Bundessozialgericht, Urteil vom 01.06.2010, Az. B 4 AS 67/09 R

4. Senat | REWIS RS 2010, 6215

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - Überbrückungsgeld gem § 57 SGB 3 - keine zweckbestimmte Einnahme - Absetzbarkeit von Sozialversicherungsbeiträgen bei freiwilliger Versicherung)


Leitsatz

Das bei Aufnahme einer selbstständigen Beschäftigung von der Bundesagentur gewährte Überbrückungsgeld (§ 57 SGB 3 idF des 2. Gesetzes zur Änderung des SGB 3 und anderer Gesetze vom 21.7.1999) ist als Einkommen bei der Berechnung des Arbeitslosengelds II zu berücksichtigen.

Tatbestand

1

Streitig ist der Anspruch der Kläger auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] im [X.]raum vom [X.] bis [X.].

2

Die Kläger sind verheiratet und bewohnen gemeinsam eine 60,95 m

3

Am [X.] beantragten die Kläger die Gewährung von [X.] ([X.]) bei der [X.]. Sie gaben [X.] an, Beiträge für Kfz-Haftpflichtversicherungen des [X.] zu 2 in Höhe von 84,60 [X.] und der Klägerin zu 1 in Höhe von 79,10 [X.] vierteljährlich zu zahlen. 33,56 [X.] wandte die Klägerin zu 1 ab dem [X.] für Beiträge zur freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung, 255,41 [X.] für die freiwillige Kranken- und 31,24 [X.] monatlich für die [X.] Pflegeversicherung auf. Mit der selbstständigen Erwerbstätigkeit erwirtschafte sie lediglich Verluste.

4

Durch Bescheid vom 12.4.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung der beantragten Leistungen mit der Begründung ab, die Kläger seien nicht hilfebedürftig. Sie könnten ihren Bedarf aus ihrem Einkommen decken. Als Bedarf legte die Beklagte eine Regelleistung (Ost) von jeweils 298 [X.] zu Grunde. Die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung berücksichtigte sie in tatsächlicher Höhe minus eines Betrags von 11,76 [X.] (1. Person 8,18 [X.] und 2. Person 3,58 [X.]) für die Warmwasserbereitung. Insgesamt bemaß sie den Bedarf mit 1010,19 [X.] (596 [X.] Regelleistung plus 414,19 [X.] Leistungen für Unterkunft und Heizung). Dem sei das Einkommen der Kläger im Monat Febr[X.]r 2006 aus [X.] und Nebeneinkommen sowie im März 2006 aus [X.], Nebeneinkommen und Überbrückungsgeld und ab April 2006 schließlich aus Nebeneinkommen und Überbrückungsgeld gegenüberzustellen. Auch unter Absetzung der Freibeträge (100 [X.] Grundfreibetrag und Freibetrag nach § 30 [X.] auf das Nebeneinkommen im Febr[X.]r 2006; 100 [X.] Grundfreibetrag auf das Nebeneinkommen und [X.] von 30 [X.] auf das Überbrückungsgeld ab März 2006; zusätzlich Abzug der [X.] ab April 2006 vom Überbrückungsgeld) übersteige das Einkommen der Kläger ihren Bedarf iS des [X.]. Den Widerspruch der Kläger wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15.6.2006 zurück.

5

Ab August 2006 hat die Beklagte der Klägerin zu 1 einen Zuschuss zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung nach § 26 [X.] in Höhe von monatlich 28,76 [X.] gewährt und nach Auslaufen des [X.] für das Überbrückungsgeld am [X.] haben die Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 1036,19 [X.] erhalten.

