Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.04.2012, Az. 6 AZR 677/10

6. Senat | REWIS RS 2012, 7087

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Gegenstand

Kein Abfindungsanspruch nach der Sicherungsordnung des Diakonischen Werkes der EKD bei einer personenbedingten Kündigung - Beschränkung der AGB-Kontrolle


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 6. September 2010 - 4 [X.]/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Abfindungsanspruch aus der Sicherungsordnung des [X.] (EKD).

2

Der Beklagte beschäftigte die 1953 geborene Klägerin seit Mai 1991 als Rettungssanitäterin zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 2.131,00 Euro. Nach § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom 18. Dezember 1991 galten für das Dienstverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien des [X.] ([X.]) in der jeweils gültigen Fassung.

3

Die zu den [X.] erlassene, am 1. Juli 1990 in [X.] getretene Ordnung zur Sicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Rationalisierungsmaßnahmen und Einschränkungen von Einrichtungen ([X.]) lautet auszugsweise:

        

„Vorbemerkung

        

Bei der Durchführung von Rationalisierungsmaßnahmen und anderen Einschränkungen - insbesondere der Aufgabe von Tätigkeitsfeldern - sind die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu berücksichtigen und [X.] Härten möglichst zu vermeiden. Dabei sind die wirtschaftlichen Möglichkeiten der [X.]nen und Dienstgeber zu beachten. Diesen Zielen dienen die nachstehenden Vorschriften.

        

§ 1 Geltungsbereich

        

(1)     

Diese Ordnung gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unter den Anwendungsbereich der [X.] (§ 1a) fallen.

        

…       

        
        

§ 2 Begriffsbestimmungen

        

(1)     

Maßnahmen im Sinne dieser Ordnung sind:

                 

a)    

von der [X.] bzw. vom Dienstgeber veranlaßte erhebliche Änderungen von Arbeitstechniken oder wesentliche Änderungen der [X.] mit dem Ziel einer rationelleren Arbeitsweise oder

                 

b)    

Einschränkung oder Aufgabe von Tätigkeitsfeldern,

                 

wenn dies zu einem Wechsel der Beschäftigung oder zur Beendigung des Dienstverhältnisses führt.

        

(2)     

Als Maßnahme kommen insbesondere in Betracht:

                 

a)    

Stilllegung oder Auflösung von Einrichtungen bzw. Teilen von diesen,

                 

b)    

Verlegung oder Ausgliederung von Einrichtungen bzw. Teilen von diesen,

                 

c)    

Zusammenlegung von Einrichtungen bzw. Teilen von diesen,

                 

d)    

Verlagerung von Aufgaben zwischen Einrichtungen,

                 

e)    

Einführung anderer Arbeitsmethoden und Verfahren, auch soweit sie durch Nutzung technischer Veränderungen bedingt sind.

        

(3)     

Maßnahmen, deren Ziel der Abbau von Arbeitsbelastungen ist (durch die z. B. die Lage der Arbeitszeit geändert oder die Dienstplangestaltung oder äußere Umstände der Arbeit verbessert werden), sind keine Maßnahmen im Sinne des Abs. 1. Für das Vorliegen von Maßnahmen ist es jedoch unerheblich, wenn dadurch auch zugleich Arbeitsbelastungen abgebaut werden.

        

Anmerkungen zu Abs. 1:

        

1.    

Maßnahmen im Sinne des Abs. 1 sind insbesondere solche, die unmittelbar durch

                 

-       

voraussichtlich nicht nur kurzfristigen Rückgang der Inanspruchnahme,

                 

-       

eine von [X.] (insbesondere durch gesetzgeberische Maßnahmen) verursachte Aufgabeneinschränkung,

                 

-       

Wegfall zweckgebundener Drittmittel

                 

veranlaßt sind.

                 

Maßnahmen im Sinne des Abs. 1 sind daher z. B.

                 

-       

Rationalisierungsmaßnahmen im Verwaltungsbereich durch den Einsatz neuer Technik,

                 

-       

Schließung einer Schule oder Teilen davon wegen Rückgangs der Schülerzahlen,

                 

-       

Gruppenschließung in einem Kindergarten wegen Rückgangs der Kinderzahlen,

                 

-       

Schließung von Beratungseinrichtungen wegen des Wegfalls von Mitteln,

                 

-       

Schließung einer Verlagseinrichtung wegen nicht nur kurzfristigen Nachfragerückgangs,

                 

-       

Schließung einer Einrichtung aufgrund ([X.] Maßnahme.

