 89 Abs. 4 [X.] anzuwenden ist, weil die in Rede stehenden Filme vor dem 1. Juli 2002 hergestellt und die entsprechenden Verträge mit den [X.] - also den Kameraleuten - vor dem 1. Juli 2002 geschlossen [X.] sind (§ 132 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Nach § 91 [X.] erwirbt der Filmhersteller die Rechte zur filmischen Verwertung der bei der Herstellung eines [X.] 12 - 6 - entstehenden Lichtbilder (Satz 1); dem Lichtbildner stehen insoweit keine Rech-te zu (Satz 2). 13 b) Im Streitfall geht es allein um die Frage, ob die [X.] das Recht der Klägerin und der [X.] zur filmischen Verwertung der bei Herstellung der Filmwerke entstandenen Lichtbilder dadurch verletzt hat, dass sie 593 Einzel-bilder aus diesen Filmwerken in ihr Online-Archiv aufgenommen und zum [X.] angeboten hat. Die Klägerin hat nach den [X.] keine anderen Beispiele für Eingriffe in das Recht zur filmischen Verwertung der Lichtbilder vorgetragen. Die Revision macht auch nicht geltend, das Berufungsgericht habe Sachvortrag der Klägerin zur Verwer-tung der Lichtbilder durch die [X.] oder die Nutzer des Online-Archivs übergangen. Es bestehen daher keine Anhaltspunkte dafür, dass die [X.] das Recht der Klägerin oder der [X.] zur filmischen Verwertung der [X.] in anderer Weise als durch Einstellen der Bilder in ihr Online-Archiv selbst verletzt oder an einer Verletzung dieses Rechts durch Nutzer ihres Online-Archivs teilgenommen haben könnte. Allein auf die Möglichkeit einer Beein-trächtigung des Rechts zur filmischen Verwertung der Lichtbilder kann, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, ein Schadensersatzanspruch nicht gestützt werden. c) Die [X.] hat das Recht der Klägerin und der [X.] zur filmi-schen Verwertung der bei Herstellung der Filmwerke entstandenen Lichtbilder nicht dadurch verletzt, dass sie 593 Einzelbilder aus diesen Filmwerken in ihr Online-Archiv aufgenommen und zum Betrachten und Herunterladen angebo-ten hat. 14 - 7 - aa) Es bestehen unterschiedliche Auffassungen zu der Frage, was unter einer filmischen Verwertung im Sinne des § 91 [X.] zu verstehen ist. 15 16 (1) Nach einer Ansicht - der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat - erwirbt der Filmhersteller mit dem Recht zur filmischen Verwertung der bei Herstellung des [X.] entstandenen Lichtbilder nach § 91 [X.] lediglich das Recht, die Lichtbilder insoweit zu verwerten, als er diese zur Auswertung des [X.] benötigt. Danach ist eine Verwertung der Lichtbilder jedenfalls im Rahmen der Vervielfältigung oder Verbreitung, der öffentlichen Vorführung oder Zugänglichmachung oder der Funksendung des [X.] gestattet ([X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 91 [X.] [X.]. 7; [X.] in Dreier/[X.], [X.], 3. Aufl., § 91 [X.]. 9 f.; [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 91 [X.] [X.]. 7; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 91 [X.]. 9). Darüber hinaus ist nach dieser Auffassung grundsätzlich eine Verwertung der Lichtbilder zur Werbung für das Filmwerk zulässig, wobei allerdings unter-schiedliche Ansichten darüber bestehen, ob dem Filmhersteller nur die filmische Werbung erlaubt ist ([X.]/[X.] aaO § 91 [X.] [X.]. 7; [X.]/[X.]/[X.] aaO § 91 [X.] [X.]. 7; [X.]/[X.] aaO § 91 [X.]. 9) oder auch die Werbung in anderen Medien - wie etwa mit Filmbildern auf Plakaten, in Zeitungen und Zeitschriften oder im [X.] (vgl. [X.] in Dreier/[X.] aaO [X.]. 9; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 91 [X.] [X.]. 12). (2) Nach einer weitergehenden Ansicht erfasst § 91 [X.] jede Verwer-tung der Lichtbilder in filmischer Form ([X.] in [X.]/[X.] aaO § 91 [X.] [X.]. 11). Danach sollen dem Filmhersteller auch das Abklam-mern von Einzelbildern (sogenannte Klammerteilauswertung) und die isolierte 17 - 8 - Nutzung der Lichtbilder in anderen Filmen oder filmischen Medien gestattet sein. 18 [X.]) Es kann dahinstehen, welcher dieser Auffassungen der Vorzug zu geben ist. Die Nutzung der bei Herstellung eines [X.] entstandenen Lichtbilder ist jedenfalls dann keine filmische Verwertung im Sinne des § 91 [X.] a.F., wenn die Lichtbilder - wie im Streitfall - weder im Rahmen der Aus-wertung des [X.] noch in Form eines Films genutzt werden (vgl. [X.] in Dreier/[X.] aaO § 91 [X.]. 11; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 91 [X.] [X.]. 13; vgl. weiter die Begründung des [X.], BT-Drucks. IV/270, [X.] zu § 101 [später § 91], die als Beispiel einer außer-filmischen Nutzung die Verwendung der Einzelbilder eines [X.] zur Illustration des Romans nennt, der als Filmvorlage diente). Das Einstellen von Einzelbildern aus verschiedenen Filmen in ein Online-Archiv kann entgegen der Ansicht der Revision nicht bereits deshalb als filmische Verwertung angesehen werden, weil die [X.] ihr [X.]-Angebot als —Online-Archiv für [X.] bewirbt. Die [X.] bringt damit lediglich zum Ausdruck, dass die in das Online-Archiv aufgenommenen Bilder aus Filmen stammen. Allein die Herkunft der Lichtbilder aus einem Film hat nicht zur Folge, dass deren Nutzung als fil-mische Verwertung im Sinne des § 91 [X.] anzusehen ist. Anderenfalls wäre jegliche Nutzung von Lichtbildern aus Filmwerken als filmische Verwertung [X.] und hätte die Beschränkung des [X.] des [X.] auf die Rechte zur filmischen Verwertung keine Bedeutung. 2. Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht angenommen hat, die Klägerin könne ihren Schadensersatzanspruch nicht mit einer Verlet-zung des Rechts an den Lichtbildern aus § 72 i.V. mit § 2 Abs. 1 Nr. 5 [X.] begründen. 19 - 9 - 20 a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die von der [X.]n zur Bereitstellung der Einzelbilder in ihrem Online-Archiv benötigten Rechte zur außerfilmischen Verwertung der bei Herstellung der Filmwerke entstandenen Lichtbilder gemäß § 72 i.V. mit § 2 Abs. 1 Nr. 5 [X.] den [X.] zustehen. Es hat weiterhin von der Revision [X.] angenommen, die Klägerin habe nicht ausreichend zu ihrer pauschalen und bestrittenen Behauptung vorgetragen, die Lichtbildner hätten diese Rechte den Filmherstellern eingeräumt. b) Die Revision rügt jedoch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht der Klägerin nicht die in der Berufungsverhandlung erbetene Gelegenheit gegeben hat, ihren Vortrag zur Übertragung dieser Rechte unter Vorlage der mit den Kameraleuten geschlossenen Verträge zu ergänzen. 21 aa) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind im Berufungsverfahren nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 ZPO (nur) zuzulassen, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten [X.] erkennbar für unerheblich gehalten worden ist. Danach darf eine [X.] neue Behauptun-gen und Beweismittel (§ 282 Abs. 1 ZPO) vorbringen, die vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet entscheidungserheblich sind, vom Erstgericht jedoch ersichtlich für unerheblich erachtet wurden. 