6

Das [X.] hat die Klage auf Grundsicherungsleistungen durch Gerichtsbescheid vom 5.3.2008 abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Kläger hiergegen zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Zwar betrage der Abzug für die Bereitung von Warmwasser unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung lediglich 10,74 [X.] (2 x 5,37 [X.]), sodass sich insgesamt ein Bedarf der Bedarfsgemeinschaft von 1012 [X.] ergebe. Ansonsten seien die Berechnungen der [X.] jedoch zutreffend. Das Überbrückungsgeld sei vollständig - unter Abzug der [X.] - als Einkommen bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] zu berücksichtigen. Ebenso wie der [X.] nach § 421l [X.]I habe auch das Überbrückungsgeld unterhaltssichernde Funktion und diene daher demselben Zweck wie die Existenzsicherungsleistung nach dem [X.]. Dieses folge bereits aus dem Wortlaut des § 57 Abs 1 [X.]I. Soweit das Überbrückungsgeld nach § 57 Abs 1 [X.]I auch für die [X.] Sicherung in der [X.] der Existenzgründung vorgesehen sei, folge hieraus nicht, dass die im Überbrückungsgeld enthaltenen pauschalierten Sozialversicherungsbeiträge als zweckbestimmte Einnahmen iS des § 11 Abs 3 Buchst a [X.] von der Einkommensberücksichtigung auszunehmen seien. Zum einen sei der Leistungsempfänger nicht verpflichtet, sich sozialzuversichern. Zudem sei er als Aufstocker im [X.] zugleich in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert, sodass er auch den für [X.] Sicherung vorgesehenen Teil des Überbrückungsgeldes von vornherein nicht für die Beitragsentrichtung einsetzen müsse. Er sei dann insofern doppelt begünstigt. Zudem werde dem Bezieher von Überbrückungsgeld, der keine aufstockenden Leistungen nach dem [X.] erhalte, ein Zuschuss zu den freiwilligen Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung nach § 26 [X.] gewährt, wenn ihm nur wegen dieser Beiträge Hilfebedürftigkeit drohe. Auch im Hinblick auf den Beitrag zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung sei eine Zweckbestimmung iS des § 11 Abs 3 Buchst a [X.] nicht gegeben. Dieser Beitrag sei nach § 11 Abs 2 [X.] als Freibetrag vom Einkommen abzusetzen, im vorliegenden Fall seien derartige Beiträge jedoch nicht entrichtet worden.

7

Die Kläger haben die vom BSG zugelassene Revision eingelegt. Zur Begründung führen sie aus, nach dem Wortlaut des § 57 Abs 1 [X.]I diene das Überbrückungsgeld eindeutig nicht allein der Lebensunterhaltssicherung, sondern teilweise auch der [X.]n Sicherung in der [X.] der Existenzgründung. Zumindest letzterer Teil sei eine zweckbestimmte Einnahme, die nicht als Einkommen im Rahmen der Berechnung des Leistungsanspruchs nach dem [X.] berücksichtigt werden dürfe. Das Überbrückungsgeld sei auch nicht mit dem [X.] nach § 421l [X.]I zu vergleichen. Es handele sich um unterschiedliche Leistungen, die nebeneinander im [X.]I vorgesehen und unterschiedlich ausgestaltet gewesen seien. § 421l [X.]I enthalte - anders als § 57 Abs 1 [X.]I - keinen Hinweis auf eine zumindest teilweise Zweckbestimmung der Leistung, sodass die Überlegungen des 14. Senats in dem Urteil vom 6.12.2007 insoweit nicht zum Tragen kämen.

8

Die Kläger beantragen,

das Urteil des [X.] vom [X.] und den Gerichtsbescheid des [X.] vom 5.3.2008 sowie den Bescheid der [X.] vom 12.4.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.6.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen im [X.]raum vom [X.] bis [X.] Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Ausführungen des [X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet.