        

…       

                 
        

§ 4 Arbeitsplatzsicherung

        

(1)     

Die [X.] bzw. der Dienstgeber ist gegenüber der bzw. dem von einer Maßnahme im Sinne des § 2 Abs. 1 betroffenen Mitarbeiterin bzw. betroffenen Mitarbeiter nach den Abs. 2 bis 4 zur Arbeitsplatzsicherung verpflichtet.

                 

Die Sicherung setzt erforderlichenfalls eine Fortbildung oder Umschulung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters voraus (§ 5).

        

(2)     

Die [X.] bzw. der Dienstgeber ist verpflichtet, der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter einen mindestens gleichwertigen Arbeitsplatz zu sichern. Ein Arbeitsplatz ist gleichwertig, wenn sich durch die neue Tätigkeit die bisherige Eingruppierung nicht ändert und die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter in der neuen Tätigkeit vollbeschäftigt bzw. im bisherigen Umfang nicht vollbeschäftigt bleibt. Bei der Sicherung eines gleichwertigen Arbeitsplatzes bei derselben [X.] bzw. demselben Dienstgeber gilt folgende Reihenfolge:

                 

a)    

Arbeitsplatz in derselben Einrichtung an demselben Ort,

                 

b)    

Arbeitsplatz in einer Einrichtung mit demselben Aufgabengebiet (z. B. Jugendhilfe) an einem anderen Ort oder in einer Einrichtung mit einem anderen Aufgabengebiet (z. B. anstatt bisher Jugendhilfe, nunmehr Behindertenhilfe) an demselben Ort,

                 

c)    

Arbeitsplatz in einer Einrichtung mit einem anderen Aufgabengebiet an einem anderen Ort.

                 

…       

        
                 

Steht ein gleichwertiger Arbeitsplatz nach Maßgabe des Unterabs. 1 nicht zur Verfügung, soll die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter entsprechend fortgebildet oder umgeschult werden, wenn ihr bzw. ihm dadurch ein gleichwertiger Arbeitsplatz bei derselben [X.] bzw. demselben Dienstgeber zur Verfügung gestellt werden kann.

        

(3)     

Kann der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter kein gleichwertiger Arbeitsplatz im Sinne des Abs. 2 zur Verfügung gestellt werden, ist die [X.] bzw. der Dienstgeber verpflichtet, der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter einen anderen Arbeitsplatz anzubieten.

                 

...     

        

§ 5 Fortbildung, Umschulung

        

(1)     

Ist nach § 4 eine Fortbildung oder Umschulung erforderlich, hat sie die [X.] bzw. der Dienstgeber rechtzeitig zu veranlassen oder selbst durchzuführen. …

        

§ 7 Vergütungssicherung

        

(1)     

Ergibt sich in den Fällen des § 4 Abs. 3 eine Minderung der Vergütung, ist die [X.] bzw. der Dienstgeber verpflichtet, der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter die Vergütung auf der Grundlage des Sicherungsbetrages zu wahren. …

        

§ 8 Abfindung

        

(1)     

Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter, die bzw. der auf Veranlassung der [X.] bzw. des Dienstgebers im gegenseitigen Einvernehmen oder aufgrund einer Kündigung durch die [X.] bzw. den Dienstgeber aus dem Dienstverhältnis ausscheidet, erhält nach Maßgabe folgender Tabelle eine Abfindung:

                 

Beschäftigungszeit

nach vollendetem

        
                 

(§ 11a [X.])

… 55. 

        
                          

Lebensjahr

        
                          

Monatsbezüge

        
                 

…       

...     

        
                 

15 Jahre

… 13   

        
                 

Monatsbezug ist der Betrag, der der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter als Summe aus der Vergütung gemäß § 14 Abs. 1 [X.] und der allgemeinen Zulage im letzten Kalendermonat vor dem Ausscheiden zugestanden hat oder zugestanden hätte.