22 Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Auf das vom Berufungsgericht zutreffend als entscheidungserheblich angesehene Vorbringen der Klägerin zur vertraglichen Einräumung der Rechte an den Einzelbildern durch die [X.] der Filme kam es nach dem [X.]eil des [X.]s nicht an, weil das Einstellen der Bilder in das Online-Archiv und das Angebot zum Herunterladen 23 - 10 - der Bilder nach Ansicht des [X.]s das Recht der Klägerin und der [X.] zur filmischen Verwertung der Lichtbilder beeinträchtigte. 24 [X.]) Allerdings genügt es für die Anwendung des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 ZPO nicht, dass sich erst aus dem [X.]eil des Erstgerichts ergibt, dass dieses einen Gesichtspunkt für unerheblich erachtet hat. Vielmehr ist nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift die Zulassung neuen Vorbringens nur gebo-ten, wenn die Rechtsansicht des Erstgerichts den erstinstanzlichen Vortrag der [X.] beeinflusst hat und daher, ohne dass deswegen ein Verfahrensfehler gegeben wäre, mit ursächlich dafür geworden ist, dass sich das [X.]vorbrin-gen in das Berufungsverfahren verlagert. Das kommt unter anderem dann in Betracht, wenn die erkennbare rechtliche Beurteilung des Streitverhältnisses durch den [X.] die [X.] davon abgehalten hat, zu einem bestimmten Gesichtspunkt weiter vorzutragen ([X.], [X.]. v. 19.2.2004 - III ZR 147/03, NJW-RR 2004, 927 f.; [X.]. v. 23.9.2004 - [X.], NJW-RR 2005, 167, 168 f.; [X.]. v. 30.6.2006 - [X.], NJW-RR 2006, 1292, 1293; [X.]. v. 22.2.2007 - III ZR 114/06, NJW-RR 2007, 774, 775). So verhält es sich hier. Das [X.] hat die [X.]en in der Sitzung vom 6. Juli 2006 darauf hingewiesen, dass die Verneinung von Ansprüchen des Filmproduzenten aus § 91 [X.] und § 94 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht mit der Pra-xis in Einklang stehen dürfte, da in diesem Fall die Filmproduzenten rechtlich nicht in der Lage wären, Redaktionen oder Herausgebern von Filmzeitschriften oder Fernsehprogrammen Einzelbilder zur Verfügung zu stellen. Im Hinblick auf diesen Hinweis durfte die Klägerin annehmen, dass es für den Erfolg ihrer [X.] nicht auf eine Verletzung der von den Kameraleuten übertragenen Rechte an den Lichtbildern aus § 72 [X.] ankommt. Es bestand für sie daher keine 25 - 11 - Veranlassung, die Verträge mit den Kameraleuten bereits in erster Instanz vor-zulegen. 26 cc) Das Berufungsgericht hat die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung am 5. Juli 2007 darauf hingewiesen, dass es den Streitfall mate-riell-rechtlich anders als das [X.] beurteilt und es deshalb auf die ver-traglichen Vereinbarungen mit den Kameraleuten ankommen könnte. Es hätte der Klägerin daher - in Fortführung der Regelung des § 139 Abs. 2 ZPO - Gele-genheit geben müssen, sich auf seine gegenüber der Auffassung des [X.] abweichende rechtliche Beurteilung einzustellen und deshalb erforderlich gewordene neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen (vgl. [X.] zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, [X.]; [X.] NJW-RR 2004, 927). Dem steht - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - nicht entgegen, dass die Klägerin mit Rücksicht auf die bislang fehlende höchstrich-terliche Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen filmischer und außerfilmi-scher Verwertung damit hätte rechnen müssen, dass das Berufungsgericht eine andere Rechtsauffassung als das [X.] vertritt, und dass sie zudem [X.], dass das [X.] im Wege