Die Beklagte hat zu Recht die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] im [X.]raum vom 7.2. bis [X.] versagt. Das Einkommen der Kläger übersteigt im gesamten streitigen [X.]raum deren grundsicherungsrechtlichen Bedarf. Von März bis Mai 2006 hat die Beklagte zutreffend das der Klägerin zu 1 gewährte Überbrückungsgeld nach § 57 [X.]I als Einkommen bei der Berechnung von Regelleistung und Leistungen für Unterkunft und Heizung berücksichtigt. Es ist auch nicht ein Teil der Leistung nach § 57 Abs 1 [X.]I für "[X.] Sicherung" pauschaliert oder in Höhe der tatsächlich entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung als zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 [X.] Buchst a [X.] von der Einkommensberücksichtigung auszunehmen. Auch dieser Leistungsanteil "[X.] Sicherung" dient demselben Zweck wie Leistungen nach dem [X.]. [X.]-Leistungsbezieher sind "kostenlos" in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung abgesichert. Zudem sind im [X.] Instrumente zur Kompensation von Aufwendungen für eine darüber hinausgehende dem Grunde und der Höhe nach angemessene [X.] Sicherung ausdrücklich vorgesehen. Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für Selbstständige sind als dem Grunde nach angemessen iS des § 11 Abs 2 [X.] 3 [X.] vom Einkommen vor dessen Berücksichtigung bei der Berechnung des [X.] abzusetzen.

1. Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 12.4.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.], mit dem diese die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab dem [X.] abgelehnt hat. Grundsätzlich erstreckt sich bei einer vollständigen Versagung von Leistungen der streitige Leistungszeitraum zwar bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (vgl [X.] vom [X.] - [X.]/7b [X.], [X.] 4-4200 § 7 [X.]; vom 16.5.2007 - B 11b [X.], [X.], 243 = [X.] 4-4200 § 12 [X.]). Da die Beklagte jedoch über den Anspruch der Kläger durch Bescheid vom 25.10.2006 für den [X.]raum ab dem [X.] erneut entschieden hat (vgl [X.] vom 31.10.2007 - [X.]/11b [X.]) und die Kläger im Berufungsverfahren den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid nur im Hinblick auf die abgelehnte Leistungsgewährung bis zum [X.] angegriffen haben, ist der streitige [X.]raum hier vom 7.2. bis [X.] begrenzt. Eine weitere Eingrenzung des Streitgegenstandes haben die Kläger nicht vorgenommen, sodass der geltend gemachte Anspruch auf [X.] im streitigen [X.]raum unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu überprüfen ist.

2. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] erfüllten die Kläger im streitigen [X.]raum die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 [X.], 2 und 4 [X.]. Gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben ([X.]), erwerbsfähig sind ([X.]) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der [X.] haben ([X.]). Sie waren jedoch nicht hilfebedürftig iS des § 9 Abs 1 [X.], weil sie ihren Lebensunterhalt ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln aus dem zu berücksichtigenden Einkommen sichern konnten, insbesondere durch Sozialleistungen eines anderen Trägers.

a) Für den Monat Februar 2006 hat das [X.] einen Leistungsanspruch der Kläger zutreffend abgelehnt. Zwar ist das [X.] rechenfehlerhaft von einem Bedarf der Kläger in Höhe von 1012 [X.] ausgegangen. Es hat die Regelleistung nach § 20 Abs 3 iVm § 20 Abs 2 Halbs 2 [X.] in der Fassung des [X.] am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 ([X.] 2954) mit 2 x 298 [X.] angesetzt. Die Kosten für Unterkunft und Heizung (435,94 [X.] brutto warm) minus des Abzugs für die Warmwasserbereitung (2 x 5,37 [X.]; [X.] vom 27.2.2008 - [X.]/7b [X.], [X.], 83 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]) betragen insgesamt 425,20 [X.]. Für jeden Kläger ergibt sich daher ein monatlicher Bedarf - unter Beachtung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs 2 [X.] - in Höhe von 511 [X.], mithin ein Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft von 1022 [X.]. Umgerechnet auf den im Februar 2006 nur 22-tägigen Leistungsanspruch (Antragstellung am [X.]) folgt hieraus ein Gesamtbedarf von 862 [X.]. Das Einkommen der Kläger überschreitet im Februar 2006 diesen Bedarf. Der Kläger zu 2 bezog vom 7.2. bis 28.2.2006 [X.] in Höhe von 19,60 [X.] (22 x 19,60 [X.] = 431,20 [X.]) und die Klägerin zu 1 von 23,55 [X.] jeweils kalendertäglich (22 x 23,55 [X.] = 518,10 [X.]). Zudem erzielte der Kläger zu 2 Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 165 [X.], das bei der [X.] nach Abzug des Grundfreibetrags von 100 [X.] und des Freibetrags bei Erwerbstätigkeit nach § 30 [X.] mit 38,13 [X.] zu berücksichtigen ist. Insgesamt verfügten sie damit über ein ihren Bedarf übersteigendes, berücksichtigungsfähiges Einkommen von 987,43 [X.].