        

(2)     

Der Anspruch auf Abfindung entsteht am Tag nach der Beendigung des Dienstverhältnisses. …

        

(3)     

Die Abfindung steht nicht zu, wenn

                 

a)    

die Kündigung aus einem von der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter zu vertretenden Grund (z. B. Ablehnung eines angebotenen Arbeitsplatzes entgegen § 4 Abs. 5, Ablehnung der Fortbildung bzw. Umschulung entgegen § 5) erfolgt ist oder

                 

...“   

        

4

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 aus krankheitsbedingten Gründen ordentlich zum 30. Juni 2009. Die Klägerin ging nicht gegen die Kündigung vor.

5

Die Klägerin verlangt mit der Klage eine Abfindung aus der [X.] iHv. 27.703,00 Euro brutto. Sie hat die Auffassung vertreten, auch eine krankheitsbedingte Kündigung erfülle die Voraussetzungen der [X.]. Das Regelwerk sei einer sog. [X.] nach §§ 305 ff. [X.] zu unterziehen. Auch die ausgesprochene krankheitsbedingte Kündigung löse einen Abfindungsanspruch aus, weil ein betriebsbedingter Kündigungsgrund in §§ 8 und 9 [X.] nicht ausdrücklich genannt werde. Jedenfalls werde sie gegenüber betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmern unangemessen benachteiligt iSv. § 307 Abs. 1 [X.], wenn sie nicht in den Abfindungsanspruch aus der [X.] einbezogen werde. Die Ursache ihrer Erkrankung liege zudem nicht in ihrer Sphäre, sondern beruhe auf ihrer Tätigkeit als Rettungssanitäterin.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 27.703,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14. Januar 2009 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat gemeint, schon die Überschrift der [X.] bestimme deren Anwendungsbereich abschließend. § 8 [X.] erfasse nur betriebsbedingte Kündigungen. Die Ursache der Kündigung müsse stets im Bereich des Arbeitgebers liegen. Das sei auch sachgerecht, weil der Arbeitgeber nur Abfindungen für Kündigungsgründe leisten wolle, die aus seiner Sphäre stammten.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

A. Die Revision ist zulässig. Sie setzt sich hinreichend mit den Gründen des Berufungsurteils auseinander.

I. Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört die Angabe der Revisionsgründe zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den angenommenen Rechtsfehler des [X.]s so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des [X.] erkennbar sind. Die Revisionsbegründung hat sich mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Das erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Revisionskläger das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel und die Rechtslage überprüft und durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (vgl. [X.] 24. Februar 2011 - 6 [X.] - Rn. 13 mwN, [X.] § 611 Kirchendienst Nr. 57 = EzA [X.] 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 18). Ist die Berufungsentscheidung über einen Streitgegenstand auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Revisionsbegründung alle Erwägungen angreifen. Sie muss geeignet sein, die Entscheidung infrage zu stellen. Setzt sich die Revisionsbegründung nur mit einer der Begründungen auseinander, ist die Revision hinsichtlich dieses Streitgegenstands unzulässig (vgl. [X.] 27. Juli 2010 - 1 [X.] - Rn. 19 mwN, [X.] 2010, 1446).

II. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung entgegen der Ansicht des Beklagten gerecht.

1. Das [X.] hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Klägerin aufgrund der ausgesprochenen krankheitsbedingten Kündigung nicht dem sachlichen Anwendungsbereich der [X.] unterfalle. Nur betriebsbedingte Kündigungen lösten den Abfindungsanspruch aus. Das Berufungsgericht hat ferner ausgeführt, eine Abfindung sei nach § 8 Abs. 3 Buchst. a [X.] ausgeschlossen, weil die negative Gesundheitsprognose nicht erwarten lasse, dass die Klägerin ihre arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit in Zukunft noch werde ausüben können.