des [X.] zunächst eine Klärung dieser umstrittenen Rechtsfrage herbeiführen wollte, hätte schließen können, dass auch eine engere Auslegung des Begriffs —filmische Verwertungfi in Frage kommt. Die Klägerin war nicht im Hinblick auf §§ 530, 521 Abs. 2 ZPO, § 296 Abs. 1 ZPO und § 525 Satz 1, § 282 ZPO gehalten, bereits zu einem früheren Zeitpunkt - etwa in der [X.] - zur Übertragung der Rechte an den Lichtbildern aus § 72 [X.] vorzutragen. Der Berufungsbeklagte braucht nicht vorsorglich Tatsachenbehauptungen und Beweisangebote vorzubringen, auf die es nach dem angefochtenen [X.]eil nicht ankam. Er darf sich vielmehr 27 - 12 - darauf verlassen, dass ihm das Berufungsgericht, soweit es dem [X.] nicht folgen will, nach § 139 Abs. 2 ZPO einen entsprechenden Hinweis erteilt und danach hinreichend Gelegenheit zur Äußerung gibt (vgl. [X.], [X.] v. 15.1.1991 - 1 BvR 1635/89, [X.], 678, 679; [X.], [X.]. v. 15.1.1981 - VII ZR 147/80, NJW 1981, 1378 f.; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl., § 531 [X.]. 3; MünchKomm.ZPO/Rimmelspacher, 3. Aufl., § 531 [X.]. 19). [X.]) Das Berufungsurteil beruht auch auf der Verletzung der § 139 Abs. 2, § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 ZPO. Die Revision hat vorgetragen, dass die Klägerin bei Gewährung der beantragten Schriftsatzfrist unter Vorlage der [X.] dargetan hätte, dass die Kameraleute der in Rede stehenden Filme der Klägerin und der [X.] die Rechte an den Lichtbildern eingeräumt haben. 28 3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung der Rechte des Filmherstel-lers am Filmträger aus § 94 Abs. 1 Satz 1, § 95 [X.] nicht zu, kann gleichfalls keinen Bestand haben. Die Klägerin hat den Schadensersatzanspruch in erster Linie auf eine Verletzung des Rechts an den Lichtbildern aus § 72 [X.] und nur hilfsweise auf eine Verletzung des Rechts an den Filmträgern aus § 94 Abs. 1 Satz 1, § 95 [X.] gestützt. Da der auf eine vertragliche Einräumung der Rechte an den Lichtbildern aus § 72 [X.] gestützte Hauptantrag nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung abgewiesen werden kann (vgl. oben unter [X.]), kann über den auf eine Verletzung des Rechts an den Filmträ-gern aus § 94 Abs. 1 Satz 1, § 95 [X.] gestützten Hilfsantrag noch nicht ent-schieden werden. 29 - 13 - Das Revisionsgericht kann den Klageantrag als Prozesserklärung selbst auslegen ([X.], [X.]. v. 22.4.2009 - I ZR 216/06, [X.], 845 [X.]. 9 = [X.], 1001 - [X.]videorecorder, m.w.N.). Zur Auslegung des Klageantrags ist der Klagevortrag heranzuziehen. Daraus ergibt sich, dass die Klägerin den Schadensersatzanspruch in erster Linie mit einer Verletzung des Rechts an den Lichtbildern begründet hat. Dieses Recht steht, soweit es um eine filmische Verwertung der bei Herstellung des [X.] entstandenen Lichtbilder geht, nach § 91 [X.] dem Filmhersteller und im Übrigen nach § 72 [X.] dem [X.] zu. Die Klägerin hat insoweit zum einen geltend gemacht, sie und die [X.] hätten die Rechte an den Lichtbildern nach § 91 [X.] erworben; zum anderen hat sie sich darauf berufen, die Kameraleute hätten ihr und der Zeden-tin die Rechte an den Lichtbildern aus § 72 [X.] vertraglich eingeräumt. 30 Darüber hinaus hat die Klägerin den Zahlungsanspruch auf eine Verlet-zung des Rechts an den Filmträgern aus § 94 Abs. 1 Satz 1, § 95 [X.] ge-stützt. Dieses Recht steht dem Filmhersteller zu, also der Klägerin und der [X.]