b) Auch in den Monaten März bis Mai 2006 überstieg trotz des Wegfalls [X.] der Klägerin zu 1 ab [X.] und des [X.] zu 2 ab 3[X.] das Einkommen der Kläger deren grundsicherungsrechtlichen Bedarf. Das der Klägerin zu 1 gewährte Überbrückungsgeld nach § 57 [X.]I in Höhe von monatlich 1197,52 [X.] hat diesen Wegfall kompensiert. Im Gegensatz zur Auffassung der Kläger ist das Überbrückungsgeld auch der [X.] als Einkommen zu Grunde zu legen.

Nach § 11 Abs 1 Satz 1 [X.] sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem [X.] ([X.]) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des [X.] vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem [X.]. Das Überbrückungsgeld nach § 57 [X.] unterfällt keiner der in § 11 Abs 1 Satz 1 [X.] benannten Ausnahmen. Es ist auch nicht als zweckbestimmte Leistung iS des § 11 Abs 3 [X.] Buchst a [X.] von der Einkommensberücksichtigung auszunehmen.

Nach § 11 Abs 3 [X.] Buchst a [X.] sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen, … einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Das Überbrückungsgeld dient dem gleichen Zweck wie die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] (im Ergebnis ebenso: [X.] Berlin-Brandenburg Beschluss vom [X.] L 32 [X.]/08 [X.]; Hessisches [X.] Beschluss vom [X.] - L 9 AS 284/06 ER, Rd[X.]2; [X.] Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 21.3.2007 - L 1 AS 19/06, Rd[X.]5; [X.] Sachsen-Anhalt Beschluss vom 23.12.2005 - L 2 [X.]/05 [X.], Rd[X.]2; [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] AS 21256/08 ER, Rd[X.]2; [X.] vom 14.3.2008 - S 30 AS 308/08 ER; [X.] in LPK [X.], 3. Aufl 2009, § 11 Rd[X.]7; [X.] jurisPR-[X.] 18/2008, [X.]; [X.] in Eicher/Spellbrink, [X.], 2. Aufl 2008, § 22 Rd[X.] 39; aA hinsichtlich des Anteils für "[X.] Sicherung" wohl [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand VIII/08, § 11 Rd[X.]66b; zT Ausführungen schon bezogen auf den Gründungszuschuss nach §§ 57, 58 [X.]I, der die Leistungen "Überbrückungsgeld" und "[X.]" in einer Leistung zusammengefasst hat).

Sinn des § 11 Abs 3 [X.] Buchst a [X.] ist es zu verhindern, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch Berücksichtigung als Einkommen im Rahmen des [X.] verfehlt wird, sowie dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen erbracht werden ( vgl [X.] vom 5.9.2007 - B 11b [X.], [X.], 47, 57 = [X.] 4-4200 § 11 [X.] 5; [X.] vom 6.12.2007 - [X.]/7b [X.]/06 R und - [X.]/7b [X.] zur Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung). Die Zweckbestimmung kann sich aus einer öffentlich-rechtlichen Norm ergeben (vgl [X.] vom 6.12.2007 - [X.]/7b [X.], [X.], 240, 248 = [X.] 4-4200 § 11 [X.]), jedoch können auch zweckbestimmte Einkünfte auf privatrechtlicher Grundlage darunter fallen ([X.] vom 3.3.2009 - B 4 AS 47/08 R, [X.], 295). Dient die zweckbestimmte Einnahme dem gleichen Zweck wie die Leistung nach dem [X.], ist sie von vornherein nicht nach § 11 Abs 3 [X.] Buchst a [X.] als Einkommen von der Berücksichtigung bei der [X.] auszunehmen. So liegt der Fall hier.