2. Die Klägerin setzt sich hinreichend mit diesen Erwägungen auseinander.

a) Die Revision rügt hinsichtlich der vom [X.] angenommenen Ausnahme krankheitsbedingter Kündigungen vom Geltungsbereich des [X.], das Berufungsgericht habe die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 [X.] und die Inhaltskontrollnorm des § 307 Abs. 1 [X.] verletzt. Damit wiederholt die Klägerin zwar in zusammengefasster Form die bereits in den Vorinstanzen geäußerten Rechtsauffassungen. Sie ordnet ihre Argumente aber den konkreten Begründungslinien des [X.]s zu. Mit Blick darauf, dass das Revisionsgericht an die Revisionsgründe nicht gebunden ist, war eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit den Gründen des angegriffenen Urteils nicht erforderlich (vgl. [X.] 22. Januar 2009 - 6 [X.] - Rn. 10 mwN, [X.]E 129, 170).

b) Die Revision wendet sich auch hinreichend gegen die Argumentation des [X.]s, der Beklagte habe die Kündigung aus einem von der Klägerin zu vertretenden Grund erklärt. Die Klägerin beanstandet mit einer Sachrüge, das [X.] habe die tatsächlichen Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 [X.] nicht ausreichend beachtet, weil sie den krankheitsbedingten Grund für die Kündigung nicht zu vertreten habe. Mit einem Verfahrensangriff macht die Revision geltend, das [X.] habe nicht aufgeklärt, dass Ursache der Erkrankung die langjährige Tätigkeit der Klägerin als Rettungssanitäterin gewesen sei.

B. Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Abfindungsanspruch. Die Voraussetzungen der [X.] sind im Fall einer aus Krankheitsgründen erklärten Kündigung nicht erfüllt.

I. Die gegenüber der Klägerin ausgesprochene Kündigung unterfällt nicht dem sachlichen Geltungsbereich der [X.]. Die Auslegung von § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] und den mit dieser Bestimmung in Zusammenhang stehenden Regelungen der [X.] ergibt, dass eine Abfindung nur bei Rationalisierungsmaßnahmen oder bei der Einschränkung von Tätigkeitsfeldern verlangt werden kann, nicht aber im Fall einer Kündigung, die auf Gründe in der Person des Arbeitnehmers gestützt wird.

1. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] erhält der Mitarbeiter, der aufgrund einer Kündigung durch den Dienstgeber aus dem Dienstverhältnis ausscheidet, nach Maßgabe einer vorgegebenen Formel eine Abfindung. § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] regelt damit selbst nicht alle Tatbestandsvoraussetzungen des [X.]. Die weiteren Voraussetzungen sind in den vorangehenden Vorschriften enthalten. In § 8 [X.] ist vor allem nicht geregelt, bei welchen Kündigungsgründen ein Abfindungsanspruch besteht. Aus der Bezeichnung des gesamten Regelwerks und seiner Vorbemerkung ergibt sich jedoch, dass nur sog. betriebsbedingte Gründe den Abfindungsanspruch auslösen. So ist die [X.] mit „Ordnung zur Sicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Rationalisierungsmaßnahmen und Einschränkungen von Einrichtungen“ überschrieben. Im ersten Satz der Vorbemerkung ist festgehalten, dass „bei der Durchführung von Rationalisierungsmaßnahmen und anderen Einschränkungen - insbesondere der Aufgabe von Tätigkeitsfeldern -“ „die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu berücksichtigen und [X.] Härten möglichst zu vermeiden“ sind. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei der [X.] um ein in sich geschlossenes Regelwerk.

2. An Satz 1 der Vorbemerkung der [X.] wird deren Sinn und Zweck deutlich. Danach sind die Belange der Mitarbeiter zu berücksichtigen und [X.] Härten zu vermeiden, soweit der Dienstgeber Rationalisierungsmaßnahmen oder Einschränkungen von Tätigkeitsbereichen vornimmt. Das entspricht den Maßnahmenbegriffen in § 2 Abs. 1 Buchst. a und Buchst. b [X.], die in den nicht abschließenden Beispielen des § 2 Abs. 2 [X.] weiter ausdifferenziert werden. Die [X.] dient dazu, solche Maßnahmen aus der Arbeitgebersphäre sozialverträglich abzufedern ( vgl. [X.] 22. Oktober 2009 - 6 [X.] 595/08 - Rn. 15, [X.] § 4 Nr. 3 = [X.] 100 TVöD-AT § 34 Abs. 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 16; 23. September 2004 - 6 [X.] 430/03  - zu 2 der Gründe, [X.] [X.] Caritasverband § 1a Nr. 1 = EzA [X.] 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 4). Die Abfindung aus der [X.] hat dieselbe Funktion wie eine Abfindung aus einem Sozialplan nach §§ 112 ff. [X.] (vgl. [X.] 23. September 2004 - 6 [X.] 430/03 - zu 5 der Gründe, aaO).