. Da es sich bei dem Recht am Lichtbild und dem Recht am Filmträger um unterschiedliche Schutzrechte handelt, die nebeneinander bestehen ([X.] in Dreier/[X.] aaO § 91 [X.]. 3; vgl. auch [X.]/[X.] aaO § 91 [X.] [X.]. 5), hat die Klägerin damit nicht nur eine andere Begründung für den Schadensersatzanspruch gegeben, sondern einen anderen Klagegrund für diesen Anspruch geltend gemacht (vgl. [X.], [X.]. v. 7.12.2000 - [X.], [X.], 755, 756 f. = [X.], 804 - Telefonkarte). 31 Die Klägerin hat den auf eine Verletzung des Rechts an den Filmträgern gestützten Anspruch zunächst zwar neben dem auf eine Verletzung des Rechts an den Lichtbildern gestützten Anspruch erhoben (Klageschrift vom [X.], [X.]). Sie hat später aber ausdrücklich erklärt, dass sie den auf das Leistungs-32 - 14 - schutzrecht des Filmproduzenten gestützten Schadensersatzanspruch nur [X.] geltend macht (Schriftsatz vom 10.4.2006, [X.]). 33 II[X.] Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Be-rufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird zunächst darüber zu entscheiden haben, ob der Klägerin ein Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung des Rechts an den Lichtbildern aus § 72 [X.] zusteht, das die Kameraleute - nach dem bislang unberücksichtigt gebliebenen Vorbringen der Klägerin - ihr und der [X.] übertragen haben. Über den hilfsweise geltend gemachten [X.] wegen einer Verletzung des Rechts der Filmhersteller an den Filmträgern aus § 94 Abs. 1 Satz 1, § 95 [X.] wird nur zu entscheiden sein, wenn der Hauptantrag keinen Erfolg haben sollte. Vorsorglich weist der Senat insoweit auf Folgendes hin: 34 Schutzgegenstand des Rechts des [X.] aus § 94 Abs. 1 Satz 1, § 95 [X.] ist nicht der Filmträger als [X.], sondern die im Filmträger verkörperte organisatorische und wirtschaftliche Leistung des Film-herstellers. Deshalb erfasst dieses Recht auch solche den Film betreffenden Verwertungshandlungen, die vom Filmträger nicht unmittelbar Gebrauch ma-chen ([X.] 175, 135 [X.]. 16 - [X.]). Es kommt daher - anders als das Be-rufungsgericht wohl gemeint hat - nicht darauf an, ob es sich bei den Fotos im Online-Archiv der [X.]n um unmittelbare Kopien aus den Filmträgern [X.]. Vielmehr reicht es aus, dass diese Fotos - wie das Berufungsgericht [X.] hat - aus den auf Filmträgern aufgenommenen Filmen stammen. 35 - 15 - Da die organisatorische und wirtschaftliche Leistung des [X.] für den gesamten Film erbracht wird, gibt es zudem keinen Teil des Films, auf den nicht ein Teil dieses Aufwands entfiele und der daher nicht geschützt wäre. Deshalb haben auch kleinste Teile von Filmwerken und Laufbildern - wie hier die den Filmen entnommenen Einzelbilder - einen schützenswerten wirtschaftli-chen Wert und genießen Leistungsschutz nach den § 94 Abs. 1 Satz 1, § 95 [X.] (vgl. [X.] 175, 135 [X.]. 19 - [X.], m.w.N.; [X.] in Dreier/[X.] aaO § 91 [X.]. 11 und § 94 [X.]. 29; vgl. zum Leistungsschutz des Tonträger-herstellers nach § 85 Abs. 1 Satz 1 [X.] [X.], [X.]. v. 20.11.2008 - I ZR 112/06, [X.], 403 [X.]. 14 = [X.], 308 - Metall auf Metall). 36 Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Koch Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 31.08.2006 - 7 O 174/06 - [X.], Entscheidung vom 05.07.2007 - 6 U 4794/06 -

Meta

I ZR 128/07

19.11.2009

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2009, Az. I ZR 128/07 (REWIS RS 2009, 483)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 483

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