Aus dem Wortlaut des § 57 Abs 1 [X.]I ergibt sich, dass die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt ist. Nach § 57 Abs 1 [X.]I in der Fassung des [X.] zur Änderung des [X.]I und anderer Gesetze vom 21.7.1999 ([X.] 1648) haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur [X.]n Sicherung in der [X.] nach der Existenzgründung Anspruch auf Überbrückungsgeld. Es liegt [X.] mit den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] vor. Auch das [X.] dient der Sicherung des Lebensunterhalts von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann (BT-Drucks 15/1516 [X.]; vgl [X.] vom [X.] [X.], [X.] 4-4200 § 11 [X.] 3 Rd[X.]7). Das Überbrückungsgeld nach § 57 [X.]I unterscheidet sich damit nicht von dem [X.] nach § 421l [X.]I, für den der 14. Senat des BSG bereits [X.] angenommen hat ( [X.] vom 6.12.2007 - [X.]/7b [X.], [X.], 240, 248 = [X.] 4-4200 § 11 [X.]). Der erkennende Senat schließt sich den dortigen Ausführungen an.

Das Überbrückungsgeld des § 57 [X.]I ist auch nicht deswegen im Hinblick auf seine Zweckbestimmung anders zu beurteilen als der [X.] des § 421l [X.]I, weil in § 57 Abs 1 [X.]I zugleich auch die Funktion der "[X.]n Sicherung" genannt wird. Die Benennung eines Verwendungszwecks in einer öffentlich-rechtlichen Vorschrift alleine führt nicht dazu, eine Leistung nach § 11 Abs 3 [X.] Buchst a [X.] von der Einkommensberücksichtigung nach dem [X.] auszunehmen, denn auch der Leistungsanteil "[X.] Sicherung" des Überbrückungsgeldes findet sein Pendant in der Grundsicherungsleistung. Insoweit liegt ebenfalls [X.] der Leistungen vor.

Die [X.] Absicherung von [X.]-Empfängern ist eine Annex-Leistung zu der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts. [X.]-Bezieher sind in der gesetzlichen Kranken- und Renten- sowie der [X.]n Pflegeversicherung pflichtversichert, soweit sie nicht ausnahmsweise auf Grund vorhergehender Befreiungstatbestände hiervon ausgenommen sind (vgl § 26 Abs 1 und 2 [X.] in der hier anzuwendenden Fassung des [X.] am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, [X.] 2954). Das [X.] umfasst neben der Regelleistung die Beiträge zu den zuvor benannten [X.] (BT-Drucks 15/1516, [X.]). Die [X.] Absicherung im [X.] erfolgt mithin durch die vom Grundsicherungsträger gezahlten Pflichtbeiträge und dient damit demselben Zweck wie die von dem Übergangsgeldbezieher gezahlten freiwilligen Beiträge.