3. Diese Auslegung entspricht dem gesamten [X.] der [X.]. Ihre Bestimmungen bauen inhaltlich aufeinander auf. Sie bringen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei sog. betriebsbedingten Kündigungen, deren Gründe aus der Sphäre des Arbeitgebers stammen, zum Ausdruck. Erst dann, wenn eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betrieblichen Gründen unvermeidbar wird, weil der Arbeitnehmer nicht auf einem gleichwertigen oder zumutbaren Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann, sind Abfindungsleistungen vorgesehen (vgl. [X.]/[X.] [X.]. Stand Juni 2008 [X.] Erl. 1). In § 4 [X.] ist geregelt, dass der Arbeitgeber verschiedene Maßnahmen mit dem Ziel des [X.] zu ergreifen hat. Im ersten Schritt ist zu prüfen, ob ein gleichwertiger Arbeitsplatz in derselben Einrichtung am selben Ort angeboten werden kann (§ 4 Abs. 2 [X.]), ggf. nach Umschulung oder Fortbildung (§ 4 Abs. 2 Unterabs. 3, § 5 [X.]). Soweit diese Prüfungen erfolglos verlaufen, ist der Arbeitgeber im zweiten Schritt verpflichtet zu prüfen, ob der Arbeitnehmer auf einem Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann, der nicht gleichwertig ist (§ 4 Abs. 3 [X.]). Für diesen Fall sieht § 7 [X.] eine Vergütungssicherung vor. Erst dann, wenn die Bemühungen des Arbeitgebers, den Arbeitsplatz zu sichern, erfolglos geblieben sind, steht dem aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden Arbeitnehmer eine Abfindung zu, die in § 8 [X.] geregelt ist (vgl. [X.]/[X.] aaO [X.] Erl. 2 bis 9). Alle Regelungen der [X.] zeigen, dass der Arbeitsplatzverlust nur bei Kündigungen aufgrund betrieblicher Gründe durch eine Abfindung abgesichert werden soll.

II. Die Klägerin beruft sich zu Unrecht darauf, § 8 [X.] sei intransparent oder benachteilige sie unangemessen. Die Kontrolle nach §§ 305 ff. [X.] beschränkt sich bei arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Richtlinien zu Arbeitsverträgen ([X.]) wie bei Tarifverträgen auf eine [X.]. Daher ist § 307 [X.] nicht anzuwenden.

1. Bei den [X.] und der hierzu erlassenen [X.] handelt es sich um [X.] besonderer Art, in denen allgemeine Bedingungen für die Vertragsverhältnisse der bei den Kirchen beschäftigten Arbeitnehmer durch eine paritätisch zusammengesetzte Arbeitsrechtliche [X.] festgelegt werden (vgl. [X.] 17. November 2005 - 6 [X.] 160/05 - Rn. 23, [X.] § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA [X.] 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7; 23. September 2004 - 6 [X.] 430/03 - zu 1 der Gründe, [X.] [X.] Caritasverband § 1a Nr. 1 = EzA [X.] 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 4). Kirchliche Arbeitsvertragsregelungen entfalten nach ständiger Rechtsprechung des [X.] keine normative Wirkung, sondern können als vom jeweiligen Arbeitgeber gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen lediglich kraft einzelvertraglicher Einbeziehung auf ein Arbeitsverhältnis anzuwenden sein (vgl. nur [X.] 24. Februar 2011 - 6 [X.] - Rn. 21 mwN, [X.] § 611 Kirchendienst Nr. 57 = EzA [X.] 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 18).

2. Die Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. [X.] beschränkt sich bei kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen auf eine [X.], wenn die [X.] - wie hier - auf dem [X.] nach den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen [X.] beschlossen wurden (vgl. [X.] 22. Juli 2010 - 6 [X.] 847/07 - Rn. 32, [X.]E 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 [X.] 170/08 - Rn. 62, [X.] 2011, 186). Die paritätische Besetzung und die Unabhängigkeit der Mitglieder der Arbeitsrechtlichen [X.] gewährleisten, dass die Arbeitgeberseite ihre Interessen bei der Festlegung des Inhalts der Arbeitsbedingungen nicht einseitig durchsetzen kann. Dabei handelt es sich um eine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 [X.], die durch eine bloße [X.] angemessen zu berücksichtigen ist. Maßstab der [X.] ist wie bei Tarifverträgen, ob die Regelung gegen die Verfassung, höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstößt (vgl. [X.] 22. Juli 2010 - 6 [X.] 847/07 - Rn. 31, aaO; 22. Juli 2010 - 6 [X.] 170/08 - Rn. 61, aaO, jeweils mwN).

3. Die Abfindungsregelung in § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

a) § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] verletzt das Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit nicht.

aa) Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit verlangt grundsätzlich, dass der Normgeber die von ihm erlassenen Regelungen so bestimmt fasst, dass die [X.] in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die in der Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge erfüllt sind (vgl. zu dem für gesetzliche Grundrechtsbeschränkungen entwickelten Klarheits- und Bestimmtheitsgebot die st. Rspr., zB [X.] 24. Januar 2012 - 1 BvR 1299/05 - Rn. 123, 168 f., [X.], 562; 8. Dezember 2011 - 1 BvR 1932/08 - Rn. 25, DVBl. 2012, 230; 7. Dezember 2011 - 2 [X.], 2 BvR 1857/10 - Rn. 143, 165, NJW 2012, 907; BVerwG 25. Januar 2012 - 6 C 9.11 - Rn. 27, 38 f., [X.] 2012 Nr. 3, 66). Das gilt grundsätzlich auch für tarifvertragliche Regelungen. Tarifvertragliche Rechtsnormen sind Bestandteil der staatlichen Rechtsordnung ( vgl. [X.] 29. Januar 1986 - 4 [X.] 465/84 - zu 5 bis 7 der Gründe mwN, [X.]E 51, 59; vgl. auch 4. Dezember 1997 - 2 [X.] 809/96 - zu [X.] 3 der Gründe, [X.]E 87, 210; Wiedemann/[X.] 7. Aufl. § 1 [X.] Rn. 230 mwN). Die Tarifvertragsparteien haben bei der technischen Umsetzung der von ihnen verfolgten Zwecke regelmäßig einen weiten Gestaltungsspielraum. Sie können insbesondere unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden. Gerichte dürfen tarifliche Regelungen nur in ganz besonderen Ausnahmefällen wegen mangelnder Bestimmtheit und des darauf beruhenden Verstoßes gegen rechtsstaatliche Grundsätze für unwirksam erachten. Der Normgeber muss die von ihm erlassenen Regelungen jedoch so bestimmt fassen, dass die [X.] in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die in der Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge erfüllt sind (vgl. [X.] 21. September 2011 - 7 ABR 54/10 - Rn. 36 mwN, [X.]-RR 2012, 186). Die für Tarifverträge entwickelten Grundsätze gelten wegen der paritätischen Besetzung und der Unabhängigkeit der Mitglieder der Arbeitsrechtlichen [X.] auch für die [X.] kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen, die auf dem sog. [X.] erarbeitet wurden.

bb) § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] verstößt nicht gegen das Gebot der Normenklarheit. Die Bestimmung regelt in verständlicher und unzweideutiger Weise die Höhe der Abfindungssumme durch Angabe einer Berechnungsformel als Rechtsfolge einer Kündigung aufgrund der in § 2 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] beschriebenen Maßnahmen. Schon an der Bezeichnung der [X.] als „Ordnung zur Sicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Rationalisierungsmaßnahmen und Einschränkungen von Einrichtungen“ wird deutlich, dass eine Abfindung nur als Folge einer Kündigung aus betrieblichen, der Sphäre des Arbeitgebers entstammenden Gründen geschuldet ist. An Satz 1 der Vorbemerkung der [X.] zeigt sich derselbe Regelungsgehalt. Dort ist ausgeführt, dass die Belange der Mitarbeiter zu berücksichtigen und [X.] Härten zu vermeiden sind, soweit der Dienstgeber Rationalisierungsmaßnahmen oder Einschränkungen von Tätigkeitsbereichen vornimmt. Das klare Auslegungsergebnis der aus der Sphäre des Arbeitgebers stammenden Kündigungsgründe wird durch die verschiedenen Sicherungsschritte, die einem durch Abfindung abgemilderten Arbeitsplatzverlust nach §§ 4, 5 und 7 [X.] vorangehen, gestützt.

b) Der Senat kann offenlassen, ob sich die [X.] am [X.] messen lassen muss. Soweit ihr Anwendungsbereich Kündigungen aus Krankheitsgründen nicht erfasst, liegt darin keine Benachteiligung iSv. §§ 17 Abs. 1 [X.]. Die Klägerin hat sich selbst nicht darauf berufen, behindert iSv. § 1 [X.] zu sein. Krankheit als solche ist kein Grund, der eine Benachteiligung aufgrund der sog. Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie 2000/78/[X.] vom 27. November 2000 und ihrer nationalen Umsetzung im [X.] verbietet (vgl. für die Richtlinie [X.] 11. Juli 2006 - [X.]/05 - [[X.]] Rn. 42 bis 47, Slg. 2006, [X.]; für das [X.] [X.] 22. Oktober 2009 - 8 [X.] 642/08 - Rn. 29, [X.] [X.] § 15 Nr. 2 = EzA [X.] § 15 Nr. 4).

c) Die Arbeitsrechtliche [X.] hat die Grenzen ihrer Regelungsmacht nicht überschritten, indem sie den Abfindungsanspruch aus der [X.] auf Kündigungsgründe aus der Arbeitgebersphäre beschränkt hat.

aa) Der Arbeitsrechtlichen [X.] kommt - wie Tarifvertragsparteien - eine [X.] zu (vgl. [X.] 24. März 2011 - 6 [X.] 684/09 - Rn. 32, [X.] [X.] § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 40; 22. Juli 2010 - 6 [X.] 170/08 - Rn. 67, [X.] 2011, 186). Es ist nicht Sache der Gerichte zu prüfen, ob jeweils die gerechteste oder zweckmäßigste Regelung gefunden wurde (vgl. [X.] 17. November 2005 - 6 [X.] 160/05 - Rn. 25, [X.] § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA [X.] 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7).

bb) Die Arbeitsrechtliche [X.] hat ihre [X.] hier nicht überschritten. Die [X.], die ausschließlich Kündigungen aus Gründen der Rationalisierung oder der Einschränkung von Tätigkeitsbereichen erfasst, hält sich innerhalb dieses Gestaltungsspielraums. Die Folgen von Kündigungen, die aus unterschiedlichen Gründen erklärt werden, können auch aus Sicht des Gesetzgebers verschieden behandelt werden. Die [X.] lehnt sich an die Sozialplanregelungen in §§ 112 ff. [X.] an. Auch [X.] sollen nur wirtschaftliche Nachteile ausgleichen oder mildern, die den Arbeitnehmern infolge einer geplanten Betriebsänderung entstehen (§ 112 Abs. 1 Satz 2 [X.]).

III. Auf die erhobene Verfahrensrüge kommt es nicht an. Mit ihr beanstandet die Klägerin, das [X.] habe die Ursache für ihr krankheitsbedingtes Ausscheiden zu Unrecht nicht aufgeklärt. Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn die Tätigkeit als Rettungssanitäterin ursächlich für die Erkrankung der Klägerin gewesen sein sollte, handelte es sich nicht um eine aus der betrieblichen Sphäre des Beklagten stammende Maßnahme iSv. § 2 Abs. 1 und Abs. 2 [X.].

C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Wollensak    

        

    Fischermeier    

                 

Meta

6 AZR 677/10

19.04.2012

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Dessau-Roßlau, 28. Oktober 2009, Az: 10 Ca 70/09, Urteil

DWArbVtrRL, § 310 Abs 4 S 2 BGB, § 305 BGB, §§ 305ff BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.04.2012, Az. 6 AZR 677/10 (REWIS RS 2012, 7087)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7087

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 AZR 197/22 (Bundesarbeitsgericht)

Einstandspflicht - Pensionskasse der Caritas


9 AZR 440/10 (Bundesarbeitsgericht)

Ablehnung eines Altersteilzeitantrags nach Anl 17 § 2 DCVArbVtrRL - Ermessensprüfung - Gleichbehandlungsgrundsatz


9 AZR 730/10 (Bundesarbeitsgericht)

Ablehnung eines Altersteilzeitantrags nach Anl 17 § 2 DCVArbVtrRL - Ermessensprüfung - Gleichbehandlungsgrundsatz


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