Für gleichwohl gezahlte freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und [X.]n Pflegeversicherung sieht das [X.] - auch für Übergangsgeldempfänger - zudem eine Kompensationsmöglichkeit vor. § 26 Abs 3 [X.] (in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.], [X.] 1706) ermöglicht einen Zuschuss des [X.] zu diesen freiwilligen Beiträgen, wenn Hilfebedürftigkeit allein durch diese Aufwendungen entsteht. Diese am 1.8.2006 in [X.] getretene Regelung ist auch der Klägerin zu 1 zu [X.] gekommen, allerdings noch nicht für den hier streitigen [X.]raum. Bis zum 1.8.2006 und heute - soweit Hilfebedürftigkeit nicht nur durch die Beitragszahlung eintritt - sind, wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat, die freiwilligen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und [X.]n Pflegeversicherung während des [X.]-Bezugs vom Leistungsempfänger selbst zu tragen. Die Zahlung freiwilliger Beiträge während des [X.]-Bezugs ist nicht zur Existenzsicherung erforderlich, sodass es systemwidrig wäre, sie gleichwohl von der Berücksichtigung des zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzenden Einkommens als zweckbestimmten [X.] auszunehmen. Insoweit ist ein Gleichklang mit der spiegelbildlichen Vorschrift des § 11 Abs 2 [X.] 3 [X.] herzustellen. Auf Grund der während des Leistungsbezugs bestehenden Pflichtversicherung handelt es sich bei den freiwilligen Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und [X.]n Pflegeversicherung nicht um angemessene Beiträge iS des § 11 Abs 2 [X.] 3 [X.]; sie könnten also auch nicht vom Einkommen vor dessen Berücksichtigung in Abzug gebracht werden.

Grundsätzlich gilt für die Beiträge zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung nichts anderes. Mit dem [X.]-Bezug tritt nach § 3 Satz 1 [X.] 3 Buchst a SGB VI Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ein. Die Kompensationsmöglichkeiten des § 26 Abs 1 [X.] sind jedoch im Hinblick auf die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung deutlich eingeschränkter als bei den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung. Inwieweit hieraus eine andere Behandlung als die der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung zu folgen hat (vgl den Sachverhalt des Urteils des 14. Senats des BSG vom 6.12.2007 - [X.]/7b [X.] - [X.], 240, 247 = [X.] 4-4200 § 11 [X.]), konnte der Senat hier jedoch dahinstehen lassen. Die Klägerin zu 1 hat nach den Feststellungen des [X.] keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet.

Für die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gilt etwas anderes. Die grundsätzliche Unbestimmtheit im Hinblick auf den Verwendungszweck der "[X.]n Sicherung", wie sie der 14. Senat zum [X.] ausführlich dargelegt hat, betrifft zwar den gesamten Teil "[X.] Sicherung" der Leistung "Überbrückungsgeld", einschließlich seines Einsatzes zur Sicherung als Selbstständiger in der Arbeitslosenversicherung ( [X.] vom 6.12.2007 - [X.]/7b [X.] - [X.], 240, 247 = [X.] 4-4200 § 11 [X.]). Daher ist auch insoweit nicht von einer zweckbestimmten Einnahme auszugehen, selbst dann nicht, wenn tatsächlich freiwillig Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet werden. Da andererseits Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung mit dem [X.]-Bezug nicht eintritt und durch die Entrichtung von freiwilligen Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung ein zeitnaher Anspruch auf eine andere Sozialleistung aufgebaut werden kann, handelt es sich bei freiwilligen Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung um dem Grunde nach angemessene Beiträge iS des § 11 Abs 2 [X.] 3 [X.], die vom Einkommen vor dessen Berücksichtigung abgesetzt werden können.

Nach § 28a Abs 1 [X.] [X.]I können Personen auf Antrag ein Versicherungspflichtverhältnis begründen, die eine selbstständige Tätigkeit mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnehmen und ausüben. Diese Regelung kann dazu beitragen - sofern der Hilfebedürftige von ihr Gebrauch machen kann und Gebrauch macht - das zentrale Ziel des [X.] zu erreichen, die Hilfebedürftigkeit zu überwinden. Durch die Gewährung des Überbrückungsgeldes wird der [X.]-Anspruch aufgezehrt und bei erneutem Eintritt von Arbeitslosigkeit verbleibt - ohne Pflichtversicherung als Selbstständiger - danach nur der Leistungsanspruch nach dem [X.]. Mit der Versicherung nach § 28a [X.]I kann der Selbstständige - setzt er etwa die Beitragszahlung nach dem Auslaufen des Überbrückungsgeldanspruchs fort - jedoch nach zwölfmonatiger Beitragszahlung einen erneuten [X.]-Anspruch erwerben. Auch wenn es sich insoweit nicht um eine gesetzliche Verpflichtung zur Versicherung handelt, so gebieten doch gerade die §§ 3 und 5 [X.] mit ihrer Forderung nach Beendigung der Hilfebedürftigkeit - auch durch Inanspruchnahme anderer Sozialleistungen - hier die Angemessenheit der Beitragszahlung iS des § 11 Abs 2 [X.] 3 [X.] anzunehmen.

c) Die Kläger haben jedoch selbst dann, wenn der von der Klägerin zu 1 nach den Feststellungen des [X.] geleistete Beitrag zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 33,56 [X.] vom Überbrückungsgeld abzusetzen wäre keinen Anspruch auf [X.] im [X.]raum vom 1.3. bis [X.].

Hinsichtlich der Bedarfsberechnung wird auf die obigen Ausführungen zum Monat Februar 2006 verwiesen. Auf der Einkommensseite waren im März 2006 das [X.] des [X.] zu 2 in Höhe von 30 x 19,60 [X.] = 588 [X.] und das Überbrückungsgeld der Klägerin zu 1 in Höhe von 1197,52 [X.] zu Grunde zu legen. Das Nebeneinkommen des [X.] zu 2 in Höhe von 100 [X.] bleibt berücksichtigungsfrei - ihm ist der Grundfreibetrag nach § 11 Abs 2 Satz 2 [X.] entgegenzusetzen. Das Überbrückungsgeld ist zudem um die [X.] in Höhe von 30 [X.] zu bereinigen. Hieraus folgt ein Einkommen der Bedarfsgemeinschaft von 1755,52 [X.]. Zieht man hiervon weiter die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von 33,56 [X.] und - im Gegensatz zum Vorgehen der Beklagten - auch die Beiträge zur Kfz-Versicherung der Klägerin zu 1 von monatlich 26,37 [X.] ab, steht dem Bedarf von 1022 [X.] im Monat März 2006 ein Einkommen von 1695,59 [X.] gegenüber.

In den Monaten April und Mai 2006 war zwar das [X.] des [X.] zu 2 entfallen und sein Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 100 [X.] hatte auch in diesem [X.]raum unberücksichtigt zu bleiben. Von dem Überbrückungsgeld der Klägerin zu 1 in Höhe von 1197,52 [X.] sind wiederum 30 [X.] für Versicherungen und die [X.] in Abzug zu bringen. Es verbleiben alsdann 1141,15 [X.] Einkommen. Bereinigt um die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 33,56 [X.] ergibt sich mit 1107,59 [X.] immer noch ein den Bedarf der Kläger übersteigendes Einkommen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Meta

B 4 AS 67/09 R

01.06.2010

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Dresden, 5. März 2008, Az: S 12 AS 1147/06, Gerichtsbescheid

§ 11 Abs 1 S 1 SGB 2 vom 14.08.2005, § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB 2 vom 14.08.2005, § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2 vom 14.08.2005, § 57 Abs 1 SGB 3 vom 21.07.1999, § 421l SGB 3, § 26 SGB 2 vom 21.03.2005, § 26 Abs 3 SGB 2 vom 20.07.2006, § 5 Abs 1 Nr 2a SGB 5 vom 24.12.2003, § 3 S 1 Nr 3a SGB 6 vom 22.04.2005, § 20 Abs 1 Nr 2a SGB 11 vom 24.12.2003, § 28a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 3 vom 23.12.2003, § 2 Abs 1 S 1 SGB 2, § 3 Abs 3 S 1 SGB 2, § 5 SGB 2

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 01.06.2010, Az. B 4 AS 67/09 R (REWIS RS 2010, 6215)